Das cholangiocelluläre Karzinom: Experteninterview mit Prof. Gruenberger

03.02.2025

Primarius Prof. Dr. med. Thomas Gruenberger ist ein renommierter Facharzt für Leber-, Pankreas- und Gallenwegschirurgie und zählt zu den führenden Spezialisten auf dem Gebiet der onkologischen Chirurgie in Wien. Als Abteilungsvorstand der Chirurgischen Abteilung des Klinikums Favoriten, einem der bedeutendsten Zentren für Leber-, Pankreas- und Gallenwegstumortherapie in Österreich, widmet sich Prof. Dr. Gruenberger mit großem Engagement der Behandlung komplexer Tumorerkrankungen. Neben seiner praktischen Tätigkeit ist er zudem als Lehrstuhlinhaber für HPB-Chirurgie (hepato-pancreato-biliäre Chirurgie) an der Sigmund-Freud-Privatuniversität in Wien aktiv, wo er durch die Zusammenarbeit mit den Wiener Kliniken maßgeblich zur Weiterentwicklung von Lehre und Forschung in der Viszeralchirurgie beiträgt.

Prof. Dr. Gruenbergers Expertise umfasst insbesondere die chirurgische Behandlung von Lebertumoren, Lebermetastasen, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Gallenblasenkarzinomen und Gallengangskarzinomen. Bereits seit 1998 fokussiert sich Prof. Dr. Gruenberger auf die Leber- und Pankreaschirurgie und hat in seiner Karriere über 3000 Leberoperationen und mehr als 700 Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse erfolgreich durchgeführt. Diese umfangreiche Erfahrung, die er in renommierten Kliniken, unter anderem in Australien, sammeln konnte, macht ihn zu einem gefragten Experten in der Tumorchirurgie. Eine seiner Kernkompetenzen ist die Leberresektion, ein chirurgischer Eingriff, der bei gutartigen wie bösartigen Lebererkrankungen notwendig sein kann. Auch bei Lebermetastasen, die als Tochtergeschwulste von Primärtumoren entstehen, prüft Prof. Dr. Gruenberger die Möglichkeit der operativen Entfernung, sofern dies für den Patienten von Vorteil ist.

Neben den klassischen Operationstechniken bietet Prof. Dr. Gruenberger am Klinikum Favoriten auch minimal-invasive, roboterassistierte Eingriffe an. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der chirurgischen Behandlung von Bauchspeicheldrüsentumoren, insbesondere der Pankreasteil- oder Totalentfernung. Hierbei entfernt Prof. Dr. Gruenberger gezielt den tumortragenden Teil der Bauchspeicheldrüse und stellt durch sorgfältige chirurgische Verbindungen die Funktion der angrenzenden Organe wieder her, um eine normale Verdauung zu gewährleisten.

Neben seiner klinischen Tätigkeit ist Prof. Dr. Gruenberger auch wissenschaftlich aktiv und hat zahlreiche Fachpublikationen verfasst, die zur internationalen Reputation beigetragen haben. Zudem ist er Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für chirurgische Onkologie (ASSO) sowie der European Society of Surgical Oncology (ESSO) und engagiert sich in mehreren weiteren chirurgisch- wie medizinisch onkologischen Fachgesellschaften. Seine Expertise teilt er regelmäßig als gefragter Referent auf nationalen und internationalen Kongressen und durch die Ausbildung angehender Mediziner und Pflegekräfte. Prof. Dr. Gruenberger entwickelt die Behandlungskonzepte stets in enger Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären Team von Spezialisten aus anderen Fachbereichen, um für jeden Patienten eine maßgeschneiderte und erfolgversprechende Therapie anbieten zu können.

Die Redaktion des Leading Medicine Guide hatte Gelegenheit, mit Prof. Dr. Gruenberger zu sprechen und fokussierte auf das cholangiocelluläre Karzinom (CCA), ein bösartiger Tumor, der in den Gallengängen entsteht, auch Gallengangskarzinom genannt.

