Prof. Dr. med. Martin Scholz ist ein führender Experte auf dem Gebiet der Neurochirurgie und leitet seit 2009 die Klinik für Neurochirurgie an den Sana Kliniken Duisburg, eine der größten und renommiertesten neurochirurgischen Abteilungen Deutschlands. Als Facharzt für Neurochirurgie und spezielle neurochirurgische Intensivmedizin verfügt Prof. Dr. Scholz über eine herausragende Expertise in der operativen Behandlung von Erkrankungen des Gehirns, der Wirbelsäule und des Rückenmarks. Mit seinen Zusatzqualifikationen in onkologischer, vaskulärer und spinaler Neurochirurgie sowie einem Masterzertifikat der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft bietet er seinen Patienten eine hochspezialisierte Versorgung auf dem neuesten Stand der Medizin.
Ein besonderes Augenmerk legt Prof. Dr. Scholz auf die Neurochirurgie bei Kindern. Dieses anspruchsvolle Spezialgebiet, das er mit außergewöhnlicher Expertise und Empathie beherrscht, umfasst die Behandlung von Hirntumoren, Gefäßmissbildungen, Fehlbildungen und Schädeldeformitäten im Kindesalter. Darüber hinaus ist er ein international anerkannter Spezialist für die operative Therapie von Hirntumoren bei Erwachsenen, vaskulären Erkrankungen wie Aneurysmen und Angiomen sowie komplexen Schädelbasistumoren. Seine besondere Expertise zeigt sich auch in der Anwendung moderner Operationsmethoden, wie der endoskopischen Chirurgie, der Mikrochirurgie und der navigierten Wirbelsäulenchirurgie, die präzise und schonende Eingriffe ermöglichen.
Die von Prof. Dr. Scholz geleitete Klinik für Neurochirurgie in Duisburg ist ein überregionales Zentrum, das jährlich rund 3.000 stationäre und 7.000 ambulante Patienten aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland versorgt. Ein Schwerpunkt der Klinik ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachabteilungen wie Neurologie, Neuroradiologie und Neuropädiatrie, um Patienten die bestmögliche Therapie anzubieten. Mit seinem Team verfolgt Prof. Dr. Scholz konsequent das Ziel, höchste medizinische Qualität und eine individuelle Patientenversorgung zu gewährleisten. Seine herausragende Arbeit macht ihn zu einem der führenden Neurochirurgen in Deutschland, dessen Expertise und Engagement weit über die Region hinaus geschätzt werden. Die Redaktion des Leading Medicine Guide hatte ein Gespräch mit Prof. Dr. Scholz und erfuhr mehr zu den verschiedenen Arten von Hirntumoren und fokussierte speziell auf die, die eine Beeinträchtigung des Sehvermögens bewirken können.
Hirntumore und Tumore in der Augenhöhle stellen eine besondere Herausforderung in der modernen Medizin dar, da sie nicht nur lebenswichtige Strukturen im zentralen Nervensystem betreffen, sondern auch das empfindliche Zusammenspiel von Gehirn und Sehorgan beeinträchtigen können. Eine der Folgen solcher Tumore ist die Verschlechterung oder der Verlust des Sehvermögens, was die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränkt. Die Ursachen für diese Sehbeeinträchtigungen sind vielfältig und reichen von mechanischem Druck auf den Sehnerv bis hin zu Störungen der Durchblutung oder des Hirndrucks. Dank moderner Diagnosetechniken wie der Magnetresonanztomographie (MRT) und fortschrittlicher Therapien, darunter minimalinvasive Operationen und innovative Strahlentherapien, bestehen heute jedoch deutlich bessere Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung und eine Erhaltung des Sehvermögens.
Patienten mit einem Tumor der Orbita oder angrenzend an die Sehbahn suchen häufig aufgrund einer Vielzahl von Symptomen ärztliche Hilfe, die durch den Tumor selbst oder den Druck, den er auf umliegende Strukturen im Gehirn ausübt, verursacht werden.
