Problemfall Reizdarm - Ursachenforschung: Experteninterview mit Prof. Güldütuna

02.12.2024

Prof. Dr. med. Sükrettin Güldütuna ist eine herausragende Persönlichkeit im Bereich der Gastroenterologie und genießt weit über Frankfurt am Main hinaus Anerkennung. Als Spezialist für Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts sowie der Leber hat er sich durch innovative Behandlungsmethoden und bahnbrechende Forschung einen exzellenten Ruf erarbeitet. Die Praxisklinik für Gastroenterologie in Frankfurt am Main, die Prof. Dr. Güldütuna 1995 gründete, zählt zu den führenden ambulanten Einrichtungen ihrer Art in Europa.

Die Klinik bietet ihren Patienten eine umfassende Betreuung, die von der Prävention über die Diagnostik bis hin zu fortschrittlichsten Therapieformen reicht. Unter der Leitung von Prof. Dr. Güldütuna wird hier eine hochqualitative medizinische Versorgung gewährleistet, die sich durch individuelle Behandlungsansätze und modernste Technologien auszeichnet.

Prof. Dr. Güldütuna ist nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Forschung und Lehre ein Pionier. Seine Arbeiten haben den internationalen Standard der Gastroenterologie erheblich beeinflusst. Besonders hervorzuheben ist seine frühe Einführung der Endoskopie mit der Videokapsel im Jahr 2003 und die Einführung des „LiMAx“-Leberfunktionstests im ambulanten Bereich in Europa im Jahr 2016. Diese wegweisenden Entwicklungen haben nicht nur zur Verbesserung der Diagnostik beigetragen, sondern auch neue Möglichkeiten in der Patientenversorgung eröffnet.

Ein bedeutender Aspekt seiner Arbeit ist die Forschung zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Prof. Dr. Güldütuna hat sich intensiv mit Allergien und Intoleranzen auseinandergesetzt und innovative Verfahren wie die konfokale Laserendoskopie (CLE) im ambulanten Bereich eingeführt, um diese Erkrankungen präzise zu diagnostizieren und zu behandeln. Seine Expertise erstreckt sich dabei auch auf die Früherkennung von Krebserkrankungen des Magen-Darm-Trakts und die Entwicklung neuer Therapieansätze.

Die hohe Qualität der medizinischen Versorgung in seiner Klinik wird durch ein erfahrenes Team von Fachärzten sichergestellt, das sich durch exzellente Fachkenntnisse und ein hohes Maß an Engagement auszeichnet. Prof. Dr. Güldütuna hat stets Wert auf eine umfassende und spezialisierte Betreuung gelegt und dafür gesorgt, dass seine Klinik zu den besten ihrer Art gehört. Die Anerkennung seiner Verdienste wurde nicht zuletzt durch die Ehrenurkunde der Stadt Frankfurt am Main im Jahr 2018 deutlich, die ihm für seine herausragenden Leistungen verliehen wurde.

Darüber hinaus ist Prof. Dr. Güldütuna sowohl in Deutschland als auch international hochgeschätzt und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter Ehrungen in der Türkei und Professuren an Universitäten in Usbekistan. Prof. Dr. med. Sükrettin Güldütuna steht somit für eine einzigartige Kombination aus wissenschaftlicher Exzellenz, innovativer Forschung und engagierter Patientenversorgung. Seine Arbeit hat nicht nur die Gastroenterologie in Deutschland, sondern auch international maßgeblich geprägt und weiterentwickelt.

Die Redaktion des Leading Medicine Guide konnte mit Prof. Dr. Güldütuna sprechen und detaillierte Informationen zum Reizdarm und dem sogenannten „Leaky Gut“, dem durchlässigen Darm, erfahren.

Prof. Sükrettin Güldütuna

Das Reizdarmsyndrom (RDS) und der sogenannte durchlässige Darm (Leaky Gut) sind häufige, aber komplexe Verdauungsstörungen, die Millionen von Menschen betreffen. Beide Erkrankungen verursachen vielfältige Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen und Störungen des Stuhlgangs, doch ihre Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Stress, Ernährungsfaktoren und ein gestörtes Gleichgewicht des Mikrobioms spielen dabei eine zentrale Rolle. Das Mikrobiom, also die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm, ist essenziell für die Aufrechterhaltung einer gesunden Darmbarriere und beeinflusst nicht nur die Verdauung, sondern auch das Immunsystem. 

Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine komplexe Verdauungsstörung, bei der Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung auftreten, ohne dass sichtbare strukturelle Veränderungen im Darm vorliegen. 

Der Reizdarm ist eine sehr verbreitete Diagnose. Bei den Fachärzten sind es sogar 50 % der Patienten, die mit Beschwerden wegen eines möglichen Reizdarms kommen. Es sind alle Altersgruppen betroffen, wobei eine Zunahme bei jüngeren Menschen festzustellen ist. Was die Ursachen betrifft, so liegt bei etwa 2/3 der Patienten eine Nahrungsmittelunverträglichkeit vor. Warum diese, auch bei den anteilsmäßig vielen jungen Menschen, besteht, ist relativ unklar. Wir wissen, dass virale infektiöse Erkrankungen einen Reizdarm verursachen können. Auch andere Faktoren können einen Reizdarm induzieren. So haben ca. 1/3 der Patienten eine erhöhte Empfindlichkeit. Der Mensch hat über 100 Millionen Nervenzellen im Darm, und diese sind bei diesen Patienten sehr sensibel. Da kann Stress eine Rolle spielen, Alkoholkonsum, Medikamenteneinnahme, chronische Entzündungen, genetische Faktoren oder der sogenannte `Leaky Gut´, der durchlässige Darm“, erklärt Prof. Dr. Güldütuna zu den möglichen Ursachen des Reizdarms.


Das Nervensystem im Darm wird als enterisches Nervensystem (ENS) bezeichnet. Es ist ein komplexes Netzwerk aus Nervenzellen, das die Verdauungsprozesse unabhängig vom zentralen Nervensystem steuert. Es wird oft als "das zweite Gehirn" bezeichnet, da es zahlreiche Neuronen enthält, die Verdauungsvorgänge wie die Peristaltik, die Durchblutung des Darms und die Sekretion von Verdauungsenzymen regulieren. Das ENS ist eng mit dem vegetativen Nervensystem verbunden und spielt auch eine Rolle im Zusammenspiel zwischen Darm und Gehirn.


Leaky Gut – wenn der Darm durchlässig wird.

Insbesondere bei Glutenempfindlichkeit kann es zu einer Schädigung der Darmwand kommen, die als „Leaky Gut“ bekannt ist. Dieser durchlässige Darm ermöglicht es schädlichen Stoffen, in den Blutkreislauf zu gelangen, was weitere gesundheitliche Probleme verursachen kann. Warum leiden manche Menschen stärker unter diesen Unverträglichkeiten als andere? Die Antwort liegt in mehreren Faktoren. Erstens spielen genetische Prädispositionen eine entscheidende Rolle. Menschen, die bestimmte Gene tragen, haben möglicherweise eine verminderte Fähigkeit zur Verdauung bestimmter Nahrungsmittel, wie etwa Laktose. Auch das Mikrobiom, die Gemeinschaft von Mikroorganismen im Darm, beeinflusst, wie gut der Körper Nahrungsmittel verarbeiten kann. Ein gesundes Mikrobiom kann die Verdauung unterstützen und die Symptome mildern, während eine Dysbiose, also ein Ungleichgewicht der Mikroben, die Beschwerden verschärfen kann.

