Modernste Endoprothetik und präzise Chirurgie für Schulter und Ellenbogen: Experteninterview mit Dr. med. Christian Schoch

12.05.2025

Dr. med. Christian Schoch ist ein anerkannter Spezialist für Schulter- und Ellenbogenchirurgie sowie für Endoprothetik. Als leitender Arzt an der St. Vinzenz Klinik Pfronten im Allgäu verfügt er über langjährige Erfahrung in der Behandlung komplexer Erkrankungen und Verletzungen dieser hochspezialisierten Gelenke. Seine besondere Expertise liegt in der modernen Endoprothetik des Schultergelenks, wo er sowohl anatomische als auch inverse Prothesen implantiert – darunter auch innovative schaftfreie Modelle, die eine schonendere Versorgung ermöglichen. Zudem ist er ein erfahrener Chirurg für Ellenbogensteife, Instabilitäten und Rotatorenmanschettenrupturen.

Dr. Schoch absolvierte sein Medizinstudium an der renommierten Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und vertiefte seine Fachkenntnisse unter anderem an der Sportklinik Stuttgart sowie während eines internationalen Fellowships bei Dr. Graham King in Kanada. Dort spezialisierte er sich weiter auf komplexe Ellenbogenchirurgie, eine Expertise, die heute in seiner täglichen Arbeit eine zentrale Rolle spielt. Seit 2012 ist er an der St. Vinzenz Klinik tätig, wo er moderne operative Verfahren etabliert hat – von minimalinvasiven arthroskopischen Eingriffen bis hin zu anspruchsvollen Revisionseingriffen bei fehlgeschlagenen Prothesen oder komplexen Fehlstellungen.

Auch Sportler, insbesondere aus dem Eishockeybereich, vertrauen auf seine Kompetenz. Als Mannschaftsarzt des EV Pfronten ist er mit den speziellen Herausforderungen sportbedingter Schulter- und Ellenbogenverletzungen bestens vertraut. Neben seiner klinischen Arbeit engagiert sich Dr. Schoch intensiv in der wissenschaftlichen Forschung. Er hat zahlreiche Fachpublikationen verfasst und ist regelmäßig als Referent auf nationalen und internationalen Kongressen vertreten. Als Vorsitzender der Ellenbogenkommission der AGA und aktives Mitglied führender Fachgesellschaften trägt er maßgeblich zur Weiterentwicklung der orthopädischen und unfallchirurgischen Versorgung bei. Sein Anspruch ist es, seinen Patienten durch innovative Techniken und höchste Präzision die bestmögliche Behandlung zu bieten.

Die Redaktion des Leading Medicine Guide sprach mit Dr. Schoch über die moderne Endoprothetik und wie präzise die Schulter- und Ellenbogenchirurgie heute ist.

Dr. med. Christian Schoch

Erkrankungen und Verletzungen von Schulter und Ellenbogen können die Beweglichkeit und Lebensqualität stark einschränken. Die moderne Endoprothetik und präzise chirurgische Techniken eröffnen heute neue Wege, um Funktion, Kraft und Schmerzfreiheit nachhaltig wiederherzustellen. Durch individuell angepasste Implantate, minimalinvasive Eingriffe und neueste Operationstechniken können Patienten gezielt und schonend behandelt werden. Das Ziel: eine optimale Wiederherstellung der Gelenkfunktion bei gleichzeitig schnellerer Genesung und langfristiger Haltbarkeit der Ergebnisse.

Schulter- und Ellenbogenprobleme, die eine Endoprothetik an Schulter und Ellenbogen notwendig machen, entstehen meist durch fortgeschrittene Gelenkverschleißerkrankungen wie Arthrose oder durch entzündliche Prozesse bei rheumatoider Arthritis. 

