Prostataarterienembolisation und Prostatadiagnostik und -biopsie: Experteninterview mit Univ.-Prof. Dr. Dr. Vogl

29.01.2025

Univ.-Prof. Dr. Dr. med. Thomas J. Vogl ist ein international anerkannter Spezialist in der Radiologie und gehört zu den führenden Experten auf dem Gebiet der diagnostischen und interventionellen Radiologie. Als Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Frankfurt und Professor für Röntgendiagnostik an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität hat er maßgeblich zur Weiterentwicklung seines Fachgebiets beigetragen.

Prof. Dr. Dr. Vogl ist besonders bekannt für seine Pionierarbeit in der interventionellen Onkologie und der vaskulären Radiologie, mit innovativen Verfahren wie der transarteriellen Chemoperfusion (TACP), der Embolisation (TACE) und der thermischen Ablation von Tumoren mittels Radiofrequenz- und Mikrowellenablation. Prof. Dr. Dr. Vogl ist ein gefragter Wissenschaftler und Autor zahlreicher Fachartikel und Standardwerke, die in der Radiologie und Strahlentherapie weltweit Maßstäbe setzen. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen erhalten und ist Mitglied in führenden internationalen Fachgesellschaften. Zudem trägt er als Fachbeirat wissenschaftlicher Publikationen zur Weiterentwicklung seines Fachgebiets bei.

Mit seiner unermüdlichen Innovationskraft und seinem unerschütterlichen Fokus auf die Verbesserung der Patientenversorgung hat Prof. Dr. Dr. Vogl einen herausragenden Ruf als Arzt und Wissenschaftler erworben. Sein außergewöhnliches Fachwissen und sein Engagement für den medizinischen Fortschritt bieten Patienten weltweit neue Hoffnung und Perspektiven. Seine außergewöhnliche Expertise und sein Engagement machen Prof. Dr. Dr. Vogl zu einem der angesehensten Mediziner seiner Zeit.

Die Redaktion des Leading Medicine Guide konnte mit ihm zum Thema Prostataarterienembolisation und Prostatadiagnostik und -biopsie sprechen.

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Die Prostataarterienembolisation (PAE) ist eine innovative Behandlungsmethode bei Prostatavergrößerungen, die vor allem durch eine überraschend einfache Idee überzeugt: die gezielte Verringerung der Blutversorgung. Dies führt dazu, dass das Prostatagewebe auf natürliche Weise schrumpft, was die typischen Beschwerden wie häufigen Harndrang und Schwierigkeiten beim Wasserlassen erheblich lindern kann – und das ohne größere operative Eingriffe! Doch wie genau funktioniert dieser schonende Eingriff? Und was macht ihn für viele Patienten so attraktiv? Durch die moderne Prostatadiagnostik, die durch den Einsatz verschiedener bildgebender Verfahren tiefere Einblicke in die Prostata gewährt, lässt sich bereits viel über den Zustand der Prostata sagen. Wenn der Verdacht auf eine bösartige Veränderung besteht, kann eine Prostatabiopsie genauere Antworten liefern, indem kleine Gewebeproben im Labor analysiert werden. 

Die Prostataarterienembolisation (PAE) ist ein minimalinvasiver Eingriff, der häufig Männern mit gutartiger Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, BPH) hilft, wenn herkömmliche Behandlungen wie Medikamente keine ausreichende Wirkung zeigen. 

Männer, die Probleme mit der Prostata haben, leiden in der Regel an Hypertrophie, der Vergrößerung der Prostata durch Zellwachstum. Dies äußert sich darin, dass sie nachts wegen Harndrang häufiger aufstehen, aber auch tagsüber das plötzliche Gefühl haben, die Blase entleeren zu müssen. Das ist eine massive Einschränkung der Lebensqualität. Ich hatte vor Kurzem einen Patienten, der sechs Mal in der Nacht aufstehen musste. So mancher Patient ist den ganzen Tag über auch damit beschäftigt, zu schauen, wo die nächste Möglichkeit besteht, die Blase zu entleeren. Patienten haben mit heutigem Stand drei Möglichkeiten. Nach einer urologischen Untersuchung kann eine medikamentöse Therapie erfolgen, in der Regel durch die Einnahme von Tamsulosin, einem Alpha-1-Rezeptorblocker, der die Muskulatur in der Prostata entspannt und dadurch die Symptome verbessern kann. Hier können allerdings vermehrt Nebenwirkungen wie Schwindel auftreten, sodass sich diese Therapie nur bedingt eignet. Die zweite Option ist, dass der Urologe die Prostata rausschält, was die Symptomatik verbessert. Nachteil ist, dass Probleme mit Inkontinenz und Impotenz auftreten können, weswegen diese Methode bei Patienten nicht auf großen Zuspruch stößt. Denn durch das Ausschälen der Prostata verändern sich die Samenleiter, sodass die Ejakulation des Mannes nicht mehr nach vorne rausgeht, sondern in die Blase geht. Als dritte Option hat sich dann die Prostata-Arterienembolisation entwickelt“, erklärt Prof. Dr. Vogl zu Beginn unseres Gesprächs und klärt über dieses neue Verfahren im Weiteren auf:

