Er ist Klinikdirektor der Abteilung für Orthopädie im St. Elisabeth Hospital Herten des Stiftungsklinikums PROSELIS – und er gilt in allen Bereichen seiner Disziplin als erfahrener Experte: Priv.-Doz. Dr. med. Dariusch Arbab genießt bei der Chirurgie an Knie, Hüfte oder Schulter ebenso einen hochklassigen Ruf wie in der Rheumaorthopädie und der Schmerzmedizin. Spezialisiert hat er sich allerdings auf die Chirurgie von Fuß und Sprunggelenk. Dem Leading Medicine Guide erzählte er, was wir für unsere Füße besser machen können und welche Behandlungsoptionen es bei den verschiedensten Fußerkrankungen gibt.
Unsere Füße tragen jeden Tag unser gesamtes Körpergewicht und sorgen für die nötige Balance. Damit sind sie die Teile unseres Körpers, die im Alltag am meisten beansprucht werden. Vor allem auf den Zehenballen und den Fersen liegt dabei unser Körpergewicht. So ein Fuß ist äußerst komplex: Er besteht aus fast sechzig Muskeln, über hundert Bändern, mehr als zweihundert Sehnen – und das Fußgelenk zählt ganze 26 Knochen. Und obwohl wir unsere Füße in aller Regel täglich stark beanspruchen, widmen die meisten Menschen ihren Füßen zu wenig Aufmerksamkeit und Pflege.
Anatomie des Fußes © bilderzwerg #54960419 | AdobeStock
Tatsächlich tragen unsere Füße uns im Laufe eines Lebens im Schnitt einmal um die Erde Klar also, dass falsches Schuhwerk den Fuß krank machen kann. Aber auch genetische Faktoren spielen eine Rolle, zum Beispiel bei Zehenfehlstellungen. Man unterscheidet im Wesentlichen vier Klein-Zehenfehlstellungen, die häufig vorkommen: die Hammerzehe, die Krallenzehe, die Endgelenkshammerzehe und den Schneiderballen. Vor allem Frauen leiden unter dem weit verbreiteten Hammerzeh: „Die Hammerzehenfehlstellung ist oft mit einem Hallux valgus der Großzehe vergesellschaftet. Der große Zeh arbeitet nicht mehr, sodass die kleinen Zehen übernehmen müssen und überlastet werden. Patientinnen oder Patienten bemerken dies vornehmlich daran, dass sie mit den Zehen oben am Schuh andocken“, erklärt Dr. Arbab das Dilemma. Oftmals entsteht diese Form der Fehlstellung im Zusammenhang mit der Abflachung des Fußgewölbes beim Knicksenkfuß, auch Plattfuß genannt.
„Zunächst bemühe ich mich natürlich darum, konservativ zu behandeln. Ich kläre auf über die Wahl der Schuhe und versorge meine Patientinnen und Patienten mit angepassten Einlagen. Ich kann Polsterungen für entstandene und schmerzhafte Hühneraugen anpassen, kann manuelle Streckübungen demonstrieren und zur regelmäßigen Wiederholung empfehlen“, erläutert Dr. Arbab die ersten konservativen Therapiemaßnahmen. Helfen die konservativen Behandlungsmethoden nicht, muss über eine operative Therapie nachgedacht werden. „Hier bestehen im Wesentlichen zwei Optionen: die offene Operation, bei der das Grundgelenk wieder in Stellung gebracht wird oder die minimal-invasive Operation, bei der man mit einer Fräse die Fehlstellungen wieder richtet“, schildert Dr. Arbab die zwei Behandlungsmöglichkeiten.
Barfuß gehen hilft dem Fuß!
„Wer die Möglichkeit hat, sollte so oft es geht, barfuß gehen. Hierbei wird der Fuß perfekt entlastet, wird nicht durch Schuhwerk bedrängt oder eingeengt, und die vielen Fußmuskeln werden gut trainiert“, empfiehlt Dr. Arbab. Viele Menschen stehen morgens auf und schlüpfen in ihre Hausschuhe, trinken Kaffee, gehen duschen, um sich dann anzuziehen, wobei die Schuhe hier dazugehören. Das Barfußlaufen fällt gänzlich aus. Natürlich kommt es barfußlaufend zu einer verstärkten Hornhautbildung, was nicht unbedingt zum Schönheitsideal zählt. Aber dies sollte man in Kauf nehmen und kann die Hornhaut bei der nächsten Fußpflege ja wieder entfernen lassen.
