Professor Dr. med. Jörg Zehetner hat sich vor allem auf die Oberbauchchirurgie spezialisiert. Bei allen Erkrankungen des Magens und der Speiseröhre hat er sich einen ausgezeichneten Ruf erworben – bei Krebserkrankungen ebenso wie bei Reflux. Auch bei schwierigen Hiatus- und Bauchwandhernien ist seine Expertise auf universitärem Niveau. Dr. med. Jörg Zehetner ist hochqualifizierter Facharzt für Chirurgie und war langjähriger Professor an der University of Southern California (USC). Seine Schwerpunkte sind die Reflux-Behandlung, Magen- und Speiseröhren-Erkrankungen (z. B. Karzinome) sowie die Übergewichtschirurgie und die Viszeralchirurgie. Auch die operative Behandlung komplexer Hiatus- und Bauchwandhernien gehören zum Leistungsspektrum von Dr. Zehetner. Seine medizinische Ausbildung absolvierte er in der Schweiz, Österreich und Spanien, im Anschluss folgte ein achtjähriger Forschungs- und Lehraufenthalt in den USA. Für seine herausragende Lehrtätigkeit erhielt Dr. Zehetner mehrere Auszeichnungen. In der Society of Graduate Surgeons ist er darüber hinaus Ehrenmitglied. Seit 2015 ist Dr. Zehetner in der eigenen bauchchirurgischen Praxis in Bern, Swiss1Chirurgie genannt, mit weiteren Viszeralchirurgen als Team, sowie als Belegarzt an der renommierten Hirslanden Privatklinik Beau-Site ebenfalls in Bern tätig. Dr. Zehetner verfügt in der Laparoskopie, d.h. in der Schlüsselloch-Chirurgie, über jahrelange Expertise und nutzt außerdem auch modernste Verfahren wie die Roboterchirurgie. Ein besonderer Schwerpunkt von Dr. Zehetner ist die Behandlung der Gastroösophagealen Reflux-Krankheit (GERD). Dabei ist das Reflux-Ventil (Speiseröhren-Schließmuskel und Zwerchfell) oberhalb des Magens zu schwach, um den Magen zuverlässig zu schließen. Dadurch kann immer wieder Säure und Galle aus dem Magen in die Speiseröhre gelangen. Ständiges Sodbrennen ist die Folge, doch langfristig ergeben sich auch schwerwiegendere Folgen, wie Entzündungen, chronische Bronchitis und sogar Speiseröhrenkrebs. Die Redaktion des Leading Medicine Guide wollte sich intensiver zum Thema Reflux informieren und konnte mit Dr. Zehetner ein Gespräch führen.
Reflux, auch bekannt als gastroösophagealer Reflux (GERD), ist ein medizinischer Zustand, bei dem saurer Mageninhalt oder Magensaft aus dem Magen in die Speiseröhre zurückfließt. Dieser Rückfluss kann zu einer Vielzahl von unangenehmen Symptomen führen. „Dadurch, dass beim Reflux Magensäure nach oben steigt, bemerkt der Patient ein saures Aufstoßen oder hat auch oft Schluckbeschwerden. Die Speiseröhre ist normalerweise durch einen Schließmuskel, dem sogenannten unteren Ösophagussphinkter, vom Magen getrennt. Wenn dieser Schließmuskel nicht richtig funktioniert oder geschwächt ist, kann saurer Mageninhalt in die Speiseröhre gelangen. Diese Schwäche kann auf genetische Faktoren, Übergewicht, Schwangerschaft oder auch auf diverse Erkrankungen des Verdauungstrakts zurückzuführen sein. Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Ernährungsgewohnheiten. Bestimmte Lebensmittel und Getränke, wie scharfe Speisen, fettreiche Mahlzeiten, Alkohol, Kaffee und Zitrusfrüchte, können Refluxsymptome auslösen oder verschlimmern. Das Rauchen und bestimmte Medikamente können ebenfalls das Risiko für Reflux erhöhen“, erklärt Dr. Zehetner zu Beginn unseres Gesprächs. Die Folgen von Reflux können schwerwiegend sein, da der dauerhafte Kontakt von Magensäure mit der Speiseröhrenschleimhaut Entzündungen, Schäden und in schweren Fällen sogar Speiseröhrenkrebs verursachen kann. Daher ist es wichtig, Refluxsymptome nicht zu ignorieren.
