Keratoprothese: Informationen & Kreatoprothesen-Spezialisten

Unfälle und Verletzungen können die Hornhaut am Auge irreparabel beschädigen. Ist keine Hornhauttransplantation möglich, kann der Einsatz einer künstlichen Hornhaut (Keratoprothse) helfen. Es gibt mehrere Verfahren, die aber sehr komplex sind.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Keratoprothese-Spezialisten und Zentren.

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Keratoprothese - Weitere Informationen

Anatomischer Hintergrund

Die Hornhaut ist die „Windschutzscheibe“ des Auges. Sie schützt das empfindliche Augeninnere vor äußeren Einflüssen. Sie ist transparent, so dass Licht durch sie hindurch ins Auge gelangen kann. Hinter der Hornhaut bündelt die Augenlinse das Licht und projiziert es auf die Netzhaut im Augenhintergrund.

Dort werden die empfangenen Informationen in Impulse umgewandelt, die über den Sehnerven an das Gehirn weitergeleitet werden. Eine regelmäßig strukturierte, klare und durchsichtige Hornhaut ist für ein scharfes Bild also von großer Bedeutung. 

Es gibt viele Erkrankungen und Störungen, die die Sehfähigkeit des Auges beeinträchtigen können. Eine davon ist die Hornhauttrübung. Dadurch gelangt weniger Licht durch die Hornhaut und das Licht wird zudem gestreut. Eine verringerte oder verschwommene Sicht ist die Folge. Eine Hornhauttrübung kann durch

  • Narben,
  • Infektionen,
  • Säureverätzungen oder
  • andere Erkrankungen

verursacht werden.

Bei einer Hornhauttrübung kann eine Hornhauttransplantation helfen. Dabei wird die getrübte Hornhaut entfernt und gegen eine klare Hornhaut ausgetauscht. Leider ist die Verfügbarkeit von menschlichen Spenderhornhäuten begrenzt.

Meistens wird bei einer Hornhauttansplantation nicht die komplette Hornhaut (Dicke: ca. 500 Mikrometer) ausgetauscht. Eine dünne Schicht (sogenannte Lamelle) von nur 10-20 Mikrometer Dicke reicht im Großteil der Fälle aus.

Auge
Die Hornhaut schützt die Iris und das empfindliche Augeninnere © Ramona Heim | AdobeStock

Es gibt aber auch Erkrankungen oder Verletzungen, bei denen eine Verpflanzung der Hornhaut scheitert. Die oberste Schicht der Hornhaut muss der Transplantatempfänger selbst bilden. Sie kann nicht transplantiert werden.

In seltenen Fällen ist das Auge jedoch dazu nicht fähig, etwa bei schweren Verätzungen. Dann kann eine künstliche Hornhaut (Keratoprothese) helfen, die Sehfähigkeit des Patienten wieder zu verbessern.

Die Keratoprothese als letzte Alternative

Forscher haben unterschiedliche Varianten künstlicher Hornhäute entwickelt. Viele Patienten können nach der Implantierung der künstlichen Hornhaut ihre Sehfähigkeit wesentlich verbessern.

Eine solche Keratoprothese ist grundsätzlich aufgrund der speziellen Beschaffenheit der Hornhaut schwierig, aber möglich. Körpergewebe kann sich in der Regel nicht fest mit künstlichem Material verbinden.

Daher ist der Einsatz künstlicher Materialen im Körper problematisch. Es kommt zu Immunreaktionen und häufig zur Abstoßung des fremden Materials. Es muss also ein Material eingebracht werden, mit dem das körpereigene Gewebe zusammenwachsen kann. Nur dann wird es fest verankert und der Patient kann von einer Verbesserung der Sehfähigkeit profitieren.

Aufbau des Auges
Der Aufbau des menschlichen Auges © reineg #61485340 | AdobeStock

Vor einer Keratoprothese-Operation ist eine gründliche augenärztliche Untersuchung notwendig.

Um ein gutes Resultat der Keratoprothese erwarten zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das betroffene Auge sollte noch Licht wahrnehmen können
  • Der Augeninnendruck muss reguliert sein (kein zu hoher Druck!)
  • Das Auge darf nicht entzündet sein, da dies das Einwachsen der künstlichen Hornhaut beeinträchtigen kann

In diesem Beitrag stellen wir einige Methoden der Keratoprothese vor.

Boston KPro (Boston-Keraprothese)

Das mit Abstand häufigste Verfahren ist die Boston-Keraprothese, auch Boston KPro genannt. Es wird in den USA seit 1992 angewendet und seither stetig weiterentwickelt. In Deutschland trägt die Boston KPro erst seit 2015 eine CE-Kennzeichnung. Sie stellt aber inzwischen eine zuverlässige Alternative für betroffene Patienten dar.

Die gesunde Iris steuert den Lichteinfall ins Auge. Sie vergrößert und verkleinert die Pupille. Bei einer Boston KPro wird auch die Iris des Patienten entfernt. Diese Aufgabe wird von einem Teil der Prothese übernommen.

