Radiofrequenzablation bei Schilddrüsenknoten - Experteninterview mit Dr. Monica Negrean

18.09.2024

Dr. Monica Negrean ist eine hochqualifizierte und engagierte Fachärztin für Endokrinologie und Diabetologie am renommierten Cellitinnen-Krankenhaus St. Vinzenz in Köln. Geboren und aufgewachsen in Klausenburg, Rumänien, entwickelte Dr. Negrean schon früh eine Leidenschaft für die Medizin, die sie ihr ganzes Leben lang begleitet. Ihr Medizinstudium absolvierte sie an der Universität Klausenburg, wo sie sich bereits während ihrer ersten Facharztausbildung intensiv mit der Bedeutung der Ernährung für die Gesundheit auseinandersetzte. Nach dem Abschluss ihrer Facharztausbildung zog Dr. Negrean nach Deutschland, um ihre medizinische Karriere fortzusetzen.

In ihrer Promotionsarbeit untersuchte sie den Einfluss der Ernährung auf die Gefäßgesundheit bei Diabetespatienten und erlangte durch eine zweite Facharztausbildung in Endokrinologie ein tiefgehendes Verständnis für hormonelle und stoffwechselbedingte Prozesse im menschlichen Körper. Die Behandlungsschwerpunkte von Dr. Negrean in der Diabetologie umfassen die interdisziplinäre Behandlung des diabetischen Fußsyndroms einschließlich der Abklärung bei Verdacht auf Durchblutungsstörungen sowie der Charcotarthropathie. In der Endokrinologie liegt ihr Schwerpunkt in der Behandlung von Erkrankungen der Schilddrüse einschließlich der Feinnadelpunktion von Knoten sowie der Radiofrequenzablation von gutartigen Schilddrüsenknoten. Sie ist besonders erfahren in der Diagnose und Therapie von Erkrankungen der Hypophyse, Schilddrüse, Nebenschilddrüsen und Nebennieren sowie in der Abklärung und Behandlung der Adipositas. Auch Hormonmangel in der Menopause oder bei Männern gehört zu ihren Kompetenzen.

Heute ist Dr. Negrean Chefärztin der Klinik für Diabetologie und Endokrinologie am Cellitinnen-Krankenhaus St. Vinzenz in Köln-Nippes, einer der führenden Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Die Klinik behandelt jährlich etwa 1300 stationäre Patienten und legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms und anderer chronischer Wunden, um unnötige Amputationen zu vermeiden. Als Westdeutsches Zentrum für Thermoablation gehört die Klinik seit 2015 zu den Vorreitern in der minimal-invasiven Behandlung von Schilddrüsenknoten.

Dr. Negrean ist nicht nur in der klinischen Praxis tätig, sondern engagiert sich auch intensiv in der Ausbildung junger Ärzte. Sie gibt ihr umfangreiches Wissen und ihre Erfahrung an die nächste Generation von Ärzten weiter und genießt große Anerkennung und Dankbarkeit bei ihren Patienten. Dr. Negrean trägt mit ihrem Engagement und ihrer Expertise wesentlich zur hohen Qualität der Patientenversorgung bei und stellt sicher, dass die Klinik am St. Vinzenz-Hospital weiterhin eine führende Rolle in der Behandlung endokrinologischer und diabetologischer Erkrankungen einnimmt. Die Schilddrüse bereitet vielen Menschen Probleme und führt auch zu erheblichen Gewichtsschwankungen.

Die Redaktion des Leading Medicine Guide konnte mit Dr. Negrean speziell über die Radiofrequenzablation von Schilddrüsenknoten sprechen.