Primarius Prof. Dr. med. Thomas Grünberger

Das Gallengangskarzinom ist eine seltene Form von Krebs, der in den Gallengängen entsteht. Die Gallengänge sind dünne Röhren, die die Gallenflüssigkeit von der Leber zum Darm leiten, wo sie bei der Verdauung von Fetten hilft. Dieser Tumor kann sich entweder innerhalb der Leber (intrahepatisch) oder außerhalb der Leber (extrahepatisch) entwickeln. Obwohl die Erkrankung selten ist, ist sie besonders gefährlich, weil sie oft erst in fortgeschrittenen Stadien entdeckt wird, wenn sie bereits auf andere Organe übergegriffen hat. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, aber bestimmte Risikofaktoren wie chronische Entzündungen der Gallengänge und bestimmte Lebererkrankungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, ein cholangiocelluläres Karzinom zu entwickeln. Die Behandlungsmöglichkeiten hängen vom Stadium der Erkrankung ab und umfassen operative Eingriffe, Chemotherapie und in manchen Fällen auch Strahlentherapie.

Prof. Dr. Gruenberger erklärt zu Beginn unseres Gesprächs: „In den letzten Jahren konnten wir eine Zunahme des cholangiocellulären Karzinoms feststellen. Im Vergleich zum hepatozellulären Karzinom (HCC) stelle ich fest, dass wir im Jahr 2024 etwa dreimal so viele cholangiocelluläre Karzinome operiert haben. Dies liegt sicherlich auch an der verbesserten Diagnostik und nicht ausschließlich an einer höheren Verbreitung dieser Krebsart. Es ist aber enorm wichtig, über das Gallengangskarzinom aufzuklären, welches in vier verschiedenen Typen auftreten kann:

  1. Intrahepatisches Karzinom, das innerhalb der Leber entsteht.
  2. Klatskin-Tumor, der sich im Bereich der Leberpforte (hiläre Cholangiokarzinome) befindet. Diese Tumore stellen für Chirurgen eine besondere Herausforderung dar, da sie am Zusammenfluss der Gallengänge sitzen und große Operationen erforderlich machen.
  3. Distales Gallengangskarzinom, das nahe der Mündung des Gallengangs (Ductus choledochus) in den Zwölffingerdarm (Duodenum) liegt.
  4. Gallenblasenkarzinom.

Diese vier Typen kommen bei uns deutlich häufiger vor als das hepatozelluläre Karzinom. Beim HCC hat sich die Situation durch Fortschritte in der Hepatitis-C-Therapie verbessert, da die Infektion mittlerweile heilbar oder zumindest chronisch verlaufskontrollierbar ist. Das ist eine bedeutende Veränderung im Vergleich zu früheren Lehrbuchmeinungen.“

Zu den Risikofaktoren eines Gallengangskarzinoms ergänzt Prof. Dr. Gruenberger: „Risikofaktoren für das Gallengangskarzinom sind schwerer auszumachen als beim hepatozellulären Karzinom, wo Alkohol, Fettleber und Zirrhose klar im Vordergrund stehen. Diese Faktoren spielen beim Gallengangskarzinom eine untergeordnete Rolle. Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis oder entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa haben ein erhöhtes Risiko. Beim Gallenblasenkarzinom ist bekannt, dass es praktisch immer mit Gallensteinen assoziiert ist, obwohl die Inzidenz für einen Gallenblasentumor im Vergleich zu Gallensteinen äußerst gering ist“.

Die Symptome eines Cholangiokarzinoms entwickeln sich oft schleichend und bleiben in frühen Stadien häufig unbemerkt, was eine rechtzeitige Diagnose erschwert. 

Prof. Dr. Gruenberger beschreibt: „Die Symptome variieren je nach Lage des Tumors. Häufig tritt Gelbsucht (Ikterus) auf, erkennbar an der Gelbfärbung der Haut und Augen, wenn der Tumor den Gallenfluss blockiert. Dies ist typisch für den Klatskin-Tumor oder das distale CCA. Intrahepatische Tumore hingegen werden oft zufällig entdeckt, beispielsweise bei einer CT-Untersuchung, die aus einem anderen Grund durchgeführt wird. Beim Gallenblasenkarzinom ist es nicht ungewöhnlich, dass es erst nach einer Cholezystektomie aufgrund von Gallensteinen durch die pathologische Gewebsuntersuchung diagnostiziert wird. Größere Tumore werden auf Grund der Expansion symptomatisch“.

