Hybrid-DRG und Leistungsgruppen im Transparenzgesetz - Experteninterview mit Dr. Fackeldey

20.09.2024

Dr. med. Volker Fackeldey ist ein Spezialist für Hernienchirurgie und leitet das renommierte Hernienzentrum am Maindreieck der Klinik Kitzinger Land. Seine Expertise und sein unermüdliches Engagement haben das Zentrum zu einer führenden Einrichtung in der Behandlung von Bauchwandbrüchen gemacht. Unter seiner Führung wurde das Hernienzentrum 2013 als eines der ersten Kompetenzzentren für Hernienchirurgie in Deutschland ausgezeichnet und hat seither seinen hervorragenden Ruf weiter ausgebaut.

Dr. Fackeldey setzt bei Operationen modernste endoskopische Methoden ein und bietet ein breites Spektrum an spezialisierten Behandlungsschwerpunkten, darunter minimal-invasive Hernienchirurgie und klassische Verfahren wie die Operationsmethoden nach Shouldice und Lichtenstein. Als Chefarzt der Abteilung für Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie verfügt Dr. Fackeldey über umfangreiche Zusatzausbildungen und Spezialisierungen, darunter Sportmedizin, Proktologie und Chirotherapie.Seine Qualifikation in Koloproktologie EBSQ und die Mitgliedschaft in mehreren Expertengremien gewährleisten, dass er stets auf dem neuesten Stand der medizinischen Forschung und Praxis bleibt.

Dr. Fackeldey ist ein kritischer Beobachter, was die angestrebten Veränderungen im deutschen Gesundheitssystem betrifft. So ist die neue Hybrid-DRG (Diagnosis Related Group) ein Konzept im Gesundheitswesen, das eine Mischform aus pauschalisierten Fallgruppen und leistungsorientierten Elementen zur Abrechnung von Krankenhausleistungen darstellt. Während traditionelle DRGs die Krankenhausvergütung pauschal auf Basis der Diagnose und des Behandlungsaufwands festlegen, zielt die Hybrid-DRG darauf ab, spezifische Leistungsaspekte stärker zu berücksichtigen und dadurch die Finanzierung transparenter und gerechter zu gestalten.

Die Redaktion des Leading Medicine Guide konnte mit Dr. Fackeldey zu diesem Thema ein kritisches Gespräch führen.

Dr. Fackeldey, Leading Medicine Guide

Die Einführung der Hybrid-DRG und die Neuregelungen im Transparenzgesetz in 2024 haben in der Gesundheitsbranche für erhebliche Diskussionen gesorgt. Ursprünglich konzipiert, um eine gerechtere und transparentere Abrechnung medizinischer Leistungen zu ermöglichen, stoßen diese Neuerungen auf vielfältige Kritik. Fachleute bemängeln insbesondere die Komplexität und die potenziellen Ungerechtigkeiten der neuen Abrechnungsmechanismen. Zudem wird die Umsetzung der Leistungsgruppen im Transparenzgesetz als nicht ausreichend durchdacht und teilweise fehlerhaft angesehen. 

Ursprünglich als Instrumente zur Verbesserung der finanziellen Transparenz und der gerechteren Vergütung medizinischer Leistungen gedacht, stoßen diese Neuerungen auf unterschiedliche Reaktionen und Herausforderungen.

Die Hybrid-DRG, eine Weiterentwicklung der traditionellen DRG-Systeme, sollte die Limitierungen dieser etablierten Modelle überwinden. Indem sie spezifische Leistungen und Kostenkomponenten separat ausweist und vergütet, soll sie eine präzisere Abrechnung von Krankenhausleistungen ermöglichen. Dadurch sollen insbesondere komplexe und kostenintensive Behandlungen angemessen entschädigt werden, was zu einer gerechteren Vergütung führen könnte. Trotz dieser potenziellen Vorteile gibt es jedoch erhebliche Kritikpunkte an der Hybrid-DRG. 

