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Was ist eine Blutgerinnungsstörung?
Blutgerinnungsstörungen (Koagulopathien) sind Erkrankungen, bei denen die Blutgerinnung (Hämostase) zu starkoder zu schwach ist.
Ziel der Blutgerinnung ist, das flüssige Blut zu verfestigen oder zu verklumpen. Für unseren Körper ist dieser Vorgang lebenswichtig. Er verhindert, dass wir bei kleinen Verletzungen viel Blut verlieren.
Bei einer zu schwachen Blutgerinnung passiert genau das. Schon kleine Verletzungen führen zu großem Blutverlust. Bei einer zu starken Blutgerinnung hingegen, bilden sich leichter gefährliche Blutgerinnsel.
Verschiedene Substanzen sind wichtig für die Gerinnung:
- Blutplättchen (Thrombozyten): Sie spielen eine entscheidende Rolle. Sie vernetzen sich und bilden Klumpen und sorgen für den Verschluss von verletzten Blutgefäßen. Bei offenen Verletzungen lagern sich Eiweißfasern (Fibrin) an den Blutplättchen ab und verkleben die Wunde endgültig.
- Enzyme und Gerinnungsfaktoren (Gerinnungseiweiße): Damit die Blutgerinnung nur an der verletzten Stelle aktiv geschieht, braucht es mehrere Schritte. Die Gerinnungsfaktoren aktivieren sich gegenseitig und sorgen dafür, dass der nächste Schritt einsetzt.
Funktioniert die Kettenreaktion nicht einwandfrei, gerinnt das Blut verzögert oder gar nicht.
Arten von Blutgerinnungsstörungen
Mediziner unterscheiden zwischen Minus- und Plus-Blutgerinnungsstörungen:
Bei einer Minus-Blutgerinnungsstörung ist die Gerinnung des Blutes zu schwach oder nicht vorhanden. Die Wundheilung dauert sehr lange. Bei der Plus-Gerinnungsstörung hingegen verklumpt das Blut zu schnell.
- Minus-Blutgerinnungsstörungen
Die bekannteste Minus-Blutgerinnungsstörung ist die Bluterkrankheit (Hämophilie). Hämophilie betrifft fast ausschließlich Männer. Je nachdem, welcher Gerinnungsfaktor fehlt, sprechen Ärzte von Hämophilie A oder B. Etwa 1 Person von 10.000 Personen leidet in Deutschland an Hämophilie A. Hämophilie B, betrifft rund 1 Person von 30.000.
Eine weitere Minus-Blutgerinnungsstörung ist das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom, das zusammen mit der Bluterkrankheit mehr als 95 Prozent der Minus-Blutgerinnungsstörungen ausmacht. Bei dieser Krankheit ist das Von-Willebrand-Gerinnungseiweiß inaktiv oder nicht vorhanden.
- Plus-Blutgerinnungsstörungen
Zu den Plus-Blutgerinnungsstörungen (tritt insgesamt häufiger als die Minus-Gerinnungsstörungen auf) gehört die Thromboseneigung (Thrombophilie). Bei Patienten mit Thromboseneigung sind bestimmte Eigenschaften des Blutes (Blutzellen, Blutplasma, Blutströmung) verändert. Es besteht ein hohes Risiko, einen Gefäßverschluss durch ein Blutgerinnsel (Thrombose) zu erleiden.
Bei einer Thrombose staut sich das Blut. Das Bein kann anschwellen, schmerzen und sich röten @ hriana /AdobeStock
Ursachen einer Blutgerinnungsstörung
Ursachen für Blutgerinnungsstörungen sind angeboren oder erworben.
Die Minus-Blutgerinnungsstörungen sind in den meisten Fällen von Geburt an vorhanden. Fehler im Erbgut führen dazu, dass gewisse Blutgerinnungseiweiße nicht vorhanden oder inaktiv sind.
Erworbene Blutgerinnungsstörungen treten meist in höherem Alter auf. Sie sind eine Folge von Medikamenten, Krebserkrankungen oder Immunsystemerkrankungen.
