Das Knie als das größte Gelenk des menschlichen Körpers muss jede Menge an Belastung aushalten. Es wird stark beansprucht bei allen Bewegungen, die wir täglich ausführen. Dabei wird im Knie Gelenkschmiere produziert, die der Nährstoffversorgung des Gelenkknorpels dient und im Gelenk reibungsmindernd und als Stoßdämpfer wirkt. Wichtig für die Stabilisierung des Knies ist auch ein ausreichender Muskelaufbau, der die Gelenke entlastet und sie vor Überlastungen oder einer Fehlbelastung schützt. Wenn nun im Knie Verschleißerscheinungen auftreten und die Funktionalität nicht mehr gegeben ist, sollte man sich unbedingt an einen ausgewiesenen Facharzt wenden – etwa an Dr. med. Giovanni De Rosa, der am Sana-Krankenhaus in Düsseldorf bereits weit über 500 Operationen höheren Schwierigkeitsgrads durchgeführt hat. Der Leading Medicine Guide sprach mit dem versierten Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, der sich als zertifizierter Kniechirurg der deutschen Kniegesellschaft e.V. weit über die Region hinaus einen Namen gemacht hat. Im Expertengespräch beleuchtet er spannende Details zum Knie, dessen Behandlungsmöglichkeiten – und zur Qualität von Reha-Maßnahmen.
Verschleißerscheinungen aufgrund von Alterungsprozessen sind vollkommen normal. Und so verliert auch das Knie an Stabilität, da sich im Laufe unseres Lebens der Knorpel im Knie sukzessiv abbaut. Diese Form des Verschleißes nennt sich dann Kniegelenksarthrose, auch Gonarthrose genannt, oft begünstigt durch eine Fehlstellung, z. B. X- oder O-Beine. Dann nämlich nutzt sich der Knorpel einseitig ab. „Die Abnutzung des Kniegelenks hat viele Ursachen. Der natürliche Verschleiß des Knorpels im Laufe des Lebens beruht auf Abrieb-Effekten der kommunizierenden Gelenkflächen, ähnlich wie bei einem Autoreifen, der sich durch ständigen Kontakt mit dem Asphalt abreibt und mit der Zeit seine Profiltiefe verliert. Bei dem einen passiert das früher, bei dem anderen später. Maßgeblich hierfür spielen genetische Faktoren eine Rolle“, beginnt Dr. De Rosa unser Gespräch.
Arthrose im Knie – eine recht schmerzhafte Angelegenheit
„Es ist leider so, dass die Arthrose-Entwicklung schon in vollem Gange ist, wenn sich die ersten Schmerzsymptome zeigen. Denn Knorpel hat selbst keine Nervenzellen. Erst wenn bereits Knochenumbauvorgänge stattgefunden haben, stellt man fest, dass man immer schlechter laufen kann, dass es einem schwer fällt, Treppen zu steigen. Wenn eine Arthrose schon sehr weit fortgeschritten ist, dann stellt sich auch der Nachtschmerz im Ruhezustand ein“, erläutert Dr. De Rosa die Problematik des Krankheitsverlaufs. Einige Menschen bemerken immer mal wieder, dass es im Knie knirscht und knackt. „Da gebe ich primär nicht viel drauf, da auch viele jüngere Menschen mit gesunden Kniegelenken über derartige Phänomene berichten“, kommentiert Dr. De Rosa, „aber wenn die Arthrose wirklich sehr weit fortgeschritten ist, kann man in der Tat ein deutliches Krachen oder Knackreiben hören“.
Viele Menschen mit Arthrose im Knie lassen sich Hyaluron ins Gelenk spritzen, um diesem mehr Schmiere zu geben. Dies sollte allerdings kritisch betrachtet werden. Die Krankenkassen etwa bezahlen eine solche Therapie nicht, da diese aufgrund fehlender wissenschaftlicher Beweise nicht anerkannt ist. Eine Spritze kostet die Patientin bzw. den Patienten dann zwischen 80 und 100 Euro. „Es besteht beim Einspritzen in das Knie auch immer die Gefahr der Kontamination mit Bakterien. Das darf nicht unterschätzt werden, da die Verläufe hier für die Betroffenen langwierig und dramatisch sind“, mahnt Dr. De Rosa. Letztlich kann Hyaluron im besten Fall nur zu einer kurzfristigen Linderung verhelfen, nicht jedoch zu einer Heilung der Arthrose.
