Beckenringschmerzen, Schambeinentzündung, Rückenschmerzen - Experteninterview mit PD Dr. Becker

09.12.2024

Priv.-Doz. Dr. Christopher Becker ist ein angesehener Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, der seit dem 1. August 2024 in seiner eigenen Praxis, spectrum MED, im Herzen Münchens arbeitet. Neben seiner Praxistätigkeit ist er auch als Leitender Arzt für Wirbelsäulenchirurgie am Artemed Klinikum München Süd tätig. Dr. Becker hat sich auf die minimal-invasive Beckenring- und Wirbelsäulenchirurgie spezialisiert und genießt einen hervorragenden Ruf für seine Expertise in diesem Bereich.

Sein klinischer Fokus liegt insbesondere auf der Behandlung von Beckenschmerzen, die durch verschiedene Ursachen wie Schambeinentzündung, Symphysenschmerzen oder Schmerzen im Iliosakralgelenk hervorgerufen werden können. Darüber hinaus ist Dr. Becker versiert in der Behandlung traumatischer und degenerativer Erkrankungen der Wirbelsäule, was ihn zu einem wichtigen Ansprechpartner für Patienten macht, die an komplexen Schmerzsyndromen leiden. Seine fundierten Kenntnisse über die anatomischen und funktionellen Zusammenhänge der Beckenregion ermöglichen es ihm, innovative und effektive Therapieoptionen anzubieten, die auf die individuellen Bedürfnisse seiner Patienten abgestimmt sind.

Das Artemed Klinikum München Süd, in dem Dr. Becker auch tätig ist, bietet eine moderne medizinische Infrastruktur und legt großen Wert auf eine patientenorientierte Versorgung. Dort profitieren Patienten von einem breiten Spektrum chirurgischer Fachgebiete, einschließlich der Orthopädie und Unfallchirurgie. Minimal-invasive Techniken sowie ein Fast-Track-Konzept tragen dazu bei, dass Patienten schnell und schmerzarm genesen können. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Klinikum sichert eine umfassende und kontinuierliche Versorgung, was für Dr. Becker von großer Bedeutung ist.

In seiner Praxis spectrum MED wird ein ganzheitlicher Ansatz zur Behandlung und Rehabilitation verfolgt. Dr. Becker und sein hochqualifiziertes Team bieten moderne Schmerztherapien und operative Behandlungen an, die sich durch Schonung und Präzision auszeichnen. Ein wichtiger Aspekt seiner Arbeit ist die Behandlung nach Verletzungen oder chirurgischen Eingriffen, um eine möglichst schnelle und vollständige Genesung zu gewährleisten. Darüber hinaus legt die Praxis großen Wert auf präventive Maßnahmen, die helfen, gesundheitliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Priv.-Doz. Dr. Christopher Becker ist nicht nur ein engagierter Arzt, sondern auch ein einfühlsamer Ansprechpartner, der großen Wert darauflegt, die individuellen Anliegen seiner Patienten zu verstehen. Durch seine umfassende Expertise in der Orthopädie und seine patientenzentrierte Versorgung hat er sich das Vertrauen vieler Patienten erarbeitet und ist eine wertvolle Unterstützung für alle, die Hilfe bei Wirbelsäulen- und Beckenschmerzen benötigen.

Zu Beckenringschmerzen, Schambeinentzündung und Rückenschmerzen konnte die Redaktion des Leading Medicine Guide mit PD Dr. Becker in einem Gespräch mehr erfahren.

PD Dr. Christopher Becker

Beckenringschmerzen, Schambeinentzündungen und Rückenschmerzen sind häufige Beschwerden, die viele Menschen betreffen und oft miteinander in Verbindung stehen. Diese Schmerzen können erhebliche Einschränkungen im Alltag verursachen und die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Verletzungen über degenerative Veränderungen bis hin zu entzündlichen Erkrankungen. Eine fundierte Diagnose ist entscheidend, um geeignete Behandlungsstrategien zu entwickeln und betroffenen Patienten zu helfen, ihre Mobilität und Lebensfreude zurückzugewinnen.

Beckenringschmerzen können auf verschiedene spezifische Ursachen zurückgeführt werden, die sich von anderen Rückenschmerzursachen unterscheiden. 

