Die Schilddrüse - Anatomie, Funktion und häufige Erkrankungen

28.06.2017
Leading Medicine Guide Redaktion
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Die Schilddrüse ist die größte Hormondrüse des Körpers. Die von der Schilddrüse hergestellten Hormone sind von großer Bedeutung für den Stoffwechsel des Körpers und für die Funktionsfähigkeit vieler Körperorgane. Wir informieren Sie über die Funktion der Schilddrüse sowie über Schilddrüsenerkrankungen und Behandlungsmöglichkeiten.

Artikelübersicht

Aufbau und Lage der Schilddrüse

Die sich unterhalb des Kehlkopfes befindliche Schilddrüse (Glandula thyroidea) besteht aus zwei seitlichen Lappen („lobus dexter“ und „lobus sinister“), die durch einen schmalen Gewebestreifen („Isthmus“) miteinander verbunden sind. Die Schilddrüsen-Lappen setzen seitlich auf der Luftröhre auf, die sie unterhalb des Kehlkopfes umgeben und mit der sie durch Bindegewebe verbunden sind. Die Form der Schilddrüse ähnelt dem Großbuchstaben „H“. Die unteren Ausläufer der Schilddrüse sind breit und kurz, während die leicht auseinander führenden „Oberhörner“ eine längliche und schmale Form aufweisen.

Anatomie Schilddrüse und Nebenschilddrüse

Zwei Bindegewebskapseln umgeben die Schilddrüse. Die innere Kapsel ist mit dem Schilddrüsen-Bindegewebe fest verbunden. Die äußere Kapsel grenzt an die Kehlkopf-Muskulatur, seitlich an Nervenbahnen und Gefäße sowie an der Rückseite an die Luftröhre.

Das Volumen einer gesunden Schilddrüse umfasst bei Frauen maximal 18 Milliliter, bei Männern 25 Milliliter. Die Hormondrüse wiegt zwischen 18 und 60 Gramm, bei Neugeborenen 2 bis 3 Gramm. Die Schilddrüsenlappen weisen eine Höhe von drei bis vier Zentimetern und eine Dicke von ein bis zwei Zentimetern auf. Die Breite der Schilddrüse beträgt 7 bis 11 Zentimeter.

Aufbau der Schilddrüse

Funktion der Schilddrüse

Die primäre Schilddrüsen-Funktion ist die Speicherung von Jod und die Herstellung der jodhaltigen Hormone Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) sowie des für den Knochenaufbau wichtigen Hormons Calcitonin.

Das Schilddrüsen-Gewebe besteht aus mikroskopisch kleinen Blasen (Schilddrüsenfollikel), die gewöhnlich rund oder ovale geformt sind. Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 sorgen für die Herstellung derjenigen Zellen, die die Schilddrüsenfollikel bilden („Thyreozyten“ oder „Follikelepithelzellen“). Als Schilddrüsenhormone im engeren Sinn gelten die weitgehend aus Jod bestehenden T3- und T4-Hormone, die in den Follikelepithelzellen hergestellt werden. T3 enthält drei, T4 vier Jodmoleküle.

Die sogenannten C-Zellen, die zwischen den Follikelepithelzellen angesiedelt sind, produzieren hingegen das Hormon Calcitonin. Calcitonin bewirkt den Einbau von Phosphat und Calcium in die Knochen und hemmt damit den Knochenabbau.

Auf der Rückseite der Schilddrüse befinden sich die vier linsengroßen Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae, Epithelkörperchen), die das Hormon Parathormon (Parathyrin, PTH) herstellen. Parathormon reguliert den Kalzium-Spiegel des Blutes.

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Die Schilddrüsenhormone T3 und T4

Die Schilddrüse produziert pro Tag durchschnittlich 50 Mikrogramm des Hormons T3 und 80 Mikrogramm T4. Die zunächst in der Schilddrüse gespeicherten Hormonmengen werden bei Bedarf an das Blut abgegeben. Durch Stoffwechselprozesse wird die Hälfte der vorhandenen Hormonmenge in 19 Stunden (T3) bzw. in 8 Tagen (T4) verbraucht.

