Internationales Renommee in der Bypass- und Herzchirurgie - Experteninterview mit Prof. Albert

02.01.2024

Professor Dr. Alexander Albert zählt zweifellos zu den renommiertesten Herzchirurgen weltweit und hat sich insbesondere auf dem Gebiet der minimal-invasiven Herzchirurgie einen internationalen Ruf erworben. Seine Schwerpunkte sind die minimal-invasive Bypass-Chirurgie, die minimal-invasive Mitralklappen-Rekonstruktion sowie die Kunstherzimplantationen und Herztransplantation. Mit nun 30 Jahren Berufserfahrung und 20 Jahren in leitenden Positionen, gilt er als ausgewiesener Spezialist für Herzerkrankungen.

Seit Herbst 2019 ist Professor Dr. Albert der Leiter des Herzklinikums in Dortmund, wo er ein überregionales Herz-Zentrum von großer Bedeutung etabliert hat. Seine Karriere hat er 1994 in der Privatklinik des Herzzentrums Lahr/Schwarzwald begonnen, wo er in sechs Jahren seine Ausbildung zum Herzchirurgen absolvierte und nach seiner Weiterbildung im Ausland, diese Klinik zur ersten Klinik in Deutschland machte, die die komplette Bypass Chirurgie auf die Off-pump Verfahren umstellte. Vor seiner Tätigkeit in Dortmund war er zehn Jahre lang Stellvertretender Direktor der Herzchirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf, wo er maßgeblich zum Aufbau eines der bedeutendsten Herz- und Transplantationszentren beitrug. Seine Expertise hat er im europäischen Ausland, insbesondere in der Schweiz und Belgien, vertieft; insbesondere sein einjähriger Aufenthalt vor 20 Jahren an der Universität Leuven bei dem Pabst der europäischen Off-pump Chirurgie, Prof. Dr. P. Sergeant, hat ihn fachlich wie persönlich sehr geprägt.

Neben seiner herausragenden Position als Chirurg ist Professor Dr. Albert für seine interdisziplinäre Herangehensweise und Menschlichkeit bekannt. Er legt großen Wert darauf, dass diagnostische und therapeutische Entscheidungen im Team getroffen werden, was neben Fachärzten auch die Einbindung der Patienten und ihrer Familien einschließt. Sein Konzept einer personalisierten Herzchirurgie berücksichtigt in besonderem Maße die Erwartungen und Wünsche der Patienten. Besonders bemerkenswert ist Prof. Dr. Alberts Beitrag zur Entwicklung und Anwendung minimal-invasiver Bypass-Chirurgie. Diese entwickelte er auf Basis seiner Jahrzehnten-langen Erfahrung in der Off-pump Chirurgie. Seine bahnbrechenden Fortschritte in der minimal-invasiven Bypass-Chirurgie machen ihn zu einem international gefragten Spezialisten auf diesem Gebiet. Prof. Dr. Albert ist daher nicht nur ein erfahrener Chirurg, sondern auch ein Lehrer, der sein Wissen gerne weitergibt; so ist er auch Leiter des europäischen Trainingszentrums für minimal-invasive Bypass-Chirurgie. Monatlich kommen Teams aus allen Ländern Europa – und mittlerweile auch darüber hinaus – nach Dortmund, um von Prof. Dr. Albert zu lernen.

Für Prof. Dr. Alexander Albert steht der Patient stets im Mittelpunkt. Diese sehr persönliche und patientenorientierte Herangehensweise spiegelt sich in dem Angebot individuell angepasster Therapiekonzepte wider. Unter seiner Leitung arbeitet ein international besetztes Team von Herzchirurgen, von denen jeder auf ein Spezialgebiet mit umfassender Erfahrung und Fachwissen spezialisiert ist. Von minimal-invasiven Bypass-Operationen, minimal-invasiven Eingriffen an der der Aortenklappe oder der Aorta, über die minimal-invasiven Mitralklappenrekonstruktionen und Kunstherzimplantationen bietet sein Team eine breite Palette von chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten auf höchstem Niveau. Die Redaktion des Leading Medicine Guide hatte erneut die Gelegenheit, mit dem herausragenden Herzspezialisten zu sprechen und hatte im Besonderen die minimal-invasive Herzchirurgie im Blick, um hier mehr zu den neuesten Erkenntnissen zu erfahren.

