Aktuelle Informationen zur interventionellen Herzklappentherapie erhielt die Redaktion des Leading Medicine Guide in einem Gespräch mit PD Dr. Büllesfeld.

Die interventionelle Herzklappentherapie ist eine moderne, minimalinvasive Behandlungsform für Herzklappenerkrankungen. Sie umfasst verschiedene konservative Verfahren, bei denen Herzkatheter genutzt werden, um defekte oder undichte Herzklappen zu reparieren oder zu ersetzen, ohne dass eine offene Operation am Herz erforderlich ist. Bei der Behandlung der Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz zielt die Intervention darauf ab, die Funktion der betroffenen Herzklappen wiederherzustellen. Dabei wird beispielsweise die Mitralinsuffizienz, bei der die Mitralklappe undicht ist und dadurch Blut zurückfließt, durch kathetergestützte Verfahren stabilisiert oder repariert.
Ähnlich wird die Trikuspidalinsuffizienz behandelt, bei der die Trikuspidalklappe undicht ist und ebenfalls zur Herzbelastung führt. Diese minimalinvasiven Ansätze bieten den Vorteil, dass sie weniger belastend für den Patienten sind, kürzere Heilungszeiten ermöglichen und bei vielen Patienten eine effektive Alternative zur klassischen offenen Herzoperation darstellen. Das Ziel ist stets, die Lebensqualität zu verbessern und die Herzfunktion nachhaltig zu stabilisieren.
Die Entwicklung einer Herzklappenerkrankung, insbesondere der Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz, erfolgt in der Regel schleichend über viele Jahre hinweg. Zu Beginn sind die Klappen oft nur leicht beschädigt, was häufig keine Beschwerden verursacht, sodass die Erkrankung lange unbemerkt bleibt.

Eine Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz sind Herzklappenerkrankungen, bei denen die entsprechenden Herzklappen, die Mitral- bzw. die Trikuspidalklappe, nicht richtig schließen. Dies führt dazu, dass beim Herzschlag Blut rückwärts in die Vorhöfe fließt, anstatt nur in die Herzkammern. Bei der Mitralinsuffizienz ist die Klappe zwischen linkem Vorhof und linker Kammer betroffen, während die Trikuspidalinsuffizienz die Klappe zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer betrifft. Diese Rückflüsse können im Laufe Zeit das Herz belasten, zu einer Herzleistungsschwäche führen und verschiedene Beschwerden verursachen.
„Letztlich sind Herzklappenerkrankungen, insbesondere die Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz, eng mit dem Alter verknüpft. Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Erkrankung entwickelt, insbesondere ab 70 bis 80 Jahren. In der Allgemeinbevölkerung liegt die Prävalenz bei etwa drei Prozent, das heißt, drei von hundert Menschen können eine dieser Klappenundichtigkeiten aufweisen.
Die Hauptsymptome, von denen Patienten berichten, sind Belastungsluftnot und zunehmende Atemnot beim Treppensteigen. Diese Beschwerden sind meist progredient, das heißt, sie verschlechtern sich im Laufe der Zeit. Deshalb ist es häufig sinnvoll, frühzeitig nachzufragen, wie die Belastbarkeit beispielsweise vor einem Jahr noch war, um die Fortschreitung der Erkrankung zu erkennen. Ein weiteres häufig auftretendes Symptom sind Herzrhythmusstörungen, insbesondere Vorhofflimmern.
