Sehnerverkrankungen - Spezialisten und Informationen

22.11.2023
Univ.-Prof. Dr. Dr. Ludwig Heindl
Medizinischer Fachautor

Der Sehnerv sorgt dafür, dass wir unsere Umgebung sehen können. Über den Sehnerv werden alle aufgenommenen Informationen an das Gehirn weitergeleitet. Dort wandelt das Gehirn die Informationen in Bilder um. Sehnerverkrankungen verursachen häufig Sehstörungen, daher sind sie meist schnell zu erkennen.

Im Folgenden finden Sie weitere Informationen sowie ausgewählte Spezialisten für Sehnerverkrankungen.

ICD-Codes für diese Krankheit: H46, H47, H48

Empfohlene Spezialisten für Sehnerverkrankungen

Artikelübersicht

Der Sehnerv: Anatomie und Funktionsweise

Experten nennen den Sehnerv auch Nervus opticus oder Zweiter Hirnnerv. Er nimmt den mittleren Teil der sogenannten Sehbahn ein, über die das Bild vom Auge zum Gehirn gelangt.

Durch das Einstrahlen von Licht erzeugt die Netzhaut (Retina) Erregungen im Auge. Der Sehnerv leitet diese Erregungen (elektrische Potentiale) an das Gehirn weiter. Das Gehirn interpretiert die Signale als Bilder, was dazu führt, dass wir unsere Umgebung sehen können.

Der menschliche Sehnerv ist circa vier bis fünf Zentimeter lang und besteht aus gebündelten Nervenfasern. Die Verlaufsstrecke führt von der Siebplatte (Lamina cribrosa) über die Lederhaut (Sklera) zur Sehnervenkreuzung. Experten nennen sie auch Chiasma opticum.

Drei unterschiedliche Abschnitte teilen den Sehnerv des Auges ein:

  • Intrabulärer Teil: Der Teil des Sehnervs innerhalb des Augapfels
  • Intraorbitaler Teil: Der Teil des Sehnervs innerhalb der Augenhöhle
  • Intrakranieller Teil: Der Sehnerv verläuft im Schädel (Cranium)

Der Sehnerv im Auge besteht des Weiteren aus rund einer Millionen Nervenfasern. Bei diesen Fasern handelt es sich um sogenannte Axone. Die Fortsätze der Netzhautganglienzellen heißen Sehnervenfasern. Die einzelnen Axone vereinigen sich zum Nervus opticus.

Anatomie Sehnervenkreuzung und GehirnVisuelle Eindrücke die wir mit unseren Augen wahrnehmen gelangen über den Sehnerv (Nervus opticus) zum Gehirn @ bilderzwerg /AdobeStock

Der Verlauf des Sehnervs

Die Netzhaut des Auges besteht aus mehreren Schichten:

Die äußere Schicht bildet die Sehrezeptoren, die Stäbchen und die Zapfen im Auge. Dieser äußeren Schicht folgen mehrere dünne Schichten im Auge, die mit sogenannten Umschaltstationen ausgestattet sind. Diese Zellschichten sind für die durch das Licht erzeugten elektrischen Signale der Sinneszellen verantwortlich.

In der inneren Zellschicht der Netzhaut liegen zudem Fasern der sogenannten Ganglienzellen. Diese Fasern bilden den eigentlichen Sehnerv im Auge eines jeden Menschen. Sie verlassen alle gemeinsam an einem bestimmten Punkt, der sogenannten Papille, als Sehnerv das Auge.

Die Papille ist aufgrund des Durchbruchs des Sehnervs durch Lichtrezeptoren nicht lichtempfindlich und gilt als "Blinder Punkt" im Gesichtsfeld.

Nach dem Verlassen des Augapfels zieht sich der Sehnerv innerhalb der Augenhöhle (Orbita) durch ein Fettgewebe. Dieses befindet sich in der Augenhöhle zwischen den Muskeln des jeweiligen Auges. 

Durch eine Öffnung (Canalis Opticus) tritt der Sehnerv schließlich in den Schädel des Menschen ein. Hier treffen beide Sehnerven der Augen zusammen und bilden die Sehbahnkreuzung. 

Die Sehbahnkreuzung ist ein Bereich, in dem sich die Fasern jeweils überkreuzen. Wegen der Brechung des Lichts an der Linse des Auges gelangen die Informationen der einzelnen Gehirnhälften zusammen. Das Sehbahnkreuz ist daher eine wichtige Kreuzung. Ohne diese Kreuzung im Auge wäre das koordinierte Sehen nicht möglich.