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Die minimal-invasive Herzchirurgie hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen; sie stellt einen innovativen Ansatz in der Behandlung von Herzerkrankungen dar und kommt den Wünschen und Erwartungen der Patienten sehr entgegen. Im Vergleich zu traditionellen Bypassoperationen bietet diese fortschrittliche Technik eine vielversprechende Alternative zu den herkömmlichen Verfahren und geht mit einer potenziell geringeren Belastung für die Patienten einher. Die Entwicklung minimal-invasiver Verfahren ist im Begriff die Herzchirurgie zu revolutionieren, indem sie präzisere Eingriffe ermöglicht und die Erholungszeit verkürzt. 

Die minimal-invasive Herzchirurgie hat sich im Klinik Dortmund als neuer Standard etabliert; es werden dabei innovative Methoden und Technologien genutzt, um Herzoperationen effektiver und schonender zu gestalten. 

Im Vergleich zu herkömmlichen, invasiven Verfahren, bei denen ein großer Längsschnitt im Brustkorb (Sternum) erforderlich ist, ermöglicht die minimal-invasive Herzchirurgie präzise Eingriffe durch kleinere Schnitte zwischen den Rippen, meist unterhalb der rechten oder linken Brust. Diese fortschrittliche Technik bietet eine Vielzahl von Vorteilen. So reduziert sie zum Beispiel das Ausmaß eines chirurgischen Traumas, da keine Durchtrennung von Brustkorbknochen notwendig ist. Es werden aber in Deutschland noch immer 90% der Eingriffe am Herzen herkömmlich, d.h. mit Herz-Lungen-Maschine und Durchtrennung des Brustbeins durchgeführt. Es wird in der Regel die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, und das Herz dann zum Stillstand gebracht; während dieser Zeit wird der Körper durch die Maschine weiterversorgt. Dieses bewährte Verfahren hat aber auch Nebenwirkungen, insbesondere in der Bypass Chirurgie. Wir verzichten auf die Maschine und operieren am schlagenden Herzen. Das dies so wenige machen, liegt schlicht und ergreifend an der Gewohnheit des Operateurs, denn es fällt oft schwer, die Routine zu verlassen, da man sich bei einer Umstellung in ein unsicheres Gebiet begibt. Das Wichtigste In der Bypass Chirurgie ist meiner Meinung nach der Verzicht auf die Herz-Lungen-Maschine. Dadurch können einige potenzielle Komplikationen, die mit der Verwendung der Herz-Lungen-Maschine verbunden sind, vermieden werden“, erklärt Prof. Dr. Albert zu Beginn unseres Gesprächs. 


Der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine (HLM) birgt einige potenzielle Risiken.

Blutgerinnsel Bildung: Die HLM kann zur Bildung von Blutgerinnseln führen, da das Blut außerhalb des Körpers zirkuliert. Diese Gerinnsel können später zu Thrombosen oder Embolien führen.

Entzündungsreaktionen: er Kontakt des Blutes mit nicht-körpereigenen Oberflächen der HLM kann Entzündungen im Körper auslösen.

Organfunktionsstörungen: Die Durchblutung der Organe wird während des Bypasses durch die HLM beeinträchtigt, was zu vorübergehenden Funktionsstörungen oder Schäden an verschiedenen Organen führen kann.

Blutverlust und Transfusionen: Während des chirurgischen Eingriffs kann Blut verloren gehen, was zu Transfusionen führen kann, die wiederum mit gewissen Risiken wie Infektionen oder immunologischen Reaktionen verbunden sind.

Neurologische Probleme: In einigen Fällen können während des Einsatzes der HLM neurologische Probleme auftreten, einschließlich vorübergehender kognitiver Beeinträchtigungen oder Schlaganfällen. Der Hauptgrund für Schlaganfälle ist die Manipulationen an der Aorta wodurch Kalk-Partikel oder ähnliches abgelöst und in den Kopf gelangen können.


Grundsätzlich verkürzt sich dank der minimal-invasiven Technik die Erholungszeit des Patienten erheblich, und diese können so schneller zu ihren normalen Aktivitäten zurückkehren“, betont Prof. Dr. Albert.