Vorhofflimmern kann sowohl eine Klappeninsuffizienz verursachen als auch durch sie begünstigt werden. Das macht die klinische Einschätzung im Alltag oft schwierig, denn es gilt zu unterscheiden, was primär das Hauptproblem ist und welche Behandlung zuerst erfolgen soll. Besonders bei der Trikuspidalinsuffizienz sind Wassereinlagerungen typisch: Menschen nehmen plötzlich an Gewicht zu, die Unterschenkel und Knöchel werden geschwollen, die Socken drücken und schnüren ein. Diese Symptome sind typische Anzeichen für eine funktionelle Insuffizienz, die durch veränderte Herzhöhlen, beispielsweise durch Vergrößerung des Vorhofs oder der Herzkammer, entsteht“, erklärt PD Dr. Büllesfeld zu Beginn unseres Gesprächs und führt weiter aus:
„Man unterscheidet grundsätzlich primäre, strukturelle Klappenprobleme, bei denen die Klappe selbst beschädigt ist, etwa durch Risse oder Entzündungen, und sekundäre, funktionelle Probleme. Bei zweiterem sind die Herzklappen selbst intakt, aber die Herzhöhlen, vor allem der vergrößerte Vorhof oder die schwächere Herzkammer, verändern die Geometrie so stark, dass es zu Undichtigkeiten kommt. Besonders nach Herzinfarkten oder bei einer Kardiomyopathie, bei der die linke Herzkammer zunehmend erweitert wird, wird die Klappe durch die veränderte Geometrie des Aufhängeapparats und der Herzhöhlen schließlich undicht.
Die Unterscheidung dieser Ursachen ist entscheidend für die Therapie. Bei primären Klappenproblemen, die durch die Klappe selbst verursacht werden, handelt es sich meist um akute Ereignisse, die schnell operativ behandelt werden können, was eine schnelle und meist dauerhafte Besserung der Beschwerden und des Befundes ermöglicht. In solchen Fällen sind die Patienten häufig noch vergleichsweise gesund, was die operative Behandlung erleichtert. Dagegen leiden Patienten mit sekundären, auf Vergrößerung und Veränderung der Herzhöhlen zurückgehenden Undichtigkeiten meist an weiteren schweren Herzerkrankungen und sind insgesamt kränklicher. Für sie kommen oft Kathetertechniken infrage, da sie weniger belastend sind und auf die komplexen Herzentwicklungen gezielt eingehen“.

Eine frühzeitige Diagnosestellung ist essenziell, um gezielt behandeln zu können und das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern, wobei moderne therapeutische Verfahren oft schon eine schonende Behandlung erlauben.
„Bei der Diagnostik von Herzklappenerkrankungen, insbesondere der Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz, beginnt der Ablauf in der Regel mit einer ausführlichen klinischen Untersuchung und einer Anamnese. Bei Patienten, die über Luftnot und Wassereinlagerungen klagen, wird zunächst ein Ultraschall des Herzens – die sogenannte transthorakale Echokardiographie – durchgeführt. Diese Technik ist das zentrale Instrument zur Beurteilung der Klappen und ihrer Funktion sowie des Schweregrades der Undichtigkeiten. Um noch detailliertere Einblicke zu gewinnen, erfolgt häufig eine ergänzende transösophageale Echokardiographie, bei der eine Schlauchsonde kurz in die Speiseröhre eingeführt wird.
Diese ermöglicht eine präzisere Visualisierung der Klappe und hilft dabei, die genauen Ursachen und den Mechanismus des Schlussdefektes zu erkennen. Liegt der Verdacht auf komplexe oder diffuse Veränderungen vor, wird zusätzlich eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt. Damit kann man die Koronargefäße inspizieren, um Engstellen oder vorherige Herzinfarkte zu erkennen, die die Klappenfunktion beeinflusst haben könnten. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden, um eine gezielte Behandlung einzuleiten. Parallel startete man oft eine medikamentöse Therapie, insbesondere Diuretika, um die Symptome zu lindern.
Durch diese Medikamente kann die Flüssigkeitsansammlung reduziert werden, was bereits zu einer verbesserten Herzgeometrie führen kann und die Klappenfunktion teilweise verbessert. Es ist ein wichtiger erster Schritt, um den Zustand des Herzens zu stabilisieren und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen“, so PD Dr. Büllesfeld.
Im Gegensatz zu einer anderen häufigen Herzklappenerkrankungen, der Aortenstenose, die ein fixiertes mechanisches Problem darstellt, was auch nur durch einen Klappenersatz behandelt werden kann, können Herzklappeninsuffizienzen, insbesondere wenn sie funktionell bedingt sind, häufig mit Medikamenten bereits verbessert werden.