Zusätzlich zu diesen spezifischen Symptomen können Betroffene unter Müdigkeit, ungewolltem Gewichtsverlust und Schmerzen im Oberbauch leiden. Diese Schmerzen, die oft in den Rücken ausstrahlen, treten meist auf, wenn der Tumor größer ist oder benachbarte Organe beeinträchtigt. Der beeinträchtigte Gallenfluss kann zudem zu Verdauungsstörungen und Appetitlosigkeit führen. Da diese Symptome auch bei anderen Erkrankungen auftreten können, ist eine umfassende medizinische Abklärung entscheidend, um eine klare Diagnose zu stellen.

Die Diagnose von Gallengangskrebs erfolgt durch eine Reihe von Untersuchungen, die dazu dienen, den Tumor zu identifizieren, seine genaue Lage und das Stadium der Erkrankung festzustellen. 

Zu den ersten Schritten gehört oft eine gründliche körperliche Untersuchung und die Erhebung der Krankengeschichte des Patienten, insbesondere wenn Symptome wie Gelbsucht, Oberbauchschmerzen oder Gewichtsverlust vorliegen. Bluttests sind ebenfalls üblich, um Leberwerte und spezifische Tumormarker zu überprüfen. Tumormarker wie CA 19-9 oder CEA können erhöht sein, aber sie sind nicht spezifisch für Gallengangskrebs und dienen eher als Hinweis. Bildgebende Verfahren sind entscheidend für die genaue Diagnose und Staging des Gallengangskarzinoms. Die Ultraschalluntersuchung kann erste Anzeichen einer Gallengangsverengung oder einen Gallenstau aufzeigen. Die Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) bieten detaillierte Einblicke in die Größe und Lage des Tumors sowie in eine mögliche Ausbreitung auf benachbarte Organe oder Lymphknoten. Eine besondere MRT-Technik, die MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie), stellt die Gallengänge und die Bauchspeicheldrüse detailliert dar und hilft bei der Lokalisierung des Tumors. In manchen Fällen wird auch eine Endoskopisch-Retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) durchgeführt, bei der mithilfe eines Endoskops Kontrastmittel in die Gallengänge eingebracht wird, um deren Struktur unter Röntgenkontrolle sichtbar zu machen. Während der ERCP können auch Gewebeproben entnommen werden, um sie feingeweblich zu untersuchen und die Krebsdiagnose zu bestätigen. Gallengangstumore können noch detaillierter mithilfe einer sogenannten Spyglass-Untersuchung sichtbar gemacht werden, bei der eine kleine Kamera direkt in den Gallengang eingeführt wird.

Die Schwierigkeit der Diagnostik hängt stark vom Tumortyp ab. Beim distalen Gallengangskarzinom ist die Diagnostik aufgrund der Lage in der Nähe der Papille, wo Gallengang und Pankreasgang zusammenfließen, idealer Weise über eine Endosonographie, bei der US-gesteuert eine PE aus dem Tumor gewonnen wird. Am einfachsten zu diagnostizieren ist der intrahepatische Tumor, der direkt in der Leber entsteht. Dieser Tumortyp zeigt oft ein typisches Bild in der Bildgebung und macht eine Biopsie dann überflüssig, wenn er im Tumorboard unter Beisein eines Leberchirurgen als operabel eingeschätzt wird. Zudem ist er durch eine Vielzahl molekularbiologischer Marker charakterisiert, die für spezifische Therapien genutzt werden können. Jede Tumorzelle besitzt unterschiedliche Rezeptoren oder Fühler, die analysiert werden, um festzustellen, ob eine gezielte Therapie möglich ist. Die standardisierte Erstlinientherapie besteht aus einer Kombination von Chemotherapie und Immuntherapie. Für etwa die Hälfte der Patienten reicht diese Therapie nicht aus, da molekularpathologische Veränderungen des Tumors vorliegen, die eine individualisierte medikamentöse Behandlung erfordern. Besonders erfolgreich waren in den vergangenen zwei Jahren die IDH1-Therapie und die FGFR2-Therapie. Da jedoch bis zu 17 verschiedene molekulare Veränderungen bei Lebertumoren vorkommen können, ist eine standardisierte Behandlung nicht möglich. Aus diesem Grund ist eine spezifische molekularpathologische Untersuchung notwendig, die idealerweise bereits bei der Diagnosestellung erfolgen sollte. Eine Operation kann in den meisten Fällen durch diese Therapien nicht ersetzt werden. Wenn der Patient operabel ist, wird die Operation durchgeführt, gefolgt von einer sechsmonatigen adjuvanten Therapie, die oral verabreicht wird. Leider muss dennoch etwa die Hälfte der Patienten mit einem Rezidiv rechnen“, so Prof. Dr. Gruenberger.