Auch komplexe Brüche, insbesondere bei älteren Patienten, können das Gelenk so stark schädigen, dass ein künstlicher Ersatz erforderlich wird. Darüber hinaus führen massive und lange unbehandelte Sehnenschäden der Rotatorenmanschette an der Schulter sowie posttraumatische Veränderungen nach Verletzungen häufig zu einer irreparablen Gelenkzerstörung. In seltenen Fällen machen auch Tumorerkrankungen einen Gelenkersatz nötig. „Wir unterscheiden grob zwischen primärer Omarthrose und sekundärer Omarthrose. Bei primärer Omarthrose lässt sich keine klare medizinische Ursache definieren, Risikofaktoren sind jedoch höheres Alter, Körperliche Arbeit und das weibliche Geschlecht. Bei sekundärer Omarthrose sprechen wir bei allen Verschleißerkrankungen, die auf Grund eines anderen Schadens entstehen: post-traumatisch (frakturbedingte Fehlstellungen), nach Schulterluxation, bei langfristig bestehenden Sehnenschäden der Rotatorenmanschette, Durchblutungsstörungen, Rheuma oder andere entzündlichen oder Infektionen Erkrankungen. Gleiches gilt letztlich auch für den Ellenbogen. Den primären Omarthrosen lässt sich ob der unklaren Genese naturgemäß wenig präventiv entgegensetzen. Generell ist vor allem die Schulter ein sehr muskelgeführtes Gelenk, das heißt, der beste Schutz vor schnellem Verschleiß ist eine gute Funktion mit moderatem Sport. Krafttraining kann die Arthrose-Entwicklung beschleunigen (die Dosis/ Belastung macht das Gift). Bewegung und moderate Belastung an sich fördert aber die Ernährung des Knorpels. Bei den sekundären Arthrosen lässt sich lediglich in den frühen Stadien gegenarbeiten, d.h. bevor die Endstufe Omarthrose entsteht die zu Grunde liegenden Probleme beheben. Dann bremst man zumindest die Arthrose-Entstehung. Das heißt, nach Schulterluxation braucht es wieder ein stabiles Gelenk, bei Sehnenschäden eine refixierte Sehne am Knochen“, erklärt Dr. Schoch.

Eine frühzeitige Behandlung von Entzündungen und kleineren Verletzungen kann helfen, Folgeschäden wie Arthrose zu verhindern. Auch eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, Verzicht auf Nikotin sowie die Vermeidung von Übergewicht trägt erheblich zur Erhaltung der Gelenkgesundheit bei. Im höheren Alter spielt zudem die Sturzprophylaxe eine zentrale Rolle, um schwerwiegende Frakturen an Schulter und Ellenbogen zu vermeiden.

Die Endoprothetik der Schulter hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Besonders hervorzuheben sind Verbesserungen in der Implantat Gestaltung, der Operationstechnik sowie der Individualisierung der Therapie je nach Patientensituation. 

In der modernen Schulterendoprothetik werden die Implantate immer variabler und besser an die individuellen Bedürfnisse der Patienten angepasst. Teilweise werden die Prothesen sogar im 3D-Druckverfahren aus Titan maßgefertigt. Die Verankerung der Implantatkomponenten erfolgt heute überwiegend zementfrei. In meiner Praxis setze ich bei primären Schulterprothesen in der Regel schaftfreie Implantate ein, das bedeutet, auf einen langen Stiel im Oberarmknochen wird verzichtet, wenn die Knochensubstanz gut erhalten ist. Dadurch bleibt wertvolles Knochenmaterial erhalten. Die theoretischen Vorteile dieser Technik sind kürzere Operationszeiten, ein geringeres Infektionsrisiko, weniger Blutverlust, besserer Knochenerhalt und vereinfachte Möglichkeiten für spätere Wechseloperationen, falls eine Lockerung der Prothese auftreten sollte“, so Dr. Schoch.

Ob ein Patient besser für eine inverse Schulterprothese oder eine anatomische Schulterprothese geeignet ist, hängt vor allem von der Funktion der Rotatorenmanschette sowie vom Zustand des Gelenks ab. 