Es kann zu zahlreichen Varianten von Fehlstellungen beim Fuß kommen, von Platt-, Senk-, Spreizfuß bis hin zum Spitzfuß, der sich speziell nach Operationen ausbilden kann. Der sogenannte Spitzfuß kann sich aufgrund eines langen Liegens im Krankenhausbett ausbilden, wenn eine Bewegung aufgrund von Krankheit gänzlich ausfällt. „Gerade Patientinnen oder Patienten, die zum Beispiel in Folge eines schweren Coronaverlaufs lange im Koma lagen und in Bauchlage beatmet wurden, haben Spitzfüße entwickelt. Dies ist eine Verkürzung der Wadenmuskulatur, das heißt, die Ferse steht so hoch, dass ein Bodenkontakt nicht mehr erreicht werden kann, weswegen Patientinnen bzw. Patienten im Zehenspitzgang laufen bzw. sich ohne Orthesen gar nicht mehr fortbewegen können“, erklärt Dr. Arbab diese Besonderheit. Funktionelle Orthesen werden beim Gehen getragen und zielen darauf ab, einen Fersenballengang zu erreichen, während Lagerungsorthesen ausschließlich nachts im Ruhezustand getragen werden und dabei die Muskulatur dehnen und die Gelenkbeweglichkeit verbessern.
Natürlich spielen auch genetische Faktoren eine Rolle, wenn es um Fehlstellungen des Fußes geht. So haben schon manche Jugendliche einen ausgeprägten Plattfuß, den der Opa auch schon hatte.
Der Knick-Senk-Fuß
Beim Knick-Senk-Fuß sinkt das Fußgewölbe ab und der Fuß ist sehr viel flacher als normal. Ist der Fuß nur leicht abgesenkt, spricht man von einem Senkfuß. Wenn er stark abgesenkt ist, spricht man von einem Plattfuß. „Wird ein Knick-Senk-Fuß in einem frühen Stadium entdeckt, lässt sich dieser mittels individueller Fußübungen gut behandeln. So hilft dem Fuß zum Beispiel das Laufen auf Sand, das Tragen von Einlagen und die Durchführung verschiedener Fußübungen. Ziel ist es hierbei, die Innenseiten des Fußes abzustützen“, erläutert Dr. Arbab die konservative Behandlungsmethode. Bei Kindern ist ein vorübergehender Platt-Senk-Fuß vollkommen normal, was sich im Alter von acht bis zehn Jahren meist von alleine reguliert, da sich das Fußgewölbe dann ausgebildet hat.
Der Spreizfuß
Der gesamte Vorfuß ist viel breiter, und die Mittelfußknochen stehen fächerförmig auseinander. Somit hat der Betroffene große Schwierigkeiten, Schuhe überhaupt anzuziehen. Die Ursache für die Entwicklung eines Spreizfußes kann schlechtes Schuhwerk, Übergewicht, überlange stehende Tätigkeiten oder auch Bindegewebsschwächen sein. Häufige Anzeichen für einen Spreizfuß sind schmerzhafte Schwielen und Hühneraugen unter den Zehenköpfchen. Wird ein Spreizfuß nicht behandelt, kann sich daraus eine Schleimbeutelentzündung bilden. „Auch hier wird erst einmal versucht, konservativ zu behandeln mittels orthopädischer Schuhe, Fußübungen und Einlagen. Nur wenn diese Maßnahmen keine Besserung ergeben, muss die operative Therapie besprochen werden“, so Dr. Arbab.
Verschiedene Formen von Fußdeformitäten © Henrie / Fotolia
Ein Zusammenhang mit Diabetes Typ II?