Weitere Faktoren fördern eine Thrombose:
- Erhöhtes Lebensalter (Frauen über 40 und Männer über 50)
- Übergewicht
- Andauernder Bewegungsmangel
- Krampfadern
- Verletzungen
- Größere Operationen
- Flüssigkeitsmangel
- Rauchen
- Einnahme der Pille
- Schwangerschaft
Symptome einer Blutgerinnungsstörung
Die Symptome sind abhängig von der Art der Gerinnungsstörung. Die Symptome können schwach oder stark sein. Bei leicht ausgeprägten Gerinnungsstörungen treten im Alltag keine Beschwerden auf. Daher bemerken viele die Krankheit nicht.
Symptome bei verminderter Blutgerinnung
Bei einer deutlich verringerten Blutgerinnung heilen Wunden nicht schnell genug und bluten lange nach. Möglich sind spontane und schmerzhafte Blutungen in Geweben. Meist zeigen sich bei leichtem Druck blaue Flecken.
Weitere typische Beschwerden bei verminderter Blutgerinnung sind:
- Häufiges Nasenbluten
- Zahnfleischbluten
- Blut im Stuhl/Urin
- Starke Regelblutung
- Kopfschmerzen
- Sehstörungen
Symptome bei verstärkter Blutgerinnung
Blutgerinnungsstörungen mit verstärkter Blutgerinnung verursachen Beschwerden, wenn ein Blutgerinnseln besteht. Thrombosen können alle Organe und Körperteile betreffen, meist sind es die Beine.
Typische Anzeichen beim Gefäßverschluss einer Beinvene sind:
- Schwellung der Beine/Füße
- Schweregefühl und Schmerzen im betroffenen Bein/Fuß
- Wärmegefühl
- Rötliche oder bläuliche Verfärbung
- Wadenschmerzen
Die Beschwerden verbessern sich, wenn Sie die Beine hochlagern. Eine Thrombose kann im schlimmsten Fall zu einer Lungenembolie führen. Eine Lungenembolie äußert sich in der Regel durch Schwindel und Luftnot.
Unterbricht ein Blutgerinnsel die Blutversorgung im Gehirn, erleidet der Patient einen Schlaganfall.
Typische Symptome eines Schlaganfalls sind Kopfschmerzen, Schwindel, Lähmungen, Verwirrtheit und Seh- und Sprachstörungen.
In allen Fällen suchen Sie unverzüglich einen Arzt auf!
Kompressionsstrümpfe unterstützen den besseren Blutfluss im Bein und beugen Thrombosen vor @ tibanna79 /AdobeStock
Diagnose einer Blutgerinnungsstörung
- Anamnese: Zunächst führt der Arzt mit Ihnen ein gründliches Anamnesegespräch durch, um mögliche Vorbelastungen oder Vorerkrankungen festzustellen.
- Körperliche Untersuchung: Bei der körperlichen Untersuchung diagnostiziert der Arzt Blutungen in Geweben oder Hämatome.
- Bluttests: Gerinnungstests sind die wichtigsten Methoden bei der Diagnose. Sie liefern Gerinnungswerte sowie die Anzahl der Blutplättchen.
- Untersuchung Knochenmark: Eine Untersuchung des Knochenmarks gibt Aufschluss über die Anzahl der Blutplättchen.
- Ärzte diagnostizieren Gefäßverschlüsse durch Blutuntersuchungen, Ultraschall oder Computertomografie.
Behandlung einer Blutgerinnungsstörung
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache:
- Bei erworbenen Gerinnungsstörungen therapieren Ärzte die Ursache (zum Beispiel eine andere Erkrankung).
- Patienten mit stark reduzierter Blutgerinnung erhalten (in regelmäßigen Abständen) Injektionen mit den fehlenden Gerinnungsfaktoren (oder Blutplättchen). Bestimmte Medikamente sind für diese Patienten nicht erlaubt. Das Verletzungsrisiko ist so klein wie möglich zu halten.
- Bei zu starker Blutgerinnung werden Medikamente (Acetylsalicylsäure, Heparin) in Form von Injektionen, Tabletten oder Infusionen verabreicht. Diese Medikamente lösen das Blutgerinnsel auf. In schweren Fällen sind Operationen notwendig, um das Blutgerinnsel zu entfernen. Bei Risikosituationen (zum Beispiel Langstreckenflug) sind vorbeugende Maßnahmen (Kompressionsstrümpfe, gerinnungshemmender Arzneimittel) zu treffen.