Die IDH1-Therapie (Isocitrate Dehydrogenase 1) ist eine gezielte Behandlung für Lebertumoren, insbesondere Gallengangskarzinome, die eine IDH1-Mutation aufweisen. Diese Mutation führt zur Produktion des Onkometaboliten 2-Hydroxyglutarat (2-HG), der das Tumorwachstum fördert. IDH1-Inhibitoren wie Ivosidenib blockieren das mutierte Enzym und reduzieren 2-HG, wodurch das Fortschreiten des Tumors verlangsamt wird. Die Therapie wird vor allem bei fortgeschrittenen oder inoperablen Tumoren eingesetzt und hat im Vergleich zur Chemotherapie meist weniger Nebenwirkungen. Sie wirkt jedoch nur bei Tumoren mit nachgewiesener IDH1-Mutation.

Die FGFR2-Therapie (Fibroblast Growth Factor Receptor 2) ist eine zielgerichtete Behandlung für bestimmte Gallengangskarzinome, die Veränderungen im FGFR2-Gen (Fibroblast Growth Factor Receptor 2) aufweisen, wie Fusionen oder Mutationen. Diese genetischen Veränderungen führen zu einer Überaktivierung des FGFR2-Signalwegs, wodurch das Tumorwachstum gefördert wird. FGFR-Inhibitoren, wie Pemigatinib oder Futibatinib, blockieren diesen Signalweg, um das Wachstum der Tumorzellen zu verlangsamen oder zu stoppen. Diese Therapie wird vor allem bei Patienten mit fortgeschrittenen oder metastasierten Tumoren angewandt, wenn eine Operation nicht möglich ist und genetische Tests die FGFR2-Veränderung bestätigen. Nebenwirkungen können auftreten, sind aber oft beherrschbar.


Um eine vollständige Tumorentfernung zu gewährleisten, muss der Chirurg oft Teile der Leber entfernen und gleichzeitig die Integrität der Gefäße sicherstellen. Solche Eingriffe verlangen eine hohe Präzision und sind nur in spezialisierten Zentren durchführbar. 

Die größte Herausforderung besteht darin, dem Patienten nach einer Leberoperation genügend funktionelles Lebergewebe zu erhalten. Das intrahepatische Karzinom, der Klatskin-Tumor und das Gallenblasenkarzinom werden in der Regel durch eine Leberresektion kombiniert mit einer Gallengangsresektion behandelt. Das distale Gallengangskarzinom hingegen erfordert eine Bauchspeicheldrüsenkopfresektion (Whipple-Operation). Alle diese Eingriffe gehören zu den großen und komplexen Operationen, die mit einem hohen Risiko für Komplikationen verbunden sind. Daher sollten sie ausschließlich in spezialisierten Zentren durchgeführt werden, die über umfassende Erfahrung und Routine in solchen Verfahren verfügen. Das intrahepatische Karzinom wächst häufig in der Nähe wichtiger Gefäße wie der Pfortader oder den Lebervenen, wodurch oft eine Großresektion notwendig ist. Das sogenannte Future Liver Remnant (FLR) beschreibt den funktionellen und anatomischen Anteil der Leber, der nach einer geplanten Resektion verbleibt. Dieser Anteil muss ausreichend groß sein, um lebenswichtige Aufgaben wie Entgiftung, Stoffwechselregulation und Proteinbildung weiterhin zu erfüllen. Bei gesunden Patienten sollte das FLR mindestens 30% des ursprünglichen Lebervolumens ausmachen, während es bei geschädigter Leber, wie bei einer Fettleber oder Fibrose, mindestens 40% betragen muss“, erläutert Prof. Dr. Gruenberger und ergänzt noch wichtige Informationen zum Lebervolumen:

