Refraktiver Linsentausch | Spezialisten & Infos

Als refraktiver Linsenaustausch wird ein operatives Verfahren bezeichnet, bei dem eine körpereigene Linse entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt wird. Ein refraktiver Linsenaustausch wird meist zur Korrektur von starken Fehlsichtigkeiten wie der Weit- und Kurzsichtigkeit oder zur Korrektur einer Alterssichtigkeit oder einer Hornhautverkrümmung durchgeführt. Zu den Kunstlinsen, die bei einem refraktiven Linsenaustausch eingesetzt werden können, gehören Monofokallinsen, torische Kunstlinsen, Multifokallinsen und akkommodative Linsen.

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Refraktiver Linsentausch - Weitere Informationen

Definition: Refraktiver Linsenaustausch

Bei „refraktiven“ Operationsmethoden handelt es sich grundsätzlich um Behandlungsmethoden zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten. Am weitesten verbreitet sind die Operationsmethoden mit dem Laser (in der Regel Excimer-Laser) an der Hornhaut, z.B. die sogenannte LASIK. In einigen Fällen kommt eine Laserbehandlung jedoch nicht in Frage, so dass alternativ ein „refraktiver Linsenaustausch“ sinnvoll sein kann. Das ist vor allem bei Patienten mit sehr starker Fehlsichtigkeit oder mit zusätzlicher Alterssichtigkeit der Fall. Bei einem refraktiven Linsenaustausch wird die natürliche Linse entfernt und an ihrer Stelle eine Kunstlinse eingesetzt.

Hinterkammerlinse 01 (fcm)Künstliche Augenlinse

Historischer Hintergrund des refraktiven Linsenaustauschs

Bereits seit dem 13. Jahrhundert versuchte der Mensch, Sehfehler durch Sehhilfen zu beheben. Die erste intraokulare Augenlinse wurde jedoch erst 1949 durch Sir Harold Ridley (1906 – 2001) eingesetzt. Während des Krieges hatte Ridley beobachtet, dass bei Flugzeug-Cockpits aus Acrylglas nach Abstürzen entsprechende Splitter keine Immunreaktionen im Auge hervorriefen. Auf Basis dieser Entdeckung entwickelte Ridley erste künstliche Linsen, die er – zunächst aufgrund eines Verbots geheim – erfolgreich einpflanzen konnte. 2000 wurde er aufgrund seiner Verdienste in der refraktiven Chirurgie von Queen Elizabeth II. zum Ritter geschlagen.

Seitdem wurden wesentliche Fortschritte darin erzielt, künstliche Linsen ins Auge einzupflanzen und somit die Sehkraft vieler Menschen wieder zu verbessern. Das Komplikationsrisiko ist dabei insgesamt sehr gering.

Einsatzgebiete des refraktiven Linsenaustauschs

Ein refraktiver Linsenaustausch im Auge kann bei stärkerer Kurz- oder Weitsichtigkeit sinnvoll sein, insbesondere ab dem 45-50 Lebensjahr, wenn die eigene Linse durch die Alterssichtigkeit die Naheinstellungsmöglichkeit verloren hat.

Durch den Einsatz einer Ersatzlinse geht allerdings die natürliche Brechkraft (Akkomodationsfähigkeit) der körpereigenen Linse verloren. Deshalb wird ein refraktiver Linsenaustausch fast immer erst nach Einsetzen der Alterssichtigkeit nach dem 50 Lebensjahr durchgeführt. Die Kunstlinse ist auf eine bestimmte Distanz eingestellt. Üblicherweise wird beim Linsenaustausch eine Brechkraft gewählt, die eine scharfe Fernsicht ermöglichen. Für die Nähe, beispielsweise zum Lesen, ist dann in der Regel eine Sehhilfe, also eine Brille oder Kontaktlinsen, notwendig.