Minimal-invasive Techniken in der Herzchirurgie haben sich erfolgreich bei einer Vielzahl von Herzkrankheiten und -zuständen bewährt. 

Trotz der Vorteile eines Eingriffs, der minimal-invasiv durchgeführt wird, gibt es auch einige Herausforderungen und Einschränkungen. Nicht alle Patienten oder alle Arten von Herzoperationen sind für minimal-invasive Techniken geeignet. Dies hängt von der Schwere der Herzkrankheit, der Anatomie des Patienten und anderen individuellen Faktoren ab. 

Es ist sehr Experten abhängig, ob minimal-invasiv operiert werden kann. Es gibt fünf unterschiedliche große Operationsgruppen in der Herzchirurgie. Da sind einmal die Mitralklappen, dann gibt es die Aortenklappen und Aorten Chirurgie, und es gibt die Bypass Chirurgie sowie Kunstherzimplantationen. Mitralklappen operiere ich grundsätzlich, d.h. zu nahezu 100% minimal-invasiv; über den Zugang unter der rechten Brust kommt man direkt auf die Mitralklappe zu, das ist noch einfacher als von vorne über Sternotomie zu operieren. Ich hatte vor Kurzem einen Patienten, den ich so minimal-invasiv die Mitralklappe repariert hatte; als er mich drei Monate später besuchte, erzählte er mir stolz, er hätte jetzt dritten Platz in der deutschen (Amateur-) Karatemeisterschaft gemacht! Das hätte sicher nicht funktioniert, wenn ich das Brustbein hätte beschädigen müssen“, erzählt Prof. Dr. Albert begeistert. 

Bei den Aortenklappen führen wir über 90% der Operationen minimal-invasiv durch – in anderen deutschen Einrichtungen werden hier nur 20% der Operationen minimal-invasiv durchgeführt. Das heißt, dass das Brustbein nicht eröffnet wird – das macht einem Patienten schließlich auch Angst, und manche Ältere lehnen eine solche Operation mit Öffnung des Brustbeins schlichtweg ab. Nur wenn man vor der Operation feststellt, dass die Hauptschlagader stark verkalkt oder krankhaft erweitert ist, kommt der minimal-invasive Zugang nicht in Frage, dann würde ich dem Patienten zu einem großen Eingriff raten, so kann man die Herz-Lungen-Maschine sicherer anschließen und kontrollieren. Aus diesem Grund machen wir hier vor der Operation immer ein CT, um den Grad der Verkalkungen und Erweiterungen zu überprüfen“, macht Prof. Dr. Albert deutlich. 

Was die Bypass-Operation betrifft, ist Prof. Dr. Albert eine absolute Ausnahme, denn in diesem Bereich der Herzchirurgie ist eine minimal-invasive Operation gar nicht geläufig. „Ich mache ca. 70% der Bypass-Operationen minimal-invasiv mit steigender Tendenz, da meine Techniken immer ausgefeilter werden. Deutschlandweit bzw. weltweit sind es keine 1%. Man braucht passende Befunde, es hängt auch von der koronaren Anatomie ab, von dem Befall der Herzkranzgefäße. Da gibt es ja drei Herzkranzgefäße. Wenn zwei von den drei Gefäßen betroffen sind, kann man noch immer minimal-invasiv operieren. Sollten alle drei Herzkranzgefäße betroffen sein und der Patient jünger ist, würde ich die Operation von Vorne, also durch den offenen Brustkorb, machen und bestmöglich vier oder fünf arterielle Bypässe setzen, die dann auch ein Leben lang halten. Das wäre dann definitiv meine Empfehlung an den Patienten. Es gibt aber auch noch die Option einer Hybrid-Operation. Das heißt, ich operiere das, was geht, beim Patienten von der Seite, minimal-invasiv, mittels Bypasses, und der Kardiologie macht den Rest mit dem Einsatz von Stents. Das ist vor allem für ältere Patienten gut geeignet“, verdeutlicht Prof. Dr. Albert.

Die minimal-invasive Herzchirurgie hat sich in den letzten Jahren als neuer Standard etabliert und bietet eine Vielzahl von Vorteilen im Vergleich zu herkömmlichen, invasiveren Verfahren. 

