Die Hoden zählen zu den männlichen Geschlechtsorganen. Sie sind entscheidend an der Produktion der Spermien beteiligt und spielen daher bei der Zeugungsfähigkeit eine wichtige Rolle.
Hodenhochstand ist eine embryonale Fehlentwicklung, bei sich einer oder beide Hoden außerhalb des Hodensacks entwickeln. Oftmals befinden sie sich stattdessen in der Leiste oder im Bauchraum. Der medizinische Begriff für Hodenhochstand lautet Maldescensus testis.
Die Ursache für Hodenhochstand ist noch nicht eindeutig geklärt. Vermutet werden hormonelle Störungen oder anatomische Hürden, die verhindern, dass der oder die Hoden sich aus dem Rumpf in den Hodensack bewegen.
Bei einem Hodenhochstand wird zwischen verschiedenen Arten unterschieden.
Leistenhoden
Bei einem Leistenhoden steckt der Hoden im oberen Leistenbereich fest und kann nicht den Weg in den Hodensack antreten. Beim Leistenhoden handelt es sich um die häufigste Form des Hodenhochstands, die einer Therapie bedarf.
Bauchhoden
Bei einem Bauchhoden hat die Senkung des Hodens in den Hodensack bereits in der Bauchhöhle gestoppt.
Auch diese Form des Hodenhochstands ist therapiebedürftig. Ansonsten kann es später zu gesundheitlichen Problemen wie etwa Zeugungsunfähigkeit oder sogar zu Tumoren kommen.
Gleithoden
Ein Gleithoden befindet sich knapp über dem Hodensack im Leistenbereich. Zwar lässt sich der Hoden in den Hodensack verschieben, aber er gleitet dann wieder zurück in den Bereich oberhalb des Hodensacks. Daher kommt auch der Name Gleithoden.
Grund für das Zurückgleiten ist ein zu kurzer Samenstrang.
Pendelhoden
Der Pendelhoden liegt zwar grundsätzlich im Hodensack, kann aber durch bestimmte Reaktionen oder Reflexe nach oben gezogen werden. Hierbei wird ein bestimmter Muskel, der musculus cremaster, angespannt.
Kälte oder sexuelle Erregung können hier Faktoren sein, die die Anspannung dieses Muskels begünstigen.
Beim Hodenhochstand befindet sich einer oder beide Hoden nicht im Hodensack © Maryna Vladymyrska | AdobeStock
Hodenhochstand kann sowohl genetische Ursachen haben als auch durch äußere Einflüsse begünstigt werden.
Zu den genetischen Ursachen zählt etwa ein Fehler in der Erbsubstanz. Dieser Fehler kann auch andere Fehlbildungen mit sich bringen. Diese können dann den korrekten Abstieg des Hodens in den Hodensack erschweren oder sogar ganz behindern.
Zu den äußeren Einflüssen können zum Beispiel Rauchen oder Alkoholkonsum während der Schwangerschaft gehören. Aber auch andere Einflüsse wie Umweltgifte oder eine Diabeteserkrankung der Mutter können zu einem Hodenhochstand beitragen.
Weitere Risikofaktoren für die Entwicklung eines Hodenhochstands sind
- ein Geburtsgewicht unter 2,5 kg,
- eine zu frühe Geburt,
- Insuffizienz der Plazenta, also eine mangelhafte Versorgung des Kindes mit Sauerstoff, Nährstoffen und verminderter Human-Chorion-Gonadotropin(HCG)-Sekretion (e4),
- ein zu geringer mütterlicher Östrogenspiegel.
Darüber hinaus können besondere Medikamente während der Schwangerschaft, zum Beispiel Paracetamol, Hodenhochstand verursachen. Studien haben Hinweise auf einen derartigen Zusammenhang aufgezeigt ("schwach signifikante Assoziationen"). Hier sind aber noch weitere Forschungen nötig, um den Zusammenhang zweifelsfrei zu belegen.