Der Beckenringschmerz ist oft ein mechanischer Schmerz, der durch bestimmte Ereignisse ausgelöst wird. Betroffene sind zum Beispiel Fußballspieler, die repetitive Bewegungen ausführen und durch Muskelzug in dem Bereich ein konstanter Reiz ausgelöst wird. Dann wird im Bereich des vorderen Beckenrings Schmerz bzw. auch ein Knochenmarködem ausgelöst. Ähnlich ist es bei Patientinnen nach der Geburt, bei der der Geburtsvorgang an sich ein mechanisches Trauma ist, was auch dazu führen kann, dass im Bereich des vorderen Beckenrings ein Knochenmarködem entsteht, was Schmerzen bereitet. Die Schmerzen treten insbesondere beim Laufen auf, im Liegen weniger. Schmerzen machen sich auch beim Anspannen der Adduktoren (Gruppe von Muskeln im Oberschenkel) bemerkbar. Der Schmerz ist dumpf und drückend, weniger neuropathisch. Neuropathische Schmerzen treten auf, wenn Nerven eingeklemmt sind. Generell ist es so, dass es in dem Bereich auch verschiedenste andere Ursachen gibt, die ein sogenanntes `Pelvic Pain Syndrom´ (Becken Schmerz Syndrom) auslösen können. Wir sind hier in München auf traumatische und orthopädische Ursachen spezialisiert“, schildert Dr. Becker zu Beginn unseres Gesprächs.

Während Rücken- und Beinschmerzen oft mit radikulären Symptomen wie Taubheit oder Schwäche in den Beinen einhergehen, konzentrieren sich vordere Beckenringschmerzen mehr auf die Leistengegend und den Bereich um das Schambein und hintere Beckenringschmerzen auf das Iliosakralgelenk, ohne dass die Nervenstrukturen der Lendenwirbelsäule betroffen sind. Diese Symptome unterscheiden sich von anderen Rückenschmerzen, da sie häufig mit Aktivitäten wie dem Gehen oder dem Heben von Gegenständen verstärkt werden und typischerweise mit der Körperhaltung in Verbindung stehen. Die Diagnostik und Therapie von Beckenringschmerzen erfordert eine differenzierte Betrachtung der spezifischen Ursachen und deren Symptomatik im Vergleich zu herkömmlichen Rückenschmerzen. Eine genaue Diagnosestellung ist entscheidend, um geeignete therapeutische Maßnahmen zu ergreifen, die von konservativen Behandlungen bis hin zu chirurgischen Eingriffen reichen können.

Die biomechanische Stabilität des Beckens spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Schambeinentzündungen und Rückenschmerzen. 

Das Becken ist ein komplexes System, das aus mehreren Knochen, Gelenken und Weichteilen besteht. Es fungiert nicht nur als tragende Struktur für den Oberkörper, sondern verbindet auch die Beine mit der Wirbelsäule. Eine stabile Beckenstruktur ist notwendig, um die richtigen Bewegungsmechaniken aufrechtzuerhalten und die Last gleichmäßig zu verteilen. Natürlich gibt es auch anlagebedingte Fehlstellungen im Beckenbereich, die jedoch nicht den größten Teil der Patienten betreffen. Im hinteren Beckenring können mehrere, auch angeborene Fehlstellungen auftreten, wie zum Beispiel das Bertolotti-Syndrom, eine Übergangsstörung von Lendenwirbel zu Steißbein, die häufig auch das Iliosakralgelenk beeinträchtigt und oft lange unentdeckt Schmerzen verursacht“, erklärt Dr. Becker.

Zusätzlich kann eine instabile Beckenstruktur dazu führen, dass die Wirbelsäule kompensatorisch überlastet wird. Diese Überlastung kann sich in Form von Rückenschmerzen äußern, die oft mit Bewegungs- oder Haltungsproblemen einhergehen. Um diesen Problemen entgegenzuwirken, ist eine gezielte Physiotherapie wichtig, die sich auf die Stärkung der stabilisierenden Muskulatur und die Verbesserung der Beweglichkeit konzentriert. Die Wiederherstellung der biomechanischen Stabilität des Beckens kann sowohl Schambeinentzündungen als auch Rückenschmerzen präventiv vermeiden oder effektiv behandeln. Interdisziplinäre Ansätze, die Orthopädie, Physiotherapie und gegebenenfalls auch Schmerztherapie kombinieren, sind entscheidend für eine ganzheitliche Behandlung.

Die Behandlung von Schambeinentzündungen erfordert einen umfassenden Ansatz, der sowohl kurzfristige als auch langfristige Strategien umfasst. 

Die Diagnose von Beckenringschmerzen und Schambeinentzündungen beginnt mit einer ausführlichen Anamnese, bei der der Arzt nach den Symptomen, ihrer Dauer und Intensität fragt. Besonders wichtig ist es, herauszufinden, ob die Schmerzen mit bestimmten Aktivitäten wie körperlicher Belastung, Sport oder Traumata in Verbindung stehen. Patienten berichten oft von Schmerzen im Bereich des Schambeins, der Leiste oder des unteren Bauchs, die sich bei bestimmten Bewegungen wie beim Treppensteigen oder Heben eines Beins verschlimmern können. Während der klinischen Untersuchung tastet der Arzt den Beckenbereich ab, um Druckempfindlichkeiten oder schmerzhafte Stellen zu identifizieren, insbesondere im Bereich der Symphyse und angrenzender Strukturen. Zusätzlich werden funktionelle Tests durchgeführt, um die Beweglichkeit und Stabilität des Beckens zu prüfen, wobei auch gezielte Tests der Adduktorenmuskulatur oder des Oberschenkels zum Einsatz kommen können.