Dr. Monica Negrean

Die Schilddrüse, ein kleines schmetterlingsförmiges Organ im vorderen Halsbereich, spielt eine entscheidende Rolle im menschlichen Körper. Sie produziert lebenswichtige Hormone, die den Stoffwechsel, das Wachstum und die Entwicklung regulieren. Trotz ihrer geringen Größe hat die Schilddrüse weitreichende Auswirkungen auf fast alle Organsysteme und trägt wesentlich zur Erhaltung der Gesundheit bei. Störungen der Schilddrüsenfunktion können vielfältige und oft schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen, weshalb ein grundlegendes Verständnis ihrer Funktion und möglicher Erkrankungen von großer Bedeutung ist. Knoten in der Schilddrüse sind verdichtete Bereiche des Schilddrüsengewebes, die durch eine Vielzahl von Faktoren entstehen können. Diese Knotenbildung kann sowohl gutartig als auch bösartig sein, wobei die meisten Knoten gutartig sind.

Die Ursachen von Knotenbildungen in der Schilddrüse sind vielfältig und umfassen eine Reihe von Faktoren. 

Bei der Schilddrüse haben wir es im Wesentlichen mit zwei großen Erkrankungen zu tun. Das sind zum einen die Funktionsstörungen der Schilddrüse mit Über- und Unterfunktion. Die zweite Gruppe von Erkrankungen sind die strukturellen Veränderungen, wobei die Knotenbildung die weitaus häufigste Veränderung ist, mit der Hauptursache Jodmangel. Frauen sind häufiger betroffen als Männer und das Risiko steigt mit dem Alter. In Deutschland hat jeder Vierte, also 25 Prozent der Bevölkerung, Knoten in der Schilddrüse – bei den Älteren ist es jeder Zweite bis Dritte“, erklärt Dr. Negrean zu Beginn unseres Gesprächs.


Genetische Prädispositionen spielen ebenfalls eine Rolle, da eine familiäre Veranlagung das Risiko für die Entwicklung von Schilddrüsenknoten erhöht. Auch chronische Entzündungen der Schilddrüse, wie sie bei Autoimmunerkrankungen auftreten, können zu Knoten führen. Zusätzlich können gutartige Tumoren, sogenannte Adenome, als Knoten auftreten, und in seltenen Fällen kann Schilddrüsenkrebs die Ursache sein. Zystenbildung und Fibrose durch chronische Entzündungen oder Gewebeschäden können ebenfalls Knoten hervorrufen.


Die Symptome von Schilddrüsenknoten können vielfältig sein und variieren je nach Größe, Lage und Funktion der Knoten. Häufig bleiben kleine Knoten asymptomatisch und werden zufällig bei Routineuntersuchungen entdeckt. Wenn Symptome auftreten, können sie den Patienten jedoch dazu veranlassen, einen Arzt aufzusuchen.

Knoten werden oft als Zufallsbefund bei einer Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse entdeckt. Es ist aber auch möglich, dass ein Patient selbst Knoten ertastet oder sogar sieht. Patienten können auch ein Druck- oder Engegefühl im Hals verspüren. Dies macht sich beim Schlucken bemerkbar, in schwereren Fällen auch beim Atmen, oder man bemerkt, dass z. B. der Kragen eines Hemdes nicht mehr passt. Größere Knoten können durch Druck auf die Stimmbandnerven Heiserkeit verursachen“, so Dr. Negrean zu den Symptomen von Schilddrüsenknoten und erläutert dann die Vorgehensweise bei der Diagnostik:

Die Abklärung von Schilddrüsenknoten erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst reden wir mit dem Patienten (Anamnese), der uns seine Geschichte erzählt, und wir führen dann eine körperliche Untersuchung durch, bei der wir den Hals nach Schwellungen und Knoten abtasten. Um die Größe, Beschaffenheit und genaue Lage der Knoten zu bestimmen und die Lymphknoten zu untersuchen, wird in der Regel eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Diese Methode ermöglicht eine detaillierte Darstellung der Schilddrüse und hilft festzustellen, ob es sich um einen soliden oder zystischen Knoten handelt. Zur weiteren Abklärung kann eine Biopsie durchgeführt werden. Dabei werden mit einer dünnen Nadel Zellen aus dem Knoten entnommen und unter dem Mikroskop auf Krebszellen untersucht. Blutuntersuchungen zur Bestimmung der Schilddrüsenhormonwerte und anderer relevanter Parameter wie des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) werden ebenfalls durchgeführt, um die Funktion der Schilddrüse zu beurteilen. In einigen Fällen kann eine Szintigraphie, eine nuklearmedizinische Untersuchung, hilfreich sein, um die Aktivität von Schilddrüsenknoten zu beurteilen und zwischen kalten (nicht hormonproduzierenden) und heißen (hormonproduzierenden) Knoten zu unterscheiden“.

