Tränende Augen im Fokus: Vielfältige Therapieansätze im Überblick - Experteninterview mit Prof. Heindl

23.02.2024

Prof. Dr. Dr. Ludwig M. Heindl genießt als Spezialist der Wiederherstellungschirurgie einen enormen Ruf in der modernen Augenheilkunde. Der erfahrene Lidchirurg verfügt in der Diagnostik über internationales Renommee – auch durch seine Weiterentwicklungen minimal-invasiver Operationen am Auge und seine wissenschaftlichen Publikationen. Univ.-Prof. Dr. Dr. Ludwig Heindl ist Professor für Augenheilkunde an der Uniklinik Köln. Er ist ein national wie international renommierter Experte im Bereich der Ophthalmologischen Onkologie (Tumoren am und im Auge) und der Ophthalmoplastischen Chirurgie und leitet die Ophthalmoonkologie und Ophthalmoplastische Chirurgie der Universitätsaugenklinik Köln. Erkrankungen der Augenlider, Tränenwege, der Augenoberfläche und Orbita (Augenhöhle) gehören ebenfalls zu seinem Therapiespektrum.

Mit seinem vertieften Wissen und seiner langjährigen Erfahrung rund um das Auge und dessen Erkrankungen verbindet Prof. Dr. Dr. Heindl überzeugend Theorie und Praxis. Ziel und Anspruch des ärztlichen Handelns ist dabei immer, den Patienten als Mensch mit individuellen Therapiebedürfnissen in den Mittelpunkt zu stellen. Als Leiter des Schwerpunkts für Ophthalmoonkologie und Ophthalmoplastische Chirurgie sowie als ärztlicher Leiter der Poliklinik und des Augendiagnostischen Funktionslabors spielt Prof. Dr. Dr. Heindl eine entscheidende Rolle in der Behandlung von Patienten mit verschiedenen Augenerkrankungen. Sein Fachgebiet umfasst Erkrankungen der Augenlider, der Tränenwege, der Augenoberfläche und der Orbita (Augenhöhle). Besonders hervorzuheben ist seine wegweisende Arbeit auf dem Gebiet der Ophthalmoplastischen Chirurgie, wo er komplexe chirurgische Eingriffe zur Behandlung von Tränenwegstenosen und anderen Erkrankungen der Tränenwege durchführt. 

Neben seiner klinischen Tätigkeit ist Prof. Dr. Dr. Heindl auch ein engagierter Forscher und Wissenschaftler, der aktiv an neuen Entwicklungen in der Ophthalmologie arbeitet. Sein Engagement in nationalen und internationalen Fachgesellschaften sowie seine zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen und Forschungsprojekte zeugen von seinem Beitrag zur Weiterentwicklung der Augenheilkunde. Als erfahrener Augenarzt verbindet Prof. Dr. Dr. Heindl sein fundiertes Fachwissen mit einer patientenzentrierten Betreuung. Seine einfühlsame Art und sein Engagement für die Gesundheit seiner Patienten machen ihn zu einem geschätzten Experten auf seinem Gebiet. In einer Klinik, die für ihre exzellente medizinische Versorgung bekannt ist, trägt Prof. Dr. Dr. Heindl maßgeblich dazu bei, die bestmögliche Behandlung für Patienten mit Augenerkrankungen zu gewährleisten. Die Redaktion des Leading Medicine Guide sprach mit Prof. Dr. Dr. Heindl und erfuhr dadurch vor allem sehr viel mehr zur Behandlung der sogenannten Tränenwegstenosen.

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In der Welt der Augenheilkunde stehen tränende Augen als Symptom häufig im Mittelpunkt. Dieser scheinbar harmlose Zustand kann jedoch verschiedene Ursachen haben, von einfachen Allergien bis hin zu ernsteren Erkrankungen. Die Suche nach wirksamen Behandlungsmethoden ist daher von entscheidender Bedeutung. Von konservativen Ansätzen bis hin zu innovativen chirurgischen Eingriffen bieten verschiedene Methoden Hoffnung auf Linderung und eine bessere Lebensqualität für Patienten, die unter diesem Symptom leiden.

