COPD - Experteninterview mit Univ.-Prof. Dr. med. Felix Herth

23.06.2025

Univ.-Prof. Dr. med. Felix Herth ist einer der führenden Experten im Bereich der Pneumologie und Beatmungsmedizin in Deutschland. Als Chefarzt der entsprechenden Abteilung an der Thoraxklinik Heidelberg und gleichzeitig medizinischer Geschäftsführer der Einrichtung prägt er maßgeblich die Ausrichtung und Weiterentwicklung dieser traditionsreichen und hochspezialisierten Klinik. Seine langjährige Erfahrung und wissenschaftliche Expertise machen ihn zu einer zentralen Persönlichkeit in der modernen Lungenheilkunde, insbesondere im Bereich obstruktiver Atemwegserkrankungen, der nichtinvasiven Beatmung sowie der spezialisierten Diagnostik komplexer pulmonaler Krankheitsbilder.

Die Thoraxklinik selbst zählt zu den ältesten und renommiertesten Fachkliniken Europas für Erkrankungen des Brustkorbs. Heute bietet sie ein umfassendes medizinisches Spektrum, das von internistischer Onkologie über Pneumologie und Schlafmedizin bis hin zu Radiologie, Schmerzmedizin und Allergologie reicht. Besonders zeichnet sich die Klinik durch ihre enge interdisziplinäre Zusammenarbeit aus. Die Abteilung für Pneumologie und Beatmungsmedizin arbeitet Hand in Hand mit der Thoraxchirurgie, der thorakalen Onkologie, der Anästhesie und der Radiologie – eine Konstellation, die sowohl für Patienten als auch für Fachärzte hochattraktiv ist. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der differenzierten Versorgung von Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen wie COPD, Lungenemphysem oder pulmonaler Hypertonie sowie auf schlafbezogenen Atemstörungen.

Auch Patienten mit seltenen Lungenerkrankungen oder komplexen Infektionen, wie Tuberkulose, finden hier spezialisierte Behandlungsangebote. Das integrierte Lungenkrebszentrum arbeitet eng mit der Thoraxchirurgie und Onkologie zusammen und gewährleistet eine leitliniengerechte und individuell abgestimmte Therapie für Patienten mit bösartigen Lungenerkrankungen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Herth nimmt die Klinik nicht nur eine zentrale Rolle in der Patientenversorgung ein, sondern engagiert sich auch in der klinischen Forschung. In kontrollierten Studien werden kontinuierlich neue Therapieansätze geprüft und in den Klinikalltag integriert. International ist die Abteilung wissenschaftlich breit vernetzt – insbesondere in den Bereichen COPD, Endoskopie, Lungenfibrose und pulmonale Hypertonie – und trägt damit maßgeblich zur Weiterentwicklung der pneumologischen Medizin bei.

Mit Prof. Dr. Herth konnte die Redaktion des Leading Medicine Guide sprechen und erfuhr mehr zur Lungenerkrankung COPD.

Univ.-Prof. Dr. med. Felix Birth

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine weit verbreitete, fortschreitende Erkrankung der Atemwege, die vor allem durch eine dauerhafte Verengung der Bronchien gekennzeichnet ist. In den meisten Fällen ist das langjährige Einatmen schädlicher Stoffe, insbesondere durch Tabakrauchen, die Hauptursache. COPD gehört weltweit zu den häufigsten Ursachen für Krankheits- und Todesfälle. Da sie nicht heilbar, aber gut behandelbar ist, spielt die frühzeitige Diagnose und eine individuell abgestimmte Therapie eine entscheidende Rolle für den Krankheitsverlauf und die Lebensqualität der Betroffenen.

COPD gehört zu den chronischen Erkrankungen der Lunge und umfasst klinisch die Komponenten einer chronischen Bronchitis sowie eines Lungenemphysems. Charakteristisch ist eine zunehmende Atemflusslimitation, die in der Regel nicht vollständig reversibel ist.