Arthrose ist eine endfällige Geschichte, die immer schlimmer wird
Dr. med. Giovanni De Rosa bildet sich kontinuierlich fort, um seinen Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen. Bei Schädigungen am Gelenkknorpel setzt er zum Beispiel bei Bedarf eine neue Form der Knorpeltransplantation ein, genannt AutoCart™. „Bei dieser Behandlung wird den Betroffenen auf dem Operationstisch minimal-invasiv körpereigenes Gewebe mit einem sogenannten Shaver, einem medizinischen Instrument zum Abtragen von feinem Weichgewebe oder Knorpel, aus dem Knie entnommen. Dieser Knorpel wird mit der sogenannten Knorpelchips-Technik in winzige Einzelteile zerschnitten. Dann wird der Patientin bzw. dem Patienten Blut entnommen, das in eine Zentrifuge kommt, um Plasma zu generieren. Das gewonnene Plasma wird dann mit dem entnommenen Gewebe, den Knorpelchips, vermengt, was eine klebrige und breiige Masse ergibt, die der Patientin bzw. dem Patienten wiederum in das geschädigte Knie implantiert wird. In der Folge bilden sich dann in den behandelten Arealen im Knie gesunde Knorpelzellen aus den transplantierten Knorpelchips. Die verfüllten ehemaligen Knorpeldefekte sind stabil genug, um mit dem Kniegelenk die gewünschte Belastbarkeit wieder durchführen zu können. Das Verfahren mit körpereigenem Gewebe zeichnet sich durch eine besonders gute Verträglichkeit aus“, schildert Dr. De Rosa diese noch recht junge Behandlungsmethode, die leider nicht bei allen Patientinnen oder Patienten angewendet werden kann. „Nur bei begrenzten Knorpeldefekten ist diese Form der Knorpeltransplantation möglich. Wenn Knorpel flächig betrachtet weg ist, dann funktioniert das nicht“, bedauert der Kniespezialist. Der große Vorteil dieser Knorpeltransplantation ist, dass alles in einer Operation stattfinden kann, die in der Regel auch nur dreißig Minuten dauert.
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Wenn eine Knorpeltransplantation nicht möglich ist, dann hilft eine Kniegelenk-Endoprothese
Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Kniegelenk-Endoprothesen. „Was für eine Art von Prothese für die Patientin oder den Patienten gewählt wird, ist eine Einzelfallentscheidung. Die technischen Unterschiede sind immens. Es muss auch immer die Ursache des Knorpelabbaus berücksichtigt werden, also ob es ein Verschleiß ist, ob es mal einen Unfall gab oder ob zum Beispiel ein Knick im Unter- oder Oberschenkel vorliegt“, so Dr. De Rosa. Die bikondyläre Oberflächenersatzprothese ist die am häufigsten implantierte Knieprothese. Hierbei werden die Knie-seitigen Gelenkflächen des Oberschenkelknochens sowie die Gelenkfläche des Schienbeinplateaus mit einem Oberflächenersatz überkront. Auch die Rückseite der Kniescheibe kann mit ersetzt werden. „Die Voraussetzung für diese Art der Prothese ist, dass die innen- und außenseitigen Bänder des Kniegelenks intakt sind. Denn diese müssen dann die Führung des künstlichen Kniegelenks übernehmen“, verdeutlicht Dr. De Rosa.