Die eng mit anderen Hormonen (Hormonsystem) zusammenwirkenden Schilddrüsenhormone beeinflussen Stoffwechselprozesse und die Funktion zahlreicher Körperorgane und sind zudem für das Körperwachstum besonders wichtig.

Schilddrüsenhormone

  • beeinflussen Herz und Kreislauf, indem sie gegebenenfalls Herzfrequenz und Blutdruck erhöhen und Gefäße erweitern,
  • steigern den Umsatz des Fett-, Zucker- und Bindegewebsstoffwechsels,
  • erhöhen die Leistung von Talg- und Schweißdrüsen,
  • steigern die Darmtätigkeit und
  • führen zu einer erhöhten Erregung von Nervenzellen.

Die Steuerung der Schilddrüse erfolgt durch die Hirnanhangdrüse und den Hypothalamus, eines wichtigen Bestandteils des Zwischenhirns. Das von der Hirnanhangdrüse produzierte Hormon TSH gelangt über die Blutbahn zur Schilddrüse, wo sie deren Wachstum und die Ausschüttung der T3- und T4-Hormone fördert. Die gebildeten T3 und T4 hemmen hingegen die weitere TSH-Ausschüttung. Diese „negative Rückkoppelung“ gewährleistet einen stabilen Stoffwechsel. Der Hypothalamus wiederum steuert unter anderem die Bildung von Hormonen durch die Hirnanhangdrüse.

Hormonregelkreis der Schilddrüse

Untersuchung der Schilddrüse

Die Art der Schilddrüsen-Untersuchung hängt vom jeweiligen Untersuchungsanlass und von der Fachdisziplin des untersuchenden Arztes ab (Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Endokrinologie, Radiologie oder Nuklearmedizin).

Zunächst führt der Arzt mit dem Patienten ein Anamnese-Gespräch, um die akuten Beschwerden und die Krankenvorgeschichte (einschließlich Medikamenteneinnahme und Vorerkrankungen) aufzunehmen.

Die sich anschließende körperliche Untersuchung umfasst eine Palpation (Abtastung des Halses) und dient außerdem dem Erkennen sonstiger körperlicher Anzeichen einer Schilddrüsen-Erkrankung. Als bildgebendes Verfahren erfolgt im ersten Schritt eine Sonografie (Ultraschalluntersuchung), mit der wesentliche Struktur-Veränderungen der Schilddrüse sichtbar werden.

Ultraschalluntersuchung Schilddrüse

Eine Szintigrafie, ein bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin vervollständigt die Möglichkeiten einer bildlichen Schilddrüsen-Darstellung. Spezielle Untersuchungen sind mittels Computer- und Kernspin-Tomografie möglich.

Eine Blutuntersuchung ermöglicht die Ermittlung von für die Diagnose wesentlichen Werten:

  • Bei normalem TSH-Wert lässt sich eine größere Funktionsanomalie der Schilddrüse meistens ausschließen.
  • Anhand der Werte der im Blut befindlichen freien T3- bzw. T4-Hormone diagnostiziert der Arzt gegebenenfalls eine Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse.
  • Bestimmte Erkrankungen machen die Untersuchung auf Schilddrüsen-Autoantikörper oder Tumormarker erforderlich.

Häufige Erkrankungen der Schilddrüse

Eine Fehlfunktion der Schilddrüse ist Ausgangspunkt vieler Krankheiten, wie zum Beispiel tumorähnliche Erkrankungen, Entzündungen, gutartige und bösartige Gewebebildungen sowie gestörte Organentwicklungen. Alle Schilddrüsen-Erkrankungen können den Hormonstoffwechsel beeinträchtigen.

Störungen der Funktion der Schilddrüse lösen oft Krankheitssymptome in verschiedensten Organen aus. Möglicherweise betroffen sind beispielsweise

  • Nervensystem und Psyche,
  • Herz-Kreislauf-System,
  • Muskeln und Skelett,
  • Haut und
  • Sexualfunktion.