COPD ist eine Erkrankung, die bereits in der Begrifflichkeit Schwierigkeiten bereitet, weil wir keinen wirklich passenden deutschen Begriff dafür haben. Am gebräuchlichsten ist die Abkürzung COPD, die für ,Chronic Obstructive Pulmonary Diseases´ steht – und damit ist schon alles Wesentliche gesagt: chronisch, obstruktiv und die Lunge betreffend. Chronisch bedeutet, dass es sich um eine nicht heilbare Erkrankung handelt. Obstruktiv heißt, dass die Atemwege verengt sind. Patienten haben infolgedessen die drei klassischen Hauptsymptome: Atemnot, Husten und Auswurf. Diese Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten. Die Verengung der Atemwege führt dazu, dass weniger Luft durchkommt, ähnlich wie bei einem Stau auf der Autobahn. Die Lunge reagiert auf diese Einschränkung häufig mit einer vermehrten Schleimbildung, was wiederum zu Husten führt, um den Schleim heraus zu befördern. Als Hauptursache gilt das Rauchen, wobei sowohl aktiver als auch passiver Konsum eine Rolle spielt. In Deutschland begegnet uns COPD in erster Linie bei Rauchern, während in anderen Ländern offene Feuerstellen beim Kochen eine große Rolle spielen. Auch die Luftverschmutzung durch Feinstaub über viele Jahre hinweg kann zur Entstehung von COPD beitragen. Zudem gibt es eine seltene genetische Variante der Erkrankung, den sogenannten Alpha-1-Antitrypsinmangel, den man mittels einer Blutuntersuchung diagnostizieren kann“, erklärt Prof. Dr. Herth zu Beginn unseres Gesprächs und erläutert die Chronifizierung der Erkrankung:

Chronisch ist die Erkrankung von Beginn an, sobald sie vorhanden ist. Das eigentliche Problem besteht darin, dass Patienten die Einschränkung oft erst sehr spät bemerken. Um dies zu verdeutlichen, stelle ich oft eine praktische Frage: Wie viel Prozent der Lungenkapazität wird im entspannten Sitzen tatsächlich genutzt? Viele denken zunächst an einen hohen Anteil, doch tatsächlich benötigen wir im Ruhezustand nur etwa fünf Prozent unserer Lungenkapazität. Beim Powerwalking oder ähnlicher körperlicher Anstrengung werden etwa fünfzig Prozent benötigt. Gerade deshalb merken viele Betroffene erst dann etwas, wenn bereits fünfzig Prozent ihrer Lungenkapazität dauerhaft geschädigt sind – ein Schaden, der sich nicht mehr rückgängig machen lässt. In der Regel dauert es zwanzig bis dreißig Jahre, bis sich die Erkrankung deutlich bemerkbar macht, weshalb COPD oft erst in den Fünfzigern oder Sechzigern diagnostiziert wird.

Die Patienten kommen schließlich aus verschiedenen Gründen in die Praxis: Manche leiden unter anhaltendem Husten, andere bemerken verstärkten Auswurf oder haben Atemnot, etwa beim Treppensteigen. Immer steht eines dieser Symptome im Vordergrund. Die Diagnose selbst erfolgt relativ unkompliziert mittels einer Lungenfunktionsmessung. Diese Untersuchung misst Abweichungen von Normwerten, die sich nach Alter, Geschlecht, Körpergröße und Gewicht richten. Obwohl die Lungenfunktionsprüfung eine Kassenleistung ist, wird sie in der Praxis nicht so häufig angeboten wie beispielsweise ein EKG, da sie aktives Mitwirken des Patienten erfordert und aufwändiger durchzuführen ist. Dennoch kann jeder Patient im Rahmen eines Check-ups eine solche Untersuchung einfordern. Die Erkrankung wird nach der Diagnose weiter eingestuft, basierend auf dem Ausmaß der Einschränkung der Lungenfunktion und den Beschwerden des Patienten. Hierzu werden spezielle Symptomfragebögen verwendet, anhand derer eine Einteilung in die Gruppen A, B, C oder D erfolgt, ergänzt durch eine Nummer, um den Schweregrad der COPD genau zu erfassen“.

Die Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) verfolgt das Ziel, Symptome zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen sowie Exazerbationen zu vermeiden oder deren Schwere zu reduzieren.

Hierzu schildert Prof. Dr. Herth: „Die Behandlungsoptionen bei COPD beginnen immer damit, mögliche schädliche Einflüsse, sogenannte Noxen, zu beseitigen. Wenn ein Patient also raucht, ist der erste Schritt, ihn vom Rauchen wegzubekommen. Zunächst wird also überprüft, ob eine solche Noxe vorliegt. Für die Lunge ist körperliche Bewegung extrem wichtig, eigentlich wie für alle Organe. Deshalb gibt es Lungensportgruppen, die ähnlich funktionieren wie Herzsportgruppen, und es gibt auch die Möglichkeit, eine Reha-Maßnahme in Anspruch zu nehmen. Außerdem wird den Patienten dringend empfohlen, sich impfen zu lassen. COPD-Patienten sollten gegen Grippe, Corona und Pneumokokken geimpft werden, weil jede Infektion die Lungenfunktion verschlechtern kann, und das will man natürlich vermeiden. Hat man diese ganzen nicht-medikamentösen Maßnahmen ausgeschöpft, geht es weiter mit Medikamenten, insbesondere mit Inhalatoren. Da hat die Lunge einen großen Vorteil: Ich kann die Medikamente direkt in die Lunge sprühen, erreiche damit mit relativ kleinen Dosen große Effekte und habe gleichzeitig sehr wenig systemische Nebenwirkungen“.