Eine weitere Prothesenart ist die mediale oder laterale Schlittenprothese, eine halbseitige Knieprothese für den teilweisen Gelenkersatz an der Innenseite bzw. Außenseite des Knies. Das heißt, es werden nur betroffene Gelenkabschnitte ersetzt und der größte Teil des Kniegelenks bleibt erhalten. „Für diese Form der Prothese müssen viele Voraussetzungen erfüllt werden. Da spielen Stabilitätsfaktoren eine große Rolle“, erklärt Dr. De Rosa. Im Vergleich zur Vollprothese bieten Schlittenprothesen meist eine bessere Beweglichkeit und schenken der Patientin bzw. dem Patienten ein natürlicheres Gefühl im Knie. Auch ist die Operation weniger belastend, weil die Kreuzband-Strukturen und die noch gesunden Gelenkteile erhalten bleiben.
Die Operation – Planung und Ablauf
„Bevor ich in den Operationsraum gehe, weiß ich bereits genau, was zu tun ist, da in der Planungsaufnahme jeder Schritt konkretisiert wird. Dennoch muss man während der Operation auf alles gefasst sein, da man zum Beispiel feststellt, dass vielleicht auch das hintere Kreuzband kaputt oder instabil ist, was man vorher bei nicht jedem sehen kann“, hebt Dr. De Rosa hervor. Die Dauer der Eingriffe ist unterschiedlich. Bei den herkömmlichen Vollprothesen dauert die Operation in der Regel eine Stunde. Auch die Implantierung einer Schlittenprothese überschreitet eine Operationszeit von einer Stunde meist nicht. „Steht die Implantierung einer Revisionsprothese an, also ein Austausch von alter gegen neue Prothese, dann müssen schon zwei bis drei Stunden Zeit im OP eingeplant werden, da dies ein komplexerer Eingriff ist. Eine solche Wechseloperation erfolgt, wenn eine Prothese sich lockert oder auch einfach abnutzt, was nach ca. zehn bis fünfzehn Jahren der Fall sein kann“, schildert Dr. De Rosa und führt weiter aus: „Die Lockerung einer Prothese kann beispielsweise eine rein mechanische Ursache haben. Sie wird in der Regel mit Knochenzement eingesetzt, was primär sehr stabil ist, aber an den Schnittstellen von Knochen und Zement kann es im Laufe der Zeit zu Lockerungen mechanischer Natur kommen. Auch wenn eine Patientin oder ein Patient zum Beispiel stürzt, kann die Prothese in Mitleidenschaft gezogen werden oder wenn es zu Infekten kommt, etwa durch Bakterien, die während der Operation oder während der Wundheilung oder systemisch über den Blutkreislauf ins Kniegelenk geraten.“
Glücklicherweise verkürzt sich die Verweildauer im Krankenhaus nach der Implantierung einer Knieprothese immer mehr
„Natürlich ist auch dies individuell unterschiedlich. Der junge Mensch von Mitte Zwanzig erholt sich selbstverständlich schneller als die 89-jährige Patientin, die einfach mehr Zeit benötigt, um sicher mit der Prothese laufen zu können. Man kann sagen, dass unsere Patientinnen und Patienten in der Sana Klinik mit circa sechs Tagen Krankenhausaufenthalt rechnen sollten. Am Tag der Operation lassen wir die Patientin bzw. den Patienten weitestgehend in Ruhe, damit sie bzw. er sich von der Operation erholen kann. Erst am zweiten Tag kommt ein Physiotherapeut, der die Patientin oder den Patienten bei seinen ersten Schritten mit dem Kunstgelenk begleitet und zusätzlich eine Bewegungsschiene anpasst, die das Knie passiv und wiederholt über einen festgelegten Bewegungsradius bewegt. Die Mobilisation so kurz nach der Operation ist gar kein Problem, da die extrem stabile Verankerungstechnik der Prothese eine schmerzadaptierte Vollbelastung des operierten Beins zulässt“, beschreibt Dr. De Rosa die erste Zeit nach dem Eingriff.
