Das Herz ist eigentlich ein muskuläres Hohlorgan. Durch regelmäßiges Zusammenziehen des Herzmuskels pumpt es sauerstoffreiches Blut durch den Körper. Das Herz muss Tag und Nacht schlagen, da unterversorgte Organe ansonsten innerhalb von Minuten absterben würden.
Das gilt aber auch für das Herz selbst. Der Herzmuskel benötigt Sauerstoff, um zu funktionieren. Für die Versorgung des Herzmuskels sind die Koronararterien (Herzkranzgefäße) zuständig. Gelangt nicht genug sauerstoffreiches Blut zum Herzen, kann es nicht mehr schlagen - der Mensch erleidet einen lebensbedrohlichen Herzinfarkt.
Eine solche Situation kann durch eine Verengung der Koronararterien (Koronarstenose) oder einen plötzlichen Verschluss auftreten.
Mittels Bypass-OP wird eine Umleitung für verengte oder verstopfte Koronararterien geschaffen © lom123 | AdobeStock
Für Koronarstenosen ist meistens eine Arteriosklerose verantwortlich, umgangssprachlich auch "Gefäßverkalkung" genannt. Im Falle der Verengung von Koronararterien spricht man präziser von der Koronaren Herzerkrankung.
Mit zunehmender Verengung der Herzkranzgefäße kommt es zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot (Koronarinsuffizienz). Die Folge sind Atemnot und ein Engegefühl in der Brust (Angina pectoris).
Durch Arteriosklerose können die Herzkranzgefäße mit der Zeit auch vollständig verstopfen. Aber auch ein Blutgerinnsel kann dafür sorgen, dass ein solch wichtiges Blutgefäß ganz plötzlich nicht mehr durchgängig ist.
Die Bypass-Operation am Herzen, auch aortokoronare Bypass-OP genannt, zählt zu den häufigsten Eingriffen der Herzchirurgie. Der Eingriff dient dazu, chirurgisch eine Umleitung um ein verengtes Herzkranzgefäß herzustellen, um die Blutversorgung weiterhin sicherzustellen.
In der Regel steht vor der OP noch der Versuch, das verengte Herzkranzgefäß medikamentös oder interventionell durch Ballonkatheter-Aufdehnung zu weiten.
Je nach Ausmaß und Lage der Überbrückung dauert eine Bypass-Operation zwischen zwei bis fünf Stunden. Sie wird in den meisten Fällen offen durchgeführt. Das heißt, der Chirurg eröffnet den Brustkorb und operiert unter direkter Sicht am Herzen. Unter Umständen ist aber auch eine minimal-invasive Bypass-OP möglich.
Als Überbrückungsmaterial dienen heutzutage Stücke aus Venen oder Arterien. Künstliche Materialen werden seltener verwendet.
Mehrere Methoden stehen bei einer Bypass-OP zur Überbrückung zur Verfügung:
- Bei einem Arterienbypass wird eine an der Innenseite des Brustkorbs verlaufende Arterie freigelegt und an die Koronararterie angeschlossen. Der Vorteil eines Arterienbypasses liegt in der räumlichen Nähe zum Herzen, der langen Lebensdauer des Bypasses und dem vergleichsweise geringne Risiko eines erneuten Verschlusses.
- Bei einem Venenbypass wird aus dem Ober- oder Unterschenkel eine in etwa 5 cm kleine Vene aus dem Fettgewebe entfernt. Diese Vene wird mit dünnen Fäden ober- und unterhalb der Verengung an die Herzkranzarterie eingenäht. Sie passt sich nach einiger Zeit an die neue Umgebung an und wandelt sich zu einer Arterie um.
- Ein künstlicher Bypass wird nur noch sehr selten verwendet, da die Funktionalität des Bypass schnell durch Ablagerungen beeinträchtigt ist. Dann droht ein erneuter Verschluss.
Klassischerweise wird die aortokoronare Bypass-OP unter Zuhilfenahme der Herz-Lungen-Maschine am ruhenden, blutleeren Herzen durchgeführt. Das bedeutet, dass für den Zeitraum der Operation Herz und Lungen stillgelegt werden. Die Herz-Lungen-Maschine übernimmt dann die Pumpfunktion des Herzens und die Gasaustauschfunktion der Lunge.
Inzwischen sind einige aortokoronare Bypass-Operationen auch am schlagenden Herzen möglich. Dann ist die Verwendung der Herz-Lungen-Maschine nicht notwendig.
Dieser Eingriff ist allerdings technisch anspruchsvoller. Er erfordert einen Chirurgen und Experten für Herzchirurgie mit entsprechendem Training.
Nach der aortokoronaren Bypass-Operation erholt sich der Patient relativ schnell. Er kann schon nach ein bis drei Tagen aufstehen und umhergehen. Zum Teil ist die Verlegung in eine Anschlussheilbehandlung (Reha) schon zehn bis zwölf Tage nach der Bypass-OP möglich.
Ernste Komplikationen durch den Eingriff sind selten. In der ersten Zeit nach der Bypassoperation kann es zu einem Ziehen im Brustkorb und in den Schulterpartien kommen. Krankengymnastik kann hierbei lindernd wirken.
Das Arteriosklerose-Risiko bleibt auch nach einer Bypass-OP bestehen. Nach der OP gilt es also, alle Risikofakoren der Arteriosklerose auszuschalten. Das Offenbleiben der Bypässe kann auch durch Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, unterstützt werden.
Nach der aortokoronaren Bypass-OP finden regelmäßige (jährliche) Kontrolluntersuchungen statt. Der Arzt überprüft den oder die Bypässe sowie die verbleibenden Herzkranzgefäße auf Verengungen. Dadurch ist bei Problemen eine schnelle Behandlung möglich.
Bypass-Operationen werden von Herzchirurgen durchgeführt. Vor allem minimal-invasive Bypass-OPs setzen eine langjährige Erfahrung des Operateurs voraus.