Bildgebende Verfahren sind dann entscheidend, um die Diagnose zu sichern und andere mögliche Ursachen auszuschließen. Röntgenaufnahmen können Frakturen oder Fehlstellungen im Beckenbereich sichtbar machen und sind besonders bei Verdacht auf Schambeinentzündungen oder Beckenringfrakturen hilfreich. Ultraschalluntersuchungen dienen dazu, Entzündungen in den Weichteilen des Beckenbereichs zu erkennen, und können bei Schambeinödemen oder Muskelverspannungen von Nutzen sein. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) bietet detaillierte Bilder der Weichteile und ist besonders bei der Diagnostik von Entzündungen oder Verletzungen von Muskeln, Bändern und Gelenken von großer Bedeutung. In seltenen Fällen wird eine Computertomographie (CT) eingesetzt, um detaillierte Aufnahmen des Beckens zu erhalten, vor allem, wenn der Verdacht auf Frakturen besteht.

Um den Patienten wieder schmerzfrei zu machen, haben wir ein Stufenschema etabliert und schöpfen zunächst die konservativen Maßnahmen aus. Hierzu gehören die Stoßwellentherapie, die Infiltration sowie die Physiotherapie bzw. medizinische Trainingstherapie. Mit diesen Maßnahmen lässt sich ein Großteil der Patienten gut behandeln. Nur der letzte Ausweg ist eine Operation. Da wir hier alles aus einer Hand anbieten, ist diese Organisation einfach. Alle Operationen werden minimal-invasiv durchgeführt, unabhängig davon, ob es sich um Schambeinentzündungen oder Instabilitäten handelt. Bei der Operation des Schambeins würde man über einen kleinen Hautschnitt in die Symphyse eingreifen (die Symphyse verbindet die beiden Schambeine im Becken), um das entzündete Gewebe aus der Symphyse zu entfernen. Manchmal wird eine Entlastungsbohrung am Schambein durchgeführt, und falls eine Instabilität vorliegt, kann eine Stabilisierung vorgenommen werden, zum Beispiel mit künstlichen Bändern. Manchmal sind auch die Adduktoren betroffen, die mit unterschiedlichen Methoden behandelt werden können“, erklärt Dr. Becker zu den Behandlungsoptionen.


Der Unterschied zwischen Physiotherapie und medizinischer Trainingstherapie liegt in der Zielsetzung und dem Ansatz der Behandlung. Physiotherapie fokussiert sich auf die Behandlung akuter Beschwerden, Schmerzen und funktioneller Einschränkungen durch manuelle Techniken, Übungen und Massagen. Ihr Ziel ist es, die Beweglichkeit zu verbessern, Schmerzen zu lindern und die Funktionalität des Körpers zu fördern. Die medizinische Trainingstherapie hingegen ist ein individueller, gezielter Trainingsansatz, der meist bei chronischen Beschwerden oder zur Rehabilitation nach Verletzungen eingesetzt wird. Sie nutzt überwiegend gezielte Kraft- und Ausdauerübungen, um die Muskulatur zu stärken, die Bewegungskoordination zu verbessern und langfristige funktionelle Ziele zu erreichen.


Die Prävention von Beckenringschmerzen und Schambeinentzündungen ist ein wichtiger Aspekt, um die Lebensqualität zu erhalten. 

Die meisten Erkrankungen im Beckenring rühren von intensivem Sport mit vielen Richtungswechseln, wie beispielsweise Fußball- oder Handballspielen. Eine gute Prävention hat man, wenn man einen sehr guten Muskelstatus hat, vor allem, was die Kernmuskulatur (Core muscles) betrifft. Es ist teilweise schwierig, diese Muskulatur aufzubauen, weil diese Muskelstrukturen teils sehr tief liegen und auch nicht isoliert trainiert werden können. Einen 100%igen Schutz gibt es leider nicht“, erläutert Dr. Becker. Eine gesunde Ernährung kann Übergewicht reduzieren, was wiederum die Belastung des Beckens verringert. Regelmäßige Bewegung, wie etwa Spaziergänge, Radfahren oder Schwimmen, fördert nicht nur die allgemeine Fitness, sondern stärkt auch die Muskulatur rund um das Becken. Ergonomische Anpassungen im Alltag, wie die richtige Körperhaltung beim Sitzen und Heben, sind ebenfalls wichtig, um unnötige Belastungen zu vermeiden.

