Die Kieferfehlstellung zählt zu den Dysgnathien. Unter dieser Bezeichnung fasst man Fehlstellungen und -entwicklungen einzelner Zähne, der Kiefer sowie des Kausystems zusammen. In manchen Fällen einer Kieferfehlstellung ist keine Behandlung nötig und der Betroffene kann ohne große Probleme damit leben. In anderen Fällen muss sie jedoch behoben werden, um die volle Funktionsfähigkeit des Kiefers zu gewährleisten.
In einem gesunden Kiefer sind die Zähne symmetrisch angeordnet. Es sollte sich kein großer Abstand zwischen den Zähnen befinden, aber sie sollten sich auch nicht gegenseitig überlappen. Beide Kiefer sind genau gleich groß, damit bei geschlossenem Mund die entsprechenden Zähne übereinanderliegen. Dieser Idealfall trifft jedoch nur selten zu. Etwa nur eine Person von 20 besitzt ein solches ideales Gebiss. Bei allen anderen können einzelne Zähne falsch liegen, oder aber der ganze Kiefer weist eine Fehlstellung auf. Zu den verschiedenen Kieferfehlstellungen zählen:
- Kreuzbiss: Bei einem Kreuzbiss legen sich die seitlichen Zähne des Unterkiefers beim Zusammenbeißen vor die Zähne des Oberkiefers. Das ist die bei Weitem häufigste Kieferfehlstellung. Sie kann auch nur einzelne Zähne betreffen.
- Offener Biss: Hierbei entstehen durch eine Fehlentwicklung Lücken beim Schließen zwischen den Vorderzähnen des Gebisses.
- Überbiss: Ein Überbiss ist durch unterschiedlich große Kiefer gekennzeichnet. Entweder ist der Oberkiefer zu groß oder der Unterkiefer zu klein. Deshalb liegen die Zähne des Oberkiefers vor den Zähnen des Unterkiefers.
- Vorbiss: Der Vorbiss ist das Gegenteil eines Überbisses. Auch hier sind die Kiefer unterschiedlich groß, jedoch ist dabei der Unterkiefer größer als der Oberkiefer. Deshalb liegen die Zähne des Unterkiefers bei geschlossenem Gebiss vor denen des Oberkiefers.
- Tiefer Biss oder Deckbiss: Bei dieser Fehlstellung sind die Zähne des Oberkiefers zu steil gestellt. Deshalb verdecken sie beim Zusammenbeißen einen Großteil der Zähne des Unterkiefers.
Eine Kieferfehlstellung kann sowohl erblich bedingt als auch durch äußere Einflüsse entstanden sein. Der Unterkiefer wird eher durch erbliche Einflüsse geprägt, wohingegen der Oberkiefer auch von Gewohnheiten beeinflusst wird. Beispielsweise können Daumenlutschen oder häufiges und langes Saugen an schlecht geformten Flaschensaugern eine Kieferfehlstellung begünstigen. Es gibt jedoch auch einige komplexe Krankheiten, die zu Veränderungen des Gebisses und einer Kieferfehlstellung führen. Dazu gehören:
Eine Kieferfehlstellung kann Probleme beim Kauen hervorrufen. Die im Optimalfall symmetrische Anordnung der Zähne ist wichtig, damit die Nahrung zerkleinert werden kann. Eine Kieferfehlstellung kann das Kauen erschweren.
Die Fehlstellung kann aber auch Muskelverspannungen auslösen. Diese betreffen dann meist das Kiefergelenk, den Schulter- oder Nackenbereich. Zusätzlich kann es zu Kopfschmerzen und Konzentrationsproblemen kommen.
Darüber hinaus kann eine Kieferfehlstellung die Atmung beeinträchtigen. Diese erfolgt normalerweise zum Großteil über die Nase. Wenn der Mund jedoch aufgrund einer Kieferfehlstellung nicht vollständig geschlossen werden kann, führt das verstärkt zur Mundatmung. Diese erhöht die Anfälligkeit für Infekte.
Für die Behandlung von Kieferfehlstellungen ist entweder der Zahnarzt oder ein Kieferorthopäde zuständig. Doch nicht jede Fehlstellung muss kieferorthopädisch behandelt werden. Das ist nur der Fall, wenn sich diese auf die Kaufunktion, die Gesundheit oder deutlich auf das Aussehen der Person auswirkt.
Bereits im Kindesalter können Maßnahmen zur Korrektur einer Kieferfehlstellung getroffen werden. Am sinnvollsten sind diese im Alter zwischen neun und dreizehn Jahren. In diesem Zeitraum ist das Kieferwachstum noch nicht abgeschlossen und der Zahnwechsel ist bereits erfolgt. In einigen schwerwiegenden Fällen kann es aber sein, dass die Behandlung schon mit dem Milchzahngebiss beginnt, zum Beispiel bei schweren Fällen eines Kreuzbisses oder offenen Bisses.
Eine Kieferfehlstellung kann beispielsweise mit einer Zahnspange behoben werden. Hierbei wird zwischen sogenannten losen und festen Zahnspangen unterschieden. Bei beiden handelt es sich um ein zahnmedizinisches Gerät, das der Begradigung der Kieferfehlstellung dient. Die feste Zahnspange bleibt über die gesamte Behandlungszeit im Mund des Patienten und kann nicht von ihm entfernt werden. Eine lose Zahnspange hingegen kann eigenhändig vom Patienten eingesetzt und entfernt werden und wird meist nur über einen gewissen Zeitraum am Tag getragen. Wichtig ist bei dieser Behandlungsform vor allem die Mitarbeit des Betroffenen. Wenn der Patient die lose Zahnspange nicht regelmäßig trägt, kann auch keine Besserung eintreten.
Eine weitere Möglichkeit, eine Kieferfehlstellung zu beheben, ist eine Operation. Diese Option wird jedoch meist nur bei Erwachsenen mit schweren Fehlstellungen in Betracht gezogen. Denn hier kann eine Zahnspange nicht mehr viel ausrichten. Sie kann zwar einzelne Zahnfehlstellungen beheben, hat aber keinen Einfluss mehr auf die fehlerhafte Stellung des Kiefers. Die Operation einer Kieferfehlstellung ist oft langwierig und komplex, da nur innerhalb des Mundraumes gearbeitet wird, um Narben im Gesicht zu vermeiden. Der Betroffene wird während der Operation in Narkose versetzt. Anschließend werden verschiedene Knochenteile entfernt und wenn nötig ersetzt.