Hier erläutert Dr. Schoch: „Eine anatomische Schulterprothese ist in der Regel nur dann sinnvoll, wenn die Rotatorenmanschette intakt und funktionsfähig ist. Diese Muskeln und Sehnen sind dafür verantwortlich, das Gelenk zu stabilisieren und die Bewegungen zu steuern. Ist die Rotatorenmanschette jedoch geschädigt oder nicht mehr funktionsfähig – etwa durch chronische Entzündungen, Verletzungen oder Abnutzung – ist eine anatomische Prothese häufig nicht mehr die optimale Lösung. In solchen Fällen wird meist die inverse Schulterprothese bevorzugt, da sie die Funktionsweise des Gelenks umkehrt und so andere Muskeln, insbesondere den Deltamuskel, für die Bewegungsführung einsetzt. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Stellung des Gelenks. Für eine anatomische Schulterprothese sollte das Gelenk relativ ,zentriert´ sein, das bedeutet, dass der Oberarmkopf gut in der Gelenkpfanne sitzt und keine ausgeprägte Instabilität vorliegt. Bei Instabilität oder Deformationen des Gelenks ist die inverse Prothese oft die bessere Wahl, da sie eine stabilere Form der Gelenkmechanik bietet. Auch die Form der Gelenkpfanne spielt eine Rolle. Eine anatomische Prothese erfordert eine relativ gut erhaltene, normale Pfannenform, ohne starke Deformationen oder Schräglagen. Wenn die Gelenkpfanne stark abgenutzt oder schräg abgefallen ist, ist eine inverse Schulterprothese in der Regel besser geeignet, da sie auch bei unregelmäßigen oder zerstörten Pfannenformen eine funktionale Lösung bietet“. Zusätzlich spielen Faktoren wie das Alter des Patienten, die Knochensubstanz, der Grad der Gelenkzerstörung sowie individuelle Aktivitätsansprüche eine Rolle bei der Entscheidung. Ziel ist immer, die für den jeweiligen Patienten funktionell beste und langlebigste Lösung zu finden“.


Die minimalinvasive Chirurgie an Schulter und Ellenbogen hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Dank moderner arthroskopischer Techniken, hochauflösender Kameras und spezieller Instrumente können komplexe Schäden heute schonend behandelt werden. Auch bei Prothesenimplantationen ermöglichen kleinere Zugänge eine geringere Gewebeschädigung. Für die Patienten bedeutet dies weniger Schmerzen, ein geringeres Infektionsrisiko, schnellere Heilung und meist kürzere oder ambulante Klinikaufenthalte.


Die präoperative Planung spielt heute eine zentrale Rolle für den Erfolg von Schulter- und Ellenbogenprothesen. Moderne Bildgebungsverfahren wie hochauflösende Röntgenaufnahmen, Computertomografie (CT) und zunehmend auch Magnetresonanztomografie (MRT) ermöglichen eine exakte Analyse der individuellen Anatomie und des Schweregrads der Gelenkschädigung. 

Insbesondere bei stark deformierten oder zerstörten Gelenken liefert die 3D-Darstellung entscheidende Informationen über Form, Stellung und Zustand von Oberarmkopf und Gelenkpfanne. „Die Qualität einer Operation wird bereits in der Planungsphase – gewissermaßen am Reißbrett – entscheidend beeinflusst. Bei Gelenken mit nur geringem Verschleiß genügen meist einfache Röntgenaufnahmen, um das Implantat adäquat zu planen. Je stärker jedoch das Gelenk – insbesondere die Pfannenseite – zerstört ist, desto wichtiger wird eine detaillierte 3D-Planung mittels CT-Bildern, um den Eingriff optimal vorzubereiten. Obwohl die intraoperative Navigation noch nicht zum allgemeinen Standard gehört, kann sie bei stark zerstörten Gelenken helfen, die Implantat Position möglichst exakt entsprechend der präoperativen Planung umzusetzen und so das bestmögliche Ergebnis zu erzielen“, verdeutlicht Dr. Schoch.

Bei schweren Rotatorenmanschettenrupturen, bei denen eine Rekonstruktion der Sehnen nicht mehr möglich ist – etwa, weil die Sehnen stark zurückgezogen oder vernarbt sind oder die Muskulatur bereits erheblich degeneriert ist –, gibt es mehrere therapeutische Ansätze, um die Funktion der Schulter wiederherzustellen oder zumindest zu verbessern. 