Entwickelt hat sich dieses Verfahren aufgrund der Erfahrung, die Urologen bei einer Prostataoperation gemacht haben. Denn wenn der Patient während der Operation angefangen hat zu bluten, wurde die Arterie mit kleinen Kügelchen verschlossen, die in der Regel aus Gelatine oder anderen biokompatiblen Materialien bestehen, um die Blutung zu stoppen. Und hier ist aufgefallen, dass die Prostata sich relativ schnell verkleinert und die Patienten weniger Probleme haben. Genau dieses Phänomen wurde dann in eine eigene Therapie weiterentwickelt, mit der man die Prostata aktiv und deutlich verkleinern kann. Diese Therapie wird nach einer urologischen Untersuchung MRT-navigiert durchgeführt. Ergibt das MRT den Verdacht auf einen Tumor, wird zusätzlich eine Biopsie gemacht, die ebenfalls MRT-gesteuert erfolgt, was auch eine Besonderheit hier in Frankfurt am Main ist. Diese Technik ermöglicht eine gezielte und präzisere Entnahme der Proben aus auffälligen Bereichen der Prostata, was insbesondere für Hochrisikopatienten von Vorteil ist, da dadurch unnötige Stanzungen vermieden und falsch-negative Ergebnisse minimiert werden. Was die begleitende Strahlenbelastung betrifft, so ist diese so hoch wie ungefähr ein Flug nach Thailand und zurück. So wie wir in Frankfurt diese Therapie anwenden, ist eine Besonderheit. Denn der Patient kommt nüchtern morgens zu uns, der ca. einstündige Eingriff findet ambulant statt, der Patient ruht sich bei uns ca. 4–5 Stunden aus und geht dann nach Hause“.


Eine Prostatabiopsie wird in Kombination mit einer multiparametrischen Magnetresonanztomographie (mpMRT) vor allem dann empfohlen, wenn der Verdacht auf Prostatakrebs aufgrund eines erhöhten PSA-Werts oder auffälliger rektaler Tastbefunde besteht, jedoch eine gezieltere Diagnostik gewünscht ist.


Der Ablauf einer PAE ist relativ schonend. Der Eingriff beginnt mit einer kleinen Einstichstelle, meist in der Leiste. Über einen dünnen Katheter werden anschließend kleine Partikel in die Arterien, die die Prostata versorgen, eingebracht. Diese winzigen Partikel blockieren gezielt die Blutgefäße, die das überschüssige Prostatagewebe mit Blut versorgen, wodurch es schrumpft und die Drüse insgesamt an Volumen verliert. Der Harnfluss verbessert sich, und die unangenehmen Symptome werden gemildert. Die PAE eignet sich besonders gut für Männer, die entweder keine operative Behandlung wünschen oder für die aufgrund anderer gesundheitlicher Faktoren ein größerer Eingriff zu risikoreich wäre. Sie bietet eine vielversprechende Alternative, die Symptome zu lindern, ohne das umliegende Gewebe stark zu belasten.

Die Erfolgsquote der Prostataarterienembolisation (PAE) liegt laut Studien je nach Patientenkonstellation und Indikation bei etwa 75–90 % hinsichtlich der Linderung von Symptomen bei einer gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, BPH). 

PAE kann die Symptome wie häufigen Harndrang, nächtliches Wasserlassen und unvollständige Blasenentleerung effektiv verringern und zu einer spürbaren Verbesserung der Lebensqualität führen. Da der Eingriff minimalinvasiv ist und keine Vollnarkose erfordert, stellt er für viele Patienten eine schonende Alternative zu operativen Eingriffen wie der transurethralen Resektion der Prostata (TURP) dar. Eine Wiederholung der PAE kann in bestimmten Fällen erforderlich sein, vor allem dann, wenn die initiale Behandlung nicht den gewünschten Effekt erzielt hat oder die Symptome nach einer anfänglichen Besserung wieder zunehmen. „Ähnlich wie nach einer Ausschälung der Prostata kann es nach einer Embolisation passieren, dass die Prostata nach ca. 5–7 Jahren wieder anfängt zu wachsen. Wichtig ist daher, dass sich die Patienten an die für sie empfohlenen Ernährungsregeln halten, um das Wachstum der Prostata im Zaum zu halten. Dies kann im Übrigen auch prophylaktisch erfolgen. Auch sollte der Gang zum Urologen regelmäßig erfolgen, und bei Anstieg des PSA-Werts (prostataspezifisches Antigen) sollte ein MRT gemacht werden“, empfiehlt Prof. Dr. Dr. Vogl.