Große Mahlzeiten können den Magen überfüllen und den Druck auf den unteren Ösophagussphinkter erhöhen. Es ist ratsam, kleinere, häufigere Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Ballaststoffreiche Lebensmittel, wie Vollkornprodukte, Obst und Gemüse sind vorzuziehen und können die Verdauung fördern und dazu beitragen, Refluxsymptome zu lindern. Während des Essens sollte nur in Maßen getrunken werden. Besser ist es, zwischen den Mahlzeiten ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen. Das kann dazu beitragen, den Druck im Magen zu minimieren. Ein Abendessen vor dem Schlafengehen sollte vermieden werden. Es ist wichtig, mindestens zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen keine großen Mahlzeiten mehr einzunehmen. Was die Schlafposition betrifft, so ist es förderlich, das Kopfende des Betts um etwa 15 bis 20 Zentimeter hochzustellen, da dies nächtliches Sodbrennen reduzieren kann und verhindert, dass Magensäure in die Speiseröhre fließt.
Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen Übergewicht und Refluxsymptomen.
Überschüssiges Körperfett, insbesondere im Bauchbereich, kann den Druck im Bauchraum erhöhen und die Muskelklappe zwischen der Speiseröhre und dem Magen schwächen. „Hat man z.B. 10-15 Kilo zu viel, steigt die prozentuale Wahrscheinlichkeit der Entwicklung eines Refluxes um 10-20%. Gewichtsverlustmaßnahmen können dazu beitragen, diese Symptome zu reduzieren. Eine Reflux-Operation ist zum Beispiel ab einem Body-Mass-Index von mehr als 35 nicht mehr wirkungsvoll. Für übergewichtige Patienten ist daher eine Kombi-Operation sinnvoll mit einem Magenbypass und einer Anti-Reflux-Operation. Diese Art von kombinierten Eingriffen kann dazu beitragen, sowohl das Übergewicht als auch den Reflux effektiv zu behandeln“, erklärt Dr. Zehetner.
Menschen mit Reflux haben verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung, und die Wahl der optimalen Behandlung sollte in der Tat individualisiert werden, insbesondere für Patienten mit Übergewicht.
„Reflux ist chronisch. Eine Lebensstiländerung ist am Anfang oft die erste Maßnahme, um Refluxsymptome zu lindern, z.B. mit Diätmaßnahmen und einer grundsätzlich besseren Ernährung. Die Änderung des Lifestyles reicht für viele Patienten schon, um den Reflux in den Griff zu kriegen. Medikamentöse Protonenpumpenhemmer können eingenommen werden, um die Magensäure zu reduzieren. Dies hilft ca. 70% der Patienten. Die Auswahl des geeigneten Medikaments kann je nach Schweregrad der Symptome und individueller Reaktion variieren. Patienten mit Übergewicht könnten möglicherweise höhere Dosen oder längerfristige Medikation benötigen. In schwerwiegenden Fällen, in denen Medikamente und Lebensstiländerungen nicht ausreichend wirksam sind, muss eine Operation erwogen werden. Eine Operation zur Stärkung des unteren Ösophagussphinkters kann Reflux verhindern“, definiert Dr. Zehetner die verschiedenen Therapieoptionen.
Für Patienten mit Übergewicht ist die Gewichtsreduktion oft ein Schlüsselelement bei der Behandlung von Reflux. Ein individueller Ernährungs- und Trainingsplan kann helfen, Gewicht zu verlieren und Refluxsymptome zu reduzieren. Dies kann in Zusammenarbeit mit Ernährungsexperten und Sporttherapeuten erfolgen.
Die Reflux-Operation – verschiedene Optionen stehen zur Verfügung.
Reflux-Operationen werden alle laparoskopisch durchgeführt. Sie dauern im Schnitt eine Stunde, und der Patient kann in der Regel nach 1-2 Nächten im Krankenhaus wieder nach Hause. „Das LINX™-Reflux-Managementsystem ist eine minimal-invasive Option, bei der ein flexibler Ring aus Titan-Perlen mit Magnetkernen um den unteren Ösophagussphinkter gelegt wird. Dieser Ring unterstützt den Schließmuskel und verhindert den Rückfluss von Magensäure. Übergewichtige Patienten, die auch schon einen Schlauchmagen haben, könnten von dieser schonenden Methode profitieren. Seit fünf Jahren führe ich auch die neueste Operationsmethode durch, die RefluxStop-Operation. Bei diesem Verfahren wird der obere Teil des Magens an den unteren Teil der Speiseröhre fixiert. Dies schafft eine lange, aber kleine "Manschette" um den unteren Schließmuskel der Speiseröhre, um den Rückfluss von Magensäure zu reduzieren. Gleichzeitig wird eine 22mm große Silikonkugel als Stopper in eine Magentasche eingenäht. Bei der zuletzt genannten Methode verringert man auch die Möglichkeit von unangenehmen Nebenwirkungen wie Völlegefühl oder Blähungen. Nach der Operation gibt es für den Patienten drei Wochen lang einen Kostaufbau, um sich dann wieder normal und gesund zu ernähren“, verdeutlicht Dr. Zehetner. Die Wahl der am besten geeigneten Behandlung hängt von der individuellen Situation des Patienten ab, einschließlich des Schweregrads der Symptome, des Vorhandenseins von Übergewicht und anderer Faktoren.
