Antikoagulation: Informationen & Antikoagulation-Spezialisten

Antikoagulation ist eine medizinische Therapie mit Medikamenten, die die Blutgerinnung hemmen. Eine Antikoagulation kann sowohl vorbeugend als auch zu therapeutischen Zwecken genutzt werden. Das Medikament, das zur Blutgerinnung eingesetzt wird, bezeichnet man als Antikoagulans oder Gerinnungshemmer. Es beeinflusst die plasmatische Gerinnung, also die Gerinnungsfaktoren im Blutplasma.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Antikoagulation-Spezialisten.

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Antikoagulation - Weitere Informationen

Was versteht man unter Antikoagulation?

Unter Antikoagulation versteht man im Volksmund eine „Blutverdünnung“. Das bedeutet aber nicht, dass Blut mit zusätzlicher Flüssigkeit (wie beim Kochen) verdünnt wird. Vielmehr heißt es, dass durch die Gabe bestimmter Medikamente (Antikoagulantien) 

  • in Tablettenform,
  • als Spritzen oder 
  • über eine Infusion 

Gerinnungsfaktoren im Blut gehemmt werden. Wörtlich übersetzt bedeutet der Fachbegriff Antikoagulation "gegen (Anti) die Gerinnung (Koagulation) gerichtet". Es handelt sich folglich weniger um eine Blutverdünnung als vielmehr eine Gerinnungshemmung.

Was sind Antikoagulantien?

Antikoagulantien sind Medikamente, deren Wirkstoffe sich an Enzyme im Blutplasma, die sogenannten Gerinnungsfaktoren, binden. Durch diese spezielle Bindung, genau passend wie der Schlüssel ins Schloss, werden die Gerinnungsfaktoren und somit die Gerinnselbildung gehemmt.

Andernfalls binden sich aktivierte Gerinnungsfaktoren in mehreren Schritten (Kaskaden) letztlich an die Blutkörperchen (rote und weiße) und Blutplättchen (Thrombozyten), woraufhin diese miteinander verkleben. Dies führt zur Ausbildung eines Blutpfropfes, was auch Blutgerinnsel genannt wird. Eine Aktivierung der Gerinnung erfolgt beispielsweise bei Verletzungen der Gefäßwand, woraufhin der Blutpfropf den Gefäßwandschaden abdichtet, förmlich „abklebt“ und somit einen weiteren Blutverlust verhindert. 

Wann ist eine Antikoagulationstherapie notwendig?

Eine Behandlung mit Antikoagulanzien (= Gerinnungshemmern) ist immer dann notwendig, wenn eine verstärkte Gerinnselbildung im Blut vorliegt. Dies kann durch drei Zustände und Risikofaktoren verursacht werden, die mit der Trias nach Virchow zusammengefasst werden. Rudolf Virchow (1821 – 1902) war ein deutscher Arzt und Pathologe, der sich intensiv mit der Erforschung der Blutgerinnung beschäftigt hat. Er fand dabei drei Faktoren, die zu einer verstärkten Gerinnung führen. Es handelt sich um Veränderungen

  1. der Gefäßwand (Verletzung, Kalkablagerungen)
  2. des Blutflusses (Turbulenzen in Engstellen) und
  3. der Blutzusammensetzung (verstärkte Aktivität von Gerinnungsfaktoren)

Wenn einer (oder alle drei) Faktoren verändert ist, resultiert hieraus eine verstärkte (krankmachende) Gerinnung, die zu Blutgerinnseln (Thrombosen) und/oder Verschleppung dieser Gerinnsel (Embolie) führen kann.

Bei welchen Erkrankungen ist eine Antikoagulationstherapie angebracht?

Bei sämtlichen Zuständen, die mit einer Störung der Gerinnung einhergehen, kann eine Antikoagulationstherapie indiziert sein. Man unterscheidet dabei zwischen der vorbeugenden und der therapeutischen Indikation.

Vorbeugend wird die Antikoagulation vor allem im Umfeld von Operationen oder bei bettlägerigen Patienten eingesetzt. Durch die Blutverdünnung sollen hiermit sowohl Thrombosen, als auch Lungenembolien verhindert werden. 