„Patienten, die mit Tumoren im Bereich der Orbita zu uns kommen, berichten häufig von Sehstörungen, einem Druckgefühl im Auge oder auch von Schwellungen der Augenlider. Manche Patienten beschreiben auch ein Fremdkörpergefühl im Auge. Diese Symptome können unterschiedlich ausgeprägt sein. In einigen Fällen werden Tumoren jedoch auch zufällig entdeckt, etwa bei einer Kernspintomographie, bei der man plötzlich ein Meningiom oder einen Tumor im Bereich der Sehnervenkreuzung oder der Sehnerven selbst erkennt. Wie schnell sich Symptome bemerkbar machen, hängt entscheidend vom Wachstum des Tumors ab. Wenn der Tumor langsam wächst, können sich der Sehnerv und die umliegenden Strukturen in der Augenhöhle anpassen. In solchen Fällen können selbst größere Tumore wachsen, ohne dass die Patienten starke Beschwerden haben. Im Gegensatz dazu, wenn der Tumor schnell wächst, bleibt dem Körper weniger Zeit zur Anpassung, und die Symptome treten schneller und oft ausgeprägter auf“, erklärt Prof. Dr. Scholz am Anfang unseres Gesprächs.
Die häufigsten Hirntumore lassen sich in gutartige (benigne) und bösartige (maligne) Tumore einteilen. Dabei wird zwischen primären Hirntumoren, die direkt im Gehirn entstehen, und sekundären Tumoren, also Metastasen von Krebserkrankungen anderer Organe, unterschieden.
„Bei der Betrachtung von Tumoren, die das Sehvermögen beeinflussen, ist es wichtig, zwischen verschiedenen Bereichen des Auges und der Sehnervenstrukturen zu unterscheiden, insbesondere zwischen der Orbita (Augenhöhle) und der Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum). Im Bereich der Orbita, also der Augenhöhle, können verschiedene Tumore auftreten, die das Sehvermögen beeinträchtigen. Zu den häufigsten gehören Metastasen, also Tumorabsiedlungen von Krebserkrankungen aus anderen Körperbereichen. Diese Metastasen können nicht nur ins Gehirn, sondern auch in die Orbita streuen, was relativ häufig vorkommt. Ein weiterer häufiger Tumor in diesem Bereich sind Meningeome, speziell solche, die von den Hirnhäuten ausgehen und die Optiausscheibe betreffen. Diese Tumore sind sehr schwer zu entfernen, da sie häufig um den Sehnerv herumwachsen. Zusätzlich gibt es Kavernome, die als Gefäßknäuel oder Gefäßschwämmchen auftreten und durch ihren Druck auf den Sehnerv das Sehvermögen beeinträchtigen können. Lymphome, die in der Orbita auftreten, sind zwar weniger häufig, kommen jedoch ebenfalls vor. Im Bereich der Sehnervenkreuzung, also dort, wo der Sehnerv in den Hirninnenraum eintritt, sind vor allem Tumore an der Schädelbasis relevant. Hierzu gehören Meningeome, die durch Druck auf die Sehnervenstrukturen das Sehvermögen beeinträchtigen können, sowie Craniopharyngiome und Hypophysenadenome. Diese Tumore können auf die Nervenbahnen drücken und ebenfalls Sehstörungen verursachen“, erläutert Prof. Dr. Scholz.
Bestimmte Tumorarten beeinträchtigen das Sehvermögen, da sie in der Nähe von Strukturen liegen, die für das Sehen entscheidend sind, wie der Sehnerv (Nervus opticus), die Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum) oder die Sehbahn.
