Die neuartige Methode zur Beinverlängerung mit einem Verlängerungsnagel vermeidet die früher häufig beobachteten Fixateur-bedingten Probleme und Komplikationen wie schmerzhafte Weichteil- und Muskeltransfixationen, Pininfektionen und psychische Belastung durch die lange Tragedauer des äußeren Gestells. Weitere Vorteile der neuartigen Behandlung von Beinverkürzungen sind die deutlich bessere Beweglichkeit der Gelenke, die beschleunigte Rehabilitation und schnellere Rückkehr zu alltäglichen Aktivitäten, sowie ein deutlich verbesserter Patientenkomfort.
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Artikelübersicht
- Wann und warum sollten Operationen zur Beinverlängerung durchgeführt werden?
- Welche Methode empfiehlt sich zur Beinverlängerung?
- Wie funktioniert die Beinverlängerung mittels ISKD-Nagel?
- Welche Untersuchungen werden vor einer Beinverlängerung durchgeführt?
- Mit welchem Zeitaufwand ist bei einer Beinverlängerung mittels ISKD-Nagel zu rechnen?
- Welche Narkose wird bei einer Beinverlängerung mittels Verlängerungsnagel angewandt?
- Was passiert nach einer Operation zur Beinverlängerung?
- Was sind die Ausschlusskriterien für eine Beinverlängerung mittels ISKD-Nagel?
- Vorteile und Risiken der Beinverlängerung mit ISKD-Nagel
- Fragen zur Beinverlängerung mittels ISKD-Verlängerungsnagel
- Wann beendet der Verlängerungsnagel das Wachsen?
Beinverlängerung mit ISKD-Nagel - Weitere Informationen
Wann und warum sollten Operationen zur Beinverlängerung durchgeführt werden?
Beinverkürzungen können angeboren sein oder durch Verletzung, Infektion oder andere erworbene Erkrankungen verursacht werden. Beinverkürzungen von über 2 cm führen häufig zu Beschwerden: Durch die ungleich langen Beine entsteht eine Schiefstellung des Beckens. Als Folge verkrümmt sich die Wirbelsäule, so dass Schmerzen und frühzeitiger Verschleiß im Bereich der Hüften und an der unteren Wirbelsäule auftreten können. Zwar können Schuherhöhungen oder spezielle orthopädische Schuhe zum Ausgleich getragen werden, allerdings stellen diese eine für viele Patienten nicht tolerable funktionelle und auch kosmetische Beeinträchtigung dar.
Welche Methode empfiehlt sich zur Beinverlängerung?
Mittels der so genannten Kallusdistraktion, d.h. langsamen, kontinuierlichen Zug eines heilenden Knochens, können selbst langstreckige Verlängerungen von Ober- oder Unterschenkelknochen erfolgen.
Beinverlängerung mit Fixateur externe
Bei der bisher üblichen Behandlung mit einem äußeren Spanner (Fixateur externe) treten pro Patient zwischen 0,24 bis 1,17 Komplikationen auf: Einerseits werden an den Eintrittsstellen der Drähte des Fixateur externe häufig schmerzhafte Infektionen beobachtet, die sich in die Tiefe auf den Knochen und auf die angrenzenden Gelenke ausbreiten können. Da die Drähte die Weichteile, d.h. die Haut, Muskeln und Sehnen durchteilspießen, um den Knochen zu stabilisieren, ist die Beweglichkeit der Gelenke deutlich herabgesetzt, so dass sich dauerhafte Bewegungseinschränkungen ausbilden können.
Nach Entfernung des Fixateur externe kann sich das neugebildete Kallusgewebe verbiegen, verkürzen oder auch brechen. Die lange Tragedauer des Fixateur externe beträgt nicht selten 6 bis 12 Monate und verzögert somit die Rehabilitation sowie den Wiedereintritt in das Arbeitsleben. Der voluminöse Fixateur stellt erfahrungsgemäß eine erhebliche physische und psychische Beeinträchtigung des Patienten dar. Seit mehreren Jahrzehnten ist daher intensiv nach Möglichkeiten einer Beinverlängerung mit einem internen Implantat geforscht worden, die eine Anwendung des Fixateur externe vermeiden.
Beinverlängerung mit ISKD-Nagel
Der so genannte „Intramedullary Skeletal Kinetic Distractor“, kurz ISKD-Nagel, ist ein neuartiger Verlängerungsnagel, der die zuvor genannten Komplikationen eines externen Fixateurs vermeidet. Er verlängert sich mechanisch durch Drehbewegungen von mindestens 3° im Bereich des durchtrennten, verlängernden Knochens.
Wie funktioniert die Beinverlängerung mittels ISKD-Nagel?
