Die Verbrennungschirurgie konzentriert sich auf das größte Organ des Menschen: die Haut. Das Fachgebiet ist kompliziert, denn Verbrennungen können Menschen entstellen und heilen nur langsam. Aufgabe des Verbrennungschirurgen ist es, das Leben des Betroffenen zu erhalten und Lebensqualität zu schaffen. Er behandelt neben Verbrennungen auch Verbrühungen und Verätzungen durch Chemikalien. Bei frischen Verbrennungen hat der Erhalt der Lebensfunktionen Priorität. Sind größere Hauptbereiche verbrannt, muss der Patient intensivmedizinisch behandelt werden.
Verbrennungen werden nach ihrer Schwere unterteilt, die anhand der verbrannten Körperoberfläche und der Verbrennungstiefe bestimmt wird.
Mithilfe der Neuner-Regel wird die Oberfläche des Körpers in Bereiche eingeteilt, die jeweils etwa 9% der gesamten Körperoberfläche umfassen. Damit lässt sich grob die verbrannte Körperoberfläche abschätzen:
- Obere und untere Extremitäten sowie Kopf mit Hals umfassen jeweils 9% der Körperoberfläche.
- Der komplette Rumpf umfasst 36% der Körperoberfläche (oberer und unterer Rücken, Bauch und Brustbereich jeweils etwa 9%).
- Das Genitale oder die Handfläche umfasst 1% der Körperoberfläche.
Der Verbrennungsgrad ist ein Maß für die Verbrennungstiefe:
- Bei Verbrennungen ersten Grades ist die Haut leicht gerötet (wie bei einem Sonnenbrand), geschwollen und schmerzt.
- Bei Verbrennungen zweiten Grades bilden sich Brandblasen, und es treten starke Schmerzen auf.
- Bei Verbrennungen dritten Grades fühlt der Patient keinen Schmerz mehr, da die Nervenenden ebenfalls verbrannt sind.
- Bei Verbrennungen vierten Grades ist das Gewebe, zum Teil bis zum Knochen, verkohlt. Schmerzen bestehen keine.
Verbrennungen in Grad 1 verheilen in der Regel vollständig von selbst und bedürfen keiner besonderen Behandlung. Verbrennungen zweiten Grades benötigen ärztliche Betreuung, haben aber auch sehr gute Heilungsaussichten. Hier ist allerdings zwischen Verbrennungen Grad 2A und Grad 2B zu unterscheiden, wobei 2B schwerwiegender sind als 2A-Verbrennungen.
Verbrennungen dritten und vierten Grades sind sehr schwerwiegend und können je nach Ausmaß der verbrannten Körperoberfläche auch zum Tode führen; bei diesen schweren Verbrennungen ist in jedem Fall rasche Hilfe in einem auf Verbrennungen spezialisierten Schwerbrandverletztenzentrum erforderlich.
In Deutschland existiert heute ein dichtes, ausgezeichnetes Netz von Spezialkliniken für Brandverletzungen schweren und schwersten Grades, das bereits in den 1960er-Jahren aufgebaut wurde.
Nach den aktuellen Leitlinien von 2018 sollte allen Patienten mit Verbrennungen die Möglichkeit gegeben werden, sich in einem spezialisierten Zentrum für Schwerbrandverletzte behandeln zu lassen. Aus medizinischen Gründen zwingend erforderlich ist dies aber bei folgenden Verbrennungen:
- Alle Verbrennungen von über 20% der Körperoberfläche
- Alle Verbrennungen dritten und vierten Grades
- Alle Verbrennungen an Händen, Gesicht oder Genitalien
- Verbrennungen durch Chemikalien und Elektrizität (inklusive Blitzschlag) sowie Inhalationstraumata (nach dem Einatmen heißer Luft)
Darüber hinaus sollten aber auch Brandverletzte mit weiteren Verletzungen oder Erkrankungen oder solche, die eine besondere psychologische, psychiatrische oder physische Betreuung benötigen, in einem Zentrum für Schwerbrandverletzte versorgt werden.
Kliniken für plastische, rekonstruktive und Verbrennungschirurgie sind besonders gut ausgestattet. Solche Schwerbrandverletztenzentren sind in der Regel zertifiziert, was sie als qualitativ hochwertige Einrichtung auszeichnet, die bestimmte Qualitätskriterien hinsichtlich räumlicher, apparativer und personeller Ausstattung einhalten. Die leitenden Ärzte eines Schwerbrandverletztenzentrums sind in der Regel Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie.