Die Differenzierung zwischen Asthma, COPD und dem sogenannten Asthma-COPD-Overlap (ACO) stellt in der klinischen Praxis eine erhebliche diagnostische Herausforderung dar, insbesondere bei Patienten mit unklarer Symptomlage oder atypischer Krankheitsentwicklung. Eine sichere Unterscheidung ist essenziell, da sich die pathophysiologischen Grundlagen und somit auch die therapeutischen Strategien deutlich unterscheiden.

Asthma ist typischerweise durch eine variable, reversible Atemwegsobstruktion und eine ausgeprägte bronchiale Hyperreagibilität gekennzeichnet, häufig mit allergischer Diathese und Beginn in der Kindheit oder Jugend. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei COPD um eine progrediente, weitgehend irreversible Obstruktion, die in der Regel im höheren Lebensalter auftritt. „Zur Unterscheidung zwischen COPD und Asthma, was manchmal nicht ganz einfach ist, gibt es die Möglichkeit der Bildgebung, insbesondere mit speziellen Niedrigdosis-CTs. Damit kann man in der Lunge Veränderungen sehen, die typisch für das eine oder das andere Krankheitsbild sind. Ohne diese Bildgebung ist die Unterscheidung schwierig, weshalb es immer wieder vorkommt, dass Patienten falsch behandelt werden – entweder bekommt ein COPD-Patient eine Asthmabehandlung oder ein Asthmatiker wird wie ein COPD-Patient therapiert. Weil die Therapie sich aber unterscheidet, ist es wichtig, bei Unsicherheit einen Facharzt aufzusuchen“, so Prof. Dr. Herth.

Die Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) spielt eine bedeutende Rolle in der Behandlung von Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), insbesondere in den moderaten und fortgeschrittenen Stadien der Krankheit.

Die FLAME-Studie, die eine entscheidende Rolle in der aktuellen Diskussion um die Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden spielt, lieferte neue Erkenntnisse zur Behandlung von COPD und verglich die Wirkung der Kombination von LABA (langwirksame Beta-Agonisten) und LAMA (langwirksame Anticholinergika) mit einer klassischen Kombination von ICS und LABA bei Patienten mit moderater bis schwerer COPD. Die Ergebnisse zeigten, dass die Kombination von LABA und LAMA in Bezug auf die Verringerung der Exazerbationen und die Verbesserung der Lungenfunktion überlegen ist. Zudem wurde ein geringeres Risiko für schwere Nebenwirkungen beobachtet, die mit der ICS-Therapie verbunden sind, insbesondere Atemwegsinfektionen. Die FLAME-Studie hat weitreichende Konsequenzen für die COPD-Behandlung. Sie zeigt auf, dass die Kombination von LABA und LAMA in vielen Fällen eine ebenso effektive, wenn nicht sogar überlegene Alternative zur ICS-haltigen Therapie darstellt. Dies hat zu einer Neubewertung der Rolle von inhalativen Kortikosteroiden geführt. In den aktuellen GOLD-Empfehlungen, die sich auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse stützen, wird die ICS-Therapie nun häufiger auf Patienten mit häufigen Exazerbationen und schwerem Verlauf der Krankheit beschränkt, während die Kombination von LABA und LAMA als bevorzugte Option für frühere Stadien der COPD angesehen wird.

In Bezug auf die inhalative Therapie gibt es Diskussionsbedarf. Früher hat man sowohl Asthmatiker als auch COPD-Patienten relativ gleichbehandelt und beide Gruppen mit Kortison haltigen Sprays versorgt. Durch die FLAME-Studie weiß man heute, dass bei COPD nicht jeder Patient von einem Kortisonspray profitiert. Das ist beim Asthma genau umgekehrt, da ist Kortison ein Muss. Deshalb ist die genaue Diagnosestellung so entscheidend: Hat der Patient wirklich COPD oder doch eher Asthma? Sonst bekommt er unter Umständen ein Kortisonspray mit allen möglichen Nebenwirkungen, obwohl er es gar nicht braucht“, äußert Prof. Dr. Herth kritisch.

