Unter endovaskulärer (endo = innen, vaskulär = Gefäße betreffend) Therapie werden alle Verfahren zusammengefasst, bei denen erkrankte Gefäße von innen behandelt werden. So können bei Durchblutungsstörungen (z.B. der Schaufensterkrankheit) verengte oder verschlossene Schlagadern erweitert bzw. wieder durchgängig gemacht werden.
Andererseits werden verletzte Gefäße bei Blutungen verschlossen oder mit Stentprothesen von innen geschient, wodurch die Blutung zum Stillstand kommt.
Größter Vorteil ist sicherlich, dass die zu behandelnden Gefäße nicht auf gesamter Strecke durch große Hautschnitte freigelegt werden müssen. Vielmehr erfolgt die Behandlung über einen kleinen Zugang, meist in der Leiste.
Von dort werden Ballons, Katheter und Prothesen unter Röntgenkontrolle bis in das erkrankte Gefäß vorgeschoben. Es können sämtliche Gefäße des Körpers über den Leistenzugang behandelt werden, zum Beispiel auch Hirnschlagadern oder die Herzkranzgefäße.
Bei der endovaskulären Therapie kommen Hilfsmittel wie Ballons und Stents zum Einsatz, um eine gesunde Durchblutung zu gewährleisten @ Axel Kock /AdobeStock
Die Leistenschlagader wird von außen durch die Haut angestochen und ist aufgrund seiner oberflächlichen und gut zugänglichen Lage das bevorzugte Zugangsgefäß für die endovaskuläre Therapie. Der Eingriff lässt deshalb meistens in Lokalanästhesie durchführen und belastet den Kreislauf daher kaum.
Dies ist ein weiterer Vorteil der endovaskulären Therapieverfahren, insbesondere bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen und einem erhöhten Narkoserisiko.
Häufige Indikationen für endovaskuläre Therapieverfahren sind:
Hier können Engstellen oder Verschlüsse von Beinschlagadern mit Ballons oder Stents aufgedehnt und erweitert werden. Anschließend ist die Durchblutung des Unterschenkels und Fußes wiederhergestellt.
Krankhafte Erweiterungen der Hauptschlagader werden durch mit Kunststoff überzogene Metallgitter (Stent-Prothesen) von innen geschieht, wodurch ein Verblutungstod beim Einreißen der Gefäßwand verhindert werden kann.
Auch Aussackungen der Kniegelenksschlagader sind eine häufige Indikation für endovaskuläre Therapieverfahren. Hier wird eine Stentprothese in die erweiterte Kniegelenkschlagader vorgeschoben und diese somit ebenfalls von innen geschieht.
Ziel hierbei ist es zu verhindern, dass Gerinnsel aus der erweiterten Wand nach unten in den Unterschenkel oder Fuß verschleppt werden und zu einer kritischen Durchblutungsstörungen führen.
Beim Herzinfarkt kommt es zu einem plötzlichen Verschluss von Herzkranzgefäßen, wodurch es zu einer massiven Durchblutungsstörungen der Herzmuskulatur und hieraus resultierenden massiven Schmerzen hinter dem Brustbein kommt. Beim akuten Herzinfarkt werden in den meisten Fällen die Herzkranzgefäße erweitert und mit Stents versorgt.
Dies wird durch Internisten (Kardiologen) durchgeführt. Falls dies nicht möglich ist, muss ein Chirurg (Herzchirurg) so schnell als möglich über einen großen Schnitt am Brustkorb das Herz und seine Gefäße freilegen und einen oder mehrere Bypässe anlegen. Das Sterberisiko bei der Operation ist allerdings sehr hoch, weshalb die endovaskuläre Therapie in aller Regel bevorzugt wird.
Beim Schlaganfall kommt es zu einer akuten Durchblutungsstörungen von Teilen des Gehirns. Je nachdem, welcher Abschnitt des Gehirns betroffen ist, kommt es zu unterschiedlichen Symptomen.