Plastische und Ästhetische Chirurgen müssen in ihrer mindestens 6-jährigen Weiterbildungszeit – die durch die jeweiligen Ärztekammern im Detail geregelt wird – mindestens 4 Jahre ihrer Weiterbildungszeit auf dem Gebiet der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie absolviert -, sowie mindestens 6 Monate auf einer Intensivstation gearbeitet haben.
In dieser Zeit müssen die weiterzubildenden Assistenzärzte mind. 50 abgeschlossene Verbrennungsbehandlungen nachweisen. Teilweise verfügen Verbrennungschirurgen auch über vertiefte Kenntnisse im Bereich der Handchirurgie, da viele Plastische und Ästhetische Chirurgen in Deutschland auch die Zusatzbezeichnung für Handchirurgie besitzen, die eine weitere 3-jährige Weiterbildungszeit auf dem Gebiet der Handchirurgie voraussetzt.
Die adäquate Versorgung von Patienten mit schweren Brandverletzungen ist aufwendig und nur im Zusammenwirken verschiedener Fachdisziplinen, wie u.a. Plastische Chirurgen, Intensivmedizinern, Notärzten, Infektiologen, Internisten, Hausärzten und Psychologen möglich. Zu den Tätigkeiten eines Verbrennungschirurgen gehören zum Beispiel:
- Vorbeugung eines Kompartmentsyndroms (verminderte Gewebedurchblutung aufgrund eines geschlossenen Geweberaums), indem oberflächliche, verbrannte Hautschichten oder Muskelfaszien („Muskelhaut“) durchtrennt werden
- Entfernung von abgestorbenem oder verbranntem Gewebe
- Wunddeckung mit verschiedenen Geweben oder Materialien, Hauttransplantationen
- Narbenbehandlung
- Chirurgische Korrektur der eingeschränkten Gelenkbeweglichkeit aufgrund von narbigen Veränderungen
Verbrennungen sind in der Regel Notfälle. Durch die Schwere der Verletzung ist auch der Kreislauf des Patienten instabil. Seine Wunden müssen gekühlt, der Kreislauf stabilisiert und der Schmerz gestillt werden. Gleichzeitig muss jedoch auch darauf geachtet werden, dass der schwerverletzte Körper nicht auskühlt und zu viel Flüssigkeit verliert.
Bei kreislaufstabilen Patienten wird nach der manuellen Säuberung der Brandwunden im sterilen Bad abgestorbenes und verbranntes Gewebe entfernt. Die Patienten werden intensivmedizinisch betreut und engmaschig überwacht, um Komplikationen der Verbrennungskrankheit zu vermeiden, wie beispielsweise lebensgefährliche Infektionen und Lungenentzündungen.
Die meisten Brandopfer benötigen neben der Versorgung ihrer Wunden Hauttransplantationen. Häufig kann nicht verbrannte Haut aus gesunden Körperregionen entnommen und an den verbrannten Stellen eingesetzt werden. Hierfür stehen verschiedene Techniken zur Verfügung (zum Beispiel Spalthauttransplantation), um auch großflächige Verbrennungen mit Eigenhaut zu behandeln.
Ist die betroffene Körperoberfläche allerdings so groß, dass dennoch nicht genügend gesunde eigene Haut vorhanden ist, kann heute künstliche Haut außerhalb des Körpers gezüchtet (sogenannte Keratinozytentransplantation) und dann eingesetzt werden. Vorübergehend kann auch Spenderhaut oder tierische Haut verwendet werden, bis die eigene Haut sich wieder in ausreichender Menge gebildet hat.
Neben der akuten Versorgung der Wunden ist psychologische Hilfe notwendig, die von Psychologen oder Psychotherapeuten geleistet wird.
Werden Kinder nicht fachgerecht therapiert, können sich gravierende Spätfolgen einstellen. Das führt zum Beispiel zu
- neurologischen Schäden,
- Atemwegsdefekten,
- Durchblutungsstörungen an Händen, Armen und Beinen,
- Wassereinlagerungen,
- vermehrten Infekten oder
- Schmerzen im Bereich der brandverletzten Gelenke.
Auch die seelischen Folgen dürfen nicht unterschätzt werden. Für eventuelle Schadensersatzansprüche im Erwachsenenalter sollten vorsorglich sämtliche Dokumente der medizinischen Behandlung aufbewahrt werden. Dies gilt jedoch im Allgemeinen für alle medizinischen Unterlagen.