Orthopädie-Pionier Dr. Ottersbach: Messbare Erfolge in der Endoprothetik

26.11.2021
Claudia Dechamps
Redakteurin

Dr. med. Andreas Ottersbach ist als hochspezialisierter Orthopäde Chefarzt und Leiter der Orthopädischen Klinik am Spitalzentrum Oberwallis in Brig. Schon früh hat er mit der Digitalisierung im Operationssaal begonnen und die Orthopädie am Spitalzentrum damit zum Vorreiter gemacht. So gelang es ihm, optimierte Operationsstandards mit hoher Präzision und Prozesstreue zu realisieren und zu etablieren. Mit seiner Idee, ein neuartiges Beinlagerungsaggregat zu entwickeln – den RotexTable® –, veränderte Dr. Ottersbach orthopädische Operationsabläufe weltweit. Er gilt in der Schweiz als Pionier des Fast-Track-Konzepts Rapid Recovery™ in der Orthopädie, mit dem Genesungsprozesse beschleunigt und alle Abläufe rund um den Gelenkersatz standardisiert und stetig verbessert werden.

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Leading Medicine Guide: Herr Dr. Ottersbach, Ihre Begeisterungsfähigkeit für Neues muss angeboren sein. Zuerst war es der Sport, der Sie faszinierte. Die Freude an technischen und digitalen Entwicklungen in der Medizin kam erst später dazu, oder?

Dr. med. Andreas Ottersbach: Ja, in jungen Jahren war ich Surf-Instruktor und habe 1986 mit Anfang zwanzig an der Surf-WM in Italien teilgenommen. Fünf Jahre lang, parallel zu meinem Medizinstudium in Münster, war ich Inhaber und Leiter der Surf- und Segelschule Diemelsee im Sauerland, geboren bin ich in Bochum. Daneben habe ich auch noch einen kleinen Ausflug in die Kirchenmusik unternommen und darf mich Hilfskantor nennen.

Seit ich 2005 ans Spitalzentrum Oberwallis in Brig gekommen bin, wo ich seit 2008 die Orthopädie leite, ist die Digitalisierung in der Orthopädie, speziell im operativen Bereich, mein Faszinosum. Der Computer hat auch unseren medizinischen Alltag nachhaltig verändert. Moderne IT ist heute aus dem Operationssaal nicht mehr wegzudenken und ich nutze sie mit Begeisterung. Sie ermöglicht eine ganz neue Präzision, Zuverlässigkeit und Genauigkeit. Unsere Arbeit wird minutiös erfasst und daher sind unsere Erfolge messbar. Das kann man im Schweizerischen Implantat-Register (SIRIS) genau nachschauen.

Leading Medicine Guide: Die Erfolge Ihrer Arbeit in der Orthopädie am Spital Oberwallis – was sagt das SIRIS dazu?

Dr. med. Andreas Ottersbach: Im gesamtschweizerischen Vergleich erreicht das Spital Oberwallis überdurchschnittliche Resultate sowohl im Bereich der Knieendoprothetik als auch bei den Hüftgelenkprothesen. Bei uns finden wesentlich weniger Revisionen – das sind erneute Ersatz-OPs – statt als im Schweizer Durchschnitt. Das heißt, wir haben deutlich weniger Komplikationen bei unseren Implantat-Operationen zu verzeichnen. Außerdem hat uns das SIRIS kontinuierliche Ergebnisverbesserungen attestiert.

Leading Medicine Guide: Erklären Sie uns doch etwas genauer, woran das liegt. Die guten Zahlen entstehen ja nicht über Nacht, da steckt viel Arbeit dahinter. Können Sie das näher erläutern?

Dr. med. Andreas Ottersbach: 2005 habe ich die Navigationstechnik in der Knieendoprothetik, die ich bereits seit 1999 konsequent nutze, in Brig eingeführt. Das Knie ist, verglichen mit der Hüfte, ein komplizierter aufgebautes Gelenk, das uns Operateure vor große handwerkliche Herausforderungen stellt. Das implantierte Gelenk muss passgenau in der Beinachse sitzen und gut beweglich sein. Bei der computergestützten Navigationstechnik agieren wir mithilfe von Infrarotstrahlen, Sendern und Kameras. Die Knochenschnitte werden damit sehr präzise überwacht und können ideal während der OP modifiziert werden. Das Einpassen des Implantats, die Beweglichkeit und Spannung der Bänder können genauestens durchgeführt, überprüft und digital abgespeichert werden. Die Vorteile liegen auf der Hand und die Zahlen belegen es: Die Patienten haben insgesamt weniger „Beschwerden“, weshalb wir mit den Revisionen unter dem Schweizer Durchschnitt liegen.