Ein zu hoher Blutspiegel der Schilddrüsenhormone (Schilddrüsenüberfunktion) führt zu einem erhöhten Grundumsatz des Körpers und daher zu einem vermehrten Energieverbrauch. Daher kommt es in der Folge einer Schilddrüsenüberfunktion häufig zu einer Gewichtsabnahme. Weitere Symptome einer Überfunktion der Schilddrüse sind unter anderem Nervosität und Herzrasen.

Eine zu geringe Menge an Schilddrüsenhormonen (Schilddrüsenunterfunktion) löst Symptome wie beispielsweise Gewichtszunahme, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen aus. Ein Schilddrüsenhormon-Mangel im Embryonalstadium oder in der Kindheit bewirkt häufig eine schwere geistige und körperliche Unterentwicklung. Eine ausreichende Jod-Versorgung ist die Voraussetzung dafür, dass die Schilddrüse genügend Hormone bilden kann.

Die häufigste Erkrankung: Vergrößerung der Schilddrüse

Die häufigste Erkrankung der Schilddrüse besteht in ihrer Vergrößerung, die das gesamte Organ gleichmäßig oder aber einzelne Teile betreffen kann. Bei einer Schilddrüsen-Vergrößerung spüren Betroffene zuweilen ein Enge- oder Druckgefühl.

Bei einer krankhaften Schilddrüsen-Vergrößerung (Kropf, Struma) dehnt sich die Schilddrüse wegen Platzmangels nach unten aus. Wird hierdurch die Luftröhre eingeengt, so treten möglicherweise Atembeschwerden auf. In 90 Prozent aller Struma-Fälle liegt die Krankheitsursache in einem ernährungsbedingt über längere Zeit anhaltenden Jodmangel (Jodmangelstruma).

Schilddrüsen-Zysten

Schilddrüsen-Zysten bestehen aus mit Flüssigkeit gefüllten Hohlräumen. Zysten entwickeln sich im Zusammenhang mit

  • einem Jodmangel-Struma,
  • gutartigen oder bösartigen Tumoren (Schilddrüsenkrebs),
  • Erkrankungen eines gesamten Organsystems („Systemerkrankungen“ z. B. von Haut, Nervensystem oder Muskulatur) sowie
  • nach Verletzungen.

Zysten lassen sich diagnostisch gut im bildgebenden Ultraschall-Verfahren (Sonografie) darstellen und beurteilen. Auch die Steuerung einer Feinnadelpunktion erfolgt unter Ultraschall. Eine Szintigrafie ermöglicht die Bestimmung der hormonellen Aktivität von Zysten.

Die Therapie von Zysten erfolgt entsprechend der individuellen Ursache und gemäß dem aktuellen Beschwerdebild. Mögliche Behandlungsformen sind die Beobachtung einer Zyste, Medikamentengabe, Verödung und chirurgische Entfernung (bei größeren Zysten, die Beschwerden verursachen).

Heiße und kalte Knoten

Heiße Knoten“ sind hormonherstellende Schilddrüsenbereiche, die nicht mehr durch das Hirnanhangdrüsen-Hormon TSH gesteuert werden. Heiße Knoten nehmen verstärkt Jod auf und schütten unkontrolliert (unabhängig vom Bedarf des Körpers) Hormone aus. Knoten, die autonom Hormone produzieren („Schilddrüsenautonomie“), sind für etwa jede zweite Schilddrüsen-Überfunktion verantwortlich. Als „kalte Knoten“ werden Gewebevermehrungen in der Schilddrüse bezeichnet, die kein Jod aufnehmen und keine Schilddrüsenhormone produzieren.

Das Risiko einer Knotenbildung bei vorangegangener Struma-Bildung ist besonders groß. Während nahezu alle heißen Knoten gutartig sind, kann es sich bei bis zu fünf Prozent aller kalten Knoten um bösartige Gewebeveränderungen handeln. Schilddrüsenkrebs geht zumeist von Thyreozyten oder von den C-Zellen aus, seltener vom Bindegewebe der Schilddrüse.

