Wunderwerk Knie: Dr. med. Alfred Tylla über unser größtes Gelenk

26.02.2023

Das Knie muss als größtes Gelenk unseres Körpers richtig viel aushalten. Schließlich lastet unser gesamtes Körpergewicht auf dem komplex strukturierten Knie, in dem etliche Bänder, Sehnen und Knochen aufeinandertreffen. Um genau zu sein, muss das Knie rund das Vierfache unseres Körpergewichts tragen – wenn wir stolpern, kann es sogar das Achtfache sein! Damit wir vernünftig gehen, laufen und uns drehen können, müssen die einzelnen Bausteine des Knies wie ein Uhrwerk miteinander funktionieren. Fällt ein Baustein aus oder wird in Mitleidenschaft gezogen, tut es gleich weh – und unsere Mobilität ist eingeschränkt. Was da genau passiert, erklärt der Kniespezialist Dr. med. Alfred Tylla in diesem Experteninterview. Dr. Tylla hat sich als Leitender Oberarzt der Sektion Knie am Krankenhaus Rummelsburg komplett dem Kniegelenk verschrieben – und ist mitverantwortlich für den herausragenden Ruf ist, den das Kniezentrum weit über die Region hinaus besitzt. Das wurde nämlich 2019 als erste Fachklinik in der gesamten Metropolregion Nürnberg von der Deutschen Kniegesellschaft zertifiziert.

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Damit im Knie im wahrsten Sinne des Wortes alles wie geschmiert läuft, bedarf es eines funktionierenden Zusammenspiels von Knieschiebe, Kreuzbändern, Außenbändern, Innenbändern und des Meniskus, der wie ein Stoßdämpfer alle von uns gemachten Bewegungen abfängt und dämpft. Meniskusschäden kommen aber leider recht häufig vor. Zwar sind sehr oft Sportler betroffen, die etwa beim Tennisspielen eine falsche Drehbewegung machen, aber auch im ganz normalen Alltag ist der Meniskus ein empfindlicher Zeitgenosse.

„Der Meniskus funktioniert wie ein Stoßdämpfer beim Auto“, startet Dr. Tylla in unserem Gespräch und erklärt: „Wenn er geschädigt ist, kann das zu starkem Schmerz führen, beeinträchtigt die Mobilität und lässt das Gelenk anschwellen. Wenn hier nicht therapiert wird, dann führt die Schädigung langfristig zu Arthrose, die eben nicht heilbar ist, sondern nur abgefedert werden kann“.


Arthrose ist eine Verschleißerkrankung bei der sich der Gelenkknorpel immer mehr abnutzt. Beschleunigt wird die Abnutzung des Knorpels durch mangelnde Bewegung, da nur durch die Nutzung des Gelenks die für die Geschmeidigkeit notwendige Gelenkflüssigkeit durch den Knorpel gepumpt wird. Fehlt die Gelenkflüssigkeit, reibt am Ende Knochen auf Knochen.


In der heutigen Zeit werden die Sportarten auch immer extremer. Schneller, weiter, höher ist für viele Sportler das Motto. „Leider unterschätzen die Menschen immer wieder, wie sehr ihr Knie belastet wird. Wer im Winter Ski fahren geht, hat oftmals das ganze Jahr über nicht wirklich trainiert. Der Muskel rund um das Knie ist nicht so belastbar, wie er es fürs Skifahren sein sollte. Die Menschen bereiten sich hier oftmals einfach nicht ausreichend vor, und dann ist es schnell passiert, dass bei einer nicht umsichtigen Bewegung der Meniskus in Mitleidenschaft gezogen wird, in Form eines Risses, oder er reißt sogar ganz durch. In der Regel wird der Meniskus bei einer schnellen Drehbewegung verletzt und zwar weil er bei solchen Bewegungen zwischen die Gelenkkörper gerät und anreißen oder eben durchreißen kann “, erläutert Dr. Tylla die Problematik der Überbelastung.


