Insgesamt gibt es keine allgemein anerkannte Definition für den vorzeitigen Samenerguss. Normalerweise ist damit gemeint, dass der Mann keine Kontrolle mehr über den genauen Zeitpunkt der Ejakulation hat. Dadurch wird der Orgasmusreflex schon früher als eigentlich gewollt ausgelöst. In den meisten Charakterisierungen des vorzeitigen Samenergusses kommen drei Hauptaspekte zum Tragen:
- Kurze Dauer vom Beginn der vaginalen Penetration bis zum Samenerguss
- Verlust der willentlichen Ejakulationskontrolle
- Leidensdruck des Betroffenen und/oder der Partnerin oder des Partners
Wichtig ist hierbei, dass die geschätzte Dauer bis zum Orgasmus dem subjektiven Empfinden unterliegt. Häufig wird dieser überschätzt. Männer, die nicht unter vorzeitigem Samenerguss leiden, brauchen durchschnittlich etwa 5,4 Minuten, um zum Höhepunkt zu kommen. Bei Betroffenen beträgt diese, auch Latenzzeit genannte Spanne unter ein bis zwei Minuten. Manchmal kann es auch schon ausreichen, an eine sexuelle Handlung nur zu denken, um einen vorzeitigen Samenerguss auszulösen.
Die genauen Auslöser für vorzeitigen Samenerguss sind noch nicht hinreichend geklärt. Als Ursachen werden psychische sowie neurophysiologische Auslöser vermutet. Mit neurophysiologischen Ursachen ist gemeint, dass der Auslöser irgendwo in der Signalübertragung zwischen den Nervenzellen liegt.
Es gibt verschiedene Faktoren, die zu einem vorzeitigen Samenerguss beitragen können. Beispielsweise treten erektile Dysfunktion und vorzeitiger Samenerguss manchmal gleichzeitig auf. Auch die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs kann einen Einfluss haben. So wird davon ausgegangen, dass unregelmäßiger Geschlechtsverkehr ebenso wie Unerfahrenheit einen vorzeitigen Samenerguss begünstigen kann.
Darüber hinaus gibt es einige psychische Ursachen, die eventuell für vorzeitigen Samenerguss verantwortlich sein können:
- Frühkindliche sexuelle Störungen
- Einschränkende Sexualerziehung
- Sexuelles Leistungsdenken
- Unrealistische Vorstellungen von Sexualität
- Versagensangst
- Angststörungen
Es werden jedoch auch körperliche Ursachen sowie die Einnahme bestimmter Medikamente als Auslöser diskutiert:
- Harnwegsinfekte
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Einnahme von Schmerzmitteln
- Sympathomimetika (Medikamente, die den Sympathikus, einen Teil des vegetativen Nervensystems, beeinflussen)
- Gestörter Serotoninhaushalt
Der passende Ansprechpartner bei einem vorzeitigen Samenerguss ist der Urologe. Dieser wird zunächst die Krankengeschichte des Patienten erheben und dabei auch bestimmte Fragen zum Sexualleben des Mannes stellen. Dazu gehören beispielsweise die sexuelle Entwicklung, Erfahrungen und der Verlauf der sexuellen Reaktion. Häufig sagt diese Erhebung bereits sehr viel über die Auslöser aus, da sie auch Aufschluss über die innere Einstellung des Patienten gibt. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Therapie wichtig.
Normalerweise wird vorzeitiger Samenerguss diagnostiziert, wenn zwischen der Penetration und dem Samenerguss weniger als zwei Minuten liegen.
Aus medizinischer Sicht ist eine Therapie des vorzeitigen Samenergusses nicht unbedingt nötig. Sie wird dann notwendig, wenn der Betroffene oder seine Partnerin darunter leiden. Je nach Auslöser kann die Therapie physische, medikamentöse oder psychotherapeutische Ansätze nutzen.
Bei manchen Männern kann häufiges Masturbieren oder ein vor dem Geschlechtsverkehr stattfindender Orgasmus bereits helfen. Darüber hinaus gibt es bestimmte Methoden, mithilfe derer Betroffene lernen können, den Zeitpunkt der Ejakulation besser wahrzunehmen und zu steuern. Dazu gehören beispielsweise die Stopp-Start-Methode und die Squeeze-Methode.
Psychotherapeutische Maßnahmen
Die Psychotherapie im Zuge der Behandlung von vorzeitigem Samenerguss kann anhand verschiedener Verfahren durchgeführt werden:
Dabei kann es hilfreich sein, wenn die Partnerin ebenfalls an der Therapie teilnimmt. Die Psychotherapie kann helfen, Ängste zu lindern und dadurch den Teufelskreis aus Angst und dem vorzeitigen Samenerguss zu durchbrechen. Außerdem erweist sich die Psychotherapie als nützlich bei der Veränderung festgefahrener Verhaltensweisen und Denkmuster und auch bei der Linderung des sexuellen Drucks.
Stopp-Start-Methode
Die Stopp-Start-Methode hilft dem Mann, zu lernen, seine Erregung besser zu steuern. Dadurch soll die Ejakulation verzögert werden. Für diese Maßnahme masturbiert der Mann so lange, bis er kurz vor der kritischen Schwelle steht. Dann wartet er, bis die Erregung wieder nachlässt. Anschließend beginnt er wieder mit der Masturbation. Dieses Verfahren wird so lange durchgeführt, bis der Mann in der Lage ist, seinen Samenerguss besser zu kontrollieren.
Squeeze-Methode
Diese Methode ist eine Weiterentwicklung der Stopp-Start-Methode und soll ebenfalls den Zeitpunkt der Ejakulation verzögern. Dabei unterbricht der Mann den Geschlechtsverkehr kurz vor dem Höhepunkt. Das dient dazu, den Zeitpunkt des ungewollten Höhepunkts genauer wahrzunehmen und dadurch besser beeinflussen zu können. Außerdem drückt er mit seinem Daumen im Bereich der Eichel auf den Penis. Dadurch soll die Blutmenge im Penis verringert und so der Ejakulationsreflex unterbrochen werden. Dies führt zu einem verzögerten Samenerguss.
Fazit: Multimodale Therapie
Generell gilt, dass die Therapie eines vorzeitigen Samenergusses von einem Urologen durchgeführt werden sollte und in den meisten Fällen multimodal ist. Dies bedeutet, dass neben medikamentösen Therapieoptionen auch verhaltenstherapeutische Ansätze und psychosexuelle Hilfestellungen zum Einsatz kommen.