Eine Rehabilitation, ob ambulant oder stationär, ist nach dem Einsatz einer Prothese empfehlenswert und dauert in der Regel ca. drei Wochen. „Ich bin allerdings immer mal wieder verwundert und irritiert mit den angebotenen Reha-Maßnahmen, wenn meine Patientinnen und Patienten mir dann davon berichten. Oft sagen sie, dass da im Prinzip nicht viel gemacht wurde. Der Qualitätsunterschied scheint hier doch enorm zu sein, wobei es natürlich sehr gute und etablierte Reha-Kliniken gibt. Dabei ist die Nachbehandlung mindestens genauso wichtig wie die korrekt durchgeführte Prothesen-Implantation. Bei den von Patientinnen und Patienten berichteten negativen Reha-Erlebnissen wäre der Gang zum Physiotherapeuten des Vertrauens oft die bessere Wahl gewesen“, moniert Dr. De Rosa.
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„So gut die Prothesen heute auch sind – sie sind nur eine Imitation der Natur“
Wer viel Sport gemacht hat in seinem Leben, stellt sich natürlich die Frage, ob dies auch mit einer Prothese weiterhin möglich ist. „Diejenigen, die wollen, schaffen das auch und sind ja in der Regel fit. Viele meiner Patientinnen und Patienten schicken mir Bilder aus ihrem Urlaub, wo ich sehe, dass sie wandern, Ski fahren oder Tennis spielen. Manchmal sind allerdings auch Berichte über Extremsportarten dabei, wo ich dann innerlich schon etwas zusammenzucke, da künstliche Gelenke eigentlich nicht für solch übermäßig starken Belastungen gedacht sind. Da eine Patientin oder ein Patient aber mit oder ohne ärztlichen Rat ohnehin ihre bzw. seine eigenen Vorstellungen hat, bin ich dann letztlich doch gelassen, wenn´s auch bei diesen Patientinnen und Patienten gut funktioniert“, freut sich Dr. De Rosa über die Entwicklung.
Kann ich prophylaktisch etwas tun, um mein Knie besser zu schützen?
„Den meisten Menschen fehlt in der heutigen Zeit ein gesundes Körperbewusstsein. Wenn man nicht mehr versteht, dass der Körper der Tempel ist, den man pflegen sollte, dann wird man in der Regel eines Tages auch Probleme haben. Leider wird die eigene Gesundheit oft hintenangestellt. Statt ausreichender Bewegung, einer gesunden Ernährung und ein Leben in der Harmonie mit sich selbst, scheinen das Smartphone oder andere ablenkende Einflüsse oftmals wichtiger zu sein“, kritisiert Dr. De Rosa und ergänzt: „Natürlich spielt auch das Übergewicht, woran leider viele Menschen gerade in unserer westlichen Welt leiden, eine Rolle, wenn es um die Belastung des Knies geht. Auch körperunfreundliche Berufe, wie etwa in der Pflege, belasten natürlich mehr, als wenn man den ganzen Tag einer sitzenden Tätigkeit nachgeht.“
Ein Knie funktioniert gut, wenn auch der Rest des Körpers gut funktioniert. Regelmäßige Bewegung oder der Gang ins Fitnessstudio helfen in jedem Fall, die das Knie umgebende Muskulatur zu stärken. „Ich persönliche empfehle da lieber ganzheitliche Bewegungsabläufe, so wie sie bei Yoga oder bei Pilates gegeben sind, auch Trampolinspringen erzielt erstaunliche Effekte“, ermuntert Dr. De Rosa.
Weitere Fortschritte in der Endoprothetik sind noch möglich
Mit einem Blick in die Zukunft äußert Dr. De Rosa: „Auf der molekularen Ebene weiß man inzwischen ganz viel, wenn man zum Beispiel an Geweberegeneration von Knorpelmasse denkt. Aber das ist noch große Zukunftsmusik, und ich als Arzt in meiner aktiven Zeit werde hier wahrscheinlich keine klinische Anwendung mehr erleben, da sich diese innovativen Verfahren in der Anfangsphase befinden“, schließt Dr. De Rosa unser Gespräch ab.
Herr Dr. De Rosa, vielen Dank für die interessanten und aufschlussreichen Einblicke in das Wunderwerk Knie!
Wer direkten Kontakt mit unserem Spezialisten aufnehmen möchte, kann dies über seine Profilseite des Leading Medicine Guide tun.