„Leave nothing behind!“ Arun Kumarasamy und die Kompetenz in der Interventionellen Radiologie

17.03.2022
Claudia Dechamps
Redakteurin

Die Interventionelle Radiologie ist ein noch recht junges Fachgebiet, das zunehmend eine wichtige Rolle spielt. In Frankfurt am Main hat sich in dieser Disziplin ein Spezialist für die Diagnostik, Behandlung und Prävention von Gefäßkrankheiten internationale Anerkennung erworben: Arun Kumarasamy MBA, Chefarzt der Interventionellen Radiologie am Krankenhaus Sachsenhausen in Frankfurt baute das entsprechende Kompetenzzentrum am Krankenhaus Sachsenhausen auf. Seine Patientinnen und Patienten erleben hohe Qualität und medizinischen Anspruch nicht nur durch seine enorme Expertise, sondern auch durch die durchdachte Organisation der gesamten Klinik. Der Leading Medicine Guide sprach mit dem Gefäßspezialisten Arun Kumarasamy über die Verbindungen zwischen Gesundheitsmanagement und Medizin sowie die neuen Möglichkeiten der Interventionellen Radiologie.

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Leading Medicine Guide: Herr Kumarasamy, am Krankenhaus Sachsenhausen in Frankfurt haben Sie ein großes modernes Kompetenzzentrum für die Diagnostik, Behandlung und Prävention von Gefäßkrankheiten aufgebaut. Eigentlich ungewöhnlich für einen Mediziner, zumal Sie neben der fachärztlichen Ausbildung auch noch Internationales Krankenhaus- und Gesundheitsmanagement studiert haben.

Arun Kumarasamy: Während meiner Tätigkeit als Arzt in verschiedenen Funktionen habe ich immer wieder feststellen müssen, dass es eine Kluft zwischen den Medizinern und dem Management gibt. Beide sprechen nicht dieselbe Sprache, es gibt Verständigungsprobleme, das erschwert oft die Zusammenarbeit. Deshalb habe ich zusätzlich dieses Businessstudium absolviert, es hat mir sehr viel Freude gemacht und die Interventionelle Radiologie am Krankenhaus Sachsenhausen so modern zu strukturieren und aufzubauen, war eine schöne Herausforderung. Doch dazu vielleicht gleich noch mehr.

Leading Medicine Guide: Zunächst einmal sind Sie Arzt geworden und mussten etwas tun, was Sie nie machen wollten, was Ihrem Berufsleben dann aber die entscheidende Wende gegeben hat.

Arun Kumarasamy: Genau. Im Praktischen Jahr sollte ich diabetische Füße verbinden und dazu hatte ich wirklich keine Lust. Aber wie es dann so kommt, es ergab sich eines aus dem anderen. Ich dachte damals, solche Beschwerden und Befunde müssen doch nicht sein, was kann man dagegen tun? In der Ausbildungsphase bei der Radiologie habe ich großes Interesse an der Interventionellen Radiologie entwickelt. Das ist ein relativ junges Fachgebiet der Radiologie, in dem wir mit Hilfe der radiologischen Bildüberwachung das Gefäßsystem behandeln können. Diese Interventionen, also minimal invasiven Eingriffe in die Gefäße, um Verengungen und Verschlüsse zu behandeln, die haben mich fasziniert. Es hat sich dann herausgestellt, dass mir diese Form der minimal invasiven Behandlung liegt und sehr viel Freude bereitet.

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Leading Medicine Guide: Wie macht sich so ein Talent bemerkbar?

Arun Kumarasamy: Letzten Endes ist das ein besonderes handwerkliches Geschick. Mit viel Routine habe ich meine Interventionen verfeinert und kann sie inzwischen in recht kurzer Zeit durchführen. Bei einer Intervention schiebe ich einen millimeterdünnen Katheter in ein Gefäß vor, bis zu der Stelle, die behandelt werden muss. Per Angiographie kann ich alles kontrollieren. In meiner Arbeit habe ich mich auf die Gefäße der Peripherie konzentriert, also in erster Linie die Gefäße der Beine. Mein Steckenpferd sozusagen sind chronische Verschlüsse im Becken, Oberschenkel und vor allem der Unterschenkel- und Fußarterien geworden. Umgangssprachlich sind das die Patienten mit der sogenannten Schaufensterkrankheit oder medizinisch peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, pAVK. Dabei ist die Durchblutung der Schlagadern in den Gliedmaßen gestört, die Betroffenen bekommen schon nach kurzer Gehzeit Muskelschmerzen, weil das Bein oder die Beine nicht mehr ausreichend durchblutet werden. Daher der Name Schaufensterkrankheit. Risikofaktoren sind die üblichen Verdächtigen wie Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes.

Leading Medicine Guide: Was können Sie mit den heutigen medizinischen Mitteln für diese Patienten tun?

