Kleines hepatozelluläres Karzinom (HCC): Experteninterview mit Univ.-Professor Dr. Dr. med. Thomas J. Vogl

05.06.2023

Wenn es um diagnostische und interventionelle Radiologie geht, gibt es im deutschsprachigen Raum vor allem einen herausragenden Spezialisten: Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Vogl, Spezialist für Radiologie, interventionelle Radiologie und Neuroradiologie im Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, ist in der Fachwelt als Autor von Standardwerken und zukunftweisenden Publikationen ebenso bekannt wie als Entwickler neuer Verfahren. So hat er beispielsweise mit seinem Team entscheidende Fortschritte durch die Weiterentwicklung eines Angiographie-Roboters erzielt und hat sich vor allem mit seinen vielbeachteten Arbeiten auf dem Gebiet der interventionellen Onkologie und der vaskulären Verfahren einen internationalen Ruf erworben. Die Redaktion des Leading Medicine nutzte die Gelegenheit, mit dem Radiologie Experten zu sprechen und wollte in Besonderem mehr zu der Diagnose „kleines hepatozelluläres Karzinom (HCC)“ wissen, eine spezielle Form von Leberkrebs.

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Vor allem der Angiographie-Roboter, den Professor Dr. Thomas Vogl mit seinem Team mitentwickelte, bedeutet Hoffnung für viele Krebspatienten. Denn dieses innovative Gerät liefert hochauflösende Bilder aus den Inneren des Körpers, wodurch sich bisher unentdeckte Tumore aufspüren lassen. Das ist der wesentliche Vorteil dieser faszinierenden Entwicklung: Gerade kleine, sonst kaum zu entdeckende Tumore sind klar zu erkennen – und können dann mit Hilfe eines kleinen Katheters direkt mit einem Wirkstoff beschossen werden. Die präzise Bildgebung verhindert nebenbei auch zusätzliche Verletzungen und reduziert Risiken auf ein Minimalmaß.

Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Vogl setzt seinen Angiographie-Roboter regelmäßig bei Interventionen in der Frankfurter Universitätsklinik ein. Seine Patienten haben so die Möglichkeit, die eigene Operation bei vollem Bewusstsein zu verfolgen. Die Anlage ermöglicht das auf besonders faszinierende Weise. Für den Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Frankfurt schließt sich hier ein Kreis: denn Patientennähe steht bei Prof. Dr. Vogl immer ganz oben auf der Prioritätenliste, von der Behandlungsplanung bis zur Nachsorge.

Immer wichtig: Der interdisziplinäre Fachaustausch

Als Leiter des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie ist Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Vogl immer am fachlichen Austausch gelegen – auch interdisziplinär. Einerseits setzt er innerhalb des Teams auf beste Kommunikation unter radiologischen Assistenten und Fachärzten, andererseits auch darauf, dass alle Mitarbeiter von den Fachkenntnissen aus anderen Sparten profitieren.


Seit 2018 ist die Universitätsklinik Frankfurt unter Leitung von Prof. Vogl und seinem Kollegen Prof. Ingo Marzi (Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie) offizieller Kooperationspartner des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In der Umsetzung des Projekts „DFB-Akademie“ setzen Prof. Vogl und seine Mitarbeiter Schwerpunkte in der medizinischen Versorgung vom Profisportlern sowie in Forschung, Studien und Weiterbildungen.


Das kleine HCC ist eine aggressive Form von Leberkrebs und wird oft erst in einem späten Stadium diagnostiziert, was die Behandlung schwierig machen kann.

„Die Symptome können Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Müdigkeit, Gelbsucht und Übelkeit umfassen. Die Behandlung hängt vom Stadium des Krebses ab, aber Optionen sind immer eine Operation, die Chemotherapie, Strahlentherapie oder die Lebertransplantation. Es ist wichtig zu beachten, dass Leberkrebs im Allgemeinen eine ernste Erkrankung ist und eine frühzeitige Diagnose und Behandlung wichtig sind, um die Überlebenschancen zu verbessern. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen können helfen, das Risiko von Leberkrebs zu reduzieren“, stellt Prof. Dr. Vogl zu Beginn unseres Gesprächs fest.


Einige der häufigsten Symptome, die bei HCC auftreten können, sind:

  • Bauchschmerzen oder Beschwerden im Oberbauch
  • Gewichtsverlust ohne ersichtlichen Grund
  • Appetitlosigkeit und Übelkeit
  • Erschöpfung und Müdigkeit
  • Gelbsucht (Gelbfärbung von Haut und Augen)
  • Bauchschwellung oder Aszites (Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum)
  • Erhöhte Blutungsneigung oder Blutergüsse

Menschen, die unter oben genannten Symptomen leiden, kommen meist über den Hausarzt. „Das kleine hepatozelluläre Karzinom (HCC) wird in der Regel durch eine Kombination aus bildgebenden Verfahren und Laboruntersuchungen diagnostiziert. Zu den häufig verwendeten bildgebenden Verfahren gehören die Ultraschalluntersuchung, die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT). Diese Verfahren können zeigen, ob sich im Lebergewebe Veränderungen wie Knoten oder Zysten gebildet haben. Gleichzeitig wird der Patient auf eine Fettleber und Eisenüberladung untersucht, und es wird eruiert, ob grundsätzlich ein zu hohes Maß an Alkohol getrunken wird, was eine Erkrankung der Leber in hohem Maß fördert“, erklärt Prof. Dr. Vogl die Vorgehensweise bei der Diagnostik.

In der Regel tritt das kleine hepatozelluläre Karzinom (HCC) bei Patienten auf, die bereits eine Lebererkrankung haben, wie z.B. eine Leberzirrhose oder eine chronische Hepatitis B oder C.

„Wenn zum Beispiel bei der Untersuchung der Tumormarker angeschlagen hat und ein Tumor festgestellt wurde, findet im Anschluss der Untersuchung eine Diskussion mit dem interdisziplinären Leberboard der Klinik statt, um die bestmögliche Therapie für den Patienten herauszuarbeiten. Ist der Tumor unter 3 cm groß, kommt ein minimal-invasiver Eingriff in Frage, um ihn zu entfernen. Ist er 3-5 cm oder größer, ist ein chirurgisch-offener Eingriff erforderlich. Dann gibt es noch die Option der Chemoembolisation. Bei dieser Methode wird ein Medikament direkt in den Blutfluss zum Tumor eingespritzt, gefolgt von der Blockierung des Blutflusses in die Blutgefäße, die den Tumor versorgen. Dadurch wird der Tumor direkt mit dem Medikament versorgt, und die Blutzufuhr zum Tumor wird unterbrochen. Ist der Tumor größer als 5 cm, kommt nur noch eine Lebertransplantation in Frage, da die Streugefahr sonst zu groß ist. Leider sind viele Patienten bei größeren Tumoren nicht operabel und können nur medikamentös behandelt werden. Eine Heilung allerdings ist nur bei kleineren Tumoren oder mit einer Transplantation möglich. Grundsätzlich liegt die Lebensrate bei einem kleineren Tumor von etwa 3 cm bei 60%“, schildert Prof. Dr. Vogl.

Die Überlebensrate für Menschen mit einem kleinen hepatozellulären Karzinom (HCC) hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich des Stadiums des Tumors, des Vorhandenseins von Leberzirrhose oder anderen Lebererkrankungen sowie des allgemeinen Gesundheitszustands des Patienten. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung können die Überlebensrate verbessern. Insgesamt ist die Prognose für HCC im Allgemeinen schlecht, da es oft erst in einem späten Stadium diagnostiziert wird. Die 5-Jahres-Überlebensrate bei fortgeschrittenem HCC beträgt oft weniger als 10%, während die 5-Jahres-Überlebensrate bei Patienten mit frühem Stadium des Tumors, die eine Operation oder Lebertransplantation erhalten haben, höher ist und bis zu 70-80% betragen kann. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass jede Person individuell ist und dass die Prognose von vielen Faktoren abhängt. Eine frühe Diagnose, ein adäquates Management von Komplikationen und eine angemessene Behandlung können die Überlebensrate und die Lebensqualität verbessern. „Es ist daher wichtig, regelmäßige ärztliche Untersuchungen und Kontrollen durchzuführen, um das HCC frühzeitig zu erkennen und zu behandeln“, mahnt Prof. Dr. Vogl.


Es gibt mehrere Faktoren, die das Risiko für die Entwicklung eines HCC erhöhen können, darunter:

Lebererkrankungen: Chronische Hepatitis B oder C, Leberzirrhose und alkoholische Lebererkrankungen können das Risiko für die Entwicklung eines HCC erhöhen.

Alter: Das HCC tritt häufiger bei älteren Menschen auf.

Geschlecht: Männer haben ein höheres Risiko für die Entwicklung von HCC als Frauen.

Diabetes: Menschen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Leberkrebs.

Familiäre Vorbelastung: Eine familiäre Vorbelastung für Leberkrebs kann das Risiko für die Entwicklung von HCC erhöhen.

Alkoholkonsum: Ein übermäßiger Alkoholkonsum kann das Risiko für die Entwicklung von HCC erhöhen.

Fettleber: Eine Fettleber kann das Risiko für die Entwicklung von HCC erhöhen.


