Grundsätzlich unterscheiden Mediziner zwischen einer primären und einer sekundären Glomerulonephritis.
Unter der primären Glomerulonephritis bezeichnen Experten autoimmun bedingte Entzündungen der Nierenkörperchen ohne vorherige Grunderkrankung.
Die sekundären Glomerulonephritiis entsteht aufgrund einer vorherigen Erkrankung der Nieren oder einer Krankheit, die vor der Nierenentzündung aufgetreten ist. Ein Beispiel ist die Post-Streptokokken-Glomerulonephritis.
Bei einer Infektion mit Streptokokken der Gruppe A, die häufig die oberen Atemwege befallen, entstehen Antikörper. Diese richten sich einerseits gegen die Bakterien, andererseits aber auch gegen körpereigene Strukturen mit ähnlicher Oberflächenstruktur.
Die Antikörper lagern sich in Form von Immunkomplexen an den Nierenkörperchen an. Das Immunsystem attackiert sie, dadurch kommt es zu einer Entzündungsreaktion. Auch andere Erreger können eine solche postinfektiöse Glomerulonephritis auslösen.
Dazu gehören:
Ebenso können Glomerulonephritiden im Rahmen der Autoimmunkrankheiten Lupus Erythematodes und Good-Pasture-Syndrom oder einer Granulomatose (rheumatische Erkrankung) auftreten.
Glomerulonephritis ist eine Nierenerkrankung, die auftritt, wenn sich die Glomeruli entzünden @ Bungon /AdobeStock
Damit die Glomerulonephritis überhaupt Beschwerden verursacht, müssen mehr als 50 Prozent des Nierengewebes von der Entzündung betroffen sein. Somit bleiben viele Entzündungsvorgänge in den Nierenkörperchen unerkannt. Kommt es hingegen zu einer deutlichen Schädigung der Glomeruli, kann ein Symptomenkomplex entstehen, der auch nephrotisches Syndrom heißt.
Das nephrotische Syndrom zeigt sich besonders häufig bei Menschen mit einer chronischen Glomerulonephritis. Aufgrund der gestörten Filtration finden sich vermehrt Eiweiße im Urin. Mediziner sprechen in diesem Fall von einer Proteinurie. Dadurch sind die Eiweiße im Blut erniedrigt, es liegt also auch eine Hypoproteinämie vor.
Aufgrund der fehlenden Eiweiße sinkt der kolloidosmotische Druck in den Blutgefäßen. Die Flüssigkeit aus dem Blutplasma wandert aus den Blutgefäßen in das umliegende Gewebe und sammelt sich dort an (Ödeme).
Diese Ödeme sind umso ausgeprägter, je weniger Eiweiße im Blut zu finden sind. Der Körper versucht, den Eiweißverlust so schnell wie möglich zu kompensieren und produziert vermehrt Lipoproteine in der Leber. Es kommt zu einer Erhöhung der Blutfettwerte und zu einem ungünstigen Verhältnis der Blutfette untereinander.
Eine akute und rasch verlaufende Glomerulonephritis führt hingegen häufiger zum nephrotischen Syndrom. Charakteristisch ist hier die sogenannten Volhard-Trias.
Es besteht aus:
- Blut im Urin (Hämaturie)
- Wasseransammlungen im Gewebe
- Bluthochdruck
- Schmerzen im Bereich der Flanken
- Verminderte Harnproduktion (Anurie)
- Ausbildung eines Lungenödems
- Schwere Atemnot
Beim nephrotischen Syndrom ist das Sieb undicht und wertvolle Stoffe wie Eiweiße gelangen in den Urin @ PATTARAWIT /AdobeStock
Erste Hinweise auf eine Nierenentzündung liefert die Untersuchung des Urins. So zeigen sich dort je nach Ausprägung der Erkrankung Blut oder Eiweiße.
Größere Mengen Blut im Urin sind mit bloßem Auge sichtbar, Proteine hingegen machen den Harn trüb. Ein weiteres wichtiges Diagnoseverfahren bei Verdacht auf eine Glomerulonephritis ist die Blutuntersuchung im Labor.
Beim nephrotischen Syndrom sind die Blutfettwerte erhöht, die Bluteiweißwerte hingegen erniedrigt. Ein Anstieg des Kreatininwerts ist ein Hinweis auf eine Nierenschwäche und deutet im schlimmsten Fall auf drohendes Nierenversagen hin.
Blut im Urin @ GladkovPhoto /AdobeStock
Weitere Diagnosemethoden sind:
- Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Nieren
- Eine feingewebliche Untersuchung von Nierengewebe (Nierenbiopsie) Nierenfunktionstests
- Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate oder des renalen Plasmaflusses
Ferner ist es wichtig, die Ursache der Glomerulonephritis zu finden. Deshalb sucht der Arzt gezielt nach möglichen Grunderkrankungen wie Gefäßentzündungen, Autoimmungeschehen oder Infektionskrankheiten.
Die Therapie hängt von der Ursache der Erkrankung und dem Funktionszustand der Nieren ab. Einige Glomerulonephritiden lassen sich gut mit Glukokortikoiden wie beispielsweise Prednisolon behandeln. Andere Formen wiederum, wie beispielsweise die rasch fortschreitende Glomerulonephritis, erfordern eine zusätzliche Gabe von immunsupprimierenden Medikamenten.
Wenn sich die Nierenentzündung in Form eines nephrotischen Syndroms bemerkbar macht, erhalten die Patienten entwässernde Medikamente (Diuretika). Diese schwemmen die Ödeme aus. Meist normalisieren sich die erhöhten Blutfettwerte im Rahmen der Behandlung des nephrotischen Syndroms häufig von selbst. Dennoch kann der Arzt zur Senkung Statine einsetzen.
Ist die Glomerulonephritis so weit fortgeschritten, dass die Nieren versagen, ist eine Dialyse erforderlich. Hier reinigt ein externes Gerät das Blut von den harnpflichtigen Substanzen.
Bei einer chronischen Nierenschwäche ist eine Nierentransplantation nötig, bei der eine Spenderniere die Aufgaben der defekten Niere übernimmt.
Die Prognose der Glomerulonephritis hängt vor allem davon ab, wie schnell Ärzte die Erkrankung erkennen und behandeln. Eine unerkannte Entzündung der Nierenkörperchen kann in eine chronische Verlaufsform übergehen und zu einem Nierenversagen führen. Zudem erhöht eine chronische Glomerulonephritis die Wahrscheinlichkeit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.
Besonders schlecht ist die Prognose der rapid progressiven Glomerulonephritis (RPGN), einer Form der akuten Glomerulonephritis. Unbehandelt sinkt die Filterfunktion der Nieren hier innerhalb weniger Monate um die Hälfte ab. Bis zum absoluten Nierenversagen vergeht selten mehr als ein Jahr.