Die Sehbahnkreuzung befindet sich somit in der Nähe der Hirnanhangsdrüse. Daher haben die Sehnerven, die sich hier kreuzen, eine besondere Bedeutung bei der Diagnose eines Hirntumors.

Sehbahn 3D v2Die Sehbahn stark vereinfacht

Im Verlauf ziehen nun die Fasern der rechten Hälfte beider Augen in den rechten Sehnerv. Die linken Fasern beider Augen verlaufen zusammen in den linken Sehnerv. Hier heißen die Nerven, die in das Gehirn eintreten, nicht mehr Sehnerv sondern Sehtrakt (Tractus Opticus).
 
Letztendlich findet der Sehnerv sein Ende in der Großhirnrinde am Hinterkopf. Hier findet die Verarbeitung aller vom Sehnerv zum Gehirn geleiteten Informationen statt. Erst jetzt können wir sehen.

Mögliche Erkrankungen des Sehnervs

Erkrankungen des Sehnervs verursachen häufig eine Sehstörung. Daher sind sie meist schnell zu erkennen. Schmerzen hat der Patient durch die Erkrankungen nicht.
 
Bei einigen Erkrankungen kann die Sehbeeinträchtigung plötzlich auftreten. Die betroffenen Personen verlieren in kürzester Zeit ihr Sehvermögen. Bei anderen Erkrankungen hingegen verläuft dieser Prozess schleichend.

Durch Gesichtsfeldausfälle auf Erkrankungen schließen

Bei einer Erkrankung des Sehnervs kommt es oft zu Gesichtsfeldausfällen. Grund dafür ist die Nähe der Sehbahnkreuzung zur Hirnanhangsdrüse. Dabei ist es egal, ob die Schädigung des Sehnervs vor oder erst nach der Kreuzung der Sehbahnen vorliegt. 
 
Je nachdem sind meist unterschiedliche Bereiche des Gesichtsfelds betroffen. Anhand der Art der Gesichtsfeldausfälle kann der Augenarzt schon auf die Erkrankung schließen. Eine Diagnose ist daher einfach. Die Behandlung des Sehnervs kann daher schnell erfolgen.
 
Bei der Erkrankung des Sehnervs im Auge spielt vor allem das negative Skotom eine Rolle. Bei dem negativen Skotom können Patienten Strukturen im Gesichtsfeld nicht mehr eindeutig erkennen.

Schwierige Diagnosen

Der Grund für verzerrtes Sehen ist auf eine Erkrankung des Sehnervs zurückzuführen, sondern deutet immer auf andere Erkrankungen hin. Dass der Sehnerv zusätzlich ebenfalls krank ist, ist jedoch möglich. 
 
Nimmt der Patient Ausfälle oder Fremdkörper im Gesichtsfeld wahr, sollte er dies dem behandelnden Arzt sofort mitteilen. Nur so kann er die Diagnose sicher und schnell stellen.
 
Problematisch gestaltet sich die Diagnose, wenn sich keine Gesichtsfeldausfälle bemerkbar machen. Dann fehlen dem Arzt Anhaltspunkte für die genaue Erkrankung. Auch andere Untersuchungsmethoden bringen wenig Aufschluss über die Erkrankung des Sehnervs. Eine geeignete Behandlungsmethode ist daher schwer zu finden.

Glaukomatöse Optikusatrophie

Der Begriff Optikusatrophie bezeichnet einen Gewebeschwund des Sehrnvervs (Nervus opticus). Ursachen für diesen Schwund können unterschiedlich sein. Ein Grund kann sein, dass der Patient an einem Grünen Star (Glaukom) leidet. 
 
Ein zu hoher Augeninnendruck drückt auf die Papille, die dadurch regelrecht aushöhlt. Dabei sterben nach und nach die Nervenzellen an der Papille ab. Der Sehnerv wid stark geschädigt und der Verlust der Sehstärke lässt sich nicht wiederherstellen.
GlaukomDas Glaukom (Grüner Star) ist die häufigste Erkrankung der Sehnerven @ Alessandro Grandini /AdobeStock

Stauungspapille

Eine häufige Erkrankung des Sehnervs ist die sogenannte Stauungspapille. Dabei handelt es sich um ein Ödem, eine Wassereinlagerung, die meist an den Papillen beider Augen gleichzeitig auftritt. Ursache für die Wassereinlagerung ist ein erhöhter Hirndruck, beispielsweise aufgrund eines Hirntumors.
 