Wir sehen den Leaky Gut bei vielen Patienten mit Reizdarm. Hier fehlt der Zellbarriere im Darm die Dichtigkeit, dadurch können Stoffe wie Giftstoffe, Bakterien und unverdaute Nahrungspartikel durch den Darm in den Blutkreislauf gelangen. Das Leaky-Gut-Syndrom ist in der Medizin noch nicht vollständig erforscht, und die genauen Ursachen können variieren. Der Leaky Gut kommt bei vielen Menschen vor, die an akuten oder chronischen Darmentzündungen wie Gastroenteritis, Morbus Crohn oder Colitis Ulzerosa erkrankt sind. Faktoren wie chronischer Stress, übermäßiger Alkoholkonsum, bestimmte Medikamente und eine schlechte Ernährung mit vielen verarbeiteten Lebensmitteln können jedoch zu seiner Entstehung beitragen. Die Diagnostik des Leaky Gut ist problematisch. Die Diagnose des `Leaky-Gut-Syndroms´ ist in der medizinischen Gemeinschaft umstritten, da es kein einheitlich anerkanntes diagnostisches Verfahren dafür gibt. Als Referenzmethode gilt der Laktulose-Mannitol-Test. Bei diesem Test trinkt die Person eine Lösung, die Laktulose (synthetisches Disaccharid) und Mannitol (Zuckeralkohol) enthält, und dann werden Urinproben gesammelt, um zu messen, wie viel von diesen Substanzen durch den Darm in den Urin gelangen. Ein Ungleichgewicht im Verhältnis dieser Substanzen kann auf eine gestörte Darmpermeabilität hinweisen. Diese Diagnostik wird aufgrund des Zeitaufwandes kaum gemacht. Die häufigste Diagnose, die gemacht wird, ist die Zonulin-Bestimmung. Zonulin ist ein Stoff, der schon in einer gewissen Konzentration in der Blutbahn vorkommt, durch bestimmte Botenstoffe freigesetzt wird und die Durchlässigkeit des Darms organisiert. Wenn also vermehrt Zonulin in der Blutbahn ist, kann man von einer verstärkten Durchlässigkeit des Darms ausgehen. Sicherlich gibt es noch andere Faktoren, die den Zonulin Wert erhöhen können“, schildert Prof. Dr. Güldütuna und betont: „Wir haben ja jetzt mit der konfokalen Laserdiagnostik eine neue Technologie, mit der wir die Durchlässigkeit des Darms direkt bestimmen können“.


Die konfokale Laserdiagnostik, auch als konfokale Laserendoskopie bekannt, wird unter anderem zur Diagnose von Leaky Gut (durchlässiger Darm) eingesetzt, indem sie hochauflösende Bilder der Darmschleimhaut erstellt. Eine spezielle Sonde mit einem Laser wird verwendet, um detaillierte Aufnahmen der Darmzellen in Echtzeit zu liefern. Dabei kann die Durchlässigkeit der Darmbarriere visuell dargestellt werden, da die konfokale Laserendoskopie ermöglicht, die Struktur und Funktion der Darmzellen bis auf mikroskopischer Ebene zu untersuchen. Dies hilft, Veränderungen in der Schleimhaut zu erkennen, die auf Leaky Gut hinweisen.


Die enorme Bedeutung der Bakterien – das Mikrobiom.

Der Leaky Gut ist seit Jahren bekannt, jedoch wissenschaftlich intensiv erforscht seit ca. 15 Jahren. Ob es dieses Phänomen auch schon vor 100 Jahren gab, ist offen. Unzweifelhaft ist es aber so, dass es in den letzten Jahren zugenommen hat. Ein gestörtes Mikrobiom kann hierzu beitragen (die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die auf und in unserem Körper leben, darunter Bakterien, Viren, Pilze und andere Mikroben). Ein gesundes Mikrobiom spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Darmgesundheit und des Immunsystems. So wissen wir zum Beispiel auch, dass bestimmte Bakterien wie in Probiotika im Darm erfolgreich angewandt werden können, was bei Patienten mit Reizdarm oft gemacht wird. Das Mikrobiom ist für den gesamten Körper eine große Hilfestellung. Wir haben aktuell 300-500 Bakterienarten, die Gesamtzahl der Bakterienzellen im Darm beläuft sich auch mehrere Billionen. Vor ca. 200-300 Jahren hatte das Mikrobiom auch sehr viel mehr Bakterienarten. So wurden beispielsweise bei `Ötzi´ ca. 5000 Bakterienarten festgestellt. Diese Vielfältigkeit der Bakterienarten ist sehr wichtig, weil sie in jeder Beziehung eine enorme Hilfestellung leisten! Daher nennt man das Mikrobiom auch das zweite Gehirn. Es gibt eine wachsende Menge an Forschung, die darauf hinweist, dass diese Bakterien nicht nur für die Verdauung wichtig sind, sondern auch eine Rolle bei der Regulierung von Stimmung, Verhalten und sogar kognitiven Funktionen spielen können. Dies geschieht über komplexe Wechselwirkungen zwischen dem Darm und dem zentralen Nervensystem. Da gibt es Bakterienarten, die die Glückshormone Serotonin oder Dopamin freisetzen, andere haben einen großen Einfluss auf die hormonelle Entwicklung. So haben Frauen in der Menopause ein anderes Mikrobiom, weil die Bakterien teilweise auch Östrogene benötigen“, schildert Prof. Dr. Güldütuna und erklärt noch einen besonderen Umstand: 