Hierzu kommentiert PD Dr. Büllesfeld: „Erst wenn diese konservativen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen, ist eine interventionelle oder operative Behandlung angezeigt. Dabei ist stets zu beachten, dass die Behandlung nur nach sorgfältiger Diagnostik und Optimierung möglich ist.
Der Übergang vom Medikamentenmanagement zur invasiven Therapie erfolgt erst nach patientengerechter Abwägung und bei unzureichender Verbesserung durch die konservativen Maßnahmen. Neben den medizinischen Faktoren spielen auch Lifestyle-Bedingungen eine entscheidende Rolle. Rauchgewohnheiten, Übergewicht, Alkohol- und Nikotinkonsum sind allesamt Faktoren, die das Herz belasten und die Entstehung sowie Verschlechterung von Herzklappenproblemen begünstigen können.
Übergewicht trägt über Bluthochdruck dazu bei, dass die Belastung auf das Herz steigt, während Rauchen das Risiko für koronare Erkrankungen erhöht. Alkohol- und Nikotinkonsum sind zudem bekannte Auslöser für Vorhofflimmern, das wiederum die Geometrie des Herzens und somit die Klappenfunktion beeinflusst. Verzögerungen bei der Optimierung des Lebensstils können den Behandlungserfolg erheblich beeinträchtigen, weshalb beide Ansätze – medikamentös und Lifestyle bedingt – stets Hand in Hand gehen sollten“.
Bei der interventionellen Behandlung von Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz kommen heute verschiedene Katheter basierte Verfahren zum Einsatz, die darauf ausgelegt sind, die undichten Herzklappen ohne offene Operation zu reparieren oder zu stabilisieren. Im Bereich der Herzklappentherapie stellen Katheter basierte Verfahren eine vergleichsweise junge Innovation dar, die sich in den letzten Jahren zunehmend etabliert hat.
„Während die klassischen chirurgischen Techniken bereits seit den 1950er und 1960er Jahren Anwendung finden und bis vor etwa zwei Jahrzehnten die Hauptalternative zur medikamentösen Behandlung waren, bieten die minimalinvasiven Katheterverfahren heute eine schonendere Option, insbesondere für Hochrisikopatienten. Das bekannteste Beispiel ist der Mitralclip, ein minimalinvasives Verfahren, bei der ein kleiner Clip über einen Katheter von der Leiste zur Herzklappe vorgebracht und im Bereich der Undichtigkeit abgesetzt wird.
Dieses Verfahren zählt heutzutage zur Firstline-Therapie, wenn konservative Maßnahmen versagen. Diese Technik wurde im Jahr 2001 eingeführt und ist in den vergangenen Jahren durch mehrere Studien, darunter die kürzlich veröffentlichten europäischen Kardiologie-Leitlinien, wissenschaftlich untermauert worden. Insbesondere in den letzten Jahren ist bei der Mitralklappen-Clipping-Technik, auch ,clippen´ genannt, die Zahl der verfügbaren Daten im Vergleich zur Chirurgie deutlich gewachsen. Die sogenannte Matterhorn-Studie, eine randomisierte Untersuchung bei 200 Patienten, zeigte, dass die Clips der Chirurgie nicht nur nicht unterlegen, sondern in einigen Aspekten sogar überlegen sind, vor allem wegen der geringeren Komplikationsrate mit weniger Blutungen und Schlaganfällen sowie einer niedrigeren Sterblichkeit nach 30 Tagen.
Die Patienten können darüber hinaus nach einem Kathetereingriff meist nach nur zwei bis drei Tagen das Krankenhaus verlassen, während bei einer operativen Behandlung ein Klinik-Aufenthalt von mehreren Tagen gefolgt von einer Anschlussheilbehandlung notwendig ist. Bei der Trikuspidalklappe ist die Technik noch jünger, der Clip wird aber auch hier seit einigen Jahren im klinischen Einsatz erfolgreich genutzt. Aktuell laufen mehrere Studien, um die Wirksamkeit dieses Verfahrens zur Behandlung der Trikuspidalklappenundichtigkeit wissenschaftlich zu untersuchen.
