Wir verwenden gerne Sätze wie „das nervt mich“ oder „das geht mir auf die Nerven“ und meinen damit, dass uns etwas ganz gewaltig stört. Nerven und das menschliche Nervensystem sind aber weit mehr, als Indikatoren für Ärger oder Stress.
Artikelübersicht
Was macht das Nervensystem?
Die Basis des Nervensystems bildet die Reizwahrnehmung und die darauffolgende Aktion beziehungsweise Reaktion des Körpers.
Dank des Nervensystems und der Sinnesorgane sind Menschen in der Lage, ihre Umgebung wahrzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren. Nimmt ein Mensch beispielsweise über die Sinnesorgane wie Augen und Ohren wahr, dass ein Auto den eigenen Weg kreuzen wird, wird er diesem schnell ausweichen.
Eine auf den ersten Blick so klare und einfache Handlung ist ein komplexes Zusammenspiel aus Nervensystem und Muskeln.
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Die Unterteilung des Nervensystems
Das menschliche Nervensystem wird in zwei wesentliche Bereiche unterschieden:
- zentrales Nervensystem (ZNS)
- peripheres Nervensystem (PNS)
Zum Zentralnervensystem gehören das Rückenmark und das Gehirn. Das periphere Nervensystem umfasst alle anderen Nervenfasern des Nervensystems, die den Körper durchziehen. Sie haben die Aufgabe, Gehirn und Rückenmark mit Informationen aus dem Körper und der Umwelt zu versorgen. Auf umgekehrtem Weg empfängt das periphere Nervensystem Informationen, wie darauf mit Bewegungen oder Körperfunktionen zu reagieren ist.
Den Informationsaustausch übernehmen die Nervenfasern. Die Fasern, die zum zentralen Nervensystem hinführen, werden afferente Fasern genannt. Die Fasern, die Informationen vom zentralen Nervensystem zum peripheren Nervensystem leiten, sind als efferente Fasern bekannt.
Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit ist die Trennung zwischen
- somatisches Nervensystem
- vegetatives Nervensystem
Das vegetative Nervensystem steuert alle wichtigen Grundfunktionen im menschlichen Körper und entzieht sich der willentlichen Kontrolle weitgehend. Über das vegetative Nervensystem werden beispielsweise Wasserhaushalt, Atmung, Verdauung und Stoffwechsel kontrolliert.
Das somatische Nervensystem kann dagegen weitgehend willkürlich kontrolliert werden. Über das somatische Nervensystem werden beispielsweise Bewegungen wie das Heben der Hand bewusst gesteuert. Das somatische Nervensystem dient der Weiterleitung sensorischer Informationen. Berührungen und Außenreize wie die Temperatur werden somit an das zentrale Nervensystem vermittelt.
In diesem kurzen Film erhalten Sie eine anschauliche Darstellung des menschlichen Nervensystems (englisch)
Anatomischer Aufbau des Nervensystems
Das Nervensystem setzt sich aus einer Vielzahl an Nervenzellen sowie deren Fortsätzen und Gliazellen zusammen. Milliarden von Nervenzellen machen das menschliche Gehirn aus.
Kennzeichnend für Nervenzellen ist, dass diese durch Veränderungen in der Umgebung erregt werden und Reize über sehr weite Strecken durch den Körper leiten. Zudem können sie die übermittelten Informationen verarbeiten und die Erregungsleitung zu anderen Nervenzellen beziehungsweise zu den Muskeln oder Drüsenzellen übernehmen.
Nervenzellen (Neurone) sind also auf die Erregungsleitung sowie die Erregungsübertragung spezialisierte Zellen. Zusammen mit den Gliazellen machen Nervenzellen das Nervensystem aus. Im peripheren Nervensystem sind neben den einzelnen Nervenzellen auch Ganglien zu finden. Bei einem Ganglion handelt es sich um eine Ansammlung von Nervenzellen. Da ein Ganglion zuweilen sogar anatomisch durch eine sichtbare Verdickung auffällt, bezeichnen Mediziner dieses auch als Nervenknoten.
Aufbau einer Nervenzelle
Typisch für die Nervenzelle von Säugetieren ist folgender Aufbau: Die Nervenzelle besteht aus einem Zellkörper und einem Zellfortsatz. Bei dem Zellfortsatz kann es sich um einen Dendriten oder ein Axon handeln. Der Dendrit ist ein verästelter Fortsatz, der in erster Linie für die Aufnahme von Erregung durch andere Zellen verantwortlich ist. Beim Axon – auch als Neurit bekannt – handelt es sich um einen Fortsatz, der der Fortleitung einer Erregung dient.
