Die Auswärtsdrehung entsteht zumeist aufgrund einer altersbedingten Erschlaffung der Muskulatur des betroffenen Lids (
Ectropium senile). Aber auch eine Lähmung der Gesichtsnerven (
Ectropium paralyticum), Lidtumore oder entzündliche Lidschwellungen (
mechanisches Ektropium), Lidfehlstellungen infolge von Vernarbungen (
Ectropium cicatriceum) oder bestimmte Veränderungen in der DNA (kongenitales Ektropium) können ein Ektropium bedingen. Während das altersbedingte Ektropium ausschließlich am Unterlid vorkommt, können die anderen Formen des Ektropiums auch am Oberlid beobachtet werden.
Da das Lid nach außen gedreht ist und herabhängt, ist die Lidkantenfunktion eingeschränkt. Horn- und Bindehaut können nicht mehr ausreichend befeuchtet werden und trocknen schnell aus. Daher ist die Bindehaut regelmäßig gerötet und gereizt. In vielen Fällen entwickelt sich eine
chronische Bindehautentzündung, für die die folgenden Beschwerden charakteristisch sind:
- Rötung der Augen
- Juckreiz und Brennen
- Fremdkörpergefühl
- tränende Augen

Die dauerhaft zu trockene Hornhaut kann sich ebenfalls entzünden. Dies kann zu einer Verletzung des Hornhautepithels (
Hornhauterosion) und einer Hornhautentzündung (
Keratokonjunktivitis) führen. Anzeichen einer Hornhautentzündung sind:
- Trübung der Hornhaut
- eingeschränktes Sehvermögen
- Lichtempfindlichkeit des betroffenen Auges
- Augenschmerzen
Da zudem das Tränenpünktchen (Stelle, an der oberer und unterer Tränenkanal zusammenfließen und die Tränen sichtbar werden) nicht länger auf dem Augapfel aufliegt, kann die Tränenflüssigkeit nicht mehr über dieses in den Nasen-Rachen-Raum abfließen. In der Folge läuft die Tränenflüssigkeit über die Wange ab, das Auge tränt kontinuierlich (Epiphora) und der Betroffene wischt häufig mit den Händen über das betroffene Auge. Die häufigen Wischbewegungen können wiederum zu Infektionen mit Bakterien, Viren oder Pilzen führen.
Ist die Hornhaut infolge ihrer Austrocknung verletzt, kann sich bei einer bakteriellen Infektion zudem ein Hornhautgeschwür (Hornhautulkus) entwickeln. Daher sollten Sie zur Vermeidung von Komplikationen eine Auswärtsdrehung des Augenlids frühzeitig ärztlich abklären und entsprechend behandeln lassen.
In aller Regel diagnostiziert der Arzt ein Ektropium anhand der charakteristischen Lidfehlstellung. Die sich an die Sichtung anschließenden Untersuchungen dienen vielmehr der Bestimmung des Ausmaßes des Ektropiums sowie seiner Begleiterscheinungen. So wird Ihr Augenarzt mit Hilfe einer Spaltlampe vor allem den inneren Lidwinkel und die Lage des Tränenpünktchens genauer kontrollieren.
Zudem wird er die Lidspannung bestimmen und feststellen, inwieweit die Bindehaut des betroffenen Auges gereizt ist. Auch die Hornhaut untersucht der Augenarzt mithilfe der Spaltlampe und überprüft, ob neben einer möglichen Bindehautentzündung auch eine Reizung der Hornhaut vorliegt. In Abhängigkeit vom zugrundeliegenden Auslöser können weitere Tests erforderlich werden. So wird beispielsweise bei einem Verdacht auf ein paralytisches Ektropium die Funktion des jeweils versorgenden Gesichtsnervs im Rahmen weiterer Untersuchungen kontrolliert.
Die individuellen Behandlungsmaßnahmen hängen maßgeblich von der zugrundeliegenden Ursache der Lidfehlstellung ab. Wenngleich Augentherapeutika wie Salben oder gelartige Befeuchtungs- und Tränenersatzmittel kurzfristig zu einer Linderung der Beschwerden führen können und vor allem Komplikationen wie Entzündungen vorbeugen, lässt sich ein dauerhaft auswärtsgedrehtes Augenlid in aller Regel lediglich operativ beseitigen. Dies gilt auch für milde Formen des Ektropiums.
Im Rahmen des Eingriffs wird die Lidkante wieder an den Augapfel gelegt, sodass Binde- und Hornhaut wieder geschützt und hinreichend befeuchtet werden können. Bei altersbedingten Ektropien wird zur Korrektur der Lidfehlstellung zumeist eine Lidstraffung durchgeführt (sogenannte laterale Zügelplastik oder Tarsalzungenplastik). Hierbei wird das betroffene Lid mithilfe verschiedener Schnitttechniken verkürzt, gestrafft und anschließend so fixiert, dass es wieder auf dem Augapfel anliegt.
Bei einem paralytischen Ektropium ist eine Lidstraffung nicht erforderlich, wenn sich die zugrundeliegende Gesichtslähmung wieder zurückbildet. Hier wird daher zunächst abgewartet und das Auge mit Salben oder Gels feuchtgehalten. Zudem kann ein sogenannter Uhrglasverband über dem Auge angelegt werden. Als Uhrglasverband wird ein Pflasterverband mit einem Sichtfenster in der Mitte bezeichnet. Dieser schützt das Auge vor dem Austrocknen, indem er über dem Auge eine feuchte Kammer erzeugt und so für eine ausreichende Befeuchtung des Auges sorgt. Unterstützt werden kann dies durch Augensalben, -tropfen und -gels, die vor dem Aufbringen des Verbands aufgetragen werden.
Mit der Zurückentwicklung der Gesichtslähmung (zumeist innerhalb von sechs Wochen bis sechs Monaten) verbessert sich häufig auch die Lidauswärtsdrehung. Bleibt die Gesichtslähmung allerdings bestehen, wird auch hier eine Operation zur Verkleinerung des Lidspalts erforderlich, um das Austrocknen des Auges zu verhindern. Neben einer Lidstraffung kommt zum Verschluss der Lidspalte eine sogenannte Tarsorrhaphie zum Einsatz. Bei dieser legt der Chirurg zwischen Ober- und Unterlid eine Naht an, um die Lidspalte teilweise zu verschließen.
Bei frühzeitigem Behandlungsbeginn zeigen Ektropien eine gute Prognose und heilen – in Abhängigkeit von der Ursache – aus, ohne Folgeschäden zu verursachen. Für die Regeneration sollten Sie nach der Operation etwa 14 Tage einplanen. In dieser Zeit sollten Sie zudem Saunagänge und Sonneneinstrahlung vermeiden.
Ohne Behandlung verursacht die Auswärtsdrehung des Lids zunehmend stärkere Beschwerden und kann zu einer chronischen Bindehautentzündung und schließlich auch zu einer Hornhautentzündung führen. Diese kann wiederum unbehandelt in dauerhaften Hornhautschädigungen mit einem stark eingeschränkten Sehvermögen bis hin zur Erblindung münden. Um das Risiko für ein Ektropium zu senken, sollen Sie Entzündungen im Bereich der Augen, insbesondere der Bindehaut und der Lidkanten, stets frühzeitig behandeln lassen.