Eine prostatafördernde Ernährung setzt auf eine ausgewogene, nährstoffreiche Kost. Empfehlenswert sind lycopinreiche Lebensmittel wie Tomaten, die das Risiko für Prostatakrebs senken können. Gesättigte Fette aus rotem Fleisch sollten reduziert und durch gesunde Fette aus Fisch und Nüssen ersetzt werden. Vollkornprodukte und ballaststoffreiche Lebensmittel unterstützen die Verdauung, während Obst und Gemüse wichtige Antioxidantien liefern. Sojaprodukte und grüner Tee könnten ebenfalls eine schützende Wirkung auf die Prostata haben. Milchprodukte sollten in Maßen konsumiert werden, da ein hoher Konsum mit einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs in Verbindung gebracht wird. Zucker und verarbeitetes Fleisch sollten vermieden werden, um Entzündungen zu reduzieren und die Gesundheit der Prostata zu fördern.


Es gibt momentan drei große Zentren in Deutschland, in Hamburg, in Jena und hier in Frankfurt, die Erfahrung mit der Prostata-Arterienembolisation haben. Wichtig ist, dass der Arzt, der das Verfahren anwendet, viel Erfahrung hat, da man mit sehr kleinen Gefäßen zu tun hat, und die Kügelchen müssen an der richtigen Stelle platziert werden. Persönlich habe ich schon über 1000 Eingriffe vorgenommen. Ich denke auch, dass diese Methode in der Zukunft flächendeckender angeboten werden wird, vermutlich aber auch nur dann, wenn die Krankenkassen besser mitspielen. Wünschenswert wäre es, da der Eingriff sehr viel risikoärmer als eine Operation ist, und auch ein stationärer Aufenthalt nicht notwendig ist. Einen Vorteil bringt die Operation natürlich für den Patienten – er hat einen Soforteffekt. Nach einer Embolisation treten erste spürbare Verbesserungen nach ca. 3–4 Wochen auf, und der richtige Effekt ist nach ca. drei Monaten erzielt. Auch muss der Patient selbst mehr tun, in Form von zum Beispiel Beckenbodentraining“, so Prof. Dr. Dr. Vogl.


PSA-Wert (Prostataspezifisches Antigen)

Der PSA-Wert ist ein Protein, das von der Prostata produziert wird und im Blut gemessen wird. Er dient vor allem zur Untersuchung auf Prostatakrebs und zur Überwachung von Prostataerkrankungen. Ein erhöhter PSA-Wert kann auf Prostatakrebs, eine gutartige Vergrößerung der Prostata (BPH) oder eine Prostatitis (Entzündung) hinweisen. Ein PSA-Wert unter 4 ng/ml gilt oft als normal, jedoch variiert der Wert je nach Alter und individuellen Faktoren. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, wenn der PSA-Wert erhöht ist.


Die Wahl der Behandlungsmethode hängt zunehmend nicht nur von medizinischen Aspekten wie der Größe und Lage der Prostata, sondern auch von den individuellen Bedürfnissen und Erwartungen des Patienten an seinen Alltag und die zu erwartende Lebensqualität nach dem Eingriff ab. 

Die PAE bietet im Vergleich zu chirurgischen Eingriffen wie der transurethralen Resektion der Prostata (TURP) und der offenen Prostatektomie eine minimalinvasive Alternative, die in der Regel kürzere Erholungszeiten und ein geringeres Risiko für schwere Komplikationen mit sich bringt. Dies spricht insbesondere Patienten an, die sich vor potenziellen Nebenwirkungen wie Harninkontinenz oder Erektionsstörungen fürchten, die häufiger bei operativen Verfahren auftreten können, und gleichzeitig eine möglichst schnelle Rückkehr in ihren gewohnten Alltag wünschen.

Die Prostataarterienembolisation ist bei allen Altersgruppen anwendbar. Mein ältester Patient war 94 Jahre alt! Bei Jüngeren muss man zusätzlich prüfen, ob nicht noch ein anderes Problem vorliegt. Wichtig ist in jedem Fall eine gute Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der Urologie, was ich hier in Frankfurt sehr schätze. Die Methode ist in der Hand von erfahrenen Ärzten sehr gut, und von 1000 Patienten, die wir damit behandelt haben, sind 900 100%ig zufrieden“, verdeutlicht Prof. Dr. Dr. Vogl, und damit enden wir unser Gespräch.

Herzlichen Dank, Herr Professor Dr. Dr. Vogl – das war ein hochinteressanter Einblick in die Optionen der Prostatabehandlungen!

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