Der Weg einer Träne beginnt in der sogenannten Tränendrüse, die sich oberhalb des äußeren Augenwinkels befindet. Dort wird die Tränenflüssigkeit produziert, welche eine Mischung aus Wasser, Proteinen, Fetten und antibakteriellen Substanzen ist. Die Tränen gelangen dann über kleine Öffnungen auf der Oberfläche des Auges, den Tränendrüsenpunkten oder Tränenpunkten, in den Bindehautsack. Von dort aus verteilt sich die Tränenflüssigkeit gleichmäßig über das Auge, um es feucht zu halten und zu schützen. Beim Blinzeln bewegt sich die Flüssigkeit über das Auge, um Fremdkörper oder Schmutzpartikel zu entfernen und die Oberfläche zu reinigen. Die Tränen sammeln sich dann am inneren Augenwinkel und fließen in die Tränenkanäle ab, die sich in Richtung der Nasenlöcher erstrecken. Die Tränenkanäle führen die Flüssigkeit in den Tränen-Nasengang und schließlich in die Nasenrückseite. Von dort aus gelangt die Tränenflüssigkeit in den Nasen-Rachen-Raum und wird geschluckt oder verdunstet. Ein normaler Tränenfluss gewährleistet nicht nur die Befeuchtung des Auges, sondern trägt auch zur Reinigung und Schmierung der Augenoberfläche bei. Wenn der Tränenweg jedoch blockiert oder eingeschränkt ist, kann dies eben zu tränenden Augen oder anderen Augenproblemen führen.

Ein tränendes Auge kann verschiedene Ursachen haben, die sich je nach zugrunde liegender Problematik unterscheiden. 

Ein tränendes Auge kann ganz vielfältig sein. Jeder kennt die Tränen, die aus emotionalen Gründen fließen, ob als Kind oder als Erwachsener. Dann tränt das Auge natürlich auch, wenn Fremdkörper eindringen, um sich zu reinigen. Dies ist ein einfacher Vorgang des Schutzmechanismus. Beide Ursachen bedingen rein physiologische Vorgänge, um die Funktion des Auges zu erhalten. Lidfehlstellungen oder das Reiben von Wimpern an der Hornhaut können das Augen zum Tränen bringen. Wenn die Träne wie oben beschrieben ihren Weg nicht findet, es also ein Abflusshindernis gibt, kommt es zu Tränenverschlüssen – man spricht hier von einer Tränenwegstenose. Das ist eine der häufigsten Gründe für tränende Augen“, erklärt Prof. Dr. Dr. Heindl zu Beginn unseres Gesprächs und ergänzt: „Man unterteilt grob zwei Arten von Tränenwegstenosen, die beim Kind und die beim Erwachsenen. Beim Kind ist der häufigste Grund dafür, dass bei der Geburt der Nasengang nicht aufgeht. Das muss man behandeln und bekommt das wieder gut in den Griff. Beim Erwachsenen ist das nicht angeboren, sondern erworben durch Verklebungen, die zum Verschluss führen und subklinische Entzündungen sind“. 


  • Eine der Hauptursachen für tränende Augen ist eine Blockade oder Verstopfung der Tränenwege. Dies kann durch Infektionen, Entzündungen oder anatomische Anomalien verursacht werden.
  • Konjunktivitis (Bindehautentzündung) oder Blepharitis (Entzündung der Lidkante) können auch zu tränenden Augen führen. Diese Zustände können durch Bakterien, Viren oder Allergene verursacht werden.
  • Paradoxerweise können trockene Augen auch zu übermäßigem Tränen führen. Wenn die Augen nicht genügend Tränenflüssigkeit produzieren oder von schlechter Qualität sind, reagiert der Körper mit übermäßigem Tränen, um das Problem zu kompensieren.
  • Wenn kleine Fremdkörper in das Auge gelangen, sei es Staub, Sand oder sogar Kosmetikpartikel, kann dies zu Irritationen und tränenden Augen führen.
  • Pollen, Staub, Tierhaare oder andere Allergene können allergische Reaktionen auslösen, die zu tränenden Augen führen.