Die gesamte Einführung der Hybrid-DRG in diesem Jahr war eine mittlere Katastrophe. Es sollte ja zum 1. Januar 2024 losgehen. Und das was ich von unseren Abrechnungsabteilungen höre, ist, dass es mit den Abrechnungen bis heute noch nicht richtig funktioniert. Hintergrund der ganzen Geschichte ist, dass es eine sektorengleiche Vergütung geben sollte für ambulant Tätige und für Kliniker. Und schon das stimmt in dieser Form nicht. Denn ambulant Tätige können mehr abrechnen, etwa die ganze Vorbereitung für die Behandlung eines Patienten als auch die gesamte Nachbehandlung. Auch wie die ganze Hybrid-DRG zustande gekommen ist, ist letztlich merkwürdig. Denn man hat einfach den Durchschnittssatz der ambulanten und den der stationären Operationen addiert und dies dann durch zwei geteilt. Das heißt, wir haben einen massiven Abschlag und wissen nicht, ob das alles noch kostendeckend anzubieten ist“, führt Dr. Fackeldey kritisch aus und schildert mögliche Konsequenzen dieses Dilemmas:

So heißt es unter Kollegen, dass es etwa bei der Operation von Leistenhernien ein Revival der netzfreien Verfahren geben wird. Es ist definitiv ein Verlassen einer mehr als jahrzehntelangen Erfolgsgeschichte. Es gibt mittlerweile aber auch Operationen, die in Kliniken durchgeführt werden, die Hybrid-DRG gemäß abgerechnet werden können statt ambulant. Wenn man aber an die High Volume Zentren denkt, die wirklich viele Leistenoperationen stationär gemacht haben, dann haben diese jetzt natürlich ein großes Problem, weil sie massive Abschläge haben. Es ist auch immer noch unklar, wie Patienten abrechnet werden, die trotz ursprünglich ambulantem Plan doch stationär aufgenommen werden, weil zum Beispiel eine Komplikation aufgetreten ist. Denn schließlich gibt es immer Fälle, bei denen Patienten aus welchem Grund auch immer, nicht am Tag der Operation nach Hause entlassen werden können, sondern im Krankenhaus bleiben. Das darf die Klinik dann auch so entscheiden, kann dann aber nicht stationär abrechnen. Am Ende ist der gesamte Abrechnungsmodus der Hybrid-DRG zum Vorteil der Krankenkassen. Das Wohl der Patienten steht hier nicht im Vordergrund. Eine Klinik hat am Ende mit der Hybrid-DRG Abschläge von ca. 1000,00 Euro pro Fall. So bekommen wir statt früher zwischen 2600,00-2700,00 Euro für eine Leistenhernien Operation und eine Nacht in der Klinik, jetzt nur noch ca. 1600,00 Euro. Das sind dann am Ende ein paar Hunderttausend Euro weniger Erlös pro Jahr. Am Ende geht es also nur um Geldersparungen und nicht darum, wieviel besser operative Eingriffe für den Patienten sind. Aber das funktioniert ohnehin nicht, weil die Ausgaben auch aktuell immer weiter steigen“.

Insgesamt besteht bei der Hybrid-DRG eine große Ungerechtigkeit bei Abrechnungsmöglichkeiten von Kliniken und von niedergelassenen Ärzten. 

Ob ich als angestellter Arzt in einer Klinik 100 oder 200 Leistenhernien im Jahr operiere, spielt für den angestellten Arzt keine Rolle, da es hier um ein Festgehalt geht. Ein niedergelassener Arzt könnte aber, wenn er wollte, seinen Erlös theoretisch verdoppeln. Die Kliniken werden an dieser Stelle im Regen stehengelassen, die aber oft als Kostentreiber diffamiert werden, andere Gruppen aber nicht. Kliniken kämpfen heute teilweise ums Überleben, und es muss auch etwas unternommen werden, um aus den Defiziten herauszukommen. Eine gute Grundidee hierbei wäre eine auskömmliche Vorsorgepauschale, die dann aber auch wirklich als Pauschale gewertet wird und nicht wieder von den DRGs abhängig ist. Wir haben ja auch seit einiger Zeit ein Pflegebudget – warum gibt es kein Ärztebudget? Das würde Druck aus dem System nehmen. Dann gibt es ja durchaus auch positive Ansätze, die das Bundesministerium für Gesundheit verfolgt. So soll natürlich nicht jedes Krankenhaus alles an Operationen durchführen. Hier geht es um Spezialisierungen und Erfahrung durch entsprechend hohe Fallzahlen. Und diese Kliniken müssen dann jeweils für ihre Spezialisierung gut ausgestattet sein“, konstatiert Dr. Fackeldey.