Bei einer Antikoagulation zu therapeutischen Zwecken ist eine Herzrhythmusstörung die häufigste Indikation. Durch unregelmäßige Herzaktionen können Gerinnsel im Herzen entstehen, die dann mit dem Blutstrom in den Körper verschleppt werden. Dies wird als Embolie bezeichnet, eine Gerinnungsstörung führt somit zu einem erhöhten Embolierisiko.

Durch eine Embolie können ernsthafte Komplikationen entstehen, beispielsweise ein Schlaganfall, wenn das Gerinnsel nach oben ins Gehirn abgeschwemmt, oder ein „kaltes Bein“, wenn es nach unten verschleppt wird. Durch die Blutverdünnung lässt sich das Embolierisiko merklich senken. 

Ein weiterer häufiger Grund für eine Antikoagulationstherapie sind Thrombosen der Beinvenen. Diese entstehen bei angeborenen Gerinnungsstörungen, nach großen Operationen, langem Sitzen (z.B. Flugreise) oder auch bei bösartigen Tumorerkrankungen. Außerdem haben Frauen im gebärfähigem Alter, die rauchen, ein erhöhtes Thromboserisiko. 

Heparin ist ein bekanntes indirektes Antikoagulans
Patienten können sich Heparin selbst spritzen © cristianstorto | AdobeStock

Wielange ist eine Antikoagulation notwendig?

Bei Thrombosen genügt häufig eine vorübergehende Antikoagulationstherapie für 3-6 Monate. In seltenen Fällen kann aber auch eine lebenslange Antikoagulation sinnvoll sein. Das ist etwa bei wiederholten Thrombosen oder angeborenen Blutgerinnungsstörungen der Fall. Auch Patienten, die eine künstliche Herzklappe eingesetzt bekommen, benötigen üblicherweise eine lebenslange Antikoagulation. Das Gleiche gilt für Herzrhyth

Was genau ist dann eine Blutverdünnung?

Zwar werden, wie eingangs bereits erwähnt, die verschiedenen Antikoagulanzien umgangssprachlich und in Aufklärungsgesprächen oft als „Blutverdünner“ bezeichnet. Das ist aber genau genommen nicht richtig. Antikoagulanzien vermindern weder die Viskosität (= Fließeigenschaften) des Blutes noch die Konzentration der Blutkörperchen oder des Bluteiweißes. 

Bei einer Blutverdünnung wird der flüssige Anteil des Blutes, das sogenannte Blutplasma, vergrößert. Dieses kann durch spezielle Flüssigkeiten, sogenannte Plasmaexpander („Blutverdünner“), erfolgen. Hierdurch wird das Plasma mengenmäßig deutlich vergrößert und somit auch verdünnt. Das Einsatzgebiet dieser Plasmaexpander ist aber nicht eine verstärkte Gerinnselbildung im Blut, sondern der Volumenmangel im Kreislauf. Häufigste Ursache für einen Mangel an Blutvolumen ist der Blutverlust bei einem Unfall oder einer Verletzung. Plasmaexpander werden grundsätzlich infundiert.

Gibt es unterschiedliche Antikoagulanzien?

Es gibt unterschiedliche Medikamente, welche die Blutgerinnung hemmen. Vordergründigstes Unterscheidungsmerkmal ist sicherlich die Art der Darreichung, nämlich als

  • Tablette
  • Spritze oder
  • Infusion

Außerhalb des Krankenhauses, was auch als ambulante Behandlung bezeichnet wird, werden Tabletten grundsätzlich bevorzugt. Vorübergehend ist aber auch die Gabe von Spritzen möglich. 

Im Krankenhaus, hier vor allem in einer Notfallsituation oder nach einer Operation, sind Infusionen am weitesten verbreitet. 

Viele Patienten mit Durchblutungsstörungen nehmen Tabletten mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS®, Godamed®, Aspirin®) ein. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um ein Antikoagulanz im engeren Sinne, sondern um einen sogenannten Thrombozyten-Aggregationshemmer. Es handelt sich hierbei um ein Medikament, welches die Blutplättchen (Thrombozyten) hemmt und dadurch deren Verklumpung verhindert.