„Nicht zwangsläufig geht ein solcher Prozess mit dem Extremrisiko einer Erblindung einher. Entscheidend ist zunächst, wo genau sich der krankhafte Prozess abspielt. Befindet er sich zum Beispiel im Bereich der Augenhöhle (Orbita) oder betrifft er lediglich den Sehnerven eines Auges, so ist in der Regel auch nur dieses eine Auge betroffen. In solchen Fällen kann es zu einer einseitigen Erblindung kommen. Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Prozess bereits im Bereich der Sehnervenkreuzung – also der sogenannten Chiasma opticum – lokalisiert ist. Dort kreuzen sich die Nervenfasern beider Augen, was bedeutet, dass Schädigungen in diesem Bereich potenziell Auswirkungen auf beide Augen haben können. In solchen Fällen besteht prinzipiell die Möglichkeit einer beidseitigen Sehbeeinträchtigung, bis hin zur kompletten Erblindung. Ob durch ein Tumorwachstum oder eine andere pathologische Veränderung – sobald die Sehnervenkreuzung betroffen ist, steigt das Risiko einer umfassenderen Sehbeeinträchtigung deutlich. Wenn hingegen nur ein Sehnerv vor der Kreuzung betroffen ist, bleibt die Sehbeeinträchtigung in der Regel auf das entsprechende Auge begrenzt“, macht Prof. Dr. Scholz deutlich.
Die Beeinträchtigung des Sehvermögens entsteht in der Regel durch mechanischen Druck des Tumors, der die Weiterleitung von Signalen im Sehnerv blockiert, oder durch eine Unterbrechung der Blutzufuhr, was zur Schädigung von Nervengewebe führt. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können helfen, das Fortschreiten dieser Sehstörungen zu verhindern oder zu begrenzen.
Bei Verdacht auf eine Läsion im Bereich des Sehnervs ist eine strukturierte und sorgfältige Diagnostik entscheidend – sowohl für die Wahl des therapeutischen Vorgehens als auch für die Prognose der Sehfunktion. Dabei spielen moderne Bildgebungsverfahren ebenso eine Rolle wie aktuelle augenärztliche Befunde und gegebenenfalls hormonelle Abklärungen. Besonderes Augenmerk gilt der differenzierten Betrachtung bei Kindern, bei denen solche Erkrankungen seltener auftreten, aber oft schwerer zu erkennen sind, da die Kinder sich nicht klar äußern können.
„Wenn ein Patient in der Sprechstunde vorstellig wird und eine entsprechende Indikation vorliegt, folgt eine umfassende und sorgfältig geplante Diagnostik. Zunächst sind hochauflösende Schichtbildaufnahmen essenziell – in der Regel handelt es sich hierbei um eine Magnetresonanztomographie (MRT). Je nach Fragestellung kann zusätzlich eine Computertomographie (CT) erforderlich sein, insbesondere um knöcherne Strukturen wie den Optikuskanal detailliert darzustellen. Parallel dazu erfolgt eine exakte augenärztliche Untersuchung. Diese umfasst neben der Bestimmung der Sehschärfe insbesondere auch eine Perimetrie, also eine Gesichtsfelduntersuchung. Letztere ist besonders wichtig, da sie später – beispielsweise im Rahmen einer postoperativen Verlaufskontrolle – als Vergleichsbasis dient. Es wäre schließlich kontraproduktiv, wenn ein operativer Eingriff zu einer Verschlechterung der Sehleistung führen würde. Ziel ist es immer, den Zustand vor und nach dem Eingriff vergleichbar zu dokumentieren. In bestimmten Fällen, etwa bei Prozessen im Bereich der Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum), wie zum Beispiel bei suprasellären Tumoren, ist zusätzlich eine endokrinologische Abklärung notwendig. Das bedeutet, es muss auch die Hormonlage untersucht werden, um mögliche Auswirkungen auf die Hypophysenfunktion zu erfassen. Die gesamte Diagnostik kombiniert also klinische und bildgebende Verfahren, auf deren Grundlage anschließend eine individuelle OP-Planung erfolgt – abhängig von der Lage der Läsion und ihrer Beziehung zur Sehnervenkreuzung“, so Prof. Dr. Scholz, der noch auf den speziellen Umgang mit betroffenen Kindern hinweist:
„Ein spezieller Aspekt ist der Umgang mit kindlichen Patienten. Zwar treten solche Befunde bei Kindern deutlich seltener auf als bei Erwachsenen, sie werden jedoch nicht selten übersehen oder fehldiagnostiziert. Ein Beispiel aus der Praxis war ein Jugendlicher mit einem Meningeom im Bereich der Sehnerveneintrittsstelle an der Schädelbasis, der zunächst unter dem Verdacht auf Multiple Sklerose behandelt wurde. Erst eine hochauflösende MRT ermöglichte die korrekte Diagnose. In einem weiteren Fall in diesem Jahr operierten wir einen 15-jährigen Patienten mit einer vaskulären Fehlbildung in der Orbita – eine insgesamt seltene Diagnose, die bei Kindern glücklicherweise auch nur in Ausnahmefällen vorkommt“.