Trotz all dieser positiven Ergebnisse und Erfahrungen sind die Katheterverfahren bislang nur für bestimmte Patientengruppen geeignet. Jüngere Patienten sowie Patienten mit einem geringen operativen Risiko sind bislang in der Regel keine Kandidaten für die Kathetertechnik, da dazu noch keine ausreichenden Daten vorliegen. Grundsätzlich eignen sich die katheterbasierten Verfahren vor allem bei Hochrisikopatienten, die aufgrund anderer Erkrankungen oder eines schlechten Allgemeinzustands eine chirurgische Behandlung meist nicht gut vertragen. Insbesondere bei jüngeren und gut operablen Patienten mit erheblichen strukturellen Klappenfehlern bleibt die klassische Operation weiterhin Standard, da deren Erfolgsaussichten hier nach wie vor am besten sind.
Insgesamt stellt die Entwicklung dieser minimalinvasiven Methoden einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung dar, so dass man heutzutage vielen Patienten ein schonendes Therapieangebot machen kann, die früher nicht kurativ behandelt werden konnten oder nur unter erheblichen operativen Risiken“, macht PD Dr. Büllesfeld deutlich.

Die interventionelle Herzklappentherapie bei Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz ist insbesondere für Patienten geeignet, bei denen aufgrund verschiedener Faktoren eine konventionelle offene Herzoperation mit erheblichen Risiken verbunden wäre.
Der Ablauf einer interventionellen Herzklappentherapie ist in der Regel planbar, minimalinvasiv und umfasst mehrere Phasen. Zunächst erfolgt in enger Abstimmung mit einem interdisziplinären Team eine gründliche Diagnostik, bei der die genaue Beschaffenheit und der Schweregrad der Klappeninsuffizienz mittels Echokardiographie, manchmal auch durch weitere bildgebende Verfahren wie Herz-MRT oder Herz-CT beurteilt werden. Basierend auf diesen Ergebnissen wird entschieden, ob der Patient für die kathetergestützte Behandlung geeignet ist.
Am Tag der Behandlung wird der Eingriff in einem spezialisierten Herzkatheterlabor vorbereitet. Dabei erhalten die Patienten meist eine Sedierung oder lokale Betäubung und werden kontinuierlich überwacht. Der Eingriff dauert normalerweise 1-2 Stunden. Bei der MitraClip-Therapie wird der Katheter über die Leistenvene eingeführt, um die Klappe zu reparieren. Währenddessen kontrolliert das Team Herzfunktion und Blutfluss, um den Erfolg sicherzustellen.
Das Verfahren erfolgt unter Ultraschallkontrolle in Narkose, um präzise zu steuern, wie viel Undichtigkeit reduziert wird. Es wird stets darauf geachtet, die Klappe nicht zu eng zu machen, um Komplikationen zu vermeiden. In manchen Fällen können mehrere Clips nebeneinandergesetzt werden, um eine bessere Verschlusswirkung zu erzielen. Nach der Behandlung erfolgt eine enge Überwachung für mehrere Stunden bis zu einem Tag, wobei Vitalwerte und mögliche Komplikationen wie Blutungen oder Herzrhythmusstörungen geprüft werden. Die Patienten können meist kurz danach wieder mobilisiert werden. Abschließend erhalten sie Anweisungen zur Nachsorge.
„Nach dem Eingriff bestehen keine spezifischen Einschränkungen für den weiteren Verlauf des Patienten. Zwar gibt es Risiken, die vorab ausführlich erklärt werden, doch in der Regel sind diese gut handhabbar. Das häufigste Risiko ist eine Blutung an der Zugangsstelle, d. h. in der Leistenvene, die durch einen Druckverband gut behandelt werden kann.