Axone werden von speziellen Gliazellen umgeben. Axone haben die Aufgabe, eine Spannungsänderung weiterzuleiten, indem sie durch kurz anhaltende Ionenströme über besondere Kanäle eine Spannungsänderung in der Zellmembran verursachen. Dieser Vorgang wird auch Aktionspotential genannt. Das Aktionspotential bedingt die Weiterleitung von elektrischer Erregung, indem es das Membranpotential verändert. Es ist somit ist wichtig für jede Form der Reizübertragung und gilt als unbedingt notwendig, um Leben möglich zu machen. Das Aktionspotential einer Nervenzelle kann sogar gemessen werden. Hierfür haben Forscher in Versuchen mit einer Messelektrode in den Nerv hineingestochen und das Membranpotential der Zelle mit einem weiteren Messgerät ermittelt.
Typische Struktur eines Neurons
Synapsen überwinden die Kluft
Die Übertragung und Aufnahme von Informationen findet im Nervensystem nicht ausschließlich über elektrische Erregung statt. Vielfach sind Synapsen für die Signalweiterleitung im menschlichen Körper von besonderer Wichtigkeit. Synapsen dienen dem Informationsaustausch von Nerv zu Nerv.
Nervenzellen sind in der Regel nicht direkt miteinander verbunden. Um Informationen auszutauschen, muss daher eine Kluft überwunden werden. Mediziner nennen diese Kluft auch den synaptischen Spalt. Synapsen setzen sich aus dem Endköpfchen eines Axons, dem Dendriten und dem Spalt dazwischen zusammen.
Die Informationsübertragung erfolgt an den Synapsen selten elektrisch, sondern meist chemisch. Aus dem zunächst elektrischen Signal in der Nervenzelle wird daher am Axonende ein chemisches. Durch elektrische Erregung der Nervenzelle und ihres Axons werden Botenstoffe – sogenannte Neurotransmitter – freigesetzt. Diese befinden sich nun im synaptischen Spalt und werden von der nächsten Nervenzelle mittels spezieller Andockstellen empfangen. Diese chemische Information wird nun wieder zu einem elektrischen Signal umgewandelt, das sich fortsetzen kann. Dies funltioniert wie eine Reihe Dominosteine: Eine Zelle stößt die nächste Zelle an, um das Signal zu übertragen. Auf diese Weise kann eine Nervenzelle auch direkt mit Muskel- oder Drüsenzellen verbunden sein.
Es gibt einige Erkrankungen, die durch eine Störung der Übertragung durch Synapsen begünstigt werden. Bei einer Depression oder Parkinson kann die Signalübertragung durch Synapsen beispielsweise gestört sein.
Welche Erkrankungen hängen mit dem Nervensystem zusammen?
Es gibt verschiedene Erkrankungen, die im Zusammenhang mit dem Nervensystem stehen. Die Neurologie befasst sich mit dem Nervensystem, den Erkrankungen des Nervensystems und möglichen Therapien. Einige der neurologischen Erkrankungen sind sehr selten, andere kommen dagegen vergleichsweise häufig vor. Auch hier wird grob in Erkrankungen des peripheren Nervensystems und des zentralen Nervensystems unterteilt.
Verantwortlich für neurologische Erkrankungen können beispielsweise Verletzungen von Gehirn und Rückenmark, Infektionen, genetische Veranlagung oder Vergiftungen sein. Psychische Erkrankungen werden dagegen nicht zu den neurologischen Erkrankungen gezählt. Zu den häufiger vorkommenden Erkrankungen des Nervensystems gehören:
- Multiple Sklerose
- Schlaganfälle
- Epilepsie
- Alzheimer-Krankheit
- Parkinson
- Schädel-Hirn-Trauma
- Hirnblutungen
- Hirnhautentzündungen
- Polyneuropathien
Fazit zum Nervensystem
Etwa 86 Milliarden Nervenzellen müssen ständig Informationen austauschen, damit wir Menschen in der Lage sind, zu fühlen, zu denken und zu handeln. Verantwortlich hierfür sind hochkomplexe elektrische und chemische Vorgänge, die jederzeit in unserem Körper stattfinden. Nervenzellen sind also Meister der Kommunikation. Zudem haben Nervenzellen echten Teamgeist, denn sie müssen immer mit anderen Zellen des Körpers zusammenarbeiten.