Tumoren im Bereich des Auges und der Schädelbasis:
Abgrenzung neurochirurgischer Zuständigkeiten
Das Retinoblastom ist ein Tumor, der typischerweise im Kindesalter auftritt – tatsächlich handelt es sich dabei um die häufigste intraokuläre Krebserkrankung bei Kindern. Allerdings betrifft dieser Tumor das Auge selbst, genauer gesagt die Netzhaut, und fällt somit in den spezialisierten Aufgabenbereich der Augenheilkunde. Augenärzte übernehmen hier die diagnostische Abklärung, Therapieplanung und – soweit notwendig – auch operative Eingriffe. In vielen Fällen steht die Frage der Augenerhaltung im Vordergrund.
„Aus neurochirurgischer Sicht ist das Retinoblastom hingegen für uns keine direkte Operationsindikation, da Eingriffe am Auge selbst – insbesondere im Augeninnenraum, also an Netzhaut, Linse oder Glaskörper – nicht zum neurochirurgischen Spektrum gehören. Unsere Tätigkeit beginnt dort, wo es um Strukturen um das Auge herum geht, beispielsweise am Sehnerv oder im Bereich der Schädelbasis. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei speziellen Zugangswegen wie kranzkonjunktivalen Zugängen, ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich. Ein ganz anderes Krankheitsbild stellt das sogenannte Akustikusneurinom – heute meist als Vestibularisschwannom bezeichnet – dar. Dieser gutartige Tumor entsteht im Bereich der hinteren Schädelgrube, genauer gesagt im inneren Gehörgang, und betrifft vor allem den Hörnerv sowie benachbarte Strukturen wie den Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) und den Gesichtsnerv (Nervus facialis). Sehstörungen treten hierbei nur in seltenen Ausnahmefällen auf, etwa wenn der Tumor außergewöhnlich groß ist und benachbarte Hirnnerven wie den Nervus trochlearis oder den Nervus abducens verdrängt. Dann kann es unter Umständen zu Augenbewegungsstörungen oder Doppelbildern kommen. Eine direkte Gefährdung des Sehens ist jedoch eher die Ausnahme und bei diesem Tumortyp nicht das Leitsymptom“, verdeutlicht Prof. Dr. Scholz.
Die Behandlung von Gehirntumoren und Augentumoren unterscheidet sich erheblich je nach Tumorart, Lokalisation, Alter des Patienten und individuellen Umständen.
Die Behandlung von Gehirntumoren umfasst in der Regel mehrere Optionen, die je nach Art des Tumors kombiniert werden. Eine der häufigsten Methoden ist die chirurgische Entfernung des Tumors, wenn er an einer zugänglichen Stelle im Gehirn liegt. Bei der Wahl der Behandlungsoptionen steht den Patienten nicht automatisch eine Operation bevor. Entscheidend ist stets die individuelle Einschätzung der Situation. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob überhaupt Symptome vorliegen und wie sich diese entwickeln.