Schilddrüsen-Entzündungen (Thyreoiditis)

Eine Bakterien- oder Pilz-Infektion führt oft innerhalb kurzer Zeit zu einer akuten Schilddrüsen-Entzündung (Thyreoiditis). Begünstigt wird eine Thyreoiditis durch ein geschwächtes Immunsystem - zum Beispiel nach einer Chemotherapie oder bei einer HIV-Infektion.

Zwei spezielle Formen der Schilddrüsen-Entzündung gehen auf ein fehlgesteuertes Immunsystem zurück. Sie gehören zu den Autoimmunkrankheiten, bei dem das Immunsystem des Körpers irrtümlich körpereigene Strukturen angreift:

Die Hashimoto-Thyreoiditis beginnt mit einer Schilddrüsenüberfunktion, zerstört jedoch das Schilddrüsengewebe und führt deshalb schließlich zu einer dauerhaften Schilddrüsenunterfunktion. Die Zerstörung des Schilddrüsengewebes beruht darauf, dass das Immunsystem des Körpers irrtümlich die körpereigenen Schilddrüsen-Eiweiße bekämpft. Eine Hashimoto-Thyreoiditis stellt eine chronische Erkrankung dar, die deutlich häufiger Frauen als Männer (Verhältnis 10:1) und insgesamt etwa drei Prozent der Bevölkerung betrifft.

Der Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, bei der das Immunsystem Antikörper gegen die Thyreozyten der Schilddrüse bildet. Der Morbus Basedow führt stets zu einer Überfunktion der Schilddrüse. Auch andere Organe sind bei der Basedowschen Krankheit häufig betroffen. So leiden beispielsweise 60 Prozent der Erkrankten an einer Volumenzunahme des Bindegewebes hinter den Augen (endokrine Orbitopathie). An Morbus Basedow erkranken zwei Prozent der Bevölkerung, darunter überwiegend Frauen (im Verhältnis 5:1 zu Männern).

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Behandlung von Schilddrüsen-Erkrankungen

Die Therapie einer Schilddrüsen-Erkrankung erfolgt durch Arzneimittel, Verabreichung von radioaktivem Jod oder durch eine Operation.

  • Bei Schilddrüsenunterfunktion erhalten Patienten oft das in Tablettenform verfügbare Thyroxin (T4-Hormon).
  • Zur Behandlung einer Überfunktion stehen sogenannte Thyreostatika bereit, die die Produktion von Schilddrüsenhormonen hemmen.
  • Eine Operation dient der Entfernung überschüssigen Schilddrüsengewebes (beispielsweise bei einem kalten Knoten oder bei einem Kropf). Bei einer Operation im Rahmen der Schilddrüsenchirurgie wird angestrebt, möglichst viel Schilddrüsen-Gewebe zu erhalten, um eine möglichst normale Hormonproduktion zu gewährleisten. Falls dies nicht möglich ist, so muss das notwendige Hormon in Tablettenform eingenommen werden (Hormonersatztherapie).
  • Als Alternative zu einer Operation kommt eine Radiojodtherapie in Betracht. Das eingenommene radioaktive Jod reichert sich in der Schilddrüse an und zerstört Drüsengewebe durch Strahlung.

Die Schilddrüse – große Bedeutung eines vermeintlich kleinen Organs

Die von der Schilddrüse produzierten Hormone sind für den Stoffwechsel des menschlichen Körpers besonders wichtig. Eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse führt häufig zu Erkrankungen auch anderer Organe. Die Behandlung einer Schilddrüsenerkrankung erfolgt durch Medikamente, Operation oder eine Radiojodtherapie. Da Erkrankte nicht immer Symptome der Erkrankung wahrnehmen, empfehlen wir Ihnen eine regelmäßige Schilddrüsen-Untersuchung bei Ihrem Haus- oder Facharzt.

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