Das Risiko liegt bei etwa fünf Prozent, und die Patienten sollten sich für eine Woche körperlich schonen, obwohl keine strikten Schonzeiten vorgeschrieben sind. Es besteht außerdem die Möglichkeit, dass sich der Clip in seltenen Fällen teilweise löst. Bei der Mitralklappe liegt die Wahrscheinlichkeit dafür bei 1 bis 3 Prozent, bei der Trikuspidalklappe bei 5 bis 6 Prozent. Der Clip wird so angebracht, dass er die gegenüberliegenden Segel der Klappe zusammenheftet, ähnlich einer Büroklammer, die fest sitzt. Lösen bedeutet, dass sich eines der Segel aus dem Clip löst, dieser aber weiterhin an dem anderen Segel festhängt. Dieses Lösen des Clips ist häufig auf schlechte Bildgebung zurückzuführen, was anhand der Ultraschallkontrolle rechtzeitig erkannt werden kann.
Das Lösen erfolgt meist unmittelbar nach der finalen Freigabe des Clips oder in den ersten Tagen. Ein späteres Auftreten ist nahezu ausgeschlossen, da es innerhalb von Wochen zur Bildung von Gewebebrücken über den Clip kommt, die diesen weiter stabilisieren. Im Falle des Auftretens dieser Komplikation kann meist in einem zweiten Kathetereingriff der Clip stabilisiert und die Klappe durch Implantation eines weiteren Clips erneut abgedichtet werden.
Langfristige Einschränkungen gibt es in der Regel nicht. Nach drei Monaten erfolgt die erste Nachkontrolle nach einem Clip-Eingriff, danach werden die Patienten jährlich im ambulanten Bereich überwacht. Erfahrung mit diesem Verfahren gibt es mittlerweile über 17 Jahre, seit der ersten CE-Zertifizierung im Jahr 2008. Erste Langzeitdaten liegen daher nun vorher, allerdings nur in sehr beschränktem Ausmaß. Bisher sind aber keine großen Signale für Probleme erkennbar, weshalb die Therapie auch schon bei jüngeren Patienten, etwa um die 50-60 Jahre, angewandt wird“, verdeutlicht PD Dr. Büllesfeld.
Aktuell kommen bei der Behandlung der Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz eine Reihe innovativer Technologien und Geräte zum Einsatz, die die minimalinvasive Reparatur und Behandlung dieser Herzklappenerkrankungen deutlich verbessern. Die Einführung Katheter basierter Behandlungsmethoden bei Herzklappenerkrankungen befindet sich in Deutschland bereits auf einem fortgeschrittenen Stand.
PD Dr. Büllesfeld sagt dazu: „Obwohl diese Techniken in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen haben und in vielen Zentren etabliert sind, ist ihre Verfügbarkeit noch nicht flächendeckend. Das liegt vor allem an den strengen Vorgaben, die durch den Bundesausschuss geregelt sind, sowie an den hohen Anforderungen an die Infrastruktur und die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Aktuell werden diese minimalinvasiven Verfahren vor allem in spezialisierten Zentren angeboten, die über die nötige Erfahrung und die Kooperationspartner, etwa Herzchirurgen, verfügen.
Die Technik hat längst den Status eines Standardverfahrens erreicht und wird in den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie als klare Empfehlung (Klasse 1) für die Behandlung funktioneller Vorhofklappeninsuffizienzen eingestuft. Besonders bei der Mitralklappe wird die Kathetertechnik zunehmend bevorzugt, was durch die vergleichsweise geringe Invasivität, die niedrige Mortalitätsrate und die kurze Hospitalisationszeit unterstrichen wird. Bei der Trikuspidalklappe ist das Verfahren zwar noch relativ jung, aber es wächst die Erfahrung, und die Technik gewinnt an Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft immer mehr Patienten interventionell behandelt werden, während die traditionelle Chirurgie nur noch bei bestimmten Indikationen zum Einsatz kommen wird.
