Gut 4% aller Unfälle in Deutschland entstehen durch Verbrennungen oder Verbrühungen. Je nach Einwirkungszeit und Intensität der auslösenden Substanz kommt es zu Verbrennungswunden unterschiedlichen Schweregrades. Die thermische Schädigung betrifft häufig auch tiefer liegende Hautschichten.
Das Spektrum reicht von kleinen Brandblasen bis zu tiefen Verletzungen mit abgestorbenem, verkohltem Gewebe. Eine Verbrennungsverletzung, auch Verbrennungstrauma genannt, kann Körper und Seele ein Leben lang beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, Menschen mit Brandverletzungen von Spezialisten der Verbrennungsmedizin behandeln zu lassen.
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Verbrennungschirurgie - Weitere Informationen
Verbrennungschirurgie: Hochqualifizierte Spezialisten
Die Verbrennungschirurgie konzentriert sich auf das größte Organ des Menschen: die Haut. Das Fachgebiet ist kompliziert, denn Verbrennungen können Menschen entstellen. Sie heilen nur langsam.
Aufgabe des Verbrennungschirurgen ist es, das Leben des Betroffenen zu erhalten und Lebensqualität zu schaffen. Er behandelt neben Verbrennungen auch Verbrühungen und Verätzungen durch Chemikalien.
Bei frischen Verbrennungen hat der Erhalt der Lebensfunktionen Priorität. Sind größere Hautbereiche betroffen, erhält der Patient eine intensivmedizinische Behandlung.
Verbrennung an der Hand @ Africa Studio /AdobeStock
Die Verbrennungs-Grade
Verbrennungen unterteilen Mediziner nach der Schwere, die sich anhand der verbrannten Körperoberfläche und der Verbrennungstiefe bestimmen lässt.
Mithilfe der Neuner-Regel teilen Ärzte die Oberfläche des Körpers in Bereiche ein, die jeweils etwa 9% der gesamten Körperoberfläche umfassen.
Damit lässt sich grob die verbrannte Körperoberfläche abschätzen:
- Obere und untere Extremitäten sowie Kopf mit Hals umfassen jeweils 9% der Körperoberfläche.
- Der komplette Rumpf umfasst 36% der Körperoberfläche (oberer und unterer Rücken, Bauch und Brustbereich jeweils etwa 9%).
- Das Genitale oder die Handfläche umfasst 1% der Körperoberfläche
Der Verbrennungsgrad ist ein Maß für die Verbrennungstiefe:
- Bei Verbrennungen ersten Grades ist die Haut leicht gerötet (wie bei einem Sonnenbrand), geschwollen und schmerzt.
- Bei Verbrennungen zweiten Grades bilden sich Brandblasen, und es treten starke Schmerzen auf.
- Bei Verbrennungen dritten Grades fühlt der Patient keinen Schmerz mehr, da die Nervenenden ebenfalls verbrannt sind.
- Bei Verbrennungen vierten Grades ist das Gewebe, zum Teil bis zum Knochen, verkohlt. Schmerzen bestehen keine.
Verbrennungen in Grad 1 verheilen in der Regel vollständig von selbst und benötigen keinen besondere Behandlung.
Verbrennungen zweiten Grades benötigen eine ärztliche Betreuung. Sie haben aber auch sehr gute Heilungsaussichten.
Hier unterscheiden Mediziner zwischen:
- Verbrennungen Grad 2A
- Verbrennungen Grad 2B
2B-Verbrennungen sind schwerwiegender als 2A-Verbrennungen.
Verbrennungen dritten und vierten Grades sind schwerwiegend und können je nach Ausmaß der verbrannten Körperoberfläche auch zum Tode führen.
Bei diesen schweren Verbrennungen ist in jedem Fall rasche Hilfe in einem auf Verbrennungen spezialisierten Schwerbrandverletztenzentrum erforderlich.
Spezialversorgung von Brandopfern
In Deutschland existiert heute ein dichtes, ausgezeichnetes Netz von Spezialkliniken für schwere und schwerste Brandverletzungen.
Nach den Leitlinien von 2018 sollte jeder Verbrennungspatient Zugang zu einem spezialisierten Zentrum für Schwerbrandverletzte haben.
Aus medizinischen Gründen zwingend erforderlich ist dies aber bei folgenden Verbrennungen:
- Alle Verbrennungen von über 20% der Körperoberfläche
- Alle Verbrennungen dritten und vierten Grades
- Alle Verbrennungen an Händen, Gesicht oder Genitalien
- Verbrennungen durch Chemikalien und Elektrizität (inklusive Blitzschlag) sowie Inhalationstraumata (nach dem Einatmen heißer Luft)
Auch Brandverletzte, die psychologische, psychiatrische oder physische Betreuung benötigen, sollten eine Behandlung in einem Zentrum für Schwerbrandverletzte erhalten.
Optimale Versorgung in Spezialkliniken für Verbrennungschirurgie
Kliniken für plastische, rekonstruktive und Verbrennungschirurgie sind gut ausgestattet. Es sind qualitativ hochwertige Einrichtung, die bestimmte Qualitätskriterien hinsichtlich räumlicher, apparativer und personeller Ausstattung erfüllen.
Die leitenden Ärzte eines Schwerbrandverletztenzentrums sind in der Regel Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie.
Plastische und ästhetische Chirurgen müssen mindestens 4 Jahre der 6-jährigen Weiterbildungszeit in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie absolvieren. Mindestens 6 Monate auf einer Intensivstation.