Die erhöhte Komplexität der Abrechnungssysteme führt zu einem deutlich gesteigerten Verwaltungsaufwand. Krankenhäuser müssen zusätzliche Daten erfassen und verarbeiten, was Ressourcen bindet und administrative Kosten verursacht. Diese Veränderungen haben auch Auswirkungen auf den Klinikalltag. Das Klinikpersonal steht vor einem erhöhten Dokumentationsaufwand, um die Anforderungen der Hybrid-DRG zu erfüllen. Die Anpassung der IT-Systeme und Investitionen in Schulungen sind notwendig, um die neuen Abrechnungsmechanismen umzusetzen. Zusätzlich erfordert die detaillierte Abrechnung eine strenge Qualitätskontrolle und Compliance-Überwachung, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Wir haben schon seit Jahren massive Arbeitsverdichtungen, was jetzt gerade noch schlimmer wird. Wir haben hier im Klinikum eine Kurzlieger Station eingeführt, wo alle ambulanten und tagesstationär behandelten Patienten betreut werden, was bedeutet: Der Patient kommt morgens und geht abends wieder. Wenn ein Patient dann doch über Nacht bleiben sollte, muss dieser nochmal verlegt werden. Wir haben diese Patienten damit sozusagen ausgegliedert, dass diese nicht in den ganz normalen Klinikalltag fallen. Als ich als Assistenzarzt angefangen habe, lag ein Patient mit einer Leistenhernie eine Woche im Krankenhaus. Und jetzt ist alles, was in einer Woche stattgefunden hat, reduziert auf einen Tag. Natürlich hat dies mit den sehr viel besseren Operationstechniken zu tun, da die Patienten grundsätzlich sehr viel schneller wieder fit und schmerzfrei sind, was sehr positiv ist. Nur aufgrund dieser Möglichkeiten kam die Idee der Hybrid-DRGs überhaupt zustande. Das Problem liegt aber in der Vergütung für uns als Klinik. Ziel des Gesundheitsministeriums ist schlussendlich, ca. 20-30% der Kliniken zu schließen. Für die Krankenkassen hat dies bislang keinen Vorteil. Denn wenn ein niedergelassener Arzt eine Leistenhernie operiert, kostet das ca. 700 Euro. Wenn die Klinik das operiert ca. 2600,00 Euro. Jetzt kriegen beide Seiten jeweils 1600,00 Euro, was für den niedergelassenen Arzt gut ist, da dieser die Einnahmen steigern kann, der aber auch jetzt mit Pauschalen arbeiten und fairerweise auch Materialkosten tragen muss, was vorher nicht der Fall war. Ich glaube nicht, dass die hohe Operationszahl auf diesem Wege korrigiert wird. Und die Operationszahl kleiner zu halten, gehörte aber auch zu den Zielen der ganzen Reform. Und dadurch, dass vielleicht hier und da an Material gespart wird, kann es künftig zu mehr Rezidiven kommen“, schildert Dr. Fackeldey kritisch.

Die Implementierung des Leistungsgruppen- und Transparenzgesetzes stellt eine bedeutende Herausforderung dar, insbesondere hinsichtlich der Genauigkeit und Integrität der im Klinikatlas veröffentlichten Daten. 