Die Diagnose eines tränenden Auges erfordert eine gründliche Untersuchung durch einen Augenarzt. 

Zunächst ist es ganz wichtig, eine genaue Anamnese zu erheben. Im Gespräch mit dem Patienten ergeben sich Informationen über den Zeitraum der Beschwerden, und wie diese genau aussehen. Wie erlebt der Patient die Beschwerden – tränt das Auge, sieht man wie durch ein Aquarium, wacht der Patient morgens mit verklebten Augen auf usw. Diese Fragen sind ganz entscheidend, um einzuordnen, ob ein Verdacht auf eine Tränenwegstenose besteht und wie stark die Beschwerden des Patienten sind. Dann geht es weiter mit der klinischen Diagnostik“, erklärt Prof. Dr. Dr. Heindl. Die klinische Untersuchung konzentriert sich auf den vorderen Augenabschnitt, um mögliche Ursachen wie Verletzungen, Entzündungen oder Anomalien an den Augenlidern, der Bindehaut oder der Hornhaut zu identifizieren. Um die Tränenproduktion und -qualität zu bewerten, werden manchmal Tränenfilmanalysen durchgeführt. Diese Tests ermöglichen es, Trockenheitsprobleme oder Veränderungen in der Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit festzustellen. 


Ein Gerstenkorn, auch als Hordeolum bekannt, entsteht durch eine schmerzhafte Infektion der Talgdrüsen oder Haarfollikel an den Rändern der Augenlider. Dieser Prozess beginnt mit der Eindringung von Bakterien, in der Regel Staphylococcus aureus, in diese Drüsen. Durch diese Infektion kommt es zu einer Verstopfung der Talgdrüsen, die normalerweise für die Produktion von Öl zuständig sind, um die Augenlider zu schmieren und die Tränenflüssigkeit zu stabilisieren. Dies lässt sich gut mit antibakteriellen Tropfen behandeln, um den Entzündungsprozess zu stoppen.


Wenn der Verdacht auf eine Blockade oder Stenose der Tränenwege besteht, wird in der Regel eine Tränenwegspülung oder -sondierung vorgenommen, um etwaige Verstopfungen zu lokalisieren. Man geht mit einer Sonde in den Tränenweg hinein und spült diesen und kontrolliert die Anatomie des Abflusses. In einigen Fällen können auch bildgebende Verfahren mit Zuhilfenahme von radiologischer Flüssigkeit wie MRT oder CT genutzt werden, um strukturelle Anomalien oder Veränderungen im Augenbereich sichtbar zu machen. Die Auswahl der diagnostischen Tests richtet sich nach den spezifischen Symptomen und der Krankengeschichte des Patienten. Man braucht dies aber nur bei ausgewählten Situationen, zum Beispiel wenn im Tränensackbereich eine Geschwulst ist, um deren Ausbreitung festzustellen“, schildert Prof. Dr. Dr. Heindl die diagnostischen Maßnahmen.

Die Behandlungsmöglichkeiten für einer Tränenwegstenose sind vielfältig und abhängig von der spezifischen Ursache. 

Es kommt auf die Form der Stenose und auf die Lokalisation der Stenosen an. Man unterscheidet die relative Stenose, also eine Engstelle, von den absoluten Stenosen bei denen alles vollständig verschlossen ist. Bei Engstellen kann der Arzt, je nach Empfinden des Patienten mit leichter Narkose, mit einem Intubationskatheter in den Tränenkanal reingehen und die Engstelle aufdehnen. Eine nachfolgende Schienung mit dünnen Silikon-Röhren verbleibt ca. drei Monate, und man schaut dann, ob die Engstelle wieder vollständig frei ist. Bei den kompletten Verschlüssen des Tränenwegs gibt es rekanalisierende Eingriffe, um den Tränenweg in seiner Anatomie wiederherzustellen. Bei langstreckigen Stenosen muss man einen Bypass herstellen. Hier gibt es drei Verfahren: von der Nase aus (Endonasal), dann die sogenannte Dakryozystorhinostomie, auch bekannt unter dem Namen Toti-OP, bei der ein neuer Abfluss für die Tränenflüssigkeit angelegt wird und vom Tränensack bis in die Nasenhöhle verläuft, und schlussendlich habe ich hier im Universitätsklinikum Köln ein minimal-invasives Laserverfahren entwickelt“, erklärt Prof. Dr. Dr. Heindl.