Es gibt Langzeitstudien zu Leistungssportlern, bei denen das Bakterium Veillonella atypica, ein anaerobes, gramnegatives Bakterium, eine besondere Rolle spielt und vermehrt festgestellt wurde. Denn dieses Bakterium ist in der Lage, Milchsäure abzubauen, die während intensiver körperlicher Betätigung in großen Mengen produziert wird. Durch den Abbau von Milchsäure kann dieses Bakterium helfen, den pH-Wert im Muskelgewebe zu stabilisieren und so die Ermüdung zu verzögern. Dadurch können Leistungssportler zum Beispiel viel länger laufen und haben dann auch keinen Muskelkater. Das bedeutet, dass das Mikrobiom sich auf die Eigenschaften des Menschen einstellt, denn im Fall der Leistungssportler kann sich dieses eine spezielle Bakterium aufgrund der erhöhten Produktion von Milchsäure ernähren und vermehren. Würde ich mir als `Ottonormalverbraucher´ dieses Bakterium zuführen, kann es sein, dass ich vorübergehend Sport betreiben könnte, ohne einen nennenswerten Muskelkater zu erleiden. Das Bakterium aber würde sich bei mir nicht wohlfühlen, weil ich nicht ausreichend Milchsäure produziere. Das bedeutet, dass wenn beispielsweise einem Patienten Probiotika zugeführt werden, die entsprechenden Grundlagen geschaffen werden müssen, damit die gewünschten Bakterien sich auch ernähren und vermehren können. Wenn der Mensch also viel Süßes, künstliche Zuckerprodukte und Fastfood konsumiert, schafft er ungünstige Bedingungen für den Aufbau eines hochwertigen Mikrobioms“.


Das Mikrobiom bezeichnet die Gesamtheit der Mikroorganismen, die im und auf unserem Körper leben, wobei der Darm eine besonders große und vielfältige Mikrobiota aufweist. Diese Mikroben, darunter Bakterien, Viren, Pilze und Einzeller, interagieren komplex miteinander und mit unserem Körper. Eine gesunde Mikrobiota unterstützt die Verdauung, indem sie hilft, Nahrungsmittel abzubauen, die vom menschlichen Körper nicht allein verdaut werden können. Sie produziert wichtige Nährstoffe, wie Vitamine und kurzkettige Fettsäuren, die für die Energieversorgung des Körpers und die Gesundheit der Darmschleimhaut unerlässlich sind. Ein ausgewogenes Mikrobiom trägt auch zur Regulierung des Immunsystems bei und schützt vor pathogenen Mikroben, indem es Konkurrenz um Nährstoffe und Lebensraum bietet und antimikrobielle Substanzen produziert.


Bestimmte Lebensmittel, insbesondere schwer verdauliche Kohlenhydrate wie FODMAPs, können Symptome ebenfalls verschlimmern. 

FODMAPs sind eine Gruppe von kurzkettigen Kohlenhydraten und Zuckern, die im Dünndarm schlecht absorbiert werden. Der Begriff steht für fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole. Diese Substanzen finden sich in vielen Lebensmitteln wie Weizen, Zwiebeln, Hülsenfrüchten, Milchprodukten und einigen Früchten. „Bei Menschen mit Reizdarmsyndrom oder anderen Verdauungsproblemen können FODMAPs Symptome wie Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung verursachen. Eine FODMAP-arme Diät kann oft helfen, diese Symptome zu lindern. Der sogenannte Cell Tolerance Test ist ein diagnostisches Verfahren, das der Untersuchung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -empfindlichkeiten dient. Die häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind die gegen Gluten und Milcheiweiß. Eine der Ursachen ist möglicherweise die veränderte Darmflora. Hinzu kommt, dass die westliche Bevölkerung deutlich weniger Bakterienarten hat, was auch auf den höheren Konsum von zu viel industriell verarbeitete Lebensmitteln und einer zu häufigen Einnahme von Antibiotika und Medikamenten zurückzuführen ist“, macht Prof. Dr. Güldütuna deutlich und fügt an:

Wenn wir Patienten mit Probiotika therapieren, müssen wir die Ernährungsgewohnheiten des Patienten kennen. Hier sind in der Regel Ernährungsumstellungen erforderlich. Unbedingt sinnvoll ist beispielsweise eine hohe Menge an `Grünzeug´. Die guten Bakterien (die meisten Bakterien sind gut!) mögen Dinge wie Petersilie, Dill und weitere Kräuter. Die mediterrane Küche etwa ist voll mit diesen grünen Kräutern. Hieran sollte sich jeder orientieren“.