Der erste Klinikatlas wurde von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) im Jahr 2009 veröffentlicht und sollte eine umfassende Sammlung von Daten und Informationen über die deutschen Krankenhäuser sein. Es war eine detaillierte Übersicht über verschiedene Aspekte des Krankenhausbetriebs gewünscht, einschließlich der Versorgungsstruktur, der Leistungsdaten, der Qualitätskennzahlen und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Ziel war es, Transparenz im Gesundheitswesen zu schaffen, die Qualität der Krankenhausversorgung zu verbessern und politische Entscheidungsträger sowie die Öffentlichkeit besser über die Krankenhauslandschaft in Deutschland zu informieren, um letztlich gezielt Verbesserungen im Krankenhauswesen anzustreben.

Beim ersten Klinikatlas gab es damals einen großen Protest, weil man einfach die Daten aus den Qualitätsberichten genommen hat. Dies macht keinen Sinn, da in den Qualitätsberichten sämtliche Prozeduren eines Krankenhauses dokumentiert sind, was mit der Außendarstellung von Kompetenz und Qualität nichts zu tun hat. Es sind viele Sturm gelaufen, da auch falsche Angaben zu lesen waren. So war auch eine Fachklinik für Prostataoperationen mit einer Operationszahl von 40-50 pro Jahr angegeben, obwohl sie hunderte davon im Jahr machte. Da ist viel falsch gelaufen, was jetzt geändert wurde und anwenderfreundlicher ist. Wobei man immer noch kritisieren muss, dass der Atlas primär mit Quantität, aber nichts mit Qualität zu tun hat. Natürlich ist die Fallzahl von Operationen wichtig – wer 500 Knie im Jahr operiert, versteht mehr davon als jemand, der 50 Knie operiert. Aber es sollte auch das Outcome der Patienten berücksichtigt werden. Und was im Klinikatlas noch ergänzt werden soll, sind die verschiedenen erworbenen Zertifikate, also ob eine Klinik beispielsweise für Krebsbehandlungen oder für Endoprothetik ausgezeichnet wurde. Für mich fehlen in den Anforderungen darüber hinaus auch die erteilten Zertifikate der verschiedenen Fachgesellschaften, die man als Klinik auch gerne angegeben hätte. Ob wir das jetzt im Nachgang als mögliches Qualitätsmerkmal nachreichen dürfen, weiß ich noch nicht – das wird von unserer Beauftragten für Qualitätsmanagement geprüft“, erläutert Dr. Fackeldey. 

Um den Klinikatlas als aussagekräftiges Instrument für Patienten, Ärzte und andere Interessengruppen zu etablieren, müssen die veröffentlichten Daten miteinander vergleichbar sein. Dies erfordert klare Definitionen, Standards und Methodologien für die Datenerhebung und -berichterstattung, um sicherzustellen, dass die Daten konsistent und vergleichbar sind und einen objektiven Vergleich zwischen den Krankenhäusern ermöglichen. Darüber hinaus müssen strenge Datenschutz- und Sicherheitsrichtlinien eingehalten werden, um die Vertraulichkeit und Privatsphäre der Patientendaten zu schützen. 


Der Klinikatlas ist eine Online-Plattform, die umfassende Informationen über Kliniken und Krankenhausleistungen in Deutschland bietet. Er soll Transparenz im Gesundheitswesen fördern und Patienten bei der Klinikauswahl unterstützen. Die Plattform enthält Qualitätsdaten, Bewertungen der medizinischen Leistungen, Patientenerfahrungen sowie Standortinformationen und ermöglicht den Vergleich verschiedener Kliniken anhand ausgewählter Kriterien. Dadurch können Patienten und Angehörige fundierte Entscheidungen treffen und die passende Klinik für ihre individuellen Bedürfnisse finden.


Die neuen Regelungen der Hybrid-DRG und des Leistungsgruppen- und Transparenzgesetzes könnten die Qualität der Patientenversorgung auf verschiedene Weise beeinflussen. 

Dr. Fackeldey manifestiert sein Statement zu den Hybrid-DRGs erneut: „Ich bin prinzipiell kein Gegner der Hybrid-DRG. Nur die Vergütungsermittlung ist wirklich schlecht, weil sie sehr zu Lasten der Kliniken läuft. Einsparungsgedanken sind ja in Ordnung, und die Hybrid-DRGs sind positiv interessant. Die Sektorengleichheit von Kliniken und niedergelassenen Tätigen hätte man sicherlich anders gestalten können. Da sind bei den Entscheidungsfindungen im Gesundheitsministerium auch immer zu wenige Kliniker involviert, die dann im Zweifelsfall überstimmt werden“.