Eine Boston-Keratoprothese kommt zum Einsatz, wenn

  • der Patient beidseitig erblindet ist (Visus von unter 5%), und
  • eine Hornhauttransplantation gescheitert ist oder zu geringe Erfolgsaussichten hat.

Die Boston KPro bedarf nach der OP einer sogfältigen und intensiven Kontrolle. Nur dann können Langzeiterfolge erzielt werden.

In den letzten Jahren wurden weltweit über 11.000 Boston KPro-Behandlungen durchgeführt. Dennoch ist das Verfahren mit einer höheren Komplikationsrate verbunden als eine normale Hornhauttransplantation.

Boston Kpro type 1 Titanium posterior plate
Boston-Keraprothese: Zu erkennen ist die hintere Metallplatte, die eingenähte Spenderhornhaut sowie der transparente vordere Plastikstift. Inzwischen kommt statt Metall transparentes Plastik zum Einsatz © Mariagessa | Wikimedia CC4.0

Zugrundeliegendes Prinzip

Zwar spricht man bei einer Boston KPro von einer Keraprothese, also einer künstlichen Hornhaut. Das ist aber nur ein Teil der Therapie. Das Verfahren ist dennoch auf eine Spenderhornhaut angewiesen.

Die Spenderhornhaut wird dabei ähnlich wie bei einer Hornhauttransplantation eingepflanzt. Sie dient aber nur als Befestigung für die eigentliche Prothese. Optische Funktionen hat die Spenderhornhaut nicht.

Diese Prothese besteht aus zwei Teilen:

  • Vorderer Teil aus transparentem Plastik: Eine Art Stift mit aufgesetzter Frontplatte
  • Hinterer Teil: Eine größere, kreisrunde Platte (inzwischen aus transparentem Plastik, früher aus Metall) mit Löchern und ein metallischer Fixierring

Der vordere Teil übernimmt die Licht-transportierende Funktion der Hornhaut. Der hintere Teil verleiht dem gesamten Aufbau Stabilität. Die hintere Platte übernimmt außerdem auch die Funktion der zuvor entfernten Iris.

Die Spenderhornhaut und der hintere Teil der Prothese haben in der Mitte ein kreisförmiges Loch von der Größe der Pupille. Durch dieses Loch wird der Schaft des vorderen Prothesenteils geschoben. Ein Ring fixiert sie hinter der Ringplatte.

Der Plastikkopf des vorderen Prothesenteils wird durch die vernähte Spenderhaut und die Ringplatte in Position gehalten.

Ziele und Resultate der Boston KPro

Die Zielgruppe sind Patienten, die infolge einer erkrankten Hornhaut als blind definiert werden.

In den meisten Fällen vertragen die Patienten die Prothese gut. Komplikationen können sich unter anderem in

  • der Entwicklung eines erhöhten Augeninnendrucks (Grüner Star),
  • der Überwachsung der Optik mit Schleimhaut,
  • eines Makulaödems oder
  • einer retroprothetischen Membran

zeigen. In vielen Fällen können diese Probleme allerdings behoben werden.

Die Boston KPro kann keine perfekte Sicht ermöglichen. Die Patienten können nach dem Eingriff wieder eine orientierende Sicht haben.

57- 83 % der Patienten mit einer Boston-Prothese können auf einer Sehtesttafel Buchstaben auf 6 Meter Entfernung erkennen, die Gesunde auf 60 Meter identifizieren können. 19-23 % der Betroffenen erreichen sogar eine Identifizierung von Buchstaben auf 6 Metern, die Gesunde auf 12 Meter erkennen.

Die Kosten für eine Boston KPro betragen rund 3000 €.

Osteo-Odonto-Keratoprothese

Bei dieser Therapie bedienen sich Mediziner der Erkenntnisse aus der Zahnmedizin. Kronen und Plomben aus Metall können dauerhaft an der mineralischen Substanz des Zahns festgeklebt werden.

Diese Beobachtung machte sich 1963 der italienische Augenarzt Benedetto Strampelli zunutze. Er verwendete eine Zahnwurzel, um eine künstliche Hornhaut an der Augenoberfläche zu befestigen.

Diese Osteo-Odonto-Keratoprothese wird heute an einigen Kliniken angewandt. Der Sehnerv und die Nervenzellschicht des Patienten sollten dafür intakt sein. 

Dabei ist es nötig, die Augenlinse und die Iris zu entfernen. Als Transplantationsmaterial dient ein Zahn des Patienten. Dieser wird samt Zahnwurzel und umgebendem Kieferknochen herausoperiert.

Im Anschluss wird die Zahnwurzel derart bearbeitet, dass die Verklebung eines optischen Zylinders aus Plexiglas möglich wird. Die so entstandene künstliche Hornhaut wird dann auf die erkrankte Hornhaut des Patienten gesetzt.

In der Regel ermöglicht diese Keratoprothese ein orientierendes Sehvermögen. 20-40% der Patienten haben nach 10 Jahren eine Sehkraft größer als 5%.

Kosmetisch betrachtet ist das Ergebnis einer derartigen Keratoprothese Operation jedoch nicht sehr ansprechend. Hautfarbene Wangenschleimhaut wächst über das Auge und verdeckt die weißen Bereiche und die farbige Iris.