LINX™-Reflux-Managementsystem: Dies ist eine moderne minimal-invasive Technik, die nur für Patienten mit normaler Speiseröhrenfunktion geeignet ist. Ein flexibler Ring aus Titan-Perlen mit Magnetkernen wird um den Schließmuskel der Speiseröhre platziert. Die Magneten ziehen den Ring zusammen und unterstützen den Schließmuskel, während gleichzeitig der normale Durchgang von Speisen ermöglicht wird.
RefluxStop Operation: Diese Operationsmethode hat die wenigsten Nebenwirkungen wie Blähungen und Völlegefühl, auch sind hier fast keine Schluckbeschwerden zu erwarten. Deshalb eignet sich diese Methode auch bei Patienten mit schlechter Speiseröhrenfunktion und größeren Zwerchfell-Brüchen.
Fundoplicatio: Dies ist ein chirurgisches Verfahren, bei dem der obere Teil des Magens um den unteren Teil der Speiseröhre gewickelt wird. Dadurch wird der Schließmuskel gestärkt und der Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre verhindert. Dieses Verfahren kann minimal-invasiv (laparoskopisch) durchgeführt werden, wird aber aufgrund der Nebenwirkungen nur selten von Dr. Zehetner durchgeführt, nachdem die RefluxStop Methode hier weniger Nebenwirkungen zeigte, bei aber gleicher Erfolgsrate bezüglich Refluxkontrolle.
Bariatrische Chirurgie: Bei Patienten mit starkem Übergewicht und Reflux kann die bariatrische Chirurgie in Betracht gezogen werden. Gewichtsreduzierende Operationen wie der Magenbypass oder der Schlauchmagen können nicht nur Übergewicht reduzieren, sondern auch die Symptome des Refluxes lindern, da der Druck auf den Bauchraum verringert wird.
Unbehandelter Reflux kann langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit haben, insbesondere für Menschen mit Übergewicht.
„Unbehandelter Reflux kann zu Entzündungen der Speiseröhre führen, die als Ösophagitis bezeichnet wird. Dies kann Schmerzen und Schluckbeschwerden auslösen. Bei einigen Menschen kann unbehandelter Reflux zu einer Veränderung der Zellen in der Speiseröhre führen, die als Barrett-Ösophagus bekannt ist. Dieser Zustand erhöht das Risiko für Speiseröhrenkrebs. Ein langfristiger unbehandelter Reflux, insbesondere wenn er zu Barrett-Ösophagus führt, erhöht das Risiko für Speiseröhrenkrebs erheblich. Nächtlicher Reflux wiederum, bei dem Magensäure in die Speiseröhre fließt, kann den Schlaf stören und zu Schlaflosigkeit führen. Das Eindringen von Magensäure in die Lunge kann auch zu einer Lungenentzündung oder zu Lungenproblemen führen. Und schlussendlich kann die Säure aus dem Magen den Zahnschmelz angreifen und Zahnschäden hervorbringen“, warnt Dr. Zehetner und ergänzt: „Wenn ein Patient über tägliche Symptome klagt, dann empfehle ich ganz klar die Operation. Bei Beschwerden, die etwa alle sechs Wochen auftauchen, dann kann man mit einer medikamentösen Therapie starten“.
Gut aufgehoben im Reflux-Zentrum der Swiss1Chirurgie in Bern.
Im Reflux-Zentrum in Bern gibt es ein herausragendes Angebot zur ganzheitlichen Betreuung von Menschen mit Reflux und auch Adipositas. Adipöse Menschen entwickeln am häufigsten einen Reflux. Unter der fachkundigen Leitung von Dr. Zehetner erhalten Patienten individuell angepasste und umfassende Lösungen für ihre Gewichtsprobleme. „Wir bieten hier eine Ernährungs- und Diätberatung an. Denn allein die Einnahme von Medikamenten reicht einfach nicht aus. Diejenigen Patienten, die hier nicht mitmachen wollen, müssen wir umfassend über alle Risiken aufklären. Eine Reflux-Koordinatorin begleitet unsere Patienten von Anfang an durch die Therapie. Wir arbeiten auch eng mit dem Zentrum für Bariatrische Chirurgie, und mit Gastroenterologen zusammen. Durch diese zielführende interdisziplinäre Zusammenarbeit sind wir die erste Anlaufstelle und in der Schweiz führend. Ich schaue aber auch immer nach den neuesten Entwicklungen wie zuletzt auf einem Kongress für Reflux in Dallas/Texas (USA)“, berichtet Dr. Zehetner und beendet damit unser Gespräch.
Herr Dr. Zehetner, vielen Dank für diese interessanten Einblicke zu Thema Reflux!