Nicht immer verläuft eine künstliche Befruchtung erfolgreich – auch wenn sich die Eizelle erfolgreich befruchtet hat. Dies liegt mitunter daran, dass sich der entstandene Embryo nicht aus seiner anfänglichen Schutzhülle befreit hat.
Nur dann kann er sich in die Gebärmutterschleimhaut einnisten. Das ist jedoch Voraussetzung für eine Schwangerschaft.
Das Assisted Hatching bezeichnet ein Verfahren, das den Embryo beim Durchbrechen der schützenden Eihülle unterstützt. Es ist also eine Art Schlupfhilfe für den Embryo.
Die Eizelle ist von einer flexiblen, aber stabilen Hüllmembran aus Glykoproteinen umgeben. Mediziner bezeichnen sie als Zona pellucida (lateinisch für Glashaut).
Nach dem Eindringen des Spermiums verhärtet sich die Zona pellucida und verhindert, dass weitere Spermien in die Eizelle eindringen können. Außerdem schützt sie den entstehenden Embryo vor äußeren Einflüssen.

Menschliche Eizelle mit der sie umgebenden Zona pellucida; von Henry Vandyke Carter - Henry Gray (1918) Anatomy of the Human Body (See "Buch" section below) Bartleby.com: Gray's Anatomy, Tafel 3, Gemeinfrei, Link
Direkt nach dem Befruchtungsprozess beginnt sich die Eizelle zu teilen. Nach 24 Stunden ist bereits aus einer Zelle ein Embryo mit vier Zellen entstanden.
Im weiteren Verlauf entwickelt sich der Embryo zu einem 8- und dann zu einem 16-Zeller. Am 4. Tag bildet sich die sogenannte Morula, die aus 32 dicht zusammen gepackten (kompaktierten) Zellen besteht.
Fünf Tage nach der Befruchtung erfolgt die Entwicklungsstufe der Einnistung, das Blastozystenstadium. In dieser Phase besteht der Embryo aus über 100 Zellen.
Es bildet sich im Inneren ein mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum. Bereit zur Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut, beginnt der Embryo nun aus seiner schützenden Eihülle zu schlüpfen.
Die Eihülle weist jedoch Veränderungen auf oder ist so dick, dass der wachsende Embryo sie nur schwer durchbrechen kann. Ähnlich wie ein Küken, das Probleme hat, sich aus der Eierschale zu befreien.
Hier beginnt das Problem. Denn, ohne aus der Hülle zu schlüpfen, kann sich der Embryo nicht in die Gebärmutterschleimhaut einnisten. In der Folge stirbt der Embryo ab.
Es gibt verschiedene Techniken, die den Embryo beim Verlassen der Eihülle unterstützen:
- Die Lasertechnik ist die am häufigsten angewandte Methode. Sie erlaubt ein äußerst präzises und gezieltes Vorgehen und gilt daher als die sicherste Methode. Bei der Behandlung eröffnet oder verdünnt der Reproduktionsbiologe mittels Laserstrahl die feine Eihülle, ohne den Embryo zu beeinträchtigen.
- Eine weitere Möglichkeit ist das Auftragen einer Enzymlösung auf die Zona pellucida. Sie bewirkt, dass die Wände der Schutzhülle dünner sind. Dadurch kann der Embryo die Glashaut leichter durchbrechen und sich in der Gebärmutterschleimhaut einnisten.
- Eine dritte Option bedient sich einer feinen Glasnadel, mit deren Hilfe der Biologe die Zona pellucida einritzt. Da dies manuell geschieht, ist der Erfolg allerdings von der Geschicklichkeit des jeweiligen Arztes abhängig. Diese Option ist naturgemäß mit einem höheren Risiko verbunden.
In der Regel besteht eine Behandlung zur künstlichen Befruchtung aus mehreren Behandlungszyklen. Für nur 28 Prozent aller Frauen geht der Kinderwunsch bereits nach der ersten Behandlung in Erfüllung.
Das Assisted Hatching ist keinesfalls eine standardmäßige Routinemethode. Es greift erst, wenn die Frau bereits erfolglos mehrere Behandlungszyklen mit IVF oder ICSI durchlaufen hat.
Trotz erfolgreicher Befruchtung und Embryotransfers kann eine Schwangerschaft ausbleiben, wenn der Embryo nicht aus seiner Hülle schlüpft. Er kann sich dann nicht einnisten. Der Grund liegt meistens in einer zu dicken oder verhärteten Eihülle.
Diese Veränderungen treten besonders häufig bei Frauen ab dem 37. Lebensjahr auf. Das Phänomen ist aber auch bei Eizellen zu beobachten, die zuvor durch Kryokonservierung eingefroren waren.
Die Methode des assistierten Schlüpfens ist nicht ganz unumstritten. Zwar weisen verschiedene Untersuchungen darauf hin, dass das Verfahren die Chancen auf eine Schwangerschaft erhöht.
Aussagekräftige Langzeitstudien fehlen bislang noch. Nach derzeitigen Erkenntnissen beeinträchtigt das Assisted Hatching weder die Erbsubstanz noch die Gesundheit des künftigen Kindes.
Allerdings ist noch nicht geklärt, ob die Methode eine natürliche Einnistungs-Blockade bei Embryonen mit Gendefekten außer Kraft setzt.
Auch eine Verletzung, und damit der Verlust des Embryos ist nicht ausgeschlossen. Wägen Sie daher vor einer Behandlung Risiken und Erfolgschancen sorgfältig mit Ihrem Arzt ab.
Eine Behandlung mit Assisted Hatching kostet zwischen 150 und 170 EUR pro Embryo. Da der Erfolg noch nicht hinreichend nachgewiesen ist, übernehmen weder gesetzliche noch private Krankenkassen die Kosten.
Trotz aller Zweifel: Für Frauen, die mehrere Versuche hinter sich haben, kann Assisted Hatching helfen, um sich den Kinderwunsch noch zu erfüllen.