Es gibt mehr als einhundert verschiedene Leukämiearten. Bei allen Arten vermehren und verbreiten sich die weißen Blutkörperchen außergewöhnlich schnell und ungebremst.
Die akute lymphatische Leukämie ist eine Krankheit, bei der sich bestimmte weiße Blutkörperchen zu schnell und zu viel vermehren: Diese speziellen weißen Blutkörperchen nennt man Vorläuferzellen der Lymphozyten.
Die Lymphozyten treten dadurch in großen Mengen im Blut auf. Sie sind aber nicht funktionstüchtig und können keine Aufgaben mehr im Immunsystem übernehmen. Man spricht hier von lymphatischen Blasten.
Durch die Ausbreitung ins Knochenmark steigt die Anzahl der Lymphozyten im Blut. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die Thrombozyten (Blutplättchen) und die weißen Blutkörperchen sinken hingegen.
Insgesamt betrachtet gehört die ALL mit 1,5 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner und Jahr zu den seltenen Krebserkrankungen. Allerdings ist sie mit einem Anteil von 80 Prozent die häufigste Leukämieform bei Kindern und Jugendlichen. Insbesondere Kinder unter vier Jahren sind von dieser bösartigen Erkrankung betroffen.
Bei einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) vermehren sich unreife weiße Blutzellen im Knochenmark @ LASZLO /AdobeStock
Die genauen Ursachen der Leukämie sind bisher noch nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass eine Kombination verschiedener genetischer Veränderungen für die Entstehung einer Leukämie verantwortlich ist.Warum diese Genveränderungen auftreten, ist ebenfalls noch nicht bekannt.
Des Weiteren gelten ionisierende Strahlungen und giftige Stoffe wie Benzol als gesicherte Risikofaktoren.
Auch Zytostatika (zellwachstumshemmende Substanzen), die bei Krebserkrankungen zum Einsatz kommen, können in seltenen Fällen eine Leukämie begünstigen.
Die Beschwerden, die im Rahmen einer Leukämie auftreten, können sehr unterschiedlich sein:
- Schnelle Verschlechterung des Allgemeinzustandes: Die Patienten sind müde, haben wenig bis keinen Appetit und verlieren Gewicht. Bei Kindern kommt es häufig zu Fieber sowie Knochen- und Gelenkschmerzen.
- Erhöhte Blutungsneigung: Der Mangel an Blutplättchen führt zu einer erhöhten Blutungsneigung. Auch ohne erkennbaren Grund kommt es zu Nasenbluten, blauen Flecken oder kleinen punktförmigen Hauteinblutungen (Petechien).
- Verstärkte Infektanfälligkeit: Die Infektionen können jedes Organ betreffen. So leiden die Patienten unter Lungenentzündungen oder Entzündungen der Harnwege. In fortgeschrittenen Erkrankungsstadien können Infektionen aufgrund der mangelnden Immunfunktion lebensbedrohlich sein.
- Anämie (Blutarmut): Typische Symptome sind Müdigkeit, Blässe und ein ausgeprägtes Schwächegefühl.
- Vergrößerte Milz oder Leber: Wenn Milz und Leber von Leukämiezellen betroffen sind, äußert sich das durch Bauchschmerzen.
- Lymphknotenschwellung: Ein weiteres charakteristisches Symptom der ALL ist eine Lymphknotenschwellung in der Leiste, unter den Achseln oder am Hals.
In seltenen Fällen befallen die unreifen Lymphoblasten Teile des Nervensystems wie das Rückenmark, die Hirnhaut oder das Gehirn.
Das kann zu folgenden Symptomen führen:
- Lähmungen der Hirnnerven mit Doppeltsehen oder herabhängenden Mundwinkeln
- Sensitivitätsstörungen
- Kopfschmerzen mit oder ohne Erbrechen
Die Therapie der ALL besteht aus mehreren Bausteinen:
Wichtigster Bestandteil der Behandlung ist die Chemotherapie. Dabei erhalten die Patienten Zytostatika als Infusion oder in Form von Tabletten. Diese sollen die Vermehrung der Lymphozyten hemmen. Da die verschiedenen Zytostatika an unterschiedlichen Stellen in die Zellteilung eingreifen, hat sich die Kombination mehrerer Wirkstoffe bewährt.
Die Chemotherapie ist sehr intensiv und erstreckt sich über mehrere Therapiezyklen, die jeweils mehrere Wochendauern. Nicht alle Patienten sprechen gleich gut auf die klassischen Zytostatika an.
Da die Leukämiezellen häufig auch das Hirn befallen, werden Zytostatika auch direkt in das Nervenwasser gespritzt. Das Nervenwasser umgibt das Gehirn und das Rückenmark.
Zusätzlich kann eine Bestrahlung des Schädels erforderlich sein. Auch bösartig veränderte Lymphknoten behandeln Ärzte mit Hilfe der Strahlentherapie.
Tyrosinkinaseinhibitoren wie Imatinib oder monoklonale Antikörper wie Rituximab und Alemtuzumab gehören zu den neueren, spezifischen Therapieansätzen bei Leukämie.
- Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation
Nur bei einem Teil der Patienten lässt sich mit den genannten Therapieverfahren eine dauerhafte Heilung erreichen. Häufig kommt es zu Rezidiven, also zu einem Wiederauftreten der Krankheit. Bei vielen Patienten lassen sich die Heilungschancen durch eine Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation erhöhen.
Hierfür erhalten sie zunächst eine hochdosierte Chemotherapie und eine Ganzkörperbestrahlung. Ziel ist, das gesamte Knochenmark und damit auch alle krankhaften Zellen zu zerstören.
Anschließend erfolgt eine Übertragung gesunder blutbildender Stammzellen. Dafür gibt es zwei Methoden:
- Autologe Stammzelltransplantation: Haben Ärzte diese dem Patienten vor der Chemotherapie entnommen, spricht man von einer autologen Stammzelltransplantation.
- Allogene Stammzelltransplantation: Bei einer allogenen Stammzelltransplantation erhält der Patient hingegen Knochenmark- oder Blutstammzellen von einem passenden Spender.
Bei der Knochenmarktransplantation erhält der Patient flüssiges (gesundes) Knochenmark über einen zentralen Venenkatheter @ Elroi /AdobeStock
Die durchschnittliche Behandlungsdauer der akuten lymphatischen Leukämie liegt zwischen zwei und drei Jahren. In 60 bis 80 Prozent der Fälle lässt sich ein vollständiges Nachlassen der Krankheitssymptome erreichen.
Die Rückfallrate liegt jedoch bei 50 bis 60 Prozent. Dabei treten die ersten Rezidive (Rückfälle) meist schon innerhalb der ersten ein bis zwei Jahre nach der Therapie auf.