Durch die Veröffentlichung von Leistungsdaten könnten Krankenhäuser voneinander lernen und bewährte Praktiken identifizieren, was die Qualität der Versorgung insgesamt verbessern könnte. Auf der anderen Seite könnten die neuen Regelungen auch negative Auswirkungen haben. Der erhöhte administrative Aufwand für Krankenhäuser könnte zu einer Ablenkung von der direkten Patientenversorgung führen und die Arbeitsbelastung für das medizinische Personal erhöhen. Zudem besteht womöglich das Risiko, dass Krankenhäuser versuchen, ihre Leistungsdaten zu manipulieren, um finanzielle Anreize zu maximieren oder negative Auswirkungen zu minimieren, was die Integrität der Daten und die Qualität der Versorgung beeinträchtigen könnte. Außerdem könnte die Ausrichtung auf bestimmte Qualitätsindikatoren und Leistungsziele dazu führen, dass Krankenhäuser ihre Ressourcen auf Kosten anderer Aspekte der Patientenversorgung priorisieren. Dies könnte zu verzerrten Prioritäten führen und bestimmte Aspekte der Versorgung vernachlässigen, was sich negativ auf die Gesamtqualität auswirken könnte. 

In Bezug auf Vergütung und Transparenz im Gesundheitssystem gibt es verschiedene Verbesserungsvorschläge. 

Hinsichtlich der Qualität des deutschen Gesundheitssystems im Vergleich zu anderen Ländern wird Deutschland oft als eines der Länder mit einer hohen Qualität der Gesundheitsversorgung angesehen. Das deutsche Gesundheitssystem zeichnet sich durch einen umfassenden Versicherungsschutz, einen breiten Zugang zu medizinischen Leistungen und eine hohe Patientenzufriedenheit aus. Dennoch gibt es definitiv Verbesserungsmöglichkeiten. Hierzu äußert Dr. Fackeldey:

Es wäre am sinnvollsten, wenn Kliniken Vorhaltepauschalen erhalten würden, also eine Vergütung, die Krankenhäuser dafür erhalten, dass sie bestimmte Leistungen und Ressourcen jederzeit für die Versorgung von Patienten bereitstellen, unabhängig davon, ob diese Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden. Diese Pauschale dient dazu, die Kosten für die ständige Bereitschaft und Vorhaltung von Personal, Infrastruktur und medizinische Ausrüstung abzudecken. Dies ist wohl so auch geplant, dass 60% der Klinikkosten über die Vorhaltepauschale gedeckt werden und der Rest dann über die DRGs. Bis heute weiß ich aber nicht, wie das aussehen soll. Ob sich dann die Vorsorgepauschalen doch wieder nach den DRGs richtet, kann ich derzeit nicht sagen. Die DRG ist für die Pflege um 20% gekürzt worden und soll nochmal um 20%, also insgesamt um 40% gekürzt werden, und der Rest ist dann die Pauschale. Ob das dann aber den Druck aus den Kliniken herausnimmt, das lässt sich schwer sagen. Denn die fehlenden 40% müssen ja auch wieder erwirtschaftet werden. Und dann wird es ja doch wieder wichtig, wie viele Operationen von einer Klinik durchgeführt werden. Ich wüsste keine Lösung, wie man den wirtschaftlichen Druck umgehen soll. Fakt ist, dass Deutschland in der gesamten Operationsanzahl international ganz weit vorne liegt“, macht Dr. Fackeldey deutlich.