Prof. Dr. Scholz erklärt dies präziser: „Wenn ein Patient zunehmende Beschwerden hat – etwa sich verschlechternde Sehstörungen, wachsende Schmerzen oder andere Symptome, die sich verstärken – oder wenn bildgebende Verfahren zeigen, dass ein Prozess an Größe zunimmt, wird ein aktives Eingreifen notwendig. Handelt es sich hingegen um eine kleine, unauffällige Läsion ohne Beschwerden, etwa im Bereich der Orbita, ist ein abwartendes Vorgehen mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen möglich. In solchen Fällen wird häufig zunächst nach drei Monaten eine Bildgebung durchgeführt, um zu beurteilen, ob ein Wachstum stattfindet. Bleibt der Befund stabil, kann das Kontrollintervall auf sechs Monate ausgedehnt werden. Ein operativer Eingriff wird dann unumgänglich, wenn ernsthafte klinische Symptome auftreten, die ein deutliches Fortschreiten der Erkrankung anzeigen. Dazu zählen etwa ein spürbarer Rückgang der Sehschärfe, zunehmende Beschwerden, erhöhter Augendruck oder andere Anzeichen dafür, dass der Krankheitsprozess die Führung übernimmt. Zwar handelt es sich in solchen Fällen nicht um eine unmittelbar lebensbedrohliche Situation, doch unbehandelt kann dies zu einem dauerhaften Verlust der Sehkraft führen – ein Risiko, das durch rechtzeitige Intervention verhindert werden kann. Für die behandelnden Ärzte stellen diese Operationen eine besondere Herausforderung dar, insbesondere in Hinblick auf die Überwachung und den Erhalt der Sehnervenfunktionen während des Eingriffs. Ziel ist es, die Läsion möglichst vollständig zu entfernen oder zumindest zu verkleinern, ohne dabei funktionelle Strukturen wie den Sehnerv oder die Augenmuskeln zu schädigen. Denn eine Verletzung könnte zu dauerhaften Einschränkungen führen, wie etwa Doppelbildern oder einem herabhängenden Augenlid. Hier gilt es, die Balance zu finden zwischen einer möglichst radikalen Entfernung des Tumors und dem Erhalt der Funktion – ein Balanceakt, der auch offen mit dem Patienten besprochen werden muss“, und ergänzt:
„Oft lässt sich nicht garantieren, dass die Läsion vollständig entfernt werden kann. Das primäre Ziel ist dann, den Sehnerv zu entlasten und eine weitere Verschlechterung zu verhindern. Um die Funktion des Sehnervs während der Operation bestmöglich überwachen zu können, wird das sogenannte VEP-Monitoring eingesetzt – eine Technik, bei der die visuell evozierten Potentiale gemessen werden. Dabei erhält der Patient, der sich in Vollnarkose befindet, Lichtreize über eine sogenannte Blitzbrille bei geschlossenen Lidern. Über eine Elektrode am Augenlid und eine Nadel am Hinterkopf – im Bereich des Sehzentrums – wird die Reizweiterleitung gemessen. Veränderungen in der Kurve deuten auf eine Beeinträchtigung der Sehnervenfunktion hin und erfordern besondere Vorsicht. Solche intraoperativen Überwachungstechniken sind essenziell, da der Patient unter Vollnarkose keine Rückmeldung geben kann. Während es bei Operationen im Bereich der Sprache oder Motorik manchmal möglich ist, mit wachen Patienten zu arbeiten und Reaktionen direkt zu testen, ist dies im Bereich der Sehnerven nicht praktikabel. Deshalb ist eine kontinuierliche technische Überwachung hier von besonderer Bedeutung“.
Diese hochspezialisierten Eingriffe erfordern besondere Präzision und Erfahrung. Besonders herausfordernd ist die psychologische Belastung der Patienten, die oft mit der Angst vor Erblindung konfrontiert sind.