Wenn ein Patient keine für diesen Zweck geeigneten Zähne besitzt, kann auch Knochenmaterial aus dem Schienenbein entnommen werden. Diese Form des Verfahrens wird auch als „Tibia corticalis“-Keratoprothese bezeichnet.

Ein Stück Knochen kann dann als Fixierung des optischen Zylinders dienen.

Künstliche Hornhaut aus wasseraufnahmefähigem Material

Das nachfolgend vorgestellte Verfahren hat bislang noch experimentellen Status.

Hier kommt für die künstliche Hornhaut ein Material zum Einsatz, dessen Struktur gut Wasser aufnehmen kann. Durch eine spezielle Beschichtung der Oberfläche und eine chemische Veränderung des Randes kann es leichter mit der Umgebung verwachsen.

Die neu entwickelten Formen der künstlichen Hornhaut wurden im Labor auf ihre Verträglichkeit geprüft. Dazu wurden sie mehreren Versuchstieren eingepflanzt. Die implantierten Varianten wuchsen überwiegend erfolgreich in das umgebende Gewebe ein. Sie erwiesen sich dabei als ausreichend lichtdurchlässig und fest verankert.

Über einen Zeitraum von sechs Monaten fand keine Abstoßung der Keratoprothese statt. Die Tiere vertrugen die Keratoprothese insgesamt gut.

Künstliche Hornhaut aus Kollagenfasern

Sehr erfolgsversprechend ist eine Keratoprothese aus einer porösen Matrix aus dem Protein Kollagen. Kollagen ist auch der Hauptbestandteil der natürlichen Hornhaut. Daher eignet es sich ganz besonders für eine Keratoprothese. 

Die künstliche Hornhaut aus der Kollagenmatrix wurde bislang nur in einer Pilotstudie angewendet. Sie befindet sich noch im experimentellen Status. Vorteile der künstlichen Hornhaut aus Kollagenfasern wären:

  • Verbesserung der Sehkraft ähnlich wie bei der Transplantation einer Spenderhornhaut
  • Bessere Verträglichkeit dieser künstlichen Hornhaut: Patienten mussten keine oder kaum Medikamente zur Unterdrückung einer Abstoßungsreaktion einnehmen
  • Krankheitserreger können bei dieser Form der künstlichen Hornhaut nicht übertragen werden
  • Bei neun von zehn Patienten wuchsen die bei der Operation durchtrennten Nerven in das neue Gewebe ein. Sie sorgten so dafür, dass das Implantat berührungsempfindlich wurde

Bei nur zwei von zehn Versuchspersonen war im Anschluss an die Implantierung eine Verschlechterung der Sehfähigkeit festzustellen. Dieses Defizit konnte aber durch Kontaktlinsen verbessert werden.

Noch bessere Ergebnisse könnten erzielt werden, wenn beim Einsatz keine Nähte verwendet werden. Durch die bisher verwendeten Nähte wird das Einwachsen der künstlichen Hornhaut in das Auge verzögert. Das beeinträchtigt letztendlich die Heilung und erhöht die Anfälligkeit für Komplikationen.

Stattdessen könnte ein biologischer Klebstoff für die Verankerung des Implantats zum Einsatz kommen.

Komplikationen und Nachbehandlung

Der Eingriff zur Implantierung der Keratoprothese erfolgt meist stationär und in Vollnarkose. Der Patient muss nach der Operation je nach Verlauf zwischen vier und sechs Tagen im Krankenhaus bleiben. Die Dauer hängt davon ab, ob Komplikationen auftreten.

Infektionen stellen generell immer noch das größte Problem nach dem Eingriff dar. Aus diesem Grund ist eine Nachbehandlung mit Antibiotika sehr wichtig. Eine nicht behandelte oder nicht erkannte Infektion kann unter Umständen zur Erblindung des betroffenen Auges führen.

Weiterhin sind nach einer Keratoprothese-Operation intensive Nachkontrollen der Patienten erforderlich. Bei diesen wird

  • der Sitz der künstlichen Hornhaut,
  • der Augeninnendruck und
  • die Sehkraft

überprüft.

Ausblick

Die Zahl der verpflanzten künstlichen Hornhäute ist insgesamt noch gering. Aufgrund der Komplexität der Keratoprothese-Operation muss das Operationszentrum über eine gewisse Erfahrung verfügen.

Generell ist mit weiteren Verbesserungen im Bereich der künstlichen Hornhaut zu rechnen. Insbesondere das Material und damit die Verträglichkeit ist Gegenstand von Forschungsprojekten. Wenn es gelingt, die Kosten des komplexen Eingriffs zu senken, wird diese Methode weitere Anwendung und Verbreitung finden.

Auch bestehende Probleme werden sich durch künftige Entwicklungen lösen lassen. Dazu gehört etwa die relativ geringe Belastbarkeit der künstlichen Hornhaut.

Nicht zuletzt lässt sich dann auch der Mangel an verfügbaren Spenderhornhäuten ausgleichen.

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