Individuelle Wünsche und Gewohnheiten sowie der Bau des Auges entscheiden darüber, welche Variante der Kunstlinse implantiert wird. Gewöhnliche Kunstlinsen für das Auge (Intraokularlinsen) sind üblicherweise als Monofokallinsen verfügbar und passen die Brechkraft des Auges an. Normalerweise kommen sie bei der Katarakt-Operationen zur Behandlung des Grauen Star zum Einsatz. Sie werden dort, sowie auch beim refraktiven Linsentausch, benutzt, um Kurz- oder Weitsichtigkeit korrigieren. Monofokale Linsen schaffen keinen Ausgleich bei Hornhautverkrümmungen oder Alterssichtigkeit, so dass trotz des refraktiven Linsenaustauschs in vielen Fällen eine Sehhilfe erforderlich ist.

Es gibt spezielle Kunstlinsen, die durch weitere Modifizierungen zusätzliche Eigenschaften anbieten. So decken Multifokallinsen ein Brennweitenspektrum ab und ermöglichen scharfes Sehen sowohl in der Nähe als auch in der Ferne, während torische Intraokularlinsen eine Hornhautverkrümmung ausgleichen.

Voruntersuchungen vor einem refraktiven Linsenaustausch

Da es sich bei einem refraktiven Linsenaustausch eher selten um eine medizinische Indikation, sondern häufig um eine kosmetische Indikation handelt, wodurch der Verzicht auf Brillen oder Kontaktinsen erreicht werden soll, ist vor einem refraktiven Linsenaustausch eine sorgfältige Voruntersuchung besonders wichtig. Dadurch können unnötige Risiken durch die Operation und Enttäuschungen beim Patienten, wenn das Resultat nicht den Erwartungen entspricht, vermieden werden. Daher sollten auch die Vorstellungen des Patienten an die Behandlung im Vorfeld des refraktiven Linsenaustauschs ausführlich besprochen und abgewogen werden. So z.B. die Frage, ob eine komplette Brillenlosigkeit erwartet wird oder auch eine geringe Fehlsichtigkeit toleriert oder gar gewünscht wird. Ähnlich wie die Frage nach einer möglichen Lesebrille nach der dem refraktiven Linsenaustausch.

Die Voruntersuchungen vor einem refraktiven Linsenaustausch beinhalten

  • eine augenärztliche Untersuchung, auch mit erweiterter Pupille,
  • die Bestimmung der Sehschärfe und Korrekturbedürftigkeit,
  • die Messung des Augeninnendrucks,
  • die Vermessung der Pupillenweite (auch unter Dämmerungsbedingungen),
  • die Beurteilung der Hornhaut-Dicke, -Oberfläche und –Qualität,
  • die Vermessung der Augenlänge und
  • ggf. auch eine Untersuchung der Tränenflüssigkeit und des Dämmerungs- und Kontrastsehens.

Vorgehen beim refraktiven Linsenaustausch

Der refraktive Linsenaustausch ist eine Operation, die prinzipiell der des Grauen Stars entspricht. Dabei wird grundsätzlich die natürliche Linse entfernt und an ihre Stelle eine Kunstlinse eingesetzt. Bei den modernen Operationsverfahren werden winzige, selbstverschließende (es muss nicht genäht werden!) Schnitte am Rande der Hornhaut (zwischen 1,8 und 3,0 mm) angelegt, durch die die Operationsinstrumente und die Kunstlinse in das Auge gelangen. Die natürliche Linse wird bei einem refraktiven Linsenaustausch nicht als Ganzes herausoperiert. Es wird die Linsenhülle eröffnet und der Linseninhalt abgesaugt. In den dann klaren Kapselsack wird eine faltbare Kunstlinse eingesetzt, die sich dort mit kleinen Haltebügelchen stabilisiert, ohne angenäht werden zu müssen.

Welche Kunstlinsen stehen zur Verfügung?