Dr. Fackeldey beanstandet die mangelhafte Präventionsarbeit in der medizinischen Landschaft Deutschlands. Dies sei auch erkennbar in dem jüngsten Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit, welches ein Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit vorsieht, um die hohe Krankheitslast durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland zu senken. Diese Erkrankungen sind die häufigste Todesursache und verursachen erhebliche Kosten im Gesundheitssystem. Das Gesetz zielt darauf ab, die Früherkennung und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verbessern. Prävention sei in dem Gesetzesentwurf nur mäßig erkennbar. „Deutschland investiert im internationalen Vergleich zu wenig in die medizinische Prävention. Um diese zu stärken, sollte der Staat gezielt eingreifen, etwa durch die Einführung einer Zuckersteuer, um ungesunde Ernährungsgewohnheiten zu bekämpfen, und eine deutliche Erhöhung der Nikotin- und Tabaksteuer anstreben. Solche fiskalischen Maßnahmen würden nicht nur die gesundheitlichen Risiken reduzieren, sondern auch die finanzielle Belastung des Gesundheitssystems langfristig senken. Prävention ist eine Investition in die Zukunft der Gesellschaft und sollte viel konsequenter gefördert werden. Verhindert wird dies derzeit von den Stimmen der FDP als Koalitionspartner der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit aktuell nur 92 von 736 Sitzen (12,5 %!) im Deutschen Bundestag, die eher für Aufklärungskampagnen und freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie ist, um ungesunde Verhaltensweisen zu ändern und betont die Bedeutung der Eigenverantwortung der Bürger. Das aber funktioniert leider nicht“, kritisiert und empfiehlt Dr. Fackeldey.


Krankenhäuser sind längst nicht mehr nur Orte der Heilung und Fürsorge, sondern auch bedeutende Akteure in einem komplexen wirtschaftlichen Umfeld. 

Als Wirtschaftsunternehmer stehen sie vor der Herausforderung, eine Balance zwischen der Erfüllung ihres medizinischen Auftrags und der Sicherstellung ihrer wirtschaftlichen Nachhaltigkeit zu finden. Die steigenden Kosten im Gesundheitswesen, der Wettbewerb um Patienten und Fachkräfte sowie der Druck, qualitativ hochwertige Leistungen zu erbringen, haben Krankenhäuser dazu gezwungen, unternehmerische Strategien zu entwickeln. Diese Entwicklung beeinflusst nicht nur die Art und Weise, wie medizinische Versorgung organisiert wird, sondern auch, wie Patienten und Angehörige das Gesundheitssystem wahrnehmen.

Natürlich ist es so, dass die Klinik darüber entscheidet, ob ein Patient nach Hause entlassen werden kann oder nicht, wenn eine ambulante Operation stattgefunden hat. Und hier wissen wir eben noch nicht, wie dieser Patient dann abgerechnet werden kann, wenn aus der medizinischen Verantwortung heraus doch ein stationärer Aufenthalt ermöglicht werden muss. Die ambulante Behandlung bringt natürlich klar den Vorteil, dass mehr Betten für kränkere Patienten vorhanden sind. Für die Pflegekräfte, die eigentlich entlastet werden sollten, bedeutet diese Situation aber einen erhöhten Mehraufwand, da sie nun mit mehr Patienten zu tun haben, die eine intensivere Pflege benötigen. Und dass bei dem derzeit bestehenden Pflegemangel. Wir haben aktuell wegen Pflegemangel 30 Betten gesperrt. Wie alles weitergeht, hängt wohl auch ein bisschen davon ab, ob unsere politische Ampel die Haushaltsberatungen überlebt, die bestehende Länderhoheit ist dabei nicht immer hilfreich, und es besteht keine übergeordnete Planung. Gesundheitspolitisch passiert im Moment nichts. Dabei brauchen wir unbedingt eine Bereinigung des deutschen Gesundheitsmarkts. Wir haben eine sehr gute Medizin in Deutschland, sind aber viel zu oft ineffizient. Insofern ist die Idee einer Gesundheitsreform richtig. Und wir brauchen die Leute am Bett – am Patienten – und nicht am Schreibtisch, um die überbordende Bürokratie zu bedienen“, äußert Dr. Fackeldey mit Vehemenz, und damit beenden wir unseren Diskurs.

Herzlichen Dank, Dr. Fackeldey, für diesen offenen Einblick in die bestehenden gesundheitspolitischen Strukturen! 

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