COPD gilt als ein unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung von Lungenkrebs – auch unabhängig vom gemeinsamen Hauptrisikofaktor Rauchen. Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung ist durch eine persistierende Entzündung der Atemwege und des Lungengewebes gekennzeichnet.

Die dauerhafte Entzündungsaktivität führt zu strukturellen Veränderungen, DNA-Schäden und einer gestörten zellulären Reparaturmechanik, was die Krebsentstehung begünstigen kann. Darüber hinaus fördern Prozesse wie oxidativer Stress, eine gesteigerte Zellproliferation und epigenetische Veränderungen die Karzinogenese. Studien zeigen, dass Patienten mit COPD – insbesondere bei ausgeprägter Lungenfunktionseinschränkung – ein signifikant erhöhtes Risiko für Lungenkarzinome haben, auch wenn sie vergleichbar lange geraucht haben wie Patienten ohne COPD.

Eine COPD-Erkrankung gilt als eigenständiger Risikofaktor für Lungenkrebs. Das heißt nicht, dass jeder COPD-Patient zwangsläufig Lungenkrebs entwickelt, aber das Risiko ist deutlich erhöht im Vergleich zu jemandem, der zwar raucht, aber keine COPD hat. Wie groß man ein Risiko empfindet, ist natürlich immer eine individuelle Betrachtung, aber man weiß klar, je länger die Schädigung andauert, desto höher wird das Risiko“, konstatiert Prof. Dr. Herth an dieser Stelle. Präventiv lassen sich verschiedene Maßnahmen ableiten. Der zentrale Ansatz bleibt die konsequente Tabakentwöhnung, da sowohl COPD als auch Lungenkrebs in hohem Maße durch Rauchen getriggert werden. Darüber hinaus spielt die frühzeitige Diagnostik eine entscheidende Rolle.

Die nicht-medikamentöse Therapie spielt eine wesentliche Rolle in der Behandlung von COPD und ist besonders wichtig, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Ein zentraler Bestandteil dieser Therapie ist der Lungensport, der durch regelmäßige körperliche Bewegung und gezieltes Training die Atemmuskulatur stärkt, die Ausdauer verbessert und die Belastbarkeit der Patienten steigert. „Was die Lungensportgruppen betrifft, so wird der Patient durch das Training nicht seine kaputte Lunge reparieren können. Aber durch das gezielte Training der Muskulatur verbessert sich seine körperliche Belastbarkeit spürbar. Man kann das sogar messen, zum Beispiel mit dem Sechs-Minuten-Gehtest. Normale Menschen schaffen locker 600 Meter, COPD-Patienten am Anfang oft nur 300 Meter. Mit regelmäßigem Training können sie aber bis zu 100 Meter dazugewinnen. Die Muskulatur wird also gestärkt, und das hilft, trotz der geschädigten Lunge im Alltag besser zurechtzukommen. Wichtig ist dabei, dass das Training ein Leben lang fortgesetzt wird, so wie andere tägliche Aktivitäten – 10.000 Schritte am Tag wären ein gutes Ziel“, empfiehlt Prof. Dr. Herth motivierend.

Insbesondere in den fortgeschrittenen Stadien der COPD trägt Lungensport dazu bei, die Funktionalität zu erhalten und den Patienten mehr Unabhängigkeit im Alltag zu ermöglichen. Die Akzeptanz und Verfügbarkeit von Lungensportprogrammen sind jedoch ein kritischer Punkt. In vielen Regionen gibt es Lungensportgruppen, doch nicht alle Patienten haben Zugang dazu, insbesondere in ländlichen Gebieten oder in Bereichen mit einer geringeren Gesundheitsinfrastruktur. Auch die Patientenzahl, die tatsächlich von solchen Programmen profitiert, könnte noch höher sein, wenn mehr Aufmerksamkeit auf die Bedeutung dieser Therapieform gerichtet würde.

Der diagnostische Verzicht auf eine routinemäßige Lungenfunktionsprüfung im hausärztlichen Bereich trägt maßgeblich zur verspäteten Diagnose von COPD bei.