Die Weiterentwicklung der Kathetertechnik, inklusive Optionen wie die Verkleinerung des Klappenringes und die Implantation von Ersatzklappen, wird die Behandlungsmöglichkeiten in den nächsten Jahren weiter verbessern“.

Ein zu später Zeitpunkt für einen Clip bedeutet nicht automatisch, dass die Behandlung auf einen Ersatz der Klappe umgestellt werden muss. Der Ersatz stellt vielmehr eine Alternative dar, die in bestimmten Fällen – vor allem, wenn die Klappenstruktur stark verkalkt oder die Segel sehr kurz sind – notwendig wird.
„Grundsätzlich liegt in der heutigen Praxis, sowohl in der Chirurgie als auch interventionell, der Fokus darauf, die eigene Klappe möglichst zu erhalten und nicht durch eine Prothese zu ersetzen. Früher wurden Klappen chirurgisch häufig vollständig ausgewechselt, was aber zu schlechteren Ergebnissen führte. Heute ist das Prinzip angekommen, die Klappe durch kleine Eingriffe zu retten und nur dann zu ersetzen, wenn eine strukturelle Beschädigung vorliegt, die eine Reparatur unmöglich macht.
Wenn es jedoch zu spät für einen Clip oder einen Ersatz ist, bedeutet das in der Regel, dass die Erkrankung fortgeschritten und die Prognose eher palliativ ist, also symptomorientiert und mit einer schlechten Prognose verbunden. In solchen Fällen geht es dann vor allem um die Linderung der Beschwerden, ohne Aussicht auf eine dauerhafte Heilung. Jährlich werden bei uns etwa 70 Clip-Eingriffe durchgeführt. Das ist ein solides Volumen und sichert eine hohe Behandlungsqualität. Bei uns erfolgen diese Eingriffe seit über 10 Jahren.
Ich selbst habe seit über 15 Jahren Erfahrung mit der Clip-Technik, die ich in meiner Zeit in der Schweiz im Universitätsspital Bern eingeführt und kontinuierlich weiterentwickelt habe. Ich biete außerdem eine Indikationssprechstunde an, die sich insbesondere an niedergelassene Kollegen richtet, die sich mit Klappenproblemen bei ihren Patienten beschäftigen. In dieser Sprechstunde sehe ich die Patienten und gebe eine ausführliche Beratung, bevor eine Entscheidung über die weitere Behandlung getroffen wird. Dieses Angebot wird sehr gut angenommen und trägt dazu bei, die Patienten optimal auf das weitere Vorgehen vorzubereiten“, betont PD Dr. Büllesfeld und damit schließen wir unser Gespräch.
Vielen Dank, Herr Dr. Büllesfeld, für diese gute Aufklärung!
- PD Dr. med. Lutz Büllesfeld, MHBA, FESC, FSCAI, ist Chefarzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie an den GFO Kliniken Bonn.
- Er ist Experte für interventionelle Herzmedizin, bietet modernste Behandlungsmöglichkeiten bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ist spezialisiert auf interventionelle Herzklappentherapie, insbesondere Behandlung von Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz sowie weitere hochspezialisierte Verfahren.
- Bekannt für umfassendes Fachwissen und die Behandlung komplexer Herzerkrankungen mit personalisierter Betreuung und moderner Technik.
- Leiter des Herzkatheter- und Arrhythmiezentrums in Bonn, das jährlich über 3.000 Eingriffe durchführt und zu den führenden Einrichtungen in Deutschland zählt.
- Anerkannt durch Fachauszeichnungen FESC (European Society of Cardiology) und FSCAI (Society for Cardiovascular Angiography and Interventions).
- Schwerpunkte: Interventionelle Behandlung von koronaren Herzerkrankungen, strukturellen Herzerkrankungen und Herzrhythmusstörungen.
- Engagiert für Innovation, hohe medizinische Qualität und einfühlsame, individuelle Betreuung.
- Setzt Standards in der kardiologischen Versorgung durch Fachkompetenz, modernste Technik und herzliche Atmosphäre.