Der Akutschmerz und chronischer Schmerz fühlen sich zwar gleich an, sind aber zwei „völlig unterschiedliche Paar Stiefel“. Der Akutschmerz ist ein Symptom für einen tatsächlichen oder drohenden Gewebeschaden.
Der chronische Schmerz hingegen ist eine eigenständige Erkrankung, die sich auf vier Charakteristika herunterbrechen lässt:
1. Chronischer Schmerz geht einher mit neuroplastischen zentralnervösen Veränderungen
Chronischer Schmerz ist eine Folge-Erkrankung, die durch eine inadäquate (nicht angemessene) Primärbehandlung des Ausgangsschmerzes entstanden ist.
Auf körperlicher Ebene finden sich neuroplastische Veränderungen im Bereich von:
- Schmerzaufzeichnung
- Schmerzweiterleitung und
- Schmerzverarbeitung
2. Chronischer Schmerz ist niemals körperlich oder seelisch, sondern immer bio-psycho-sozial
Chronischer Schmerz ist ein bio-psycho-soziales Geschehen, in dem körperliche, seelische und soziale Krankheitsaspekte gleichzeitig vorliegen. Sie verstärken und halten sich gegenseitig aufrecht.
Mit der spezialisierten Schmerzmedizin fand ein Wandel von der dichotomen („entweder oder“) Denkweise zur multimodalen Denkweise statt.
3. Chronischer Schmerz geht einher mit psychovegetativen Veränderungen
Chronischer Schmerz geht mit psychovegetativer Beeinträchtigung, häufig in Form psychovegetativer Erschöpfung einher. Die neuroplastischen Veränderungen im zentralen Nervensystem lösen nicht direkt eine Schmerzwahrnehmung aus. Das sind erfahrene Einflüsse aus dem psychosozialen und dem psychovegetativen Bereich.
4. Wir sind chronischem Schmerz nicht schutzlos ausgeliefert
Chronischer Schmerz ist kein hoffnungsloser Fakt und keine Einbahnstrasse vom Schmerzort zum Gehirn (bottom up-Geschehen).
Es ist das Resultat von afferenten (aufsteigenden) Aspekten, die schützende Aspekte (top down-Mechanismen) modulieren, verändern und besänftigen können.
Wir sind chronischen Schmerzen nicht schutzlos ausgeliefert. Da wir top down-Mechanismen und psychische Strategien haben, haben wir kräftige Tools, um sie zu bewältigen (Copingmechanismen).
Etwa 17% aller Deutschen sind von lang anhaltenden, chronischen Schmerzen betroffen @ Art_Photo /AdobeStock
Mit dem Wissen, wie chronische Schmerzen gegenüber dem allgegenwärtigen und geläufigen Akutschmerz funktionieren, entwickelten sich neue therapeutische Strategien.
Steht beim Akutschmerz das „Weg Machen" im Vordergrund, geht es beim chronischen Schmerz um das Leitmotiv: "...aus Schmerz kein Leid werden lassen…“.
Die vorrangigen Ziele sind somit:
- Die Verbesserung der Lebensqualität
- Teilhabe am sozialen Leben
- Erhalt und Verbesserung der sozialen Funktionsfähigkeit
Hohe Anforderungen an Schmerzmediziner
Das setzt viel spezialisiertes Wissen voraus, das weit über Anforderungen einer Facharztqualifikation hinausgeht. Daher können Ärzte die Ausbildung zum Schmerzspezialisten erst beginnen, wenn sie eine Facharztanerkennung in folgenden Bereichen haben:
In der spezialisierten Fach-Weiterbildung lernen und arbeiten Ärzte sehr praxisnah unter Supervision.
Ein niedergelassener Schmerztherapeut muß:
- Tätigkeits- und Erfolgsnachweise bringen
- Eine Prüfung vor der Ärztekammer ablegen
- In der Praxis eine hohe apparative, bauliche und personelle Ausstattung haben
- Interdisziplinäre Schmerzkonferenzen durchführen,
- Sich jährlich curriculär fortbilden und
- Benotete Qualitäts-Audits bestehen
Diese hohen Anforderungen sind der Grund dafür, dass es ein Nachwuchsproblem im Fachgebiet und in den Praxen gibt.
Bevor der Schmerzspezialist zur eigentlichen Therapie kommt, stellt er sich eine Frage mit weitreichenden Folgen:
Welche Gewichtung bio:psycho:sozial hat mein Patient?
Ist das Verhältnis 33:33:33 dann besteht eine gleichartige Betonung von:
- Körperlich orientierter Therapieansätze (z.B. Spritzen, Infusionen)
- Psychologischer Ansätze (z.B. Psychotherapien, Hypnose) und
- Sozialer Ansätze (z.B. Förderung beruflicher Rehabilitation, Umsetzung am Arbeitsplatz, Gewährung von Renten)
Seit der Einführung der speziellen Schmerztherapie in das deutsche Gesundheitswesen hat sich die Schmerzmedizin gewandelt.
Zu Beginn standen die akutmedizinischen Einflüsse der Basisdisziplinen („Neurochirurgen operierten, Anästhesisten spritzen") im Vordergrund.
Mittlerweile kam es zu einer Sensibilisierung für die psychologischen Aspekte des Fachgebietes. Mehr und mehr Schmerztherapeuten begaben sich noch einmal in eine Spezialausbildung zum Psychotherapeuten.
Es wurde klar, dass Schmerztherapie nicht ohne spezialisierte Psychotherapie auskommt. Und die moderne Psychotherapie nicht ohne Neuromodulation mit Stimulations- und Infusionsverfahren (rTMS, tDCS, Ketamin-Infusionen). Die Berücksichtigung aller Aspekte nennt sich heute moderne Schmerztherapie.
In der Psychoterhapie lernt der Schmerzpatient, seine Verhaltensmuster im Umgang mit Stress und dem Schmerz selbst zu erkennen und in kleinen Schritten zu verändern @ VadimGuzhva /AdobeStock
Die „beste Klinik“ oder „Top Klinik“ für Schmerzmedizin zu finden, ist nicht möglich, da Spezialisierungen und Tätigkeitsschwerpunkte bedeutsam sind.
Der „Leading Medicine Guide“ hat die Branchenführer in einem aufwendigen Selektionsprozess ausfindig gemacht und ausgezeichnet. Das Leading Medicine Guide Certificate gewährleistet multimodales und interprofessionelles Arbeiten auf höchstem Niveau unter ständiger Qualitätskontrolle.
Im Leading Medicine Guide werden nur ausgewählte, hochqualifizierte medizinische Experten und Spezialisten präsentiert. Alle Schmerzmediziner haben eine hohe fachliche Expertise und verfügen über exzellente Erfahrungen im Bereich Schmerzmedizin.