Die mit Akathisie bezeichnete Sitzunruhe gilt als Frühanzeichen von Morbus Parkinson, tritt aber auch als Symptom anderer Erkrankungen oder als unerwünschte Arzneinebenwirkung auf. Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet „nicht sitzen“. Da auch Medikamente gegen Nebenwirkungen einer Chemotherapie sowie Neuroleptika diese Krankheit verursachen können, ist eine genaue Klärung beim Internisten notwendig.
Akathisie äußert sich durch auffällige motorische Unruhe, die sich extrem steigern kann, dass Betroffene weder ruhig sitzen noch liegen oder stehen können. Charakteristisch sind wiederkehrende Bewegungen der Gesichtsmuskulatur sowie von Händen und Füßen. Die Bewegungen folgen bestimmten Mustern. Auch Schaukeln, Stampfen, Schlurfen und von einem Bein aufs andere wippen sind typisch.
Begleitet wird die Unruhe von innerer Anspannung, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit und Schlafstörungen, häufig auch fehlender Tiefschlaf und Angst. Akathisie kann selbst bei Patienten ohne psychiatrische Vorgeschichte Depressionen hervorrufen. Betroffene haben infolge des Schlafmangels und der nicht vorhandenen Einflussnahme erheblichen Leidensdruck.
Akathisie ist ein häufiges Symptom bei Neuralgie-Patienten sowie bei Morbus Parkinson. Als weitere mögliche Ursache gelten einige psychische Erkrankungen.
Häufig sind auch Krebspatienten von Akathisie betroffen. So fanden Wissenschaftler heraus, dass bei einem von zwanzig Patienten, die Medikamente gegen Übelkeit (als Begleiterscheinung einer Chemotherapie) eingenommen hatten, heftige Bewegungsunruhe auftrat. Ferner spricht ein Ungleichgewicht des Hormonhaushaltes (Serotoninüberschuss/Dopaminmangel) für den Ausbruch der Krankheit.
Impulsives Verhalten macht die Bewertung der Symptome und damit die Diagnose komplizierter. Demenzpatienten, die mit einem Antipsychotikum behandelt werden, zeigen häufig Akathisie-Symptome. Generell sind ältere Menschen stärker betroffen als jüngere. Ihre stärkere Empfänglichkeit wird damit begründet, dass sie eine geringere Anzahl Rezeptoren besitzen, an die endogene, körpereigene Agonisten andocken können.
Da die Parkinsontherapie selten auf Neuroleptika verzichten kann, ist eine medikamentös bedingte Bewegungsunruhe kaum vermeidbar. Typisch dabei: Betroffene können ihr Bedürfnis nach Bewegung nicht bezwingen. Zwar gibt es Ähnlichkeiten zum Restless-Legs-Sydrom, aber auch klare Unterschiede. Bei der Akathisie besteht in der Regel kein Missempfinden in den Beinen. Der Drang erfährt nur kurz Befriedigung, sodass Patienten Entlastungshandlungen ausführen. Hier sind ständige Gewichtsverlagerungen, wechselweises Beinkreuzen und häufiges Umherlaufen zu nennen. Von den meisten Angehörigen werden sie zunächst nicht als auffällig eingestuft.
Akathisie ist als unerwünschte Arzneimittelnebenwirkung von Dopamin-Antagonisten, insbesondere Neuroleptika, bekannt. Mit der zunehmenden Entwicklung neuer Arzneien wächst auch die Zahl der hierdurch verursachten Bewegungsstörungen und stellt für Mediziner ein ernstes Problem dar. Der ständige Bewegungsdrang entwickelt sich in den ersten fünf bis acht Wochen der Medikamenteneinnahme. Die Dosis bzw. ihre schnelle Steigerung spielen für den Ausbruch der Akathisie eine wesentliche Rolle. Eine behutsame Steigerung der Medikamentendosis ist daher erstrebenswert. Auch nach Langzeitmedikationen kann sich sehr langsam eine Akathisie entwickeln. Die gleichen Auswirkungen hat die Gabe von Serotonin-Aufnahmehemmern. Medikamente, die nicht unmittelbar in den Dopaminstoffwechsel eingreifen, können ebenfalls Bewegungsstörungen erzeugen. Die Therapie besteht aus Reduzierung oder Weglassen des verursachenden Medikamentes.
Auffällige Rastlosigkeit, Ängste und Bewegungsunruhe sind immer Grund, den Arzt aufzusuchen, denn hierfür können viele Gründe vorliegen, die eine Untersuchung erfordern. So kann der behandelnde Arzt den genauen Ursachen für eine Akathisie nachgehen. Häufig liegt bereits eine Begleiterkrankung oder eine bestimmte Medikation vor.
Die Bewertung von Unruhezuständen und Bewegungsstörungen ist nicht immer einfach und führt häufig zu Fehleinschätzungen. Im klinischen Alltag ist eine frühe Diagnose durch Beobachtung des Verhaltens wünschenswert, denn sie hilft, Komplikationen zu vermeiden.