Die Anatomie des Tränenwegsystems ist entscheidend für die Regulation der Tränenflüssigkeit. 

Nicht-chirurgische Ansätze umfassen oft die Anwendung von warmen Kompressen oder Massagen im Bereich der Tränendrüsen, um Verstopfungen zu lösen und den Fluss der Tränen zu fördern. Diese Maßnahmen können dazu beitragen, vorübergehende Blockaden zu lösen, aber bei chronischen Problemen sind chirurgische Eingriffe möglicherweise die effektivere Lösung, um die Ursache zu behandeln und langfristige Erleichterung zu bieten. Prof. Dr. Dr. Heindls innovative Laser-Operation zur Behandlung von Tränenwegstenosen ist hierbei eine wegweisende Methode, um Verengungen oder Blockaden in den Tränenwegen zu lösen. 

Bei dieser von mir entwickelten minimal-invasiven Technik wird ein Laser verwendet, um die verengte oder blockierte Stelle im Tränenkanal zu öffnen, ohne einen Hautschnitt vornehmen zu müssen. Der Eingriff wird in der Regel unter lokaler Betäubung durchgeführt. Ein feiner Laser wird vorsichtig eingeführt und verwendet, um die Verengung oder Blockade zu beseitigen, was den normalen Fluss der Tränenflüssigkeit wiederherstellt. Durch diesen hochpräzisen und minimal-invasiven Ansatz wird die Schleimhaut des Tränenwegs geöffnet, um den Abfluss der Tränen zu verbessern. Diese Technik ermöglicht eine narbenfreie Behandlung von Tränenwegstenosen und kann eine effektive Lösung für Patienten sein, die unter tränenden Augen aufgrund von Blockaden in den Tränenwegen leiden. Die Laser-Behandlung von Tränenstenosen hat das Potenzial, den Fluss der Tränenflüssigkeit zu normalisieren und die Symptome von Tränenträufeln deutlich zu reduzieren“, beschreibt Prof. Heidl die effektive und schonende Laser-Methode. „Sehr selten ist noch der Verschluss des Tränenkanälchens – da muss man eine andere Operation vornehmen und in den Augeninnenwinkel ein Röhrchen einlegen. Auch hier haben wir in Köln eine Technik entwickelt, die mittels Laser erfolgen kann“, ergänzt Prof. Dr. Dr. Heindl.

Ausblick

Wünschenswert wäre eine grundsätzlich bessere Aufklärung über die Behandlungsmöglichkeiten von Tränenwegstenosen. Auch sollte hier frühzeitig ge- und behandelt werden, um eine Vernarbung oder Verwachsung sowie eine Bypass Operation zu vermeiden. Wir sind hier in Köln das größte Tränenwegzentrum in Deutschland, und vor zehn Jahren habe ich mit der Entwicklung der laserchirurgischen Verfahren begonnen. Mittlerweile ist dieses ein voll etabliertes Verfahren, dass international anerkannt ist und angewendet wird. Wichtig ist, dass die Menschen einfach mehr erfahren, wie unsere Tränen entstehen und was es alles damit auf sich hat. Mit der Tränenwegchirurgie möchte ich keinesfalls die Freudentränen vermeiden, und ich kann auch nicht die Belastungen wegzaubern, die emotional traurige Tränen produzieren. Aber ich kann den Menschen helfen, die aufgrund von Tränenwegstenosen Probleme mit den Augen entwickeln und unentwegt unkontrollierte Tränen produzieren“, verdeutlicht Prof. Dr. Dr. Heindl, und wir schließen damit unser Gespräch.

Besten Dank, sehr geehrter Herr Professor Dr. Heindl, für den Einblick in die doch recht unbekannte Welt der Tränen, wo sie herkommen und was passiert, wenn sie nicht oder unkontrolliert fließen!

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