Wie unterscheiden sich Antikoagulanzien nach ihrer Wirkungsart?

Man unterscheidet bei der Wirkungsweise in sogenannte

  • direkte und 
  • indirekte Antikoagulanzien.

Direkte Antikoagulanzien hemmen die Gerinnungsfaktoren unmittelbar, wohingegen indirekte dies über Umwege tun. 

Was ist das Besondere an indirekten Antikoagulanzien?

Indirekte Antikoagulanzien werden seit Mitte des letzten Jahrhunderts erfolgreich verabreicht und haben die Gefäßmedizin revolutioniert. Klassische Vertreter der indirekten Antikoagulanzien sind Phenprocoumon (Marcumar®) und Heparin (z.B. Clexane®). Marcumar® wird in Tablettenform verabreicht und muss in Abhängigkeit von regelmäßig zu bestimmenden Blutwerten dosiert werden. Es hemmt die Produktion bestimmter Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren, weshalb seine vollständige Wirkung meist erst nach 5-10 (manchmal auch später) Tagen auftritt. Marcumar® wird auch als Vitamin-K-Antagonist bezeichnet.

Heparine hingegen wirken sofort und werden als Spritzen oder Infusion verabreicht. Sie binden sich an im Blutplasma vorhandene Gerinnungsfaktoren (sogenannte Cofaktoren) und führen somit zu einer Gerinnungshemmung, welche innerhalb kürzester Zeit eintritt. Daher werden Heparine vor allem in Notfallsituationen oder zur Überbrückung bis zu einer Notfall-OP verabreicht. Gefäßoperationen, beispielsweise Bypassanlagen, sind nur möglich, wenn während der Operation Heparin verabreicht wird, wobei es hier direkt in die eröffnete Schlagader gespritzt wird. Heparine haben hier den Vorteil des unmittelbaren Wirkungseintritts sowie der Möglichkeit, seine Wirkung durch ein anderes Medikament namens Protamin wieder zu stoppen.

Auch nach Operationen (beispielsweise dem Einsatz eines künstlichen Gelenks) werden Heparin als sogenannte „Thrombose-Spritzen“ verabreicht, um das Risiko einer Thrombose zu reduzieren. Deren Auftretenswahrscheinlichkeit ist aufgrund der naturgemäß verminderten körperlichen Bewegung in der ersten Phase nach einer Operation erhöht.

Was ist charakteristisch für direkte Antikoagulanzien?

Direkte Antikoagulanzien sind noch relativ jung bzw. neu, woher auch die Namensgebung „neue orale Antikoagulanzien“ (NOAK) stammt. Auch DOAK (direkte orale Antikoagulanzien) ist eine gängige Abkürzung.

Die bekanntesten Präparate im Bereich der direkten Gerinnungshemmer sind 

  • Apixaban (Eliquis®)
  • Rivaroxaban (Xarelto®) und
  • Dabigatran (Pradaxa®)

Sie werden in Tablettenform verabreicht, ihre Wirkung tritt nach etwa 6-10 Stunden ein. 

Vorteile der direkten Antikoagulantien ist, dass sie sich einfacher dosieren lassen, nämlich je nach Wirkstoff 1-2 Tabletten am Tag. Bei Marcumar® müssen regelmäßige Blutkontrollen erfolgen, wonach sich dann die Dosierung (erfahrungsgemäß 0,25 – 1,5 Tabletten pro Tag) richtet.

Welche Risiken hat eine Antikoagulantientherapie?

Die größte Gefahr bei einer Gerinnungshemmung geht von der Blutungsgefahr aus. Besonders gefährlich ist etwa die Hirnblutung, bei der Blutungen im Inneren des Hirnschädels auftreten.

Um das Risiko im Vorfeld abschätzen zu können, gibt es verschiedene Risiko-Scores. Sie zeigen an, wie hoch das Risiko einer Hirnblutung im Einzelfall ist. Insbesondere bei älteren gebrechlichen Menschen mit einer Sturzneigung sollte der Einsatz von Antikoagulantien kritisch hinterfragt werden.

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