„Insgesamt führen wir pro Jahr etwa 400 Operationen an Neurotumoren durch. Allerdings betreffen bei weitem nicht alle dieser Eingriffe den Sehnerven direkt. Von diesen 400 Fällen befinden sich nur ein Teil in unmittelbarer Nähe des Sehnervs oder entlang der Sehbahn – also etwa im Bereich der Sehnervenkreuzung, der Sehrinde oder der Orbita. Wirklich sehnervenerhaltende Eingriffe sind deutlich seltener und liegen im Bereich von rund 30 bis maximal 50 Fällen pro Jahr. Es handelt sich um sehr spezielle, hochkomplexe Operationen, die nicht alltäglich sind. Gerade weil es sich um ein so spezialisiertes Gebiet handelt, erhalten wir viele Zuweisungen von Kollegen anderer Fachrichtungen – etwa von Neurologen, Augenärzten, HNO-Ärzten oder Endokrinologen. Jede Klinik hat dabei ihr eigenes Netzwerk an Zuweisern. Zusätzlich wenden sich auch regelmäßig internationale Patienten an uns, häufig mit dem Wunsch nach einer zweiten Meinung. Die Unsicherheit ist in vielen Fällen groß – insbesondere, wenn es um den Sehnerv geht, der für das Augenlicht entscheidend ist. Viele dieser Menschen sind verständlicherweise sehr ängstlich. Einige haben bereits Einschränkungen auf einem Auge, etwa durch einen Unfall in der Kindheit, bei dem das Augenlicht verloren ging. Wenn es dann um das noch verbliebene funktionierende Auge geht, ist die Sorge vor einer möglichen Erblindung enorm. Auch kleinere Befunde – etwa an der Netzhaut – können bei den Betroffenen schon starke Ängste auslösen. Schließlich geht es um das Augenlicht, etwas so Zentrales, das man nicht wiederherstellen kann, wenn es einmal verloren ist. Diese psychische Belastung darf man nicht unterschätzen. Sie begleitet die Patienten von der Diagnosestellung bis hin zur Entscheidung für oder gegen eine Operation – und oft noch darüber hinaus. Umso wichtiger ist es, ihnen auf diesem Weg fachlich kompetent und menschlich zugewandt zur Seite zu stehen“, führt Prof. Dr. Scholz aus.
Zukunft der Neurochirurgie:
Innovationen durch KI und individuelle Behandlungskonzepte
„In unserer Klinik bieten wir eine umfassende neurochirurgische Behandlung, die alle Teilgebiete der Neurochirurgie abdeckt. Besonders hervorheben möchten wir unsere umfangreiche Erfahrung im Bereich der Sehnerven, bei der wir speziell auf Monitoring Verfahren setzen. Unsere Patienten können jederzeit zu uns kommen, auch für eine zweite oder dritte Behandlung. Wir bieten individuelle Behandlungskonzepte, die auf die jeweiligen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten sind. In einigen Fällen arbeiten wir auch eng mit Strahlentherapeuten zusammen, da es Behandlungskonzepte gibt, die eine Nachbehandlung erfordern – sei es durch Stereotaktische Nachbehandlung oder Chemotherapie. Die Entscheidung darüber hängt stets von den Gewebebefunden ab und wird individuell getroffen“, betont Prof. Dr. Scholz und geht noch auf die wichtiger werdende Rolle der KI (Künstliche Intelligenz) ein:
„Die KI hat das Potenzial, die medizinische Praxis erheblich zu verändern. Sie kann vor allem in der schnellen Informationsbeschaffung und der Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen von großem Nutzen sein. Früher musste man in umfangreichen Literaturdatenbanken nach bestimmten Informationen suchen – heute kann die KI diese Informationen fast sofort liefern. Ein weiterer Bereich, in dem KI eine wichtige Rolle spielt, ist die Visualisierung. Über KI-Programme lassen sich Bilder und Illustrationen erstellen, die früher von einem medizinischen Illustrator angefertigt wurden. Heute kann KI diese Aufgaben übernehmen, was nicht