Leading Medicine Guide: 2018 haben Sie als Pionier die Digitalisierung im OP eingeführt, was dürfen sich medizinsche Laien darunter vorstellen?

Dr. med. Andreas Ottersbach: Bei den OPs unterstützt uns ein digitaler Prozessmanager. Hier sind auch die kleinsten Operationsschritte festgelegt und standardisiert. Auf einem Bildschirm oder per Stimme wird der jeweils nächste Schritt angesagt, der Operateur oder jemand aus dem Team bestätigt ihn. So entsteht gleichzeitig ein minutiöses Operationsprotokoll, das wir regelmäßig prüfen können. Wenn Verbesserungen notwendig sind oder sich neue Erkenntnisse in der Medizin zeigen, kann das Programm überarbeitet und optimiert werden. Wir haben mit der intraoperativen Digitalisierung in der Schweiz Neuland betreten und auch andere Kliniken sind diesem Beispiel gefolgt.

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Leading Medicine Guide: Nicht nur damit haben Sie in der Orthopädie strategische Weitsicht bewiesen, weltweit kommt auch ein nach Ihren Grundideen konzipierter, spezieller OP-Tisch in der Hüftendoprothetik und bei arthroskopischen Operationen an der Hüfte zum Einsatz.

Dr. med. Andreas Ottersbach: Ja, das ist der RotexTable®, ein spezielles Aggregat, um das Bein zu lagern. Damit kann der Operateur das Bein des Patienten selbst bewegen und feinjustieren, ohne auf Hilfe vom Lagerungspersonal angewiesen zu sein. Durch die besonderen Konstruktionsmerkmale kann der Chirurg gut die Gewebespannung spüren und kontrollieren, was die Sicherheit für die Patienten erhöht. Eine Funktion der ergonomischen Lagerungshilfe, nämlich das Absenken des Beines, wird elektrisch vom Chirurgen bedient und ist ein Alleinstellungsmerkmal. Der Fuß des Patienten wird besonders ergonomisch im RotexShoe® gelagert. Auch das Konzept hinter dieser einzigartigen Lagerungshilfe beruht auf meinen Grundideen. Ich habe dazu einiges veröffentlicht, und wir schulen regelmäßig Operateure aus der ganzen Welt in der gesamt Technik, die ich „Process optimized minimally invasive total hip replacement“ also „Prozessoptimierte minimalinvasive Hüftendoprothetik“ genannt habe.

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Leading Medicine Guide: Sie gelten als konsequenter Verfechter des „Rapid Recovery“-Konzepts. Können Sie uns erklären, worum es dabei geht?

Dr. med. Andreas Ottersbach: Rapid Recovery bedeutet übersetzt so viel wie „schnelle Heilung“ und ist ein ganzheitliches Konzept. Im Prinzip bedeutet es, die Patienten so rasch wie möglich nach der Gelenk-Operation wieder zu mobilisieren. Das heißt, dass bei uns die Mehrheit der Operierten bereits sechs Stunden nach dem Eingriff die ersten Schritte läuft. Schon am nächsten Tag sind viele in der Lage, Treppen zu steigen und nach kurzer Zeit können wir sie wieder nach Hause oder in die Reha entlassen. Das Konzept funktioniert, weil wir uns konsequent darauf konzentriert haben, welche Behandlungsverfahren wirklich effizient sind, und uns von hergebrachten Techniken verabschiedet haben, die einfach nicht die Erfolge brachten, die wir uns wünschten. In interdisziplinären Arbeitsgruppen haben wir auch hier standardisierte Behandlungspfade entwickelt, die Schmerztherapie optimiert und die Patienten von unnötigen Schläuchen und Kathetern befreit. Auch hier sind die Ergebnisse gut messbar und die Erfolge unserer Arbeit sichtbar. Die Patienten freuen sich über ihre so rasch wieder erlangte Mobilität und das unterstützt den gesamten Heilungsprozess auch von der mentalen Seite.

Herr Dr. Ottersbach, vielen Dank für diese interessanten Einblicke in die innovativen Neuerungen rund um das Thema Gelenkprothesen, deren Einsatz und Erneuerung!

Wer Dr. med. Andreas Ottersbach kontaktieren möchte, kann das ganz einfach über seine Profilseite im Leading Medicine Guide tun.

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