Diese innovative Herangehensweise an Herzoperationen setzt auf präzise Techniken und kleinere Schnitte, um chirurgische Eingriffe durchzuführen, die traditionell mit größeren Inzisionen verbunden waren. Durch kleinere Schnitte und die gezielte Bearbeitung bestimmter Bereiche des Herzens wird das umliegende Gewebe weniger beeinträchtigt. Dies führt zu einer beschleunigten Erholung und verkürzten Krankenhausaufenthalten. 

Patienten können nach einem minimal-invasiven Eingriff sehr viel schneller zu ihrem normalen Leben zurückkehren und sind auch schneller wieder komplett belastbar. Sie müssen nicht so aufpassen wie Patienten, die offen operiert wurden, die zum Beispiel eine längere Zeit nicht in Bauchlage schlafen dürfen. Ein weiterer positiver Aspekt ist das geringere Infektionsrisiko. Kleinere Wunden bedeuten weniger Eintrittspforten für potenzielle Infektionen, was insbesondere in der postoperativen Phase von Vorteil ist. Darüber hinaus sind minimal-invasive Herzoperationen oft mit geringerem Blutverlust während des Eingriffs verbunden“, macht Prof. Dr. Albert deutlich.


Die MIDCAB-Bypass-Operation ist eine minimal-invasive Methode, bei der auf den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine verzichtet wird und ohne Manipulationen an der Aorta auskommt. Diese Technik ist daher besonders schonend. Prof. Dr. Albert hat noch die Begriffe MIDCAB plus eingeführt, wenn zwei Bypässe auf die Vorderwand des Herzens minimal-invasiv gelegt werden und Multivessel (MV)-MIDCAB, wenn minimal-invasiv mehrere Bypässe auch zur Seiten- und /oder Hinterwand des Herzens gelegt werden.


Ästhetische Ergebnisse spielen ebenfalls eine Rolle, da die kleineren Narben bei minimal-invasiver Technik zu verbesserten kosmetischen Ergebnissen führen. Dies ist auch aus psychologischer Sicht wichtig, da Patienten oft von einer geringeren sichtbaren Beeinträchtigung profitieren. Die Entscheidung für die Art des chirurgischen Eingriffs hängt von der spezifischen Herzkrankheit, der Anatomie des Patienten und anderen individuellen Faktoren ab. Die minimal-invasive Herzchirurgie repräsentiert jedoch zweifellos einen bedeutsamen Fortschritt in der Herzchirurgie und hat das Potenzial, die Behandlungsstandards weiter zu verbessern.

Ohne die Fähigkeit, Off-Pump – ohne Herz-Lungen-Maschine – operieren zu können, lässt sich keine minimal-invasive Bypass Operation durchführen.

Die minimal-invasive Bypass Chirurgie muss noch von vielen Ärzten und angehenden Ärzten erlernt werden. Ich operiere jetzt seit 20 Jahren am schlagenden Herz (Off-Pump) und operiere wie gesagt 70% der Bypässe minimal-invasiv. Man muss unbedingt erst einmal das Operieren am schlagenden Herzen erlernen, bevor man MIDCAB Operationen durchführt. Jetzt aktuell ist das Interesse groß, minimal-invasive Operationen am Herzen durchführen zu können, auch weil Patienten minimal-invasive Operationen fordern. Auch viele Arztkollegen haben ein großes Interesse daran, Bypass Operationen minimal-invasiv durchführen zu können. Aber die Voraussetzung hierfür ist eben das Operieren ohne Herz-Lungen-Maschine in hoher Qualität durchführen zu können, und das zu lernen geht nicht so schnell; man braucht viel Erfahrung. Ich werde oft an Kliniken auf der ganzen Welt berufen, um diese Techniken zu lehren – nur ohne die Off-Pump-Kenntnis geht es nicht. Dann lade ich Kollegen gerne zu mir ein, um das Operieren und die Skills des Operierens ohne Herz-Lungen-Maschine zu erlernen, insbesondere auch was die Nahttechniken am schlagenden, d.h. sich bewegenden Herzen betrifft. Diese kann man am besten mit kleinen Simulatoren Zuhause üben, und Experten können das Ergebnis und die Fortschritte dann per Video begutachten. Das Beste ist natürlich, wenn der Auszubildende mit mir in den Operationsaal kommen kann; grundsätzlich geht es immer darum zunächst die Theorie zu verstehen und dann seine praktischen Fähigkeiten, seine Skills zu verbessern. Ich bemühe mich sehr darum, meine Kenntnisse zu teilen“, stellt Prof. Dr. Albert dar.