Ein entscheidender Grund für die verspätete Diagnose liegt in der Tatsache, dass die Lungenfunktionsprüfung, die der goldene Standard zur Diagnose von COPD ist, in vielen hausärztlichen Praxen nicht routinemäßig durchgeführt wird. Zwar werden Lungenfunktionstests oft bei Patienten mit bekannten Risikofaktoren wie Rauchern oder bei Verdacht auf eine Atemwegserkrankung durchgeführt, jedoch fehlt es in vielen Fällen an einer systematischen und frühzeitigen Diagnostik, die auf die Risikogruppen ausgerichtet ist. Diese unzureichende Diagnostik verzögert die Identifikation der Erkrankung, was die Behandlungsmöglichkeiten und die Prognose negativ beeinflussen kann.

Was die Prävention betrifft, speziell die Rauchentwöhnung, gibt es ein großes Problem: Rauchentwöhnungsprogramme sind in Deutschland keine Kassenleistung. Das heißt, der Patient muss sie selbst bezahlen. Und dass, obwohl es aus gesundheitlicher und volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll wäre, diese Programme zu finanzieren. Denn die meisten Raucher kommen nicht aus der Akademikerschicht, sondern aus anderen gesellschaftlichen Gruppen, die oft nicht bereit oder in der Lage sind, für solche Maßnahmen zu zahlen. Dabei kostet eine Rauchentwöhnung etwa 400 Euro, also ungefähr so viel, wie für viele ein Monat rauchen kostet. Aus pneumologischer Sicht wäre es sehr wünschenswert, wenn diese Programme Kassenleistung wären, weil sie auf lange Sicht viele Krankheitsfälle verhindern und Kosten sparen könnten. Die Häufigkeit der COPD nimmt zu. Das liegt zum einen daran, dass wir als Gesellschaft immer älter werden und dadurch länger schädlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. Zum anderen zeigt sich ein deutlicher Gender-Effekt: Frauen sind heute häufiger betroffen, werden aber gleichzeitig noch zu selten diagnostiziert. Besonders seit den 60er Jahren, als sich das Rauchverhalten bei Frauen verändert hat, sehen wir eine Zunahme. Frauen brauchen zudem eine geringere Rauchdosis, um krank zu werden, was vermutlich hormonell bedingt ist. Auch das mittlere Alter der Lungenkrebsdiagnosen ist bei Frauen niedriger als bei Männern“, stellt Prof. Dr. Herth fest.

Die Lunge ist eines der wichtigsten, aber oft übersehenen Organe unseres Körpers. Umso entscheidender ist es, ihre Gesundheit im Blick zu behalten. Wissenschaft und Medizin arbeiten intensiv daran, neue Wege für eine frühere Diagnostik und gezieltere Behandlung von Lungenerkrankungen zu entwickeln. Die Universitätsklinik Heidelberg zeigt, wie moderne Forschung und praktische Versorgung Hand in Hand gehen.

Das Ziel ist es, Erkrankungen der Lunge früher zu erkennen, genauer zu diagnostizieren und die Patienten personalisierter zu behandeln. Dafür wird intensiv geforscht. Die Universitätsklinik Heidelberg ist Teil des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), einer Forschungsinitiative, in der verschiedene Institutionen gemeinsam transnationale Forschung betreiben. Dabei geht es darum, Labordaten schneller in therapeutische Möglichkeiten für Patienten umzusetzen. In Heidelberg gehört man zu den innovativen Kliniken in diesem Bereich. Das zeigen auch regelmäßig Platzierungen in Rankings wie den Fokus- oder Sternlisten. Es geht also nicht nur um die aktuelle Krankenversorgung, sondern auch darum, durch Forschung zukünftige Generationen von Patienten früher, gezielter und besser behandeln zu können“, hält Prof. Dr. Herth fest und macht zum Ende unseres Gesprächs deutlich:

Rauchen ist tödlich – und das gilt besonders für die Lunge. Zusätzlich wird empfohlen, bei Gelegenheit beim Hausarzt eine Lungenfunktionsprüfung einzufordern. Viele Menschen beschäftigen sich nicht aktiv mit ihrer Lunge, solange sie funktioniert. Erst wenn Beschwerden auftreten, wird das Thema präsent. Doch häufig wird die Lunge in Vorsorgeuntersuchungen vergessen. Deshalb der Ratschlag: Frühzeitig die Lunge überprüfen lassen, um mögliche Probleme rechtzeitig zu erkennen“.

Herzlichen Dank, Professor Dr. Herth, für diese gute Aufklärung zu COPD und den damit verbundenen Empfehlungen!

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