Die Radiofrequenzablation (RFA) bietet bei der Behandlung von gutartigen Schilddrüsenknoten im Vergleich zur konventionellen Chirurgie spezifische Vorteile.

Die Radiofrequenzablation wird seit vielen Jahrzehnten bei anderen Organen eingesetzt. Bei der Behandlung der Schilddrüse wird die Methode seit über 20 Jahren international angewendet und basiert auf dem Prinzip der Knotenzerstörung durch Hitze. Bei der Ablation wird eine Sonde in den Knoten eingeführt und erhitzt. Durch die Hitze wird der Knoten zerstört und vom Körper allmählich abgebaut, ähnlich einem Bluterguss, der nach und nach verschwindet. So kommt es über mehrere Monate zu einer deutlichen Verkleinerung. Persönlich sehe ich die Radiofrequenzablation nicht als Konkurrenz zur Operation, sondern als Ergänzung. Dann gibt es noch Besonderheiten bei den Knoten, nämlich die autonomen Adenome, die zu viele Hormone produzieren. Hier ist die Radiojodtherapie die Therapie der Wahl. Es gibt aber auch Patienten, die diese Therapieform ablehnen, zum Beispiel Frauen, die eine Schwangerschaft planen, weil das Wort `radioaktiv´ negativ besetzt ist. Dann ist die Radiofrequenzablation eine gute Alternative. Oder die Knoten werden operativ entfernt. Bei den Schilddrüsenoperationen liegt Deutschland im internationalen Vergleich an der Spitze. Meiner Meinung nach sind nicht immer alle Operationen notwendig“, verdeutlicht Dr. Negrean und fügt an:

Ein wesentlicher Vorteil ist die Minimalinvasivität der Radiofrequenzablation, die in der Regel auch nur einmal durchgeführt werden muss. Da sie nur unter örtlicher Betäubung mit einer dünnen Nadel durchgeführt wird, werden große Schnitte und die damit verbundene Narbenbildung vermieden. Zudem ist das Risiko von Komplikationen wie Infektionen, Blutungen und Verletzungen umliegender Strukturen, zum Beispiel der Stimmbandnerven, geringer als bei traditionellen Operationen. Vor dem Eingriff unter örtlicher Betäubung erhalten die Patienten zusätzlich eine kleine Beruhigungstablette und sind wach. Die Behandlung ist schmerzarm oder oft schmerzfrei, da die Schilddrüse keine Schmerzrezeptoren besitzt – das umliegende Gewebe wird betäubt. Die Patienten erholen sich nach einer RFA schneller und bleiben nur 1-2 Tage im Krankenhaus. In der Regel nehmen sie ihre normalen Aktivitäten innerhalb weniger Tage wieder auf und haben nur einen geringen Arbeitsausfall. Ein weiterer wichtiger Vorteil der RFA ist der Erhalt der Schilddrüsenfunktion. Da bei der RFA nur der Knoten behandelt wird und das umgebende Schilddrüsengewebe weitgehend erhalten bleibt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion geringer“. Die Nachsorge umfasst regelmäßige Ultraschall- und Laboruntersuchungen, um die Rückbildung des Knotens und die Schilddrüsenfunktion zu überwachen.

Damit ein Patient für eine Radiofrequenzablation (RFA) in Frage kommt, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, die sicherstellen, dass dieses Verfahren sowohl sicher als auch effektiv ist. 