Jedes Knie hat einen Meniskus, ein halbmondförmiges Knorpelgelenk, der jeweils zwischen den Gelenkflächen von Oberschenkelknochen (Femur) und Schienbein (Tibia) liegt. Er unterteilt sich hierbei in einen Außen- und einen Innenmeniskus. Menisken bestehen zu neunzig Prozent aus Kollagenfasern, die Scher- und Zugkräfte aufnehmen können. Eine größere Zugbeanspruchung ist zum Beispiel bei Kniebeugen erforderlich.


Ein Meniskusschaden muss nicht immer operativ behandelt werden

„Kommt jemand mit starken Knieschmerzen zu mir, muss zunächst abgeklärt werden, ob akut etwas passiert ist, beispielsweise ein Sturz. Ein MRT gibt am Ende dann ein aufschlussreiches Bild. Eine konservative Therapie sieht das Kühlen des Knies, das Schonen und das Hochlagern vor. Dann geht es weiter mit dem Muskelaufbau. Für den Meniskus ist eine stabile Oberschenkelmuskulatur äußerst wichtig, sodass diese mit gezielten Übungen gestärkt wird“, schildert Dr. Tylla die Möglichkeit einer konservativen Behandlung.

Das Alter spielt auch eine große Rolle, wenn entschieden wird, ob eine Operation erforderlich ist oder nicht. „Bei jüngeren Menschen, die noch ganz aktiv im Leben stehen, macht es meistens Sinn, den Meniskus zu vernähen. Dies kann in der Regel arthroskopisch erfolgen. Hierfür mache ich zwei kleine Schnitte am inneren und am äußeren Kniegelenk, um den Meniskus dann wieder zu vernähen. Die Nahttechniken sind hierbei sehr etabliert, und der ganze Eingriff dauert eine halbe bis ganze Stunde. Es bleiben nur winzige Narben zurück, und die Patientin bzw. der Patient ist aufgrund der geringen Wundheilungsdauer auch schneller wieder auf den Beinen“, beschreibt Dr. Tylla die Operation.


So wie der Knorpel besitzt auch der Meniskus keine Nervenfasern, sodass ein Meniskusriss oder -abriss selbst nicht schmerzt. Der Schmerz tritt dann ein, wenn angerissene Stücke im Gelenk eingeklemmt sind und dadurch die Gelenkkapsel gedehnt wird.


Wenn eine Verletzung des Meniskus schon eine längere Zeit zurückliegt und die Patientin oder der Patient erst spät unter Bewegungseinschränkungen und Schmerzen leidet, dann werden in einer Operation nur die ausgefransten oder eingerissenen Teile des Meniskus entfernt. Es wird nur das Notwendigste entfernt, da sonst das Risiko für eine spätere Arthrose steigt. „Ich möchte unbedingt betonen, dass vor jedem operativen Eingriff genau abgeklärt wird, ob die Operation tatsächlich notwendig ist und Sinn ergibt. Immer wird zunächst über eine konservative Behandlung nachgedacht“, verdeutlicht Dr. Tylla.

„Es gibt natürlich auch Implantate, die eingesetzt werden können, was aber meist nur bei jungen Patientinnen und Patienten erfolgt. Denn die bürokratischen Hürden sind in Deutschland hierfür sehr groß. Einige Firmen bieten Ihre Implantationssysteme aufgrund von abgelaufener CE-Zertifizierung nicht mehr an“, erläutert der Kniespezialist die Schwierigkeiten mit Implantaten.

Prophylaktisch kann jeder Mensch etwas tun, um seine Knie zu stärken

„Die meisten Menschen schonen ihre Knie zu sehr. Viele Operationen am Knie wären vermeidbar, würden die Menschen sich mehr bewegen und Sport treiben. Denn nur durch Bewegung wird die Durchblutung angeregt. Viele meiner Patientinnen und Patienten leiden grundsätzlich an einer funktionellen Instabilität des Knies und sind teilweise nicht mehr in der Lage, einfache Kniebeugen durchzuführen. Übertreiben sollte man es mit dem Sport natürlich nicht und sich auch nicht überschätzen. Fehlbelastungen, also wenn Übungen beim Sport nicht korrekt und sauber ausgeführt werden, sind dann die Folge, die wiederum das Knie schädigen. Hier sollte man zu Beginn einen Sporttrainer zu Rate ziehen, wenn man sich zum Beispiel entschieden hat, ins Fitness-Studio zu gehen. Aber eine gesunde Kniemuskulatur stärkt grundsätzlich die Stabilität und beugt Verletzungen vor“, rät Dr. Tylla seinen Patientinnen und Patienten.