Symptome einer Stauungspapille sind Kopfschmerzen und im späteren Verlauf auch Sehstörungen. Dies sollten Sie immer von einem Facharzt untersuchen lassen. 
 
Leiden Sie an einer Stauungspapille, dann ist die Suche nach der Ursache erforderlich, da sonst schwere Hirnschäden auftreten können.
 
Die Krankheit verläuft in mehreren Phasen:
  1. Im Frühstadium einer Stauungspapille ist der Rand der Papille meist unscharf, die Papille selbst hingegen stark durchblutet. Die Sehkraft ist in diesem Stadium der Erkrankung selten schon beeinträchtigt
  2. Im Akutstadium der Erkrankung des Sehnervs schwillt die Papille stark an. Die Ränder der Papille fangen zusätzlich in Form von Speichen an zu bluten. Die Papille hat nun eine rötliche bis graurötliche Färbung und weist graue Ablagerungen auf. Die als „Blinder Fleck“ bekannte Delle im Auge verschwindet zunehmend.
  3. Das letzte Stadium nennen Experten auch atrophische Phase. Hier sterben die Fasern des Sehnervs im Auge allmählich ab. Erst jetzt manchen sich erste Gesichtsausfälle bei der betroffenen Person bemerkbar.

Entzündung des Sehnervs

Eine Entzündung des Sehnervs im Auge tritt recht häufig auf. Auch hier entsteht ein Ödem an der Papille des Auges. Allerdings bleibt dieses Ödem meist unbemerkt, wenn es zu einer Entzündung des Sehnervs außerhalb des Augapfels kommt. 

Die Entzündung macht sich bei Patienten schnell bemerkbar: Gesichtsfeldausfälle kommen plötzlich und auch Schmerzen bei extremen Augenbewegungen belasten die Betroffenen sehr.
Zusätzlich stellt sich häufig eine Rot-Grün-Schwäche ein und der Pupillenreflex funktioniert nicht mehr einwandfrei. 
 
Als Ursache für eine Entzündung des Sehnervs im Auge sind Infektionen und Entzündung der Augen- und Nasennebenhöhlen verantwortlich. Aber auch Autoimmunerkrankungen und Vergiftungen sind mögliche Ursachen.

Anteriore Ischämische Optikoneuropathie

Die Anteriore Ischämische Optikoneuropathie (AION, umgangssprachlich „Augeninfarkt“) bezeichnet eine akute Unterversorgung des Sehnervenkopfes mit Sauerstoff und Nährstoffen. Es kommt recht schnell zu Sehausfällen. Daher sollten Patienten schnell einen Arzt aufsuchen.
 
Durch die Unterversorgung können schwere Schäden auftreten, die bereits nach wenigen Stunden nicht mehr rückgängig zu machen sind.
 
Ursache ist meistens der Verschluss eines Blutgefäßes (Embolie) am Auge, hervorgerufen durch eine fortgeschrittene Arteriosklerose. Die meisten Betroffene leiden zudem an Bluthochdruck oder Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“).
 
Auch die Entzündung eines Gefäßes (Vaskulitis, z.B. Riesenzellarteriis) kommt als Ursache in Frage. Dies zeigt sich vor allem durch eine pulsierende Schläfenarterie. Zudem beklagen betroffene Personen meist über starke Kopfschmerzen. Auch die Kopfhaut kann hier Schmerzen verursachen. Die Vaskulititis ist besonders gefährlich, da auch Arterien im Gehirn betroffen sein können. Aus diesem Grund erfolgt hier eine Behandlung mit Kortison.

Erbkrankheiten

Ursache für eine Sehnerverkrankung kann auch erblich bedingt sein. Hier verliert der Sehnerv grundsätzlich stetig an Substanz. Dies ist vor allem bei der Erkrankung des Sehnervs an Behr-Optikusatrophie, an Leber-Optikusatrophie und an Wachsgelber Optikusatrophie der Fall. Zudem können Giftstoffe den Sehnerv schädigen, die das Sehen der betroffenen Personen drastisch verschlechtert.
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