Arun Kumarasamy: Die klassischen Verfahren, das sind Ballons und Stents, mit denen wir die Verschlussstellen entweder aufdehnen oder stabilisieren. Den Ballon schieben wir bis zu der Stenose vor und dehnen ihn dann für ein bis zwei Minuten auf. Dann kontrollieren wir, ob das zum gewünschten Erfolg geführt hat. Mit medikamentenbeschichteten Ballons kann man gleichzeitig weitere Therapieschritte unternehmen.

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Ein Stent, das kennt man ja auch aus anderen medizinischen Bereichen, ist eine Gefäßstütze, die an die Engstelle geschoben wird und dauerhaft dort bleibt. Wir verwenden fast ausschließlich modernste, lasergeschnittene, selbstexpandierende Nitinolstents. Das Implantat hält die Arterie offen, ist elastisch und beweglich und integriert sich mit der Zeit vollständig in die Gefäßwand. Das sind die klassischen Verfahren. Eine neue Behandlungsmethode ist die kathetergestützte Rotationsatherektomie, ein Mini-Bohrsystem, mit dem wir die Plaques in den Gefäßen abtragen können.

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Leading Medicine Guide: Im allgemeinen Sprachgebrauch ist ja immer die Rede von Verkalkungen in den Arterien. Ist das wirklich Kalk, der sich da ablagert?

Arun Kumarasamy: Doch das ist wirklich so, das ist ein knochenhartes Material, das wir gewissermaßen auf- und durchbohren. Man kann sich das als Laie wie einen Tunnelbohrer vorstellen, der die Engstellen durchfräst und den gelösten Kalk gleichzeitig absaugt. Damit kriegen wir die Gefäße sehr schön wieder geöffnet und können den Patienten in vielen Fällen einen Stent ersparen. Denn die Stents haben ja leider den Nachteil, dass sie sich wieder verschließen können. Die heutige moderne Therapie nennt sich: „Leave nothing behind“.

Leading Medicine Guide: Deshalb wäre es ja auch wichtig, dass Ihre Patienten nicht nur von Ihrer ärztlichen Kunst profitieren, sondern nach dem Eingriff auch ihren Lebensstil verändern und z. B. das Rauchen aufgeben und sich um eine gesündere Ernährung und mehr Bewegung im Alltag kümmern.

Arun Kumarasamy: Ja, aber das kann ich nur empfehlen, umsetzen muss es natürlich jeder selbst. Vielleicht noch ein paar Sätze zum diabetischen Fuß, mit dem meine Karriere quasi gestartet ist. Viele Amputationen bei Diabetikern müssen nicht sein, vor allem Major Amputationen. Man kann da sehr viel mehr retten, wenn man früh medizinisch eingreift und beginnende Gefäßverengungen/-verschlüsse entsprechend behandelt.

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Leading Medicine Guide: Sie haben die Interventionelle Radiologie am Krankenhaus Sachsenhausen aufgebaut, und sind 2017 mit 240 Patienten-Interventionen gestartet, inzwischen hat sich die Zahl der Patienten fast verdreifacht. Ihre Patienten kommen aus dem In- und Ausland und sind sehr zufrieden mit den Behandlungsergebnissen. Können Sie uns etwas von den Anfängen erzählen?

Arun Kumarasamy: Ich habe während meines MBA-Studiums eigentlich zum Spaß einen Businessplan aufgestellt, wie man die Interventionelle Radiologie als neue Einheit aufbauen könnte. Mir ging es darum, Prozesse zu optimieren, Abläufe effizienter zu machen, die gesamte Architektur eines solchen Zentrums nach der Funktion und Praktikabilität auszurichten. Dann habe ich dieses Modell dem Krankenhausmanagement und dem damaligen Vorstand vorgestellt und die waren doch recht verdutzt, was da so alles möglich ist. Anschließend sind wir tiefer in die Planung eingestiegen, haben uns über die neusten Technologien informiert und Geräte ausprobiert. Die Interventionelle Radiologie als Abteilung des Krankenhauses mit eigenen Betten – das können Radiologen in der Regel nicht anbieten. Interessanterweise lassen sich die ganzen Checklisten aus der Industrie sehr gut in die Medizin integrieren. Auch in der Medizin haben wir inzwischen eine Fülle von Abläufen, die ineinandergreifen müssen und möglichst sinnvoll, zeitsparend und ohne Fehleranfälligkeit strukturiert sein sollten. Man kann so vieles noch besser machen, das fasziniert mich und spornt mich an.

Herr Kumarasamy, wir danken Ihnen für den Einblick in Ihre innovativen Ideen zur Optimierung von Behandlungen von Gefäßkrankheiten.

Kontakt mit dem Spezialisten kann direkt über seine Profilseite des Leading Medicine Guide hergestellt werden.

 

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