In dieser Zeit müssen die Assistenzärzte mind. 50 abgeschlossene Verbrennungsbehandlungen nachweisen.
Teilweise verfügen Verbrennungschirurgen auch über vertiefte Kenntnisse im Bereich der Handchirurgie. Viele Plastische und Ästhetische Chirurgen in Deutschland haben die Zusatzbezeichnung für Handchirurgie. Dafür benötigen sie eine weitere 3-jährige Weiterbildungszeit auf dem Gebiet der Handchirurgie.
Leichte Verbrennung am Arm @ Lidia /AdobeStock
Leistungsspektrum von Verbrennungschirurgen
Die adäquate Versorgung von Patienten mit schweren Brandverletzungen ist aufwendig und nur im Zusammenwirken verschiedener Fachdisziplinen möglich.
Die unterschiedlichen Fachdisziplinen sind:
- Plastische Chirurgie
- Intensivmedizin
- Notärzte
- Infektiologie
- Innere Medizin
- Hausärzten und
- Psychologen
Zu den Tätigkeiten eines Verbrennungschirurgen gehören zum Beispiel:
- Vorbeugung eines Kompartmentsyndroms (verminderte Gewebedurchblutung aufgrund eines geschlossenen Geweberaums), indem oberflächliche, verbrannte Hautschichten oder Muskelfaszien („Muskelhaut“) durchtrennt werden
- Entfernung von abgestorbenem oder verbranntem Gewebe
- Wunddeckung mit verschiedenen Geweben oder Materialien, Hauttransplantationen
- Narbenbehandlung
- Chirurgische Korrektur der eingeschränkten Gelenkbeweglichkeit aufgrund von narbigen Veränderungen
- Die Behandlung von schweren Brandwunden
Verbrennungen sind in der Regel Notfälle. Durch die Schwere der Verletzung ist auch der Kreislauf des Patienten instabil.
Zunächst müssen Ärzte die Wunden kühlen, den Kreislauf stabilisieren und deń Schmerz stillen. Gleichzeitig müssen sie jedoch auch darauf achten, dass der schwerverletzte Körper nicht auskühlt und zu viel Flüssigkeit verliert.
Bei kreislauf-stabilen Patienten entfernen Ärzte nach der manuellen Säuberung der Brandwunden im sterilen Bad abgestorbenes und verbranntes Gewebe.
Die Patienten erhalten eine intensivmedizinische Betreuung und eine engmaschige Überwachung, um Komplikationen der Verbrennungskrankheit zu vermeiden. Diese können lebensgefährliche Infektionen und Lungenentzündungen sein.
Die meisten Brandopfer benötigen neben der Versorgung ihrer Wunden Hauttransplantationen. Häufig können Ärzte nicht verbrannte Haut aus gesunden Körperregionen nehmen und an den verbrannten Stellen einsetzen.
Hierfür stehen verschiedene Techniken zur Verfügung (zum Beispiel Spalthauttransplantation), um auch großflächige Verbrennungen mit Eigenhaut zu behandeln.
Ist nicht genügend gesunde eigene Haut vorhanden, können Experten heute künstliche Haut außerhalb des Körpers züchten (Keratinozytentransplantation).
Vorübergehend kommt auch eine Spenderhaut oder tierische Haut zum Einsatz, bis sich die eigene Haut ausreichend gebildet hat.
Neben der akuten Versorgung der Wunden ist psychologische Hilfe notwendig.
Brandverletzungen im Kindesalter
Erhalten Kinder keine fachgerechte Therapie, können sich gravierende Spätfolgen einstellen.
Das führt zum Beispiel zu:
- Neurologischen Schäden
- Atemwegsdefekten
- Durchblutungsstörungen an Händen, Armen und Beinen
- Wassereinlagerungen
- Vermehrten Infekten oder
- Schmerzen im Bereich der brandverletzten Gelenke
Auch die seelischen Folgen sind nicht zu unterschätzen. Für Schadensersatzansprüche im Erwachsenenalter sollten Sie vorsorglich alle Dokumente der medizinischen Behandlung aufbewahren. Dies gilt im Allgemeinen für alle medizinischen Unterlagen.
Quellen
- Bundesverband für Brandverletzte (2018) Verbrennungszentren / Kliniken. http://www.brandverletzte-leben.de/brandverletzten-ratgeber/verbrennungszentren-kliniken/
- Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Verbrennungschirurgie. https://www.dgpraec.de/plastische-chirurgie/verbrennungschirurgie
- Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie et al. (DGKCH) (2015) Behandlung thermischer Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung). S2k-Leitlinie. AWMF-Register-Nr.: 006-128.
- https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/006-128l_S2K_Thermische_Verletzungen_Kinder_2015-04-verlangert.pdf
- Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (DGV) (2018) Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen. S2k-Leitlinie. AWMF-Register-Nr.: 044-001. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/044-001l_S2k_Thermische__Verletzungen_Erwachsene_2018-12.pdf
- Gille J et al. (2012) Versorgung von Brandverletzten. Notfallmedizin up2date 7. https://www.thieme.de/statics/bilder/thieme/final/de/bilder/tw_anaesthesiologie/Versorgung_Brandverletzungen.pdf
- Kamolz L-P et al. (2013) Verbrennungen. Tiefe Schäden an Körper und Seele. Pharmazeutische Zeitung 44. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-442013/tiefe-schaeden-an-koerper-und-seele/
- Spanholtz TA et al. (2009) Versorgung von Schwerstverbrannten. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(38): 607-13. https://www.aerzteblatt.de/archiv/65987/Versorgung-von-Schwerstverbrannten