Die Fehlbildung entwickelt sich meistens schon ab der dritten oder vierten Schwangerschaftswoche. Die Symptomatik tritt daher bei Föten und Neugeborenen auf.
Jungen sind geringfügig häufiger von der Ösophagusatresie betroffen als Mädchen. Die Verteilung beträgt in etwa 60 zu 40 Prozent. Insgesamt liegt die Inzidenz (Häufigkeit) der Erkrankung bei einer relativ hohen Rate von 1:2500-4000.
Die Ösophagusatresie könnte auf eine genetische Ursache zurückzuführen sein. Darauf deuten mehrere Faktoren, z.B. eine geringe, aber sichtbare familiäre Häufung, hin. Andererseits treten auch Einzelfälle ohne familiäre Erkrankungshistorie auf, die keinen Rückschluss auf eine Vererbung innerhalb der Familie zulassen.
Die Fehlbildung entsteht höchstwahrscheinlich in der ontogenetischen Entwicklungsphase: In dieser Phase trennt sich die Luftröhre von der Speiseröhre. In vielen Fällen kann der Fötus kein Fruchtwasser aufnehmen. Infolgedessen bildet sich eine Fruchtwasserblase. Oftmals liegt dieses Symptom im Verbund mit einer fehlenden Magenblase und einem verzögerten Wachstum des Kindes vor.
Nach der Geburt äußert sich eine Ösophagusatresie in einem verstärkten Speichelfluss. Außerdem bekommt das Neugeborene nur schwer Luft, hustet vermehrt und leidet unter Atemnot. Versucht man das Kind zu füttern, gelangt die Nahrung in die Luftröhre und es kommt zu einer Zyanose (Blaufärbung der Haut).
Wenn das Anbringen einer Magensonde über den Mund oder die Nase an einem Widerstand scheitert, ist eine Ösophagusatresie so gut wie bewiesen.
Die Ösophagusatresie wird nach Vogt in verschiedene Typen unterteilt, die unterschiedlich oft vorkommen. Die Angaben zur Häufigkeit variieren von Autor zu Autor.
- Typ 1: Vollständiges Fehlen der Speiseröhre (Aplasie). Häufigkeit: unter 1 %.
- Typ 2: Fehlbildung der Speiseröhre ohne Fistel zwischen Luft- und Speiseröhre. Häufigkeit: etwa 10 %.
- Typ 3a: Fistel im oberen Abschnitt, während der untere Abschnitt im Blindsack endet. Häufigkeit: unter 1 %.
- Typ 3b: Fistel im unteren Abschnitt, während der obere Abschnitt im Blindsack endet. Häufigkeit: etwa 80 %.
- Typ 3c: Fistelbildungen in beiden Abschnitten. Häufigkeit: etwa 5 %. In manchen Klassifikationen wird außerdem ein vierter Typ angenommen, bei dem eine Fistel ohne Fehlbildung auftritt.
Typ 2-4 der Ösophagusatresie © Atrezia.jpg / Wikimedia Commons (Lizenz)
Die Ösophagusatresie tritt häufig in Verbindung mit anderen Fehlbildungen auf. Deren Korrelation fasst man unter dem Begriff VACTERL-Assoziation zusammen. Es handelt sich um Fehlbildungen von folgenden Körpersegmenten:
- Wirbelsäule (Vertebra)
- Magen-Darm-Trakt (Anal)
- Herz (Cardial)
- Speiseröhre (Tracheo-Esophageal)
- Niere (Renal)
- Extremitäten (Limbs)
Eine gleichzeitige Fehlbildung dieser Körperteile erhöht bei den genannten Beschwerden die Wahrscheinlichkeit, dass auch eine Ösophagusatresie vorliegt.
Wenn eine Schluckstörung besteht und die Fruchtwasseraufnahme des Fötus durch eine Fistel verhindert wird, bildet sich eine Fruchtwasserblase. Diese kann mithilfe einer Ultraschalluntersuchung erkannt werden. Zu viel Fruchtwasser allein ist jedoch noch kein ausreichender Beweis für eine vorliegende Ösophagusatresie.
In Kombination mit einer fehlenden Magenblase deutet die Symptomatik aber klar auf eine Fehlbildung der Speiseröhre hin. Insbesondere dann, wenn das Kind infolge der Komplikationen bei der Fruchtwasseraufnahme kleiner ist, als es im jeweiligen Entwicklungsstadium üblich wäre.
Sollte die Krankheit bis zur Geburt nicht auffällig werden, treten weitere Symptome wie Atemnot und Speicheln auf (siehe Symptomatik). Um die Diagnose nach der Geburt zu sichern, wird eine Röntgenuntersuchung des Oberkörpers vorgenommen.
Die Fehlbildung kann mit einer Operation, einer End-zu-End-Anastomose, korrigiert werden. Diese erfolgt aber im Regelfall erst, wenn das Kind ausreichend stabilisiert wurde. In Notfällen kann jedoch auch ein früherer operativer Eingriff notwendig sein.
Der Eingriff wird mit einem Einschnitt unterhalb der Achsel eingeleitet. Anschließend werden die beiden losen Enden der Speiseröhre geöffnet und miteinander verbunden. Beim Vernähen wird, je nach Typ der Fehlbildung, der Verbindungsgang (Fistel) zwischen Speiseröhre und Luftröhre beseitigt.
Das Kind wird im Anschluss an die Operation mittels einer Magensonde ernährt. Nach zehn Tagen wird die Operationsnaht ärztlich kontrolliert. Sollten sowohl Dichte als auch Qualität der Naht in Ordnung sein, kann die Nahrung dann über den Mund zugeführt werden. Eine weitere Versorgung über die Magensonde ist nicht mehr notwendig.
In manchen Fällen sind mehrere Operationen notwendig, vor allem, wenn die Speiseröhrenenden zu weit voneinander entfernt liegen.
In der Folgezeit ist eine gewissenhafte Nachsorge von großer Bedeutung. Der stationäre Aufenthalt des Kindes wird erst beendet, wenn es ein normales Gewicht erreicht hat. Es muss sich außerdem an einen besonderen Ernährungsplan gewöhnt haben.
Auch nachdem das Kind die Klinik verlassen hat, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig. Sie helfen, die Gefahren von Folgebeschwerden zu minimieren und sie im Bedarfsfall frühzeitig zu erkennen.
Zu möglichen Komplikationen gehören:
- gastroösophagealer Reflux (Zurückfließen von Magensäure in die Speiseröhre)
- Tracheomalazie (schlaffe Luftröhre) und daraus resultierende Lungenentzündungen
- Einengung der Speiseröhrennaht
Wenn die Komplikationen früh genug erkannt werden, ist es möglich, sie mithilfe von weiteren operativen Eingriffen zu behandeln und dadurch die Lebensqualität des Kindes dauerhaft zu verbessern. Umso wichtiger ist es, die Kontrolltermine sorgsam einzuhalten.
Die Überlebenschance bei einer Ösophagusatresie beträgt etwa 90 Prozent.