Bei einer gesunden Leber sollte das Future Liver Remnant (FLR) mindestens 30% des ursprünglichen Lebervolumens ausmachen. Bei sehr jungen Patienten, deren Leber eine hohe Regenerationsfähigkeit besitzt, kann ein Anteil von 25% ausreichen. Eine geschädigte Leber, wie sie bei einer Fettleber oder Fibrose vorkommt, hat jedoch eine eingeschränkte Funktionskapazität. Hier muss das FLR deutlich größer sein – mindestens 40%, um ein Leberversagen nach der Operation zu vermeiden. Vor der Operation wird das FLR mithilfe einer CT-Volumetrie präzise berechnet. Dabei wird das Gesamtvolumen der Leber, das bei einem Erwachsenen durchschnittlich etwa 1500 ml beträgt, gemessen. Auf dieser Grundlage bestimmt man, welche Anteile reseziert werden können, ohne dass das verbleibende Volumen zu klein wird. Wenn sich zeigt, dass der geplante Restanteil der Leber für den Patienten nicht ausreicht, wird die Leber vor der Operation gezielt vergrößert. Dies erfolgt beispielsweise durch eine Pfortader Embolisation oder eine sequentielle Doppelembolisation, bei der der Blutfluss (Pfortader) und Blutabstrom (Lebervenen) in den zu entfernenden Leberabschnitt durch interventionelle Radiologen verschlossen wird, wodurch vermehrt Blut in den zu erhaltenden Leberanteil fließt. Dadurch wird das Wachstum des verbleibenden Leberanteils angeregt. Innerhalb weniger Tage bis etwa einer Woche kann es zu einer starken Vergrößerung des FLR kommen, sodass die Operation durchgeführt werden kann. Eine Leberresektion ist immer eine anspruchsvolle Operation und dauert in der Regel mehrere Stunden. Wenn zusätzlich eine Gallengangsresektion erforderlich ist, die eine Rekonstruktion der Gallengänge nach sich zieht, verlängert sich die Operationsdauer. In besonders komplexen Fällen oder bei unerwarteten Schwierigkeiten kann die Operation den ganzen Tag in Anspruch nehmen“.


Operation mit Robotik

„Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Unterschied zwischen offener und minimal-invasiver Operation erheblich ist. Minimal-invasive Eingriffe, insbesondere mit robotischer Unterstützung, dauern zwar in der Regel länger als offene Eingriffe, bieten den Patienten jedoch wesentliche Vorteile. Sie erholen sich in der Regel schneller, haben weniger Schmerzen und kleinere Narben, und der Blutverlust während der Operation ist geringer. Viele Patienten berichten schon am Tag nach dem Eingriff, dass sie eigentlich nicht den Eindruck haben, eine Großoperation hinter sich gebracht zu haben. Aus chirurgischer Sicht bietet die Robotik erhebliche Vorteile. Sie ermöglicht eine präzisere Tumorentfernung, eine verbesserte Sicht durch hochauflösende 3D-Bildgebung und eine größere Bewegungsfreiheit der Instrumente. Entscheidend ist jedoch der Nutzen für den Patienten, insbesondere in Form einer schnelleren Erholung und eines besseren postoperativen Wohlbefindens. Die onkologische Prognose hängt maßgeblich von der Qualität der Operation und der vollständigen Entfernung des Tumors ab. Minimal-invasive Techniken, einschließlich der robotischen Chirurgie, haben in einigen Studien vergleichbare oder leicht verbesserte Ergebnisse gezeigt. Sie sind jedoch vor allem dann von Vorteil, wenn sie von erfahrenen Chirurgen durchgeführt werden“, kommentiert Prof. Dr. Gruenberger zur Frage nach der roboterassistierten Operation.


Eine Lebertransplantation kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Behandlungsoption für Patienten mit Gallengangskarzinom sein, insbesondere beim perihilären Cholangiokarzinom (Klatskin-Tumor), das im Bereich der Gallengangs Bifurkation im Leberhilus liegt, wo die Gallengänge aus dem rechten und linken Leberlappen zusammenfließen.