Die personalisierte Bypass Chirurgie hat die Herzoperation in den letzten Jahren revolutioniert, indem sie einen individualisierten Ansatz für jeden Patienten ermöglicht. Dieser innovative Behandlungsansatz nutzt Fortschritte in der Diagnostik, darunter präzisere bildgebende Verfahren wie CT- und MRT-Untersuchungen. Diese bieten eine detaillierte Visualisierung der Herzgefäße und ermöglichen es Chirurgen, Blockaden oder Verengungen genau zu lokalisieren. Ein weiterer entscheidender Schritt in der personalisierten Bypass Chirurgie ist die funktionelle Bewertung des Herzens. Moderne Diagnosemethoden erlauben nicht nur die Beurteilung der reinen Anatomie, sondern auch eine Einschätzung der Durchblutung und anderer funktioneller Parameter. Diese Informationen sind entscheidend für die Planung der Bypass Chirurgie. Und individuell angepasst wird die Therapie dann, wenn wir dem Patienten unter einer Palette von vielen Möglichkeiten wählen können, nämlich das therapie-verfahren, welches am besten zu ihm passt – von der konservativ-medikamentösen Therapie, über die Stents zur Bypass Chirurgie; und bei der letzteren eben auch die Erfahrung haben, zwischen offenen und minimal-invasiven Verfahren wählen zu können.


Minimal-invasive Herzoperationen können besonders für bestimmte Patientengruppen von Vorteil sein, wodurch die Gesamtergebnisse optimiert werden. 

Ältere Menschen haben oft zusätzliche gesundheitliche Herausforderungen. Minimal-invasive Techniken ermöglichen einen schonenderen Eingriff, was zu einer verkürzten Erholungszeit und geringeren Belastungen führen kann. Bei Patienten mit Adipositas oder solchen mit Diabetes kann die minimal-invasive Herzchirurgie aufgrund der geringeren Traumatisierung des Gewebes und der Möglichkeit, kleinere Schnitte zu verwenden, vorteilhaft sein, insbesondere um in dieser Patientengruppe Wundheilungsstörungen zu vermeiden. Berufstätige Menschen oder solche mit familiären Verpflichtungen können von der kürzeren Erholungszeit nach minimal-invasiven Eingriffen profitieren, da sie schneller zu ihren täglichen Aktivitäten zurückkehren können. Und minimal-invasive Verfahren können kleinere Narben und eine insgesamt ästhetischere Wirkung bieten, was für einige Patienten ein wichtiger Aspekt sein kann.

Es gibt keine Klinik in Deutschland, die so konsequent minimal-invasiv operiert wie wir. Dies ermöglicht es uns individuell auf die Wünsche der Patienten einzugehen. Ich führe regelmäßig zwei Monate nach der Operation sogenannte Nachgespräche mit meinen Patienten; da erkläre ich nochmal ganz genau, wieso und was wir gemacht haben, und es geht darum, dem Patienten Mut zu machen, wieder ganz normal in den Alltag zurückzufinden und sich auch normal zu belasten. Der Patient muss wirklich spüren, dass wir uns besondere Mühe geben, den Eingriff so schonend wie möglich zu machen. Manchmal ist das Minimal-invasive gar nicht das Entscheidende; so habe vor Kurzem eine Patientin operiert, geplant war eine minimal-invasive Bypass-Operation, weswegen die Patientin sogar von weiter her zu uns gekommen war. Leider musste ich in der Operation entscheiden, doch durch den offenen Brustkorb zu operieren. Nach der Operation konnte ich ihr im Gespräch erklären, warum ich so entschieden habe. Sie war zwar erst einmal sehr enttäuscht; später hatte ich überraschenderweise im Internet gesehen, dass sie uns in Google mit 5-Sterne-bewertet hatte. Es geht daher nicht immer nur um das Technische, sondern auch um das Persönliche, darum dass der Patient sich wohl fühlt und merkt, dass wir – d.h. das gesamte Team, insbesondere auch die Schwestern auf den Stationen! – unser Bestes geben und unsere Patienten mitfühlend und menschlich behandeln“, verdeutlicht Prof. Dr. Albert.