Patienten mit unruhigen Bewegungsstörungen, die auf eine Akathisie hindeuten, finden in einem Allgemeinmediziner (Hausarzt) den ersten Ansprechpartner. Die Krankengeschichte wird im Arztgespräch detailliert aufgenommen, um mögliche Grunderkrankungen, das psychische Befinden und den Medikamentengebrauch festzustellen. Nach dieser sogenannten Anamnese folgen körperliche Untersuchungen. Dabei beobachtet der Arzt folgende Körperzeichen:
- die allgemeine Konstitution,
- die Muskelkraft,
- die Reflexe,
- die Koordination der Bewegungen,
- das Gangbild und
- außergewöhnliche, wiederholte Bewegungsmuster.
Zur weiteren Abklärung der Symptome und der möglichen Diagnose Akathisie ist der Neurologe der Spezialist bei solchen Bewegungsstörungen. Die neurologische Untersuchung und ein Abklären der Blutwerte gehören ebenfalls zur Untersuchung von Akathisie bzw. Bewegungsstörungen.
Unruhe der Beine ist auch das typische Merkmal des Restless Legs Syndroms. Die Erkrankung hat Ähnlichkeit mit Akathisie, ist aber nicht mit ihr gleichzusetzen. Etwa 2-5 % der Erwachsenen leiden unter diesem Syndrom, für das häufig keine konkrete Ursache gefunden werden kann. Meist sind Menschen jenseits der 40 betroffen, das Syndrom kann aber auch bei Jüngeren auftreten. Die Beschwerden treten vor allem im entspannten Zustand auf. Die negativen Empfindungen in den Beinen, teilweise auch in den Armen, belasten erheblich. Die motorische Unruhe macht das Einschlafen schwer und lassen sie nachts aufwachen. Das wiederum führt zu unangenehmer Tagesmüdigkeit.
Die Symptome der Unruhe und Bewegungsstörung können auf den Beginn einer Polyneuropathie hindeuten. Weitere Gründe sind Niereninsuffizienz oder Eisen- und Folsäuremangel. Auch Vitamin B 12-Mangel kann das Restless-Legs-Syndrom hervorrufen. Schwangerschaft, rheumatoide Arthritis und Diabetes mellitus kommen ebenfalls als Auslöser von Restlegs Legs in Betracht. Zwischen Medikamenten sowie Alkohol und anderen Genussmitteln und der Symptomatik besteht ebenfalls ein Zusammenhang. Die Therapie beginnt mit der Suche nach einer zu Grunde liegenden chronischen Erkrankung. Neurologische Tests sind in der Regel unauffällig.
Die Behandlung der Akathisie zielt auf die Linderung der Symptome und Steigerung der Lebensqualität ab. Die jeweilige Ursache der Bewegungsstörungen bestimmt ihre Therapie.
Tritt die Akathisie als Nebenwirkung eines verordneten Medikaments auf, sollte dieses nach Möglichkeit und immer in Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt werden. Kann nicht auf das Medikament verzichtet werden, sind eine veränderte Dosis oder ein alternatives Medikament weitere Therapiemöglichkeiten. Entstand die Akathisie durch eine unerwünschte Medikamentenwirkung, können die Symptome wieder verschwinden, wenn rechtzeitig gehandelt wird.
Bewegungsstörungen können den Alltag von Betroffenen mitunter sehr bestimmen. Im Fall der Akathisie bei Parkinson ist ein weiteres Therapieziel, eine Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder so lange wie möglich hinauszuzögern. Parkinson selbst ist als Krankheit nicht heilbar, jedoch gibt es verschiedene Therapiebausteine, die den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können. Neben Medikamenten, allen voran L-Dopa (Vorstufe des Neurotransmitters Dopamin) und Anticholinergika, sowie Physiotherapie ist die Tiefe Hirnstimulation (THS) ein operativer Eingriff, der Parkinsonsymptome deutlich verbessern kann.
Die medikamentöse Therapie mit Dopamin hilft auch Patienten mit Restless Legs Syndrom. Auch die Gabe von Betablockern oder Benzodiazepinen können Patienten mit diagnostizierter Bewegungsunruhe helfen, allerdings sollten die Medikamente zunächst probeweise eingenommen werden. Nicht jeder verträgt die damit verbundenen möglichen Nebenwirkungen.
Je nach Ursache und Ausprägung der Akathisie gibt es eine Reihe von Hilfsmitteln, die die Symptome und den quälenden inneren Bewegungsdrang bei Akathisie lindern können. Patienten können die Therapie begleiten mit:
- ausgewogener Ernährung mit ausreichend Vitamin C, Eisen und B-Vitaminen,
- Vermeiden von Nikotin, Alkohol und Koffein
- Physiotherapie, Gymnastik und Dehnübungen
- feste Schlafenszeiten.
Liegt Eisenmangel einer Bewegungsunruhe zugrunde, können eisenhaltige Medikamente verabreicht werden. Ihre Wirkung ist sehr gut erforscht. Leider ist ihre Einnahme auch mit Nebenwirkungen verbunden, beispielsweise Schlafstörungen und Übelkeit. Manchmal verstärken sich die Beschwerden sogar, was viele Ärzte zu Gegnern dieser Therapie macht. Umso wichtiger ist es, dass Patienten bei Medikamenteneinnahme regelmäßige Kontrollen bei ihrem Arzt wahrnehmen.