Die Industrie empfiehlt als Präbiotikum Inulin. Inulin ist ein natürlicher, pflanzlicher Ballaststoff, der vor allem in der Wurzel von Pflanzen wie Chicorée, Artischocken, Zwiebeln, Knoblauch und vielen anderen Gemüsearten vorkommt. Chemisch gesehen gehört Inulin zur Gruppe der Fruktane, die aus einer Kette von Fruktosemolekülen bestehen. Es wird oft als präbiotischer Ballaststoff angesehen, da es die Gesundheit des Darms fördern kann, indem es als Nahrung für nützliche Bakterien im Mikrobiom dient. „Was die Industrie aber nicht berücksichtigt, sind sie verschiedenen Längen der Faserstoffe des Inulins. So benötigt das eine Bakterium eher kurzkettige Faserstoffe, das andere längere. Daher ist es immer besser, auf die Natur zurückzugreifen, um die Bakterien zu füttern! Es ist wichtig, die Darmflora zu pflegen mit gesunder Ernährung ohne (oder mit wenig) Konservierungsstoffen oder auch chloriertes Wasser und wenig Antibiotika“, rät Prof. Dr. Güldütuna.


Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine komplexe und vielseitige Erkrankung, die sich in verschiedenen Subtypen manifestiert, wobei die Symptome stark variieren können. Die Hauptsubtypen sind RDS mit Durchfall (RDS-D), RDS mit Verstopfung (RDS-V) und der gemischte Typ (RDS-M), der sowohl Durchfall als auch Verstopfung umfasst.

Beim RDS-D stehen häufige, plötzliche Durchfälle im Vordergrund. Diese Symptome können mit Bauchschmerzen, Koliken und Krämpfen einhergehen. Auch Müdigkeit, Hautprobleme, Kopfschmerzen und Depressionen tauchen in der Symptomatik auf. Letzteres darf einen nicht verwundern, da das Mikrobiom unser gesamtes Gefühlsleben beeinflussen kann. Natürlich kann man diese ganzen einzelnen Symptome symptomatisch behandeln, was aber leider nicht die Ursache bekämpft. Es braucht eine fundamentale Therapie, um das Mikrobiom zu stabilisieren. Auch muss bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten unterschieden werden. Das eine ist die Allergie, die eine Sofortreaktion auf ein Nahrungsmittel auslöst, zum Beispiel beim Konsum von Nüssen, bei den meisten allerdings (über 90%) tritt eine Unverträglichkeit gegenüber einem Lebensmittel verzögert manchmal sogar 72 Stunden später auf. Wer zum Beispiel eine Glutensensivität (keine Zöliakie) hat und sich sechs Monate lang glutenfrei ernährt, dann kann es sein, dass man nach diesen sechs Monaten Gluten wieder verträgt“, so Prof. Dr. Güldütuna.

Bei Patienten, die mit kolikartigen Schmerzen im Bauchraum und Durchfall kommen, wird eine Labordiagnostik vorgenommen. Diese beinhaltet die Untersuchung der Entzündungsparameter, Ultraschall (um Gallensteine auszuschließen) und eine Magen-Darm-Spiegelung. Wenn die Ergebnisse all dieser Untersuchungen in Ordnung sind, wird der Patient normalerweise als Reizdarmpatient `abgestempelt´. Dabei wissen wir seit einigen Jahren, dass Reizdarm nicht gleich Reizdarm ist. Denn wenn Patienten einfach auf festgestellte Unverträglichkeiten achten, werden sie eine deutliche Linderung verspüren, bis sie komplett weg sind. Wichtig ist, dass chronische entzündliche Darmerkrankungen mittels endoskopischer Diagnostik ausgeschlossen werden. Persönlich empfehle ich beim Verdacht auf eine Nahrungsmitteluverträglichkeit eine Basisdiät, bestehend aus Kartoffeln, Reis, Olivenöl, Salz und Wasser. Wenn sie nach einer Woche beschwerdefrei sind, dann liegt definitiv eine Nahrungsmittelunverträglichkeit vor. Und dann geht die Diagnostik weiter“, klärt Prof. Dr. Güldütuna auf, und wir beenden an dieser Stelle den ersten Teil der Interviewreihe.

Herzlichen Dank, Professor Dr. Güldütuna – im nächsten Gespräch gehen wir dann näher auf den wichtigen Part der Diagnostik ein!

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