Der Hypogonadismus lässt sich je nach Ursache in drei Formen unterteilen:
- Primäre Hypogonadismus
- Sekundäre Hypogonadismus
- Tertiäre Hypogonadismus
Primäre Hypogonadismus
Beim primären Hypogonadismus findet sich die Ursache direkt in den Keimdrüsen. Die übergeordneten hormonellen Zentren stimulieren Eierstöcke oder Hoden zwar, diese produzieren aber zu wenig Hormone.
Eine typische angeborene primäre Störung des Mannes ist das Klinefelter-Syndrom. Menschen mit dieser Erkrankung besitzen statt des bei Männern üblichen XY-Chromosomensatzes ein zusätzliches X-Chromosom.
Ein primärer Hypogonadismus tritt ebenfalls bei Frauen auf, die unter dem Turner-Syndrom leiden. Sie haben anstelle von zwei Geschlechtschromosomen (XX) nur ein funktionsfähiges X-Chromosom.
Ebenso können beim Mann Hodentumore oder Verletzungen im Genitalbereich zu einer verminderten Hormonproduktion führen. Bei Frauen kann Eierstockkrebs und/oder eine Entzündung in diesem Bereich eine mögliche Ursache sein.
Sekundäre Hypogonadismus
Der sekundäre Hypogonadismus beruht hingegen auf einer Störung der Hypophyse, die im Hirn als übergeordnetes hormonelles Zentrum fungiert. Sie schüttet das Follikelstimulierende Hormon (FSH) sowie das Luteinisierende Hormon (LH) aus.
Diese sogenannten Releasing-Hormone animieren die Keimdrüsen zur Produktion der Geschlechtshormone. Mangelt es also an den Releasing-Hormonen, produzieren Eierstöcke und Hoden zu wenig Testosteron bzw. Östrogen und Progesteron.
Die Hypophyse ist ein etwa haselnussgroßes endokrines Organ im zentralen Nervensystem @ bilderzwerg /AdobeStock
Das Hypophysenadenom ist eine typische Erkrankung, bei der ein sekundärer Hypogonadismus auftreten kann. Es handelt sich dabei um einen seltenen, gutartigen Tumor im Kopf.
Auch bei angeborenen Störungen, wie beispielsweise dem Kallmann-Syndrom, oder einer direkten Schädigung des Hypophysenvorderlappens kann ein sekundärer Hypogonadismus entstehen.
Tertiäre Hypogonadismus
Der tertiäre Hypogonadismus ist die seltenste Form des Hypogonadismus. Er liegt dann vor, wenn die Ursache auf Ebene des Hypothalamus zu finden ist.
Der Hypothalamus ist ein Teil des Zwischenhirns, der ebenso wie die Hypophyse Releasing-Hormone ausschüttet. Diese stimulieren jedoch nicht direkt die Keimdrüsen, sondern die Hypophyse zur Ausschüttung von FSH und LH.
Über einen Mangel an diesen hypophysen eigenen Releasing-Hormonen kommt es zu einer verminderten Keimdrüsenaktivität und einer verminderten Ausschüttung von Geschlechtshormonen.
Die Symptome sind äußerst vielseitig und zeigen sich nicht nur im sexuellen Bereich. Fehlt es bereits im Kindesalter an Testosteron, bleibt die Pubertät aus.
Mediziner sprechen hier auch vom Eunuchismus. Sowohl die primären als auch die sekundären Geschlechtsmerkmale bleiben in der Entwicklung zurück.
Betroffene haben ein geringes Hodenvolumen und einen unterentwickelten Penis. Des Weiteren ist die Körperbehaarung eher spärlich. Im Erwachsenenalter können folgende Symptome auftreten:
- Abnahme der Libido
- Verlust der Achsel- und Schambehaarung
- verminderter Bartwuchs
- Abnahme der Körpergröße
- Spontanbrüche durch eine verminderte Knochendichte
- Verlust von Muskelmasse und Kraft
Bei Frauen zeigen sich vor allem Auffälligkeiten im Zyklus. Besteht die Hormonstörung bereits vor der Pubertät, bekommen die betroffenen Mädchen nie ihre Periode.
Mediziner sprechen hier von einer primären Amenorrhoe. Auch im Erwachsenenalter bleibt die Monatsblutung aus (sekundäre Amenorrhoe). Da kein Eisprung stattfindet, sind Frauen mit Hypogonadismus unfruchtbar.
In einer detaillierten Anamnese kann der behandelnde Arzt mithilfe spezieller Fragebögen alle Symptome erfragen. Häufig zeigen sich hier schon Hinweise auf einen Hypogonadismus.
Auch die körperliche Untersuchung liefert hypogonadismus-assoziierte Befunde wie beispielsweise unterentwickelte Geschlechtsteile oder eine verminderte Körperbehaarung.
Laborchemische Untersuchungen sind zur Stellung einer sicheren Diagnose jedoch unabdingbar.
Der Arzt bestimmt die Werte der Geschlechtshormone wie:
- Testosteron
- Östrogen
- Progesteron
- LH
- FSH
- Binding Globuline (SHBG)
Bei Verdacht auf einen sekundären oder tertiären Hypogonadismus müssen Ärzte die organspezifischen Releasing-Hormone ebenfalls testen.
Sie sollten einen niedrigen Hormonspiegel immer durch eine zweite Messung bestätigen. Eine vorübergehende Abnahme kann auch durch andere akute Erkrankungen bedingt sein.
Bei einem spezifischen Verdacht können ferner bildgebende Verfahren wie die Sonographie (Ultraschall) hilfreich sein. Hier lassen sich die Geschlechtsdrüsen strukturell darstellen und beurteilen.
Für die Diagnose ist eine labordiagnostische Blutuntersuchung notwendig @ angellodeco /AdobeStock
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Hormonstörung. So kommt bei Tumoren beispielsweise eine Chemo- oder Strahlentherapie zum Einsatz.
Nicht immer ist eine ursächliche Behandlung jedoch möglich. Zur Linderung der Beschwerden erhalten die Patienten dann Hormonpräparate in Form von Tabletten, Cremes, Depotspritzen oder Pflastern.
Da die Hormonersatztherapie Risiken birgt, müssen Ärzte mögliche Gegenanzeigen vor der Behandlung ausschließen.
Dazu gehören zum Beispiel:
- Hormonabhängige Tumore
- Überempfindlichkeit gegen künstliche Hormone oder andere Inhaltsstoffe der Präparate
- Frühere oder bestehende Krebserkrankungen der Leber
Die Prognose hängt vor allem von der Ursache ab. Lässt sich diese gut behandeln und führen die Betroffenen regelmäßig Sexualhormone zu, können sich die Geschlechtsmerkmale wiederherstellen.
Auch mögliche Folgeerkrankungen, die durch den Hormonmangel bedingt auftreten, lassen sich so vorbeugen.