„Ist ein Mensch an Diabetes Typ II erkrankt, so sind Gefäße und Nerven schlecht durchblutet – und damit auch der Fuß. Wenn am Fuß die Nerven kaputt gehen, besteht die sehr unangenehme Folge darin, dass man es nicht mehr bemerkt, wenn man sich zum Beispiel eine Schwiele läuft. Durch das reduzierte Schmerzempfinden unternehmen die Betroffenen nichts, der Fuß hat womöglich eine offene Stelle, und so können sich Keime schneller bilden und festsetzen, und auch die verzögerte Heilung macht es für die Patientin oder den Patienten nicht leicht“, verdeutlicht Dr. Arbab das diabetische Fußsyndrom.
Beinahe zehn von hundert Diabetes-Typ-II-Patientinnen und -Patienten leiden unter dem diabetischen Fußsyndrom. Behandelt wird es nach den Leitlinien der Deutschen Diabetischen Gesellschaft, die dem RIA-Prinzip entsprechen.
Die Abkürzung RIA steht für folgende Maßnahmen:
R = Revaskularisation, also Verbesserung der Durchblutung
I = Infektion behandeln, wobei etwa keimtötende Mittel und/oder Antibiotika zum Einsatz kommen
A = Amputation, ca. 39.000 Amputationen werden in Deutschland pro Jahr durchgeführt
Der Grad der Erkrankung kann von 0-5 klassifiziert werden: von 0 = kein Risikofuß, keine Verletzungen, aber eventuell Fuß-Deformationen, bis 5 = abgestorbenes Gewebe (Nekrose) am gesamten Fuß.
Eine Amputation von Zehen, Füßen oder dem gesamten Bein kommt nur bei extrem schweren Fällen zum Einsatz und wird nur dann in Erwägung gezogen, wenn alle anderen Maßnahmen erschöpft sind.
„Jeder Diabetiker sollte seine Füße gut im Blick haben und sie täglich untersuchen. Auch der Hausarzt oder der begleitende Diabetologe oder Podologe sollten regelmäßig für eine Fußkontrolle aufgesucht werden“, rät Dr. Arbab den Patientinnen und Patienten. Eine weitere wichtige Prophylaxe-Maßnahme ist es, nicht zu rauchen, da das Rauchen Durchblutungsstörungen fördert.
Behandeln lässt sich der diabetische Fuß am besten über die Einstellung der Blutzuckerwerte, sodass die Blutgefäße und Nerven nicht noch schlimmeren Schaden nehmen. Die Cholesterinwerte und ein eventueller Bluthochdruck müssen therapiert werden. „Wenn bei der Patientin oder dem Patienten die Gefäßverengung weit fortgeschritten ist, so kann das Gefäß mit einem Katheter aufgedehnt werden, zum Beispiel mit einer Ballondilation. Hierfür wird ein Schlauch über die Beinarterie in der Leiste bis zur verengten Stelle geschoben, wo der Ballon dann über den Schlauch die Verengung aufdehnt“, beschreibt Dr. Arbab die Katheterbehandlung. Hilft das nicht, kann hier auch ein Stent gesetzt werden. Nur wenn die Verengung über einen größeren Gefäßabschnitt läuft, sollte über eine Bypass Operation nachgedacht werden.
Mehr tun für die Fußgesundheit!
„Der Fuß ist ein wenig in die Schmuddel-Ecke geraten. Viele Menschen schämen sich für ihre Füße und verstecken sie. Füße haben auch den schlechten Ruf `unrein´ zu sein. Füße werden aber von sehr vielen Menschen leider auch vernachlässigt. Schuhe sollten zum Beispiel regelmäßig gewechselt werden, damit sie nach dem Tragen auch gut austrocknen können. Die Fußgesundheit muss dringend gefördert werden!“, appelliert Dr. Arbab und schließt mit seinen Empfehlungen unser Gespräch.
Dr. Arbab, wir bedanken uns sehr herzlich für das informative Gespräch und die Sensibilisierung für dieses Thema. Direkten Kontakt zu unserem Spezialisten kann über dessen Profilseite des Leading Medicine Guide hergestellt werden.