Mit fortschreitendem Alter erschlaffen Muskeln und die Spannkraft der Haut. Bei manchen Menschen beginnt daher das untere Augenlid nach unten zu hängen. Viele Ektropum-Fälle sind also altersbedingt. Man spricht dann von einem Ectropium senile.
Weitere Ursachen für ein Ektropium sind
- eine Lähmung der Gesichtsnerven (Ectropium paralyticum),
- Lidtumore oder entzündliche Lidschwellungen (mechanisches Ektropium),
- Lidfehlstellungen infolge von Vernarbungen (Ectropium cicatriceum) oder
- bestimmte Veränderungen in der DNA (kongenitales Ektropium).
Das altersbedingte Ektropium tritt ausschließlich am Unterlid auf. Die anderen Formen des Ektropiums sind auch am Oberlid möglich.
Ein Ektropium kann verschiedene Komplikationen verursachen. Daher sollten Sie frühzeitig einen Augenarzt aufsuchen und mögliche Therapien mit ihm besprechen.
Bindehautentzündungen
Da das Lid nach außen gedreht ist und herabhängt, ist die Lidkantenfunktion eingeschränkt. Horn- und Bindehaut werden nicht mehr ausreichend befeuchtet und trocknen schnell aus. Daher ist die Bindehaut regelmäßig gerötet und gereizt.
In vielen Fällen entwickelt sich eine chronische Bindehautentzündung, für die folgende Beschwerden charakteristisch sind:
- Rötung der Augen
- Juckreiz und Brennen
- Fremdkörpergefühl
- tränende Augen
Bei einem Ektropium liegt das Augenlid nicht mehr am Augenapfel an © arztsamui | AdobeStock
Die Austrocknung der Hornhaut und ihre Folgen
Die dauerhaft zu trockene Hornhaut kann sich ebenfalls entzünden. Dies kann zu einer Verletzung des Hornhautepithels (Hornhauterosion) und einer Hornhautentzündung (Keratokonjunktivitis) führen. Anzeichen einer Hornhautentzündung sind:
- Trübung der Hornhaut
- eingeschränktes Sehvermögen
- Lichtempfindlichkeit des betroffenen Auges
- Augenschmerzen
Durch die Austrocknung kann die Hornhaut verletzt werden. Das erhöht das Risiko auf eine bakterielle Infektion. Daraus kann sich ein Hornhautgeschwür entwickeln.
Tränende Augen
Auf den Oberseiten der Lidkanten liegen nasenseitig die Tränenpünktchen. Das sind kleine Öffnungen in der Lidkante, durch die Tränenflüssigkeit in den Naen-Rachen-Raum abfließt. Tränenflüssigkeit entsteht nicht nur beim Weinen, sondern der Körper produziert sie kontinuierlich. Damit werden die Augen feucht gehalten.
Bei einem Ektropium liegen die Lider und damit auch die Tränenpünktchen nicht mehr direkt auf dem Augapfel auf. Deswegen läuft die Tränenflüssigkeit über die Wange ab, das Auge tränt kontinuierlich (Epiphora).
Betroffene wischen häufig mit den Händen über das betroffene Auge. Die häufigen Wischbewegungen können wiederum zu Infektionen mit
- Bakterien,
- Viren oder
- Pilzen
führen.
Meistens diagnostiziert der Arzt ein Ektropium anhand der charakteristischen Lidfehlstellung. Die sich an die Sichtung anschließenden Untersuchungen dienen vor allem der Bestimmung des Ausmaßes des Ektropiums sowie seiner Begleiterscheinungen.
Der Arzt kontrolliert dazu mit Hilfe einer Spaltlampe vor allem den inneren Lidwinkel und die Lage des Tränenpünktchens. Auch die Hornhaut untersucht der Augenarzt mithilfe der Spaltlampe. So prüft er, ob eine Bindehautentzündung oