Feinstaub als möglicher Auslöser für Lungenkrebs bei Nichtrauchern gewinnt aufgrund aktueller Studien an Bedeutung

16.06.2025
Leading Medicine Guide Redaktion
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Immer häufiger trifft die Diagnose Lungenkrebs auch Nichtraucher. Global gesehen ist es mittlerweile die fünfthäufigste krebsbedingte Todesursache. Bereits im April 2023 veröffentlichte das Fachjournal Nature eine internationale Studie, die den Zusammenhang zwischen Feinstaub-Belastung und Lungenkrebs bei Nichtrauchern erforschte. 

Ein Wissenschaftler-Team der Universität von Miami erklärte 2025 im Magazin EClinicalMedicine, dass weltweit 20 Prozent aller Lungenkrebserkrankungen durch verschmutzte Außenluft ausgelöst würden. In Ländern wie China, Indien, Pakistan, Bangladesch und Nigeria sollen es sogar 25 Prozent sein. Wie kann durch Feinstaub Lungenkrebs begünstigt werden? Wie kann der Erkrankung der Lunge vorgebeugt werden?

Woraus setzt sich Feinstaub zusammen und wie gelangt er in die Atemwege?

Immer noch gilt Rauchen als Risikofaktor Nummer 1 für Lungenkrebs. Fakt ist aber, dass das Bronchialkarzinom auch bei Nichtrauchern diagnostiziert wird – Tendenz steigend. In den meisten Fällen entwickeln die Patienten das Adenokarzinom, eine Krebsart, die als nicht-kleinzelliger Lungenkrebs bekannt ist. Wie gelangt giftiger Feinstaub in ihre Lungen, woraus bestehen die Partikel überhaupt?

In den meisten Fällen entsteht PM10 – sogenannter Feinstaub, dessen Korngröße kleiner als zehn Mikrometer misst – und PM2,5 durch vom Menschen ausgelöste Prozesse, zum Beispiel hauptsächlich durch Verkehr, in der Landwirtschaft, aber auch durchs Heizen:

  • durch Dieselmotoren
  • Abrieb von Reifen, Bremsen, Straßenbelägen
  • landwirtschaftliche Geräte
  • durch Düngemittel
  • durch intensive Tierhaltung, bei der große Mengen Ammoniak entstehen, die sekundären Feinstaub bilden
  • Heizungen und Öfen in Häusern, Wohnungen und Gebäuden

Selten entwickeln sich die nur unter bestimmten Voraussetzungen (Dunstglocke) sichtbaren Partikel auch aus natürlichen Quellen:

  • Bodenerosion
  • Vulkanausbrüche
  • Buschfeuer

Die kleinen schädlichen Schwebstaub-Körnchen gelangen aufgrund ihrer geringen Größe leicht in die Atemwege der Menschen. PM2,5-Teilchen sind so klein, dass sie sogar die Lungenbläschen erreichen können.

Um die Belastung geringer zu halten, gibt es bereits geltende Grenzwerte, die international allerdings unterschiedlich ausfallen.Die Jahresmittelwerte hierzulande liegen aktuell für PM10 (24-Stunden-Grenzwert) bei 40 µg pro Kubikmeter Luft und für PM2,5 (Jahresmittel-Zielwert) bei 25 µg/m3. Damit rangieren die Werte stark über den von der WHO empfohlenen Werten von 15 und 5 µg/m3

Feinstaub der Größe PM2,5 kann sogar direkt die Lungenbläschen erreichen.

Wie kann durch Feinstaub Lungenkrebs begünstigt werden?

Ursprünglich nahmen Wissenschaftler an, dass Feinstaub das Erbgut der Lungenzellen verändern kann. Denn bei einem Großteil der Adeno-Erkrankten weisen Ärzte eine bestimmte genetische Mutation eines Proteins nach: des EGF-Rezeptors (Epidermal Growth Factor Receptor). Dieser kann dann für ein unkontrolliertes Wachstum von Tumorzellen sorgen. 

In ihrer Studie von 2023 zeigten die Forscher mithilfe epidemiologischer Daten vierer Personengruppen aus den Ländern Großbritannien, Kanada, Taiwan und Südkorea, dass es einen Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und der Belastung mit PM2,5 geben muss. Anhand seines späteren Mäuse-Experiments belegte das Team, dass der feine Schwebestaub die EGFR-Mutation jedoch nicht selbst hervorruft, sondern dass diese – zumindest teilweise – schon im Körper sein muss. Aber, und das ist der entscheidende Punkt, die Kombination von verändertem Rezeptor und Feinstaub-Belastung förderte das Krebswachstum bei den Tieren. Und zwar durch von den feinen Staubkörnern ausgelöste anhaltende entzündliche Reaktionen des Lungengewebes.

Die Bedeutung eines Botenstoffs

In diesem Zusammenhang entdeckten die Wissenschaftler auch, dass Interleukin 1ß, ein Botenstoff des Immunsystems, eine entscheidende Rolle spielt. Denn Mäuse, die vor der Belastung mit Feinstaub Antikörper bekamen, erkrankten seltener an Lungenkrebs als ihre nicht behandelten Artgenossen. Folglich wäre Interleukin 1ß eine Option, Personen in besonders von Feinstaub belasteten Regionen prophylaktisch zu behandeln. Prof. Dr. Martin Göttlicher, Direktor des Instituts für Molekulare Toxikologie und Pharmakologie am Helmholtz-Zentrum in München sieht darin jedoch keine geeignete Möglichkeit der Prävention. Stattdessen sprach er sich für eine weitere Herabsenkung der Grenzwerte für Feinstaub aus. 

Im vergangenen Jahr wurde tatsächlich eine neue europäische Luftqualitätsrichtlinie ausgearbeitet, die auch neue PM10 und PM2,5-Grenzwerte ab 2030 beinhaltet. Ende 2024 trat sie offiziell inkraft.

Fazit

Nach wie vor haben Raucher ein etwa zehnmal höheres Risiko als Nichtraucher, an Lungenkrebs zu erkranken, erklärt Prof. Dr. Martin Göttlicher. Aber wie dringend ein veränderter Umgang mit Feinstaubbelastung weltweit ist, zeigen auch weitere Untersuchungen. Diese legen nahe, dass Luftverschmutzung das Risiko für weitere Erkrankungen wie des Herz-Kreislauf-Systems und Alzheimer erhöht. 

Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine internationale Reduktion von Feinstaub-Emissionen. Denn wie ein Wetterphänomen im März dieses Jahres in Polen und Deutschland deutlich machte, kann die Luftverschmutzung aus Nachbarländern einwandern. Möglich machen das bestimmte Winde, die Feinstaubwolken weitertragen können. Außerdem sind länger anhaltende Hochdruckgebiete dafür verantwortlich, dass die Luft nicht ausgetauscht wird und der Feinstaub so über einen längeren Zeitraum die Luft verschmutzt. In Deutschland informiert das Umweltbundesamt über die aktuelle Luftqualität.

Quellen

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