Zu den bedeutenden technologischen Fortschritten gehört die Einführung von roboterassistierten Systemen. 

Derzeit sind in der Herzchirurgie sogenannte roboterassistierter Systeme im Einsatz; diese sind keine – wie der Name ja andeutet – auf künstlicher Intelligenz (KI) beruhende Technologien, die selbst lernen und Entscheidungen treffen; vielmehr sind es Arbeitsarme, die der Chirurg aus der Entfernung von einer Konsole aus steuert. Die Vorteile dieser roboterassistierten Systeme bestehen zum einen in einer besseren Beweglichkeit der Instrumente in allen Ebenen des Raumes, selbst in schwer zugänglichen Bereichen. Diese Präzision ist besonders wichtig bei minimal-invasiven Verfahren, bei denen der Chirurg aufgrund kleiner Schnitte eingeschränkten direkten Zugang hat. Zum anderen unterstützt die intraoperative Bildgebung dieser robotorassistierten Systeme mit ihren bildführenden Navigationssystemen eine optimale 3D-Visualisierung des Operationsgebietes. Dies ermöglicht zusammen mit der hohen Beweglichkeit und Präzision der Roboter-Arme eine äußerst präzise und schonende Präparation des Gewebes. Unterstützt werden diese Neuerungen im Bereich der Visualisierung durch den Fortschritt im Bereich der bildgebenden Verfahren, wie etwa 3D-CT- und MRT-Scans; diese ermöglichen eine genaue Visualisierung der Anatomie und Funktion des Herzens sowie der umgebenden Gefäße bereits vor der Operation. Diese fortschrittlichen Bildgebungstechnologien helfen so, genaue Karten des betroffenen Bereichs zu erstellen, bevor sie den Eingriff planen. Eine präzise Diagnose und Planung sind entscheidend, um die bestmögliche Strategie für den Eingriff zu entwickeln. 

Die Robotik wird ein großer `Game-Changer´ werden. Noch tut sie sich allerdings insbesondere am sich bewegenden Herzen sehr schwer, so in der Bypass-Chirurgie am schlagenden Herzen. Anders ist es bei der Operation, wo die Herz-Lungen-Maschine verwendet wird, und das Herz stillgelegt wurde. Damit kommen robotorassistierte Systeme besser zurecht und können ihre Stärke ausspielen. Was da allerdings immer noch fehlt ist das taktile Gefühl der Hand; als Chirurg fühlt man das Gewebe, wenn man schneidet oder näht; der Chirurg an der Konsole dagegen hat nur die Visualisierung und spürt nicht, was die ferngesteuerten Instrumente am Gewebe machen, er sieht nur. In Deutschland ist die Robotik am Herzen noch nicht zugelassen, es wird nur im Rahmen von Studien oder zur Präparation von Bypass-gefäßen wie der A. mammaria verwendet. Ich war vor Kurzem zu einer Vortragsreise in China, dort ist der Einsatz robotorassistierter Systeme weiterverbreitet als hier – und übrigens auch die minimal-invasive Chirurgie insgesamt. Ich denke, dass demnächst auch praktikablere robotorassistierte Systeme als das doch sehr teure und umständliche da Vinci System – als einziges derzeit verfügbares System – auf dem Markt kommen. Vom Konzept her finde ich die Robotik schon sehr überzeugend, da die Visualisierung, Präzision und die Beweglichkeit der Arme großartig sind. Ich bin davon überzeugt, dass die Robotik als Führungshilfe, wie bei einer Playstation, die Zukunft ist, das dauert alles noch ein bisschen. Noch bedeutet Herzchirurgie Handarbeit, hier kann man die höchste Präzision erreichen, manchmal ist weniger Technik mehr“, erklärt Prof. Dr. Albert, der damit die Unverzichtbarkeit einer präzisen Handarbeit in der Herzchirurgie hervorhebt, und schließt damit unser Gespräch.

Lieber Herr Professor Dr. Albert – erneut geht an Sie der herzliche Dank für den Einblick in die faszinierende Welt der Herzchirurgie!

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