Oft äußert sich ein Schlaganfall in Form einer halbseitigen Lähmung von Amen und/oder Beinen, zudem treten meistens Bewußtseinsverlust, Sprach- oder Sehstörungen auf.
Ursächlich sind entweder Verengungen der Halsschlagadern, welche durch endovaskuläre Verfahren erweitert und mit einem Stent versorgt werden können. Eine weitere häufige Ursache sind in das Gehirn verschleppte Gerinnsel, die oft im Herzen aufgrund von Herzrhythmusstörungen entstehen.
Diese können durch spezielle Medikamente aufgelöst werden, wodurch die Durchblutung des nachgeschalteten Gehirngewebes wieder hergestellt wird.
Abhängig von der Größe und der Dauer der Durchblutungsstörung kann sich das Gewebe teilweise oder komplett erholen, so dass im Idealfall nichts mehr von dem Schlaganfall zu spüren ist.
Auch Krampfadern (Varizen) können durch endovaskuläre Verfahren behandelt werden. Bei Krampfadern spricht man allerdings meistens von endoluminalen Therapieverfahren, da es sich hier um Gefäße des Niederdrucksystems (Venen) handelt. Im Gegensatz dazu wird der Begriff der endovaskulären Therapie meist für Behandlungen von Schlagadern (Arterien) verwendet.
Das Prinzip der endoluminalen Krampfaderbehandlung ist es, dass von außen spezielle Katheter in die Vene eingestochen und bis knapp unterhalb der Leiste vorgeschoben werden.
Die Katheter haben an der Spitze eine spezielle Sonde, über die Hitze (Laser- oder Radiofrequenzenergie) von innen auf die Vene einwirkt und diese dann verklebt beziehungsweise verödet wird.
Vorteile dieser Verfahren sind, dass erneut keine Hautschnitte notwendig sind und der Eingriff in örtlicher Betäubung durchgeführt werden kann. Aus diesem Grund wird die endoluminale Krampfaderbehandlung mittlerweile fast ausschließlich ambulant bei Niedergelassenen Venenärzten (Phlebologen) durchgeführt.
Endovaskuläre Therapie bei einem Bauchaortenaneurysma @ bilderzwerg /AdobeStock
Nein. Bei der endovaskulären Therapie müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, um das Gefäß von innen behandeln zu können. Meist handelt es hierbei um die Erreichbarkeit des Gefäßes über die Leiste und seine Form beziehungsweise den Verlauf.
So kann zum Beispiel eine stark geknickte Bauchschlagader, bei der das Aneurysma zudem bis an wichtige Gefäßabgänge (zum Beispiel Nierenschlagadern) heranreicht, zum Teil nicht endovaskulär versorgt werden. Andernfalls wäre das Risiko, dass die Prothese nicht richtig sitzt und das Aneurysma sozusagen nicht vom Blutstrom getrennt wird, sehr groß.
In solchen Fällen wird dann meistens auf die herkömmlichen Therapieverfahren zurückgegriffen, nämlich die offene Chirurgie mit Hautschnitten. Im Gegensatz zur endovaskulären Therapie kann das offene Vorgehen fast ausnahmslos durchgeführt werden.
Bei den offenen Therapieverfahren kann in vielen Fällen auf Nachkontrollen verzichtet werden. Dies ist ein Vorteil und gilt insbesondere für die Versorgung des Aortenaneurysmas.
Im Gegensatz hierzu werden engmaschige Kontrollen (Computertomographie, später Ultraschall) nach der endovaskulären Versorgung von Aortenaneurysmen empfohlen.
Grund hierfür ist, dass die Schienung von innen anfälliger ist für Verschiebungen der Prothese, da diese nicht festgenäht wird.
Der Patient sollte unbedingt vor einem endovaskulären Aorteneingriff hierüber aufgeklärt werden, um anschließend entscheiden zu können, ob er die offene Therapie ohne nachfolgende engmaschige Kontrollen oder die endovaskuläre Therapie bevorzugt.