Wenn eine direkte Sehnenrekonstruktion scheitert oder nicht mehr sinnvoll ist, kann zunächst versucht werden, die Funktion durch sogenannte „biologische“ Maßnahmen zu unterstützen, zum Beispiel durch eine Muskel- oder Sehnentransfer-Operation. Dabei werden benachbarte Muskeln oder Sehnen umgeleitet, um die fehlende Funktion teilweise zu ersetzen. Solche Verfahren sind jedoch technisch anspruchsvoll und nicht für alle Patienten geeignet.

Je nach Form und Lage des Risses, Alter des Patienten und der verbliebenen Gewebequalität kommen unterschiedliche Behandlungsstrategien in Frage. Bei jüngeren Patienten mit einem zentrierten Gelenk und einem großen zentralen Riss kann eine konservative Therapie sinnvoll sein, eventuell ergänzt durch einen Teilverschluss der Sehnenhaube, um eine weitere Rissvergrößerung zu verhindern. Zusätzlich kann die lange Bizepssehne genutzt werden, um die Rekonstruktion biologisch zu verstärken. In bestimmten Fällen ist auch eine Muskelverlagerung möglich, bei der größere Muskeln auf die gerissene Stelle umgelenkt werden, um die Funktion der Schulter wiederherzustellen. Andere Ansätze, wie der Einsatz von Platzhaltern (z. B. aufblasbare Ballons oder Implantate unter dem Schulterdach), haben bisher nur begrenzten Erfolg gezeigt. Solche sogenannten ,Salvage´-Verfahren sehe ich eher als Option für sehr junge Patienten und nicht als langfristige Lösung. Bei Patienten über 60 bis 65 Jahren hat sich dagegen die inverse Schulterprothese als die verlässlichste Methode bewährt. Sie ist heute das ,Arbeitspferd´ der Schulterchirurgie für diese Altersgruppe. Besonders bei jüngeren Patienten wird dabei bevorzugt eine schaftfreie Variante eingesetzt, um möglichst viel eigenen Knochen zu erhalten“, hebt Dr. Schoch hervor.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Chirurgie, Physiotherapie und Sportmedizin ist entscheidend für den Erfolg der Rehabilitation nach einer Prothesenimplantation an Schulter oder Ellenbogen. 

Die enge Zusammenarbeit mit den Physiotherapeuten ist entscheidend für den Erfolg der Behandlung. Selbst wenn im Operationssaal eine optimale mechanische Stabilität und Gelenkstruktur hergestellt werden, reicht das allein nicht aus: Ohne eine gezielte Wiederherstellung der Funktion durch aktive Übungen – sowohl eigenständig als auch unter Anleitung eines Therapeuten – bleibt der Behandlungserfolg begrenzt. Wichtig sind dabei kurze Phasen der Ruhigstellung, der gezielte Einsatz von Bewegungsschienen (CPM-Geräten) und eine konsequente physiotherapeutische Betreuung, gegebenenfalls ergänzt durch eine stationäre Reha. Die Heilung der Schulter benötigt grundsätzlich viel Zeit, Rekonvaleszenzzeiten von drei bis vier Monaten sind völlig normal. Für den Therapieerfolg ist es sinnvoll, klare Zielvorgaben zu definieren und diese mit den Therapeuten abzustimmen. Dennoch sollte der behandelnde Therapeut in erster Linie flexibel auf den aktuellen Befund reagieren und das Rehabilitationsprogramm entsprechend anpassen. Besonders bei sportlich aktiven Patienten ist es sinnvoll, zum Abschluss der Rehabilitation einen ,Back-to-Sport´-Test durchzuführen, um sicherzustellen, dass das Gelenk wieder belastbar ist und eine Rückkehr zu Sport oder intensiver Belastung gefahrlos möglich ist“, führt Dr. Schoch aus, und damit beenden wir unser Gespräch.

Vielen Dank, Herr Dr. Schoch, für diesen Einblick in Ihre Arbeit!

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