Während diese Tumore häufig als lokal inoperabel gelten, zeigen Studien, dass ausgewählte Patienten durch eine Lebertransplantation mit präoperativer kombinierter Radio- und Chemotherapie eine verbesserte Prognose haben können. Diese Therapieoption kommt jedoch nur für eine sehr kleine, sorgfältig ausgewählte Gruppe von Patienten infrage, da spezifische Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die Erfolgschancen zu maximieren und das Rückfallrisiko zu minimieren. 

Aus den USA, konkret der Mayo-Klinik, gibt es ein aufwändiges Protokoll beim Klatskin-Tumor, das an wenigen Zentren der ganzen Welt verwendet wird. Es ist dabei jedoch nicht so, dass hierbei der Patient diagnostiziert wird und dann auf die Warteliste kommt. Er muss vor einer potentiellen Lebertransplantation eine Chemotherapie durchlaufen, der Tumor wird sowohl von innen als auch von außen bestrahlt, und der Patient muss noch eine operative Exploration absolvieren, bei der nachgewiesen werden muss, dass der Tumor nur lokal am Gallengang und nicht in die Lymphknoten metastasiert ist. Diejenigen Patienten, die es nicht zu einer Transplantation schaffen, aber die ganzen vorherigen Behandlungen durchlaufen haben, haben auf Grund des Ausmaßes der Vorbehandlung eine schlechte Prognose. Diejenigen, die zur Transplantation kommen, haben ein exorbitant gutes Outcome mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 75%. Für die anderen Gallengangstumore bestehen derzeit keine etablierten Transplantationsprotokolle“, konstatiert Prof. Dr. Gruenberger.


In dem von Prof. Dr. Gruenberger geleiteten, etablierten HPB-Zentrum in Wien werden die meisten Leberresektionen in Österreich vorgenommen (ca. 130 Leberresektionen/Jahr), zusätzlich erfolgen rund 50 Pankreasresektionen pro Jahr.


Für Menschen mit einem erhöhten Risiko für ein Gallengangskarzinom, wie beispielsweise Personen mit chronischen Lebererkrankungen, primär sklerosierender Cholangitis (PSC), chronischen Entzündungen der Gallengänge oder genetischen Vorbelastungen, sind präventive Maßnahmen und regelmäßige Untersuchungen entscheidend, um die Krankheit frühzeitig zu erkennen oder möglicherweise zu vermeiden.


Eine gesunde Lebensweise, die eine ausgewogene Ernährung, den Verzicht auf Tabakkonsum und eine Einschränkung des Alkoholkonsums einschließt, kann das Risiko von Lebererkrankungen und Entzündungen der Gallengänge verringern. Die Impfung gegen Hepatitis B und gegebenenfalls eine Therapie bei chronischer Hepatitis C sind wichtige präventive Maßnahmen, da chronische Leberentzündungen das Risiko für Gallengangskarzinome erhöhen. Bei Personen mit Gallenblasenpolypen, die ein erhöhtes Risiko für Gallenblasenkarzinom aufweisen, sollte eine Entfernung der Gallenblase in Erwägung gezogen werden, um potenziellen Tumorbildungen vorzubeugen.


Präventiv können nur die Risikopatientengruppen agieren, von denen man weiß, dass sie eine Lebererkrankung oder auch eine entzündliche Darmerkrankung haben – diese sollten halbjährlich zur Bildgebung. Beispielsweise sollte der Patient, der eine chronische Cholangitis (Entzündung der Gallenwege) hat, regelmäßig ein CT machen lassen. Für die Normalbevölkerung gibt es keine Prävention. Hier muss jeder Mensch eigenmächtig entscheiden, wie sein `Lifestyle´ modelliert ist – wer sehr oft zu Alkohol greift, sich nicht bewegt und sich ungesund ernährt, hat natürlich ein erhöhtes Risiko, einen Leberkrebs zu entwickeln“, mahnt Prof. Dr. Gruenberger, und damit beenden wir unser interessantes Gespräch.

Herzlichen Dank, Professor Dr. Gruenberger, für diesen aufschlussreichen Einblick in die Leberchirurgie!

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