Der ISKD-Nagel besteht aus einem schmalen unteren, sowie einem breiteren oberen Nagelanteil, die ineinander verschiebbar und miteinander über Ratschenmechanismen verbunden sind. Bei Drehbewegungen ab 3° zwischen dem oberen und unteren Nagelanteil wird der Ratschenmechanismus aktiviert, so dass der Nagel sich geringfügig verlängert. Der Ratschenmechanismus ist so konzipiert, dass 160 Drehbewegungen von 3° zu der angestrebten Verlängerung des ISKD-Nagels um 1 mm führen.
Die zur Verlängerung erforderlichen Drehbewegungen von 3° können nach der Operation bereits bei Teilbelastung und bei Bewegungen des Beines auftreten.
Wie wird nun das Ausmaß der Verlängerung kontrolliert?
Im Nagel befindet sich ein Magnet, dessen im Rahmen der Drehbewegungen auftretender Polwechsel über einen kleinen Monitor gemessen werden. Der Monitor zeigt so die tägliche sowie die gesamte Verlängerungsstrecke an. Bei ungenügender Verlängerung erreicht der Patient durch vermehrte Bewegung die angestrebte Verlängerungsstrecke, während bei übermäßiger Verlängerung die Belastung und Bewegung kurzzeitig verringert wird. Mit dem ISKD-Nagel können beim ausgewachsenen Patienten Verlängerungen des Ober- oder Unterschenkels zwischen 2 und 8 cm erreicht werden.
Welche Untersuchungen werden vor einer Beinverlängerung durchgeführt?
Im Rahmen der ambulanten Vorstellung wird die Krankenvorgeschichte erhoben. Weichteilverhältnisse, Gelenkbeweglichkeit und Gelenkstabilität werden untersucht, sowie die Beinlängendifferenz, Beinachsen und Gelenkwinkel ausgemessen.
Welche Untersuchungen werden vor einer Beinverlängerung durchgeführt?
Vor einer Operation ist eine genaue klinische und radiologische Untersuchung notwendig. Beinlängenunterschiede und mögliche Fehlstellungen werden analysiert. Mittels Holzbrettchen wird eine Beinverlängerung simuliert und untersucht, ob die Fehlstellungen an den Hüftgelenken und der Wirbelsäule sich ausgleichen lassen. Darüber hinaus erfolgt eine klinische Untersuchung des Bewegungsumfanges und der Stabilität der Gelenke.
Anhand von Röntgenuntersuchungen der Beinachsen werden Achsenabweichungen aufgedeckt. Mittels Computertomografie wird der Beinlängenunterschied millimetergenau ausgemessen.
Mit welchem Zeitaufwand ist bei einer Beinverlängerung mittels ISKD-Nagel zu rechnen?
Die Dauer der Operation beträgt 2 bis 3 Stunden. Am Folgetag wird der Patient unter Teilbelastung des operierten Beines an 2 Unterarmgehstützen mobilisiert. Die Dauer der stationären Behandlung beträgt ca. 7 Tage. Nach Entlassung sind regelmäßige ambulante Vorstellungen vorgesehen, um das Ausmaß der Verlängerung und die Gelenkbeweglichkeit zu kontrollieren.
Die Beinverlängerung erfolgt mit einer Geschwindigkeit von 1 mm pro Tag. Die Heilung des auseinandergezogenen Knochens benötigt in der Regel 2 bis 3 Tage pro mm Verlängerung. Bei einer Beinverlängerung von 4 cm ist eine Knochenheilungsdauer von etwa 4 bis 5 Monaten nach der Operation zu erwarten. Eine Vollbelastung ist bereits einige Wochen nach Abschluss der Verlängerung möglich.
Welche Narkose wird bei einer Beinverlängerung mittels Verlängerungsnagel angewandt?
Der Eingriff wird meist in Rückenmarksnarkose durchgeführt. Ein Schmerzkatheter ist für die ersten Tage nach der Operation sinnvoll. Auf Wunsch des Patienten kann der Eingriff auch in Vollnarkose vorgenommen werden.
Medikamente im Rahmen einer Beinverlängerung
Im Rahmen der Knochenverlängerung werden die umgebenden Weichteile (Muskeln, Bänder und Sehnen) gedehnt. Die Weichteilspannung kann schmerzhaft sein und bedarf in der Regel einer Behandlung mit Schmerzmitteln. Die für die Verlängerung erforderlichen Drehbewegungen treten bereits im Rahmen der Mobilisierung nach der Operation auf. Reichen diese nicht aus, erfolgen gezielte Drehbewegungen zur Aktivierung des Verlängerungsmechnismus, meist nach Einnahme eines Schmerzmittels. Darüber hinaus werden routinemäßig Antithrombosespritzen in das Unterhautfettgewebe zur Thromboseprophylaxe verabreicht.