In Abhängigkeit von der vorliegenden Fehlsichtigkeit und den Erwartungen an das Ergebnis wird eine Kunstlinse mit verschiedenen möglichen optischen Eigenschaften eingesetzt. Die genaue Bestimmung und Festlegung der Linse erfolgt bereits im Vorfeld des refraktiven Linsenaustauschs. Die folgenden Optionen für die Linsenmodelle beim refraktiven Linsenaustausch bestehen:

Monofokallinsen (Einstärken-Linsen):

Diese Linsen korrigieren ausschließlich eine Weitsichtigkeit oder Kurzsichtigkeit und können so berechnet werden, dass nach dem refraktiven Linsenaustausch in einer bestimmten Entfernung ohne Brille scharf gesehen wird (z.B. in der Ferne). Die modernen Kunstlinsen sind faltbar und bestehen aus hochwertigen Materialien, die sehr gut im Auge verträglich sind, meistens aus Akrylaten oder Silikon.

Ein UV-Filter ist heute Standard, vermehrt sind auch Kunstlinsen mit Blau- oder Violettlichtfiltern verbreitet. Sie sollen der Netzhaut zusätzlichen Schutz vor schädlichen Einflüssen bieten, scheinen vor allem aber auch ein verbessertes Kontrastempfinden in einigen Situationen zu erreichen (z.B beim Autofahren). Ein verbesserter Kontrast lässt sich auch mit sogenannten asphärischen Linsen erzielen, was vor allem bei weiter Pupille und bei Dämmerung zum Tragen kommt.

Da sich diese Linsen allerdings im Auge nicht in ihrer Form verändern können und eine sogenannte Akkommodation (Einstellung des Sehens auf Ferne und Nähe) nicht möglich ist, wird nach dem refraktiven Linsenaustausch mit Monofokallinsen meistens eine Lesebrille nötig. Wenn man auch darauf verzichten möchte, können andere Modelle angeboten werden (z.B. Multifokallinsen, s.u.).

Torische Kunstlinsen:

Wenn neben der Weit- oder Kurzsichtigkeit auch eine „Hornhautverkrümmung“ (= Astigmatismus) korrigiert werden soll, können bei einem refraktiven Linsenaustausch sogenannte „torische“ Linsen eingesetzt werden. Vor der Operation muss beim sitzenden Patienten an der Hornhaut markiert werden, wie die torische Linse bei der Operation im Auge ausgerichtet werden muss, damit die Korrektur des Astigmatismus vollständig erfolgt.

refraktiver Linsenaustausch - Kunstlinsen

Abbildung 1: Kombination von Sonderlinsen-Merkmalen: torische und multifokale Kunstlinse für die Korrektur von Alterssichtigkeit in Kombination mit Weit- oder Kurzsichtigkeit und Hornhautverkrümmung. Die strichförmigen Markierungen am Rande der Linsenoptik sind für die richtige Positionierung im Auge wichtig.

Multifokallinsen (Mehrstärkenlinsen):

Diese Linsen besitzen mehrere Brennpunkte, wodurch im Idealfall alle Tätigkeiten im Alltag nach dem refraktiven Linsenaustausch ohne Brille bewältigt werden können. Dabei stehen unterschiedliche Modelle zur Verfügung, die für unterschiedliche Bedürfnisse sinnvoll sind. So sollte diskutiert werden, in welchem Abstand vor allem (Lesen, Bildschirm, Sport, Haushalt) ein brillenloses Sehen angestrebt wird und welchen Tätigkeiten in erster Linie nachgegangen wird (z.B. nächtliches Autofahren). Denn es gibt auch optische Nachteile dieser Linsen (wie vermehrte Lichtkränze um Lichtquellen), die besprochen und abgewogen werden müssen.