Psychosoziale Faktoren spielen eine bedeutende Rolle in der Wahrnehmung und Behandlung von Rückenschmerzen, da sie sowohl die Schmerzempfindung als auch die Fähigkeit zur Schmerzbewältigung beeinflussen. 

Stress, Angst und Depression können die physiologischen Reaktionen des Körpers auf Schmerzen verstärken, was dazu führt, dass Patienten ihre Schmerzen intensiver erleben. Studien zeigen, dass Menschen mit einer pessimistischen Einstellung oder einer Überzeugung, dass ihre Schmerzen unheilbar sind, oft stärkere und länger anhaltende Schmerzen berichten. Die soziale Unterstützung ist ein weiterer wichtiger Aspekt; Menschen, die sich isoliert oder von ihrem sozialen Umfeld entfremdet fühlen, zeigen häufig eine schlechtere Schmerzkontrolle. Im Gegensatz dazu kann ein unterstützendes Umfeld, in dem Freunde, Familie und Fachkräfte aktiv helfen, die Heilungschancen verbessern. In der Behandlung ist es entscheidend, diese psychosozialen Aspekte zu berücksichtigen. Kognitive Verhaltenstherapie, Achtsamkeitstraining und psychologische Unterstützung können in Kombination mit physiotherapeutischen Maßnahmen helfen, den Umgang mit Schmerzen zu optimieren. 

Es ist leider oftmals so, dass Patienten mit chronischen Rückenschmerzen psychosomatische Probleme entwickeln, weil der konstante Schmerz natürlich auch auf die Psyche drückt, was dazu führt, dass sich die Schmerzen chronifizieren – es ist ein Teufelskreislauf. Andersherum funktioniert das auch – Menschen, die primär an psychischen Problemen leiden, bekommen oft tiefsitzende Rückenschmerzen. Denn durch die innere Anspannung verspannt sich auch die Muskulatur, darunter auch die innere Beckenmuskulatur. Typisch ist hier die Verspannung des Hüftbeugers, der sich bei starkem Stress verhärtet, oft auch nur auf einer Seite, was zu einer Verkippung des Beckens führt. Diese Verkippung wiederum kann Rücken- oder auch Beckenschmerzen verursachen“, so Dr. Becker, der dazu empfiehlt:

Am besten ist es immer, solche Schmerzen frühzeitig abzuklären, gegebenenfalls auch mittels Bildgebung, um eine konsequente Therapie einleiten zu können und eine Chronifizierung zu vermeiden. Wichtig ist, dass unbedingt das Iliosakralgelenk mit beurteilt und behandelt wird. Denn die Lendenwirbelsäule ist in den vielen Fällen gar nicht das Problem, sondern eben das Iliosakralgelenk“. 


Das Iliosakralgelenk (ISG) ist das Gelenk, das das Kreuzbein (Os sacrum) mit dem Ilium (dem flachen Teil des Beckens) verbindet. Es befindet sich im unteren Rückenbereich, an der Stelle, an der die Wirbelsäule mit dem Becken in Kontakt steht. Das ISG ist ein wichtiges Gelenk für die Stabilität des Beckens und ermöglicht eine begrenzte Bewegung zwischen dem Kreuzbein und den Hüftknochen. Es spielt eine wesentliche Rolle bei der Übertragung von Kräften zwischen dem Oberkörper und den Beinen, insbesondere bei Bewegungen wie Gehen, Stehen oder Heben. Probleme oder Entzündungen in diesem Gelenk, wie eine Iliosakralgelenk-Dysfunktion, können Schmerzen im unteren Rücken und im Beckenbereich verursachen.


Alles aus einer Hand in der spectrum Med Praxis für Orthopädie, Unfallchirurgie und Schmerztherapie

In meiner neuen Praxis spectrum MED sind wir auf Becken- und Rückenschmerzen spezialisiert, verfügen über jahrelange Expertise, haben dazu auch viele Studien an der Universität durchgeführt und orientieren uns bei den Behandlungen an Leitlinien. Der klare Vorteil für den Patienten ist, dass wir alles aus einer Hand anbieten können, angefangen bei der Diagnostik und der konservativen Therapie bis hin zu notwendigen Operationen. Durch unsere Kooperation mit Radiologen und Physiotherapeuten erhält der Patient zudem schnell Termine“, kommentiert Dr. Becker zu seiner neuen Praxis. Damit schließen wir unser Gespräch.

Vielen Dank, Herr Dr. Becker, für diesen orthopädischen Einblick!

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