Was passiert nach einer Operation zur Beinverlängerung?
Nach der Operation wird der Patient unter krankengymnastischer Anleitung an zwei Unterarmgehstützen mobilisiert. Die Gelenke werden in einer Bewegungschiene beübt. Dem Patienten wird die Funktionsweise des Nagels erklärt und ein Handbuch ausgehändigt.
Die Verlängerung des Nagels wird mit einem externen Monitor gemessen. Bei unzureichender Verlängerung wird die gewünschte Verlängerungsstrecke durch gezielte Drehbewegungen erreicht. Bei übermäßiger Verlängerung wird die Belastung kurzzeitig reduziert.
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgen zunächst alle 1 bis 2 Wochen ambulante Kontrolluntersuchen. Ist die gewünschte Verlängerungsstrecke erreicht und ist radiologisch eine beginnende Knochenbildung zu erkennen, geht der Patient zur Vollbelastung über. Durch krankengymnastische Übungsbehandlung wird die Beweglichkeit der angrenzenden Gelenke beübt. Der Zeitpunkt der Arbeitsfähigkeit ist abhängig vom Beruf des Patienten. Sitzende Tätigkeiten sind bereits einige Wochen nach Abschluss der Verlängerung möglich.
Was sind die Ausschlusskriterien für eine Beinverlängerung mittels ISKD-Nagel?
Bei Kindern und jugendlichen Patienten mit noch offenen Wachstumsfugen sollte der Nagel nicht eingebracht werden, um die Wachstumsfugen nicht zu schädigen. Bei einigen Patienten verhindert ein zu enger oder zu stark verformter Markraum des Knochens, dass der gerade Verlängerungsnagel eingebracht werden kann. Bei Patienten mit einer ehemaligen Knocheninfektion wird die Indikation zur Behandlung mit einem Verlängerungsnagel sehr kritisch geprüft.
Vorteile und Risiken der Beinverlängerung mit ISKD-Nagel
Welche Vorteile hat die Beinverlängerung mittels Verlängerungsnagel?
Da sich der Nagel vollständig im Knochen befindet, werden sämtliche bisherige Probleme und Komplikationen eines Fixateur externe (Infektionen, Schmerzen an den Eintrittstellen der Drähte, starke Bewegungseinschränkungen, Knochenverbiegungen, verzögerte Rehabilitation, geringer Behandlungskomfort) vermieden.
Welche Risiken bestehen bei einer Beinverlängerung mit einem ISKD-Nagel?
Die Behandlung einer Beinverkürzung sollte erfahrenen Zentren vorbehalten bleiben. Gegenüber der Behandlung mit einem Fixateur externe ist das Komplikationsrisiko deutlich reduziert, und von der individuellen Ausgangssituation abhängig. Die allgemeinen Operationsrisiken beinhalten Infektionen, Verletzungen von Nerven und Gefäßen, Bildung und Verschleppung eines Blutgerinnsels (Thrombose/Embolie). Die spezifischen Operationsrisiken der Behandlung mit dem ISKD-Verlängerungsnagel beinhalten:
- Vorzeitige Knochenheilung (erneute Knochendurchtrennung erforderlich)
- Zu rasche Verlängerung (Behandlung durch vermehrte Entlastung, ggfs. kurzzeitiges Anbringen eines einseitigen Fixateur externe)
- Verzögerte oder ausbleibende Kallusregeneratbildung (Behandlung durch Einbringen von körpereigenem Schwammknochen aus dem Beckenkamm)
- Gelenkkontrakturen (intensive Krankengymnastik, ggfs. Weichteiloperation)
- Achsenfehler, Beinlängendifferenz (ggfs. operative Korrektur)
Fragen zur Beinverlängerung mittels ISKD-Verlängerungsnagel
Wann beendet der Verlängerungsnagel das Wachsen?
Der Verlängerungsnagel wird vor der Implantation individuell auf die gewünschte Verlängerungsstrecke eingestellt. Eine übermäßige, ungewollte Verlängerung ist nicht möglich.
Kann ich mit dem verlängerten Bein wieder Sport treiben?
Sobald der neugebildete Knochen vollständig durchbaut ist, können ohne Bedenken sportliche Tätigkeiten ausgeübt werden.
Muss der Verlängerungsnagel nach Abschluss der Behandlung entfernt werden?
Eine Entfernung des Nagels ist nicht erforderlich. Im Normalfall ist somit nur ein operativer Eingriff zur Beinverlängerung mit dem ISKD-Verlängerungsnagel notwendig.