Der Hodenhochstand ist die häufigste Genitalfehlbildung bei männlichen Babys: 3 % der Neugeborenen und 30 % der Frühgeborenen werden mit einem Hodenhochstand diagnostiziert. Aus diesem Grund wird bereits bei Neugeborenen darauf geachtet.
Um Form des Hodenhochstands festzustellen, nimmt der Arzt einige Untersuchungen vor. Die Sonographie (Ultraschall) kann bei klinisch nicht palpablem (= unter der Haut fühlbaren) Hoden zur Objektivierung der Hodenlage eingesetzt werden.
Zeigt sich beim Ultraschall kein Hoden, sollte eine laparoskopische Hodensuche durchgeführt werden.
Jungen, bei denen Hodenhochstand diagnostiziert wurde, sollten sich baldig einer Therapie unterziehen. Ohne Behandlung kann es sein, dass die Betroffenen als Erwachsene zeugungsunfähig sind. In der Bauchhöhle oder im Bereich der Leiste ist die Temperatur ein wenig höher als im Hodensack.
Bei einseitigem Hodenhochstand kann der andere Hoden aber ggf. den Ausfall des hochstehenden Hodens kompensieren.
Zu den weiteren Gefahren können auch Hodentumore zählen. Die Wahrscheinlichkeit eines Tumors steigt bei einem unbehandelten Hodenhochstand an.
Ein Hodenhochstand sollte möglichst zeitnah behandelt werden. Ziel ist, mit Vollendung des 12. Lebensmonats die Behandlung abgeschlossen zu haben. Bei Frühgeborenen gilt das korrigierte Alter.
Manchmal bewegt sich der Hoden innerhalb der ersten sechs Lebensmonate spontan an die korrekte Position. Die Therapie des betroffenen Hodens sollte daher erst nach sechs Monaten beginnen.
Nach dem 6. Monat sollte beim Gleithoden eine Hormontherapie mit
- GnRH allein (über 4 Wochen) oder
- hCG (über 3 Wochen) oder
- als kombinierte Therapie mit GnRH mit der nachfolgenden Gabe von hCG
erfolgen. Dabei werden Hormone verabreicht, die auch während der Schwangerschaft für den normalen Abstieg des Hodens verantwortlich sind.
Die Hormontherapie verfolgt nach den Leitlinien zwei Ziele:
- der hochstehende Hoden soll sich wieder in die anatomisch korrekte Lage bewegen.
- Stimulation der Keimzellreifung und Proliferation (Zellenvermehrung), um die Fruchtbarkeit (Fertilität) zu verbessern.
Eine Hormontherapie ist außer beim Gleithoden in vielen Fällen leider nicht sehr erfolgsversprechend: Statistisch gesehen schlägt die Hormontherapie nur bei jedem fünften Patienten an. Darüber hinaus kann es hier zu diversen Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Schamhaarwuchs oder Vergrößerung des Geschlechtsteils, kommen.
Bei allen anderen Formen erfolgt daher primär eine operative Therapie. Hierfür kommen diverse Verfahren zum Einsatz, etwa
- die Laparoskopische Hodenhochstand-OP oder
- die offene Hodenhochstand-OP.
Hierfür gibt es mehrere Methoden.
Je eher die Operation durchgeführt wird, desto geringer ist das Risiko für Folgeerkrankungen.
In seltenen Fällen tritt als Komplikation nach der OP eine Atrophie des Hodens auf. Dabei verkümmert der Hoden aufgrund eines Gewebschwundes.
Weitaus seltener kommt es zu einem Rezidiv, bei dem sich der Hoden wieder in die Leiste zurückzieht.
Auch nach einer erfolgreichen OP sollten die Eltern bei bestimmten Veränderungen – zum Beispiel das Anwachsen der Hoden – einen Arzt aufzusuchen. Deswegen ist es ratsam, dass Patienten schon früh lernen, auf solche Anzeichen zu achten.
Der Arzt der Wahl ist bei einem Hodenhochstand und dessen Begleiterscheinungen der Urologe.