Die Behandlungsmöglichkeiten für das kleine hepatozelluläre Karzinom (HCC) hängen also von verschiedenen Faktoren ab, wie der Größe und dem Stadium des Tumors, dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten und dem Vorhandensein von Leberfunktionseinschränkungen.

Es gibt mehrere präventive Maßnahmen, die helfen können, das Risiko für ein kleines hepatozelluläres Karzinom (HCC) zu senken.

„Schont eure Leber!“, ruft Prof. Dr. Vogl im Gespräch. „Der regelmäßige und hohe Konsum von Alkohol ist gefährlich, belastet die Leber sehr und führt oft zu einer lebensbedrohlichen Leberzirrhose“, warnt Prof. Dr. Vogl eindringlich. „Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen begünstigen natürlich die wichtige Früherkennung, sodass dem Patienten langfristig und gut geholfen werden kann“, ergänzt er.

Auch die Impfung gegen Hepatitis B kann das Risiko einer Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus und damit das Risiko für HCC senken.

Eine Kontrolle von Hepatitis-Infektionen durch regelmäßige medizinische Untersuchungen und Behandlung von Hepatitis B oder C kann das Risiko für HCC senken. Übergewicht und Fettleibigkeit können das Risiko für HCC ebenfalls erhöhen. Daher sollten Menschen ein gesundes Gewicht durch eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung aufrechterhalten. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Maßnahmen nicht nur das Risiko für HCC, sondern auch für andere Lebererkrankungen senken können. Eine gesunde Lebensweise und regelmäßige medizinische Untersuchungen können helfen, die Gesundheit der Leber zu erhalten und das Risiko für viele Lebererkrankungen zu senken.

Das Fortschreiten eines kleinen hepatozellulären Karzinoms (HCC) kann durch regelmäßige Untersuchungen und Bildgebung überwacht werden.

Die Überwachung dient dazu, das Wachstum des Tumors zu verfolgen und festzustellen, ob sich der Zustand des Patienten verschlechtert. Der Ultraschall ist eine häufige Methode zur Überwachung von HCC. Er kann zur Erkennung von Tumoren und zur Bestimmung der Größe und Anzahl von Tumoren verwendet werden. „Ein CT- oder MRT-Scan kann natürlich immer genauere Bilder des Tumors liefern und Informationen über das Fortschreiten der Erkrankung liefern“, betont Prof. Dr. Vogl hierbei. Bluttests können auf spezifische Tumormarker wie Alpha-Fetoprotein (AFP) und Des-Gamma-Carboxyprothrombin (DCP) untersucht werden. Ein Anstieg dieser Marker kann auf das Fortschreiten des Tumors hinweisen. Eine Biopsie kann durchgeführt werden, um eine Gewebeprobe des Tumors zu entnehmen und seine Eigenschaften genauer zu untersuchen. Die Häufigkeit der Überwachung hängt von der Größe des Tumors und dem Risiko des Patienten ab. Menschen mit einem höheren Risiko für HCC, wie beispielsweise Menschen mit einer Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Infektion, sollten häufiger überwacht werden. Die Überwachung kann auch dazu beitragen, den besten Zeitpunkt für eine Behandlung zu bestimmen, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder zu stoppen.

Nachbehandlungen beim Patienten sind notwendig, auch nach einer erfolgreichen Behandlung des kleinen hepatozellulären Karzinoms (HCC).

Die Art der Nachbehandlung hängt von der Art der Behandlung ab, die der Patient erhalten hat. Wenn der Tumor durch eine Operation entfernt wurde, muss der Patient in der Regel regelmäßig auf Rückfälle überwacht werden, um sicherzustellen, dass der Tumor nicht erneut auftritt. Diese Überwachung kann Ultraschall- oder CT-Scans sowie Bluttests umfassen, um sicherzustellen, dass die Tumormarker stabil bleiben. Der Zeitplan für die Überwachung hängt von der Größe des ursprünglichen Tumors und anderen Faktoren ab. In einigen Fällen kann eine Nachbehandlung mit Medikamenten erforderlich sein, um das Risiko eines erneuten Auftretens zu senken. „Es ist wichtig, dass Patienten auch nach erfolgreicher Behandlung des HCC eine gesunde Lebensweise aufrechterhalten, um das Risiko eines erneuten Auftretens zu senken. Eine gesunde Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität können dazu beitragen, den Körper zu stärken und das Immunsystem zu unterstützen, was die Behandlungsergebnisse verbessern kann“, schließt Prof. Dr. Vogl unser Gespräch ab.

Herzlichen Dank, Prof. Dr. Vogl für die interessanten Einblicke in dieses so wichtige Thema, das letztlich viele Menschen betrifft oder betreffen kann!

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