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Beschwerden durch X- und O-Beine

Knie werden auch schnell in Mitleidenschaft gezogen, wenn eine X- oder O-Bein-Fehlstellung vorliegt. Ursächlich hierfür ist oftmals die genetische Veranlagung. „Eine solche Fehlstellung kann aber auch von einem Trauma herrühren, wenn es also zu einer Beinverletzung gekommen ist, die nicht gut verheilt ist“, erklärt Dr. Tylla. Für das Knie ist eine Fehlstellung der Beine eine besonders hohe Belastung.

„Bei O-Beinen liegt ein permanenter innenseitiger Druck auf dem Meniskus, der sich dadurch schneller abnutzt. Bei X-Beinen verhält es sich andersherum. Hier liegt der Druck auf der Außenseite des Meniskus. Eine O-Bein-Fehlstellung kommt häufiger vor als eine X-Bein-Fehlstellung und kann in einer minimal-invasiven Operation, einer sogenannten Umstellungsosteotomie korrigiert werden. Die gesamte Achse des Beins lässt sich dabei operativ verändern, was in einem schonenden Eingriff erfolgt, der aber nicht länger als 45 Minuten dauert. Im Gegensatz zu früher werden bei der operativen Begradigung die Beine nicht mehr gebrochen, sondern gebogen, was eine schnellere Heilung erlaubt. Das begradigte Bein wird mit einer Titanplatte fixiert. Ziel ist es, dass dann Knochengewebe nachwächst. Die Patientin bzw. der Patient ist dann in der Regel nach vier bis sechs Wochen wieder fit und kann das Bein vollständig belasten. Nach der Operation erhält die Patientin bzw. der Patient eine Bewegungsschiene und muss sich darauf einstellen, die nächsten drei bis vier Wochen das Bein nur teilbelasten zu können. Nach ca. sechs Wochen sollten weitere drei Wochen Reha oder Physiotherapie folgen, und nach insgesamt neun Wochen nach dem Eingriff kann die Patientin bzw. der Patient wieder gut laufen“, beschreibt Dr. Tylla.

Bei der konservativen Behandlung von X- oder O-Beinen kommen Orthesen zum Einsatz

„Die Orthesen drücken die Beine dann in die gewünschte Position. Dies geschieht über einen Zeitraum von ca. zehn bis zwölf Wochen. Dann wird mit einer Simulation geprüft, ob die Maßnahme erfolgreich war oder nicht. Sollte die Patientin oder der Patient von dieser Therapieform profitieren, so ist auch eine Umstellung des Beins eine sinnvolle Therapieoption“, so Dr. Tylla. Die Chancen, mittels Orthesen die Beinstellung zu korrigieren, sinken natürlich, je stärker die Beinfehlstellung ausgeprägt ist. Auch braucht man natürlich ein gewisses Maß an Geduld. Allerdings sollten diese Optionen ausgeschöpft werden, bevor man sich für eine operative Korrektur entscheidet.

Die hohe Versorgungsqualität in der Kniechirurgie im zertifizierten Kniezentrum des Krankenhauses Rummelsburg zeigt sich in der Sportorthopädie, der Traumatologie und der Osteotomie. Wer sich hier einem Eingriff am Knie unterzieht, kann sicher sein: An der Rummelsberger Klinik für Unfallchirurgie werden die Mindestzahlen nicht nur erfüllt, sondern mit jährlich mindestens sechshundert komplexen Eingriffen in hoher Qualität deutlich übertroffen.

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„Für die Zukunft wünsche ich mir, dass es gelingt, die Knorpelregeneration zu verbessern, sodass eine Operation ganz sicher umgangen werden kann. Auch die Einheilung mit Stammzellen sollte optimiert werden“, führt Dr. Tylla zum Ende unseres Gesprächs aus.

Herzlichen Dank Dr. Tylla für dieses informative Gespräch! Direkten Kontakt zu unserem Experten kann man über seine Profilseite des Leading Medicine Guide aufnehmen.

 

 

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