Bevor eine Radiofrequenzablation durchgeführt wird, muss sichergestellt sein, dass der Knoten gutartig ist. Denn bei bösartigen Knoten kann man nicht sicher sein, mittels einer Radiofrequenzablation alle bösartigen Zellen zu erwischen. Auch wenn die Knoten sehr weit unten liegen, etwa unter dem Schlüsselbein, ist die RFA problematisch, weil das Risiko für Komplikationen zu hoch ist. Patienten mit schweren Gerinnungsstörungen oder solchen, die Blutverdünner einnehmen, müssen besonders sorgfältig abgewogen werden, da das Risiko von Blutungen erhöht sein kann. Der Patient sollte in gutem Allgemeinzustand sein und keine schwerwiegenden Begleiterkrankungen haben, die das Risiko des Eingriffs erhöhen könnten. Es gibt jedoch spezifische Kontraindikationen für die RFA, die berücksichtigt werden müssen. Patienten mit bösartigen Schilddrüsenknoten oder Verdacht auf Schilddrüsenkrebs sind für die RFA nicht geeignet und benötigen in der Regel eine chirurgische Behandlung. Patienten mit aktiven Infektionen im Hals- oder Kopfbereich sind ebenfalls ungeeignet, da dies das Risiko von Komplikationen erhöht. Auch Patienten mit Herzschrittmachern oder anderen implantierten elektronischen Geräten sollten vor dem Eingriff gründlich untersucht werden. Auch bei Schwangeren wird die Therapie nicht durchgeführt“, schildert Dr. Negrean.

Die Radiofrequenzablation ist ein vergleichsweise sicheres Verfahren. Dennoch kann es zu Komplikationen kommen.

In seltenen Fällen kann es zu einem Bluterguss (Hämatom) an der Einstichstelle kommen, der jedoch in aller Regel von selbst abheilt. Eine weitere mögliche Komplikation ist eine Infektion der Punktionsstelle. Dass Stimmbandnerven betroffen sind, ist äußerst selten, da wir diese Strukturen schonen. Das Risiko einer dauerhaften Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) ist gering, kann aber bei ausgedehnter Behandlung auftreten. Im Vergleich zu traditionellen chirurgischen Eingriffen sind die Komplikationen der RFA meist weniger schwerwiegend und treten seltener auf. Chirurgische Eingriffe können mit einem höheren Risiko für bleibende Schilddrüsenfunktionsstörungen, Verletzungen der Stimmbandnerven, größere Narben und längere Genesungszeiten verbunden sein“, macht Dr. Negrean klar.

Studien haben gezeigt, dass die meisten Patienten nach der RFA keine signifikanten Veränderungen ihrer Schilddrüsenhormonwerte aufweisen und ihre Schilddrüsenfunktion normal bleibt. Für eine umfassendere Bewertung der langfristigen Auswirkungen der RFA sind jedoch weitere gut kontrollierte Studien mit größeren Patientengruppen über einen längeren Zeitraum erforderlich.

Ausblick für die Zukunft und Rat für die Schilddrüsenpflege

In der Medizin verdoppelt sich das Wissen spätestens alle zwei Jahre. Die Radiofrequenzablation gibt es in Deutschland als Schilddrüsentherapie seit ca. 12 Jahren. Es gibt bereits Leitlinien und viel Erfahrung. Die technischen Möglichkeiten, auch was die Planung der Eingriffe angeht, werden sich hier sicher noch weiterentwickeln. Aber wir sind schon sehr zufrieden mit dem, was wir auf diesem Gebiet haben. Wenn ich einen Rat geben darf: Deutschland war ein Jodmangelgebiet und ist jetzt wieder ein Land mit mildem Jodmangel. In der Generation unserer Großeltern gab es oft diese riesigen Schilddrüsenkröpfe. Die haben wir heute nicht mehr, weil wir die Jodversorgung verbessert haben. Insofern macht die Verwendung von Jodsalz auf jeden Fall Sinn, um diese Versorgung zu unterstützen. Bei einer Schilddrüsenüberfunktion ist die Jodsalzzufuhr allerdings kontraproduktiv, aber bevölkerungsbezogen ist Jodsalz gut! Aus diesem Grund erhalten auch alle Schwangeren zusätzliches Jod“, führt Dr. Negrean aus und schließt damit unser Gespräch.

Herzlichen Dank, sehr geehrte Frau Dr. Negrean, für diese hilfreichen Informationen zur Behandlung von Knoten in der Schilddrüse!

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