Grundsätzlich kann zwischen einer primären und einer sekundären Glomerulonephritis unterschieden werden. Unter dem Begriff der primären Glomerulonephritis werden alle Entzündungen der Nierenkörperchen zusammengefasst, die auf einem autoimmunen Geschehen basieren und denen keine andere Grunderkrankung vorausgeht.
Die sekundären Glomerulonephritiden entstehen auf dem Boden einer vorherigen Erkrankung der Nieren oder einer Krankheit, die vor der Nierenentzündung aufgetreten ist. Ein Beispiel für diese Form der Nierenentzündung ist die Post-Streptokokken-Glomerulonephritis. Bei einer Infektion mit ß-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A, die häufig die oberen Atemwege befallen, entstehen Antikörper, die einerseits gegen bestimmte Strukturen auf der Oberfläche der Bakterien gerichtet sind, andererseits aber auch gegen körpereigene Strukturen mit ähnlicher Oberflächenstruktur vorgehen.
Die Antikörper lagern sich in Form von Immunkomplexen an den Nierenkörperchen an und werden dann vom Immunsystem attackiert. Dadurch kommt es zu einer Entzündungsreaktion. Auch andere Erreger können eine solche postinfektiöse Glomerulonephritis auslösen. Dazu gehören:
Ebenso können Glomerulonephritiden im Rahmen der
Autoimmunkrankheiten Lupus Erythematodes und Good-Pasture-Syndrom oder einer Granulomatose (rheumatische Erkrankung) auftreten.
Damit die Glomerulonephritis überhaupt Beschwerden verursacht, müssen mehr als 50 Prozent des Nierengewebes von der Entzündung betroffen sein. Somit bleiben viele Entzündungsvorgänge in den Nierenkörperchen unerkannt. Kommt es hingegen zu einer deutlichen Schädigung der Glomeruli, kann ein Symptomenkomplex entstehen, der als nephrotisches Syndrom bezeichnet wird.
Das nephrotische Syndrom zeigt sich besonders häufig bei Menschen mit einer chronischen Glomerulonephritis. Aufgrund der gestörten Filtration finden sich vermehrt Eiweiße im Urin. Mediziner sprechen in diesem Fall von einer Proteinurie. Dadurch sind die Eiweiße im Blut erniedrigt, es liegt also auch eine Hypoproteinämie vor.
Aufgrund der fehlenden Eiweiße sinkt der sogenannte kolloidosmotische Druck in den Blutgefäßen. Die Flüssigkeit aus dem Blutplasma wandert aus den Blutgefäßen in das umliegende Gewebe und sammelt sich dort an. Die so entstehenden Ödeme sind umso ausgeprägter, je weniger Eiweiße im Blut zu finden sind. Der Körper ist bemüht, den Eiweißverlust so schnell wie möglich zu kompensieren und produziert deshalb vermehrt Lipoproteine in der Leber. Es kommt zu einer Erhöhung der Blutfettwerte und zudem zu einem ungünstigen Verhältnis der Blutfette untereinander.
Eine akute und rasch verlaufende Glomerulonephritis führt hingegen häufiger zum nephritischen Syndrom. Dieses wird durch die sogenannte Volhard-Trias, bestehend aus Blut im Urin (Hämaturie), Wasseransammlungen im Gewebe und Bluthochdruck charakterisiert. Daneben klagen die Betroffenen auch über Schmerzen im Bereich der Flanken. Komplizierte Verläufe zeigen zudem eine verminderte Harnproduktion (Anurie) oder die Ausbildung eines Lungenödems mit schwerer Atemnot.
Erste Hinweise auf eine Nierenentzündung liefert die Untersuchung des Urins. So zeigen sich dort je nach Ausprägung der Erkrankung Blut oder Eiweiße. Größere Mengen an Blut im Urin lassen sich bereits mit bloßem Auge an der Rotfärbung erkennen, wohingegen eine starke Proteinurie eher einen trüben Harn zur Folge hat. Ein weiteres wichtiges Diagnoseverfahren, das bei Verdacht auf eine Glomerulonephritis eingesetzt wird, ist die Blutuntersuchung im Labor.
Beim nephrotischen Syndrom sind die Blutfettwerte erhöht, die Bluteiweißwerte hingegen erniedrigt. Ein Anstieg des Kreatininwerts ist ein Hinweis auf eine Funktionsschwäche der Niere und deutet im schlimmsten Fall auf ein drohendes Nierenversagen hin. Eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Nieren, eine feingewebliche Untersuchung von Nierengewebe (Nierenbiopsie) oder Nierenfunktionstests wie die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate oder des renalen Plasmaflusses werden ebenfalls zur Diagnosestellung eingesetzt.
Ferner ist es wichtig, die Ursache der Glomerulonephritis zu finden. Deshalb sucht der Arzt gezielt nach möglichen Grunderkrankungen wie Gefäßentzündungen, Autoimmungeschehen oder Infektionskrankheiten.
Die Therapie hängt von der Ursache der Erkrankung und dem Funktionszustand der Nieren ab. Einige Glomerulonephritiden lassen sich gut mit Glukokortikoiden wie beispielsweise Prednisolon behandeln. Andere Formen wiederum, wie beispielsweise die rasch fortschreitende Glomerulonephritis, erfordern eine zusätzliche Gabe von immunsupprimierenden Medikamenten.
Wenn sich die Nierenentzündung in Form eines nephrotischen Syndroms bemerkbar macht, erhalten die Patienten entwässernde Medikamente (Diuretika), die die Ödeme ausschwemmen sollen. Zwar normalisieren sich die erhöhten Blutfettwerte im Rahmen der Behandlung des nephrotischen Syndroms häufig von selbst, der Arzt kann aber zur Senkung auch Statine einsetzen.
Ist die Glomerulonephritis so weit fortgeschritten, dass die Nieren versagen, ist eine Dialyse erforderlich. Hier wird das Blut mithilfe eines externen Geräts von den harnpflichtigen Substanzen gereinigt. Bei einer chronischen Nierenschwäche wird eine Nierentransplantation nötig, bei der eine Spenderniere die Aufgaben der defekten Niere übernimmt.
Die Prognose der Glomerulonephritis hängt vor allem davon ab, wie schnell die Erkrankung erkannt und behandelt wird. Eine unerkannte Entzündung der Nierenkörperchen kann in eine chronische Verlaufsform übergehen und zu einem kompletten Nierenversagen führen. Zudem erhöht eine chronische Glomerulonephritis die Wahrscheinlichkeit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.
Besonders schlecht ist die Prognose der rapid progressiven Glomerulonephritis (RPGN), einer Form der akuten Glomerulonephritis. Unbehandelt sinkt die Filterfunktion der Nieren hier innerhalb weniger Monate um die Hälfte ab. Bis zum absoluten Nierenversagen vergeht selten mehr als ein Jahr.