Durchschnittlich ein bis drei Tage nach Ansteckung mit einem bakteriellen Erreger (u.a. EHEC) zeigen sich
- wässriger, später blutiger Durchfall
- Erbrechen
- Fieber
- Bauchkrämpfe und Bauchkoliken
Die Toxine der Bakterien beeinträchtigen neben dem Magen-Darm-Trakt auch die Hirndurchblutung. Daher kann es auch zu Lethargie, Übererregbarkeit, Krampfanfällen oder anderen neurologischen Symptomen kommen.
Weiterhin existieren sogenannte atypische Formen des Hämolytisch-urämischen Syndroms. Diese sind selten und zumeist genetisch bedingt. Das atypische Hämolytisch-urämische Syndrom verläuft in Schüben, die oftmals durch einen Atemwegs- oder Magen-Darm-Infekt ausgelöst werden. Hierbei zeigen sich im Allgemeinen dieselben Symptome wie bei der bakteriell bedingten Form.
Besteht aufgrund der charakteristischen Symptome der Verdacht auf das Vorliegen eines Hämolytisch-urämischen Syndroms, wird die Diagnose durch eine Blut- und Urinuntersuchung abgesichert. Hierbei können im Falle einer Erkrankung labortechnisch folgende Parameter festgestellt werden:
- Abfall des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) mit Anämie
- Abfall der Überlebenszeit der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) auf unter 100 Tage (Hämolyse)
- geschädigte rote Blutkörperchen (Fragmentozyten)
- Abfall der Konzentration der Blutplättchen (Thrombozytopenie)
- Anstieg der Harnstoff- und Kreatininwerte (Urämie)
Bestandteile des Blutes unter dem Mikroskop: Erythrozyt (rote Blutkörpcherchen), Thrombozyt (Blutplättchen), Leukozyt (weißes Blutkörperchen)
Darüber hinaus wird ein bakterieller Erreger im Blut nachgewiesen. Kann dieser nicht gefunden werden, kommt eine Analyse des Erbguts infrage, um die Diagnose eines atypischen Hämolytisch-urämischen Syndroms abzusichern.
Eine Kausaltherapie existiert bislang für das Hämolytisch-urämische Syndrom nicht. Daher kommt zumeist eine unterstützende und gegebenenfalls intensivmedizinische Therapie zum Einsatz.
Behandlung des bakteriell bedingten Hämolytisch-urämischen Syndroms
Da die zugrundeliegende bakterielle Infektion innerhalb von 5 bis 10 Tagen abklingt, sollte in der Akutphase (Durchfallphase) keine Antibiotika-Behandlung erfolgen. Antibiotika stehen im Verdacht, zu einer Bakteriolyse (Zersetzung der Bakterien) zu führen. Diese beschleunigt die Freisetzung des krankheitsauslösenden Toxins und führt somit eine Verschlechterung des Zustands herbei.
Stattdessen kann zur Verringerung der zirkulierenden Giftkonzentration eine Plasmapherese zum Einsatz kommen. Bei dieser wird dem Körper das Blutplasma entnommen und durch gefrorenes Frischplasma ersetzt. Häufig findet im Vorfeld eine Behandlung mit Kortikosteroiden oder H1- und H2-Blockern statt, um einer allergischen Reaktion vorzubeugen.
Bei schweren Verläufen und erfolgloser Plasmapherese kann eine medikamentöse Therapie mit dem Antikörper Eculizumab angezeigt sein. Teilweise werden auch Plasmapherese und Eculizumab-Gabe als Kombinationstherapie durchgeführt.
Die Auswertung der HUS-Fälle während der EHEC-Epidemie in Deutschland 2011 zeigte, dass ein sogenannter „Best Supportive Care“-Ansatz, bei welchem die bestmöglichen unterstützenden Behandlungsmaßnahmen ergriffen werden, zumindest kurzzeitig ähnliche Resultate zeigt wie ein Plasmaaustausch. So wird Bluthochdruck (Hypertonie) unterstützend mit blutdrucksenkenden Antihypertensiva behandelt.
Besteht eine hochgradige Blutarmut durch eine verkürzte Erythrozytenüberlebenszeit (hämolytische Anämie), sind Erythrozytentransfusionen erforderlich. Kommt es aufgrund der zu geringen Blutblättchenkonzentration zu lebensbedrohlichen Blutungen, werden Thrombozytenkonzentrate eingesetzt. Liegt eine Niereninsuffizienz mit Flüssigkeitseinlagerungen (Ödemen, Aszites, Anasarka) sowie zudem eine Herzinsuffizienz mit Lungenödem vor, ist eine Dialyse notwendig.
Behandlung des atypischen hämolytisch-urämisches Syndroms
Das atypische Hämolytisch-urämische Syndrom ist unter anderem auf Genmutationen zurückzuführen, die negativ in die angeborene (unspezifische) Immunreaktion eingreifen. Hierbei sind die genauen zugrundeliegenden Mechanismen nicht gänzlich geklärt, weshalb viele der Therapieansätze noch in klinischen Studien erprobt werden.
Als Mittel der Wahl gilt eine kombinierte Therapie aus Plasmapherese und/oder Plasmainfusionen sowie Gaben von Fresh Frozen Plasma. Bei bestimmten Formen des atypischen Hämolytisch-urämischen Syndroms kann Eculizumab, das hemmend auf die Fehlregulation der unspezifischen Antwort wirkt, zu einer Verbesserung der Symptome führen.
Ist die Erkrankung auf einen Mangel eines bestimmten, an der angeborenen Immunreaktion beteiligten Proteins zurückzuführen (sogenannter Komplementfaktor H), kann eine Lebertransplantation infrage kommen. Liegt zusätzlich eine Niereninsuffizienz im Endstadium vor, wird eine gleichzeitige Nierentransplantation in Erwägung gezogen.
Auch eine Immunsuppression (Unterdrückung des Immunsystems) kann bei einigen Formen des atypischen Hämolytisch-urämischen Syndrom angezeigt sein.
Ist die Ursache der Erkrankung eine in anderen Medikamenten enthaltene Substanz, sind diese abzusetzen.
Bei erfolgreich therapierten Säuglingen ist die Prognose in aller Regel gut. Da heute frühzeitig eine Dialyse zum Einsatz kommt, bewegt sich die Überlebensrate bei über 95 Prozent.
In einigen Fällen kann trotz erfolgreicher Behandlung und Normalisierung auch nach Jahren eine Niereninsuffizienz auftreten. So entwickeln bis zu 70 Prozent der Betroffenen mit atypischem Hämolytisch-urämischen Syndrom eine terminale Niereninsuffizienz, die zu einer Dialysepflicht führt und langfristig eine Nierentransplantation erforderlich macht.