Akkommodative Linsen:

Ebenso für die Korrektur der Alterssichtigkeit sind sogenannte „akkommodative“ Linsen konzipiert. Das Prinzip der Wirkung sollen leichte Vorwärtsbewegungen der Linsenoptik durch Kräftevektoren im Auge beim Betrachten eines nahen Objekts sein. Allerdings hat sich diese Idee als nur sehr gering wirksam herausgestellt. Allerdings sind solche Linsen im Prinzip eher nebenwirkunsfrei im Vergleich zu Multifokallinsen.

refraktiver Linsenaustausch - Kunstlinsen

Abbildung 2: Akkommodative Linse mit doppelter Optik am ersten Tag nach der Operation. Bei diesem Linsenmodell bewegt sich nur der vordere Anteil der Linse, der eine besonders starke Brechkraft beinhaltet, nach vorne, wodurch ein relativ guter Effekt erreicht wird.

Anästhesie beim refraktiven Linsenaustausch

Der refraktive Linsenaustausch wird in der Regel ambulant und in örtlicher Betäubung durchgeführt. Diese kann durch eine Spritze neben das Auge oder ausschließlich mit Betäubungstropfen/-gelen erfolgen. Welche Art der Betäubung durchgeführt wird, hängt von individuellen Faktoren ab und sollte mit dem Operateur besprochen werden. Eine komplikationslose Operation dauert oftmals nur 10 bis 15 Minuten.

Medikamente beim refraktiven Linsenaustausch

Nach dem refraktiven Linsenaustausch muss der Patient über einige Wochen regelmäßig Augentropfen applizieren. Sie beinhalten ein Kortisonpräparat, häufig in Kombination mit einem Antibiotikum, und bewirken eine Reduktion der Entzündungsreaktion.

Komplikationen und Risiken bei einem refraktiven Linsenaustausch

Das Komplikationsrisiko ist bei einem refraktiven Linsenaustausch insgesamt sehr gering, obwohl natürlich individuell über mögliche Komplikationen, wie z.B. ein Infektionsrisiko, aufgeklärt werden muss.

Eine nicht seltene Spätkomplikation eines refraktiven Linsenaustauschs ist der sogenannte „Nachstar“, der durch eine narbige Eintrübung des Kapselsackes, in der die Kunstlinse sitzt, bewirkt wird. Für den Patienten bedeutet das eine langsame Sehverschlechterung, die Monate bis Jahre nach dem refraktiven Linsenaustausch auftreten kann und ist umso häufiger je jünger der Patient ist. Der Nachstar kann meistens sehr unkompliziert durch einen Lasereingriff entfernt werden.

Abhängig vom Typ der Linse gibt es auch spezifische optische Nebenwirkungen, wie z.B. vermehrte Blendung, Doppelbilder oder Kontrastreduktion.

Nachbehandlung nach einem refraktiven Linsenaustausch

Nach dem refraktiven Linsenaustausch muss der Patient über einige Wochen regelmäßig Augentropfen applizieren. Während des Heilungsprozesses erfolgen regelmäßige Kontrollen beim Augenarzt, um sicherzustellen, dass die Heilung angemessen und ohne Komplikationen erfolgt.

Außerdem sollte während dieser Zeit auf Schwimmen und Saunieren verzichtet werden, um das Infektionsrisiko nicht zu erhöhen. Auch körperliche Schwerstarbeiten sollten vermieden werden. Der Patient sollte ferner in den ersten Tagen darauf achten, das Auge nicht zu reiben.

Sport nach einem refraktiven Linsenaustausch

Langfristig besteht keinerlei Beeinträchtigung hinsichtlich sportlicher Betätigung nach der Operation des grauen Stars. In den ersten Wochen nach dem refraktiven Linsenaustausch sollte jedoch die sportlich Tätigkeit – in Abhängigkeit von der Sportart – eingeschränkt werden.

Fazit

Der refraktive Linsenaustausch stellt eine zuverlässige und sichere Methode für die Korrektur von Fehlsichtigkeiten jeder Art dar und ist vor allem auch als Alternative oder Ergänzung zur refraktiven Hornhautchirurgie geeignet.

Es sollte eine sorgfältige Voruntersuchung und Besprechung der Vor- und Nachtele vor einer solchen Operation erfolgen. Auf mögliche Komplikationen sollte unbedingt hingwiesen werden.

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