nur für wissenschaftliche Veröffentlichungen, sondern auch für den Unterricht von Studenten äußerst wertvoll ist. Mit KI lassen sich Skizzen und Illustrationen schnell und unkompliziert anpassen und verfeinern. Was die OP-Planung betrifft, so bietet KI ebenfalls viele Vorteile. Sie kann die Bildgebung analysieren und beispielsweise Tumore und deren Lage zu umliegenden Gefäßen identifizieren. Diese Art der Analyse erleichtert die präoperative Planung erheblich. Auch die Suche nach aktuellen Studien und Forschungsergebnissen wird durch KI deutlich vereinfacht. Allerdings gibt es bei der Nutzung von Robotern in der Chirurgie noch gewisse Grenzen. Während KI in der Informationsverarbeitung und Visualisierung schon weit fortgeschritten ist, ist der Einsatz von Robotern in der Chirurgie noch eher eingeschränkt. Bei komplexen Eingriffen müssen Chirurgen viele Entscheidungen in Echtzeit treffen – bis zu 120 bis 130 während einer einzigen Operation. Ein Roboter müsste in solchen Fällen ständig Rückfragen stellen, was die Haftungsfragen betrifft und die Rolle des Chirurgen als verantwortlicher Entscheider noch unklar lässt. Es wird noch einige Jahre dauern, bis Roboter in der Chirurgie eine größere Rolle spielen und eventuell autonom Entscheidungen treffen können. Ähnlich wie beim autonomen Fahren, bei dem bislang nur vereinzelt Busse auf Privatgeländen autonom fahren, wird es auch in der Chirurgie noch einige Jahre dauern, bis wir echte autonome Operationen erleben. Doch die Entwicklungen in der KI und Robotik sind vielversprechend, und es ist spannend, zu sehen, wie sich diese Technologien in den kommenden Jahren weiterentwickeln werden“.
Es gibt unterschiedliche Ursachen für das Entstehen von Tumoren, und genetische Veränderungen spielen dabei eine Rolle. Tatsächlich werden oft genetische Veränderungen oder Mutationen in Tumoren festgestellt, die zu deren Entstehung beigetragen haben.
„Jedoch gibt es auch Tumore, die als Primärtumore aus bestimmten Regionen des Körpers entstehen und sich dann ausbreiten. Diese Tumore metastasieren, sie streuen oder siedeln sich ab, und das ist in erster Linie ein biologischer Prozess. In solchen Fällen lässt sich der Ursprung der Erkrankung nicht ausschließlich auf genetische Faktoren zurückführen – hier spielen auch statistische Wahrscheinlichkeiten und biologische Prozesse eine wichtige Rolle. Daher lässt sich die Frage nach der Ursache eines Tumors nicht immer eindeutig beantworten. Was die Neurochirurgie betrifft, so ist dieses Fachgebiet besonders interessant, da es interdisziplinär arbeitet und eng mit verschiedenen anderen Spezialbereichen zusammenarbeitet. Besonders hervorzuheben ist die enge Kooperation mit Neuroradiologen und Gefäßröntgenärzten. Diese Spezialisten können Tumore embolisieren, also mit einem Katheter blutarm machen, was eine enorme Erleichterung für uns Chirurgen darstellt. Die Vorbereitung durch eine solche Embolisation ermöglicht es, den Tumor deutlich blutärmer und kontrollierter zu operieren. Das ist vor allem dann von Vorteil, wenn die Operation an komplexen Stellen wie der Schädelbasis stattfindet, wo enge anatomische Verhältnisse herrschen und das Risiko von Verletzungen hoch ist. In einigen Fällen, in denen Tumore vorher als nicht operabel galten, ermöglicht diese Methode erst eine erfolgreiche Operation. So lässt sich sagen, dass diese Technik eine erhebliche Verbesserung der chirurgischen Möglichkeiten darstellt“, konstatiert Prof. Dr. Scholz, und damit beenden wir unser Gespräch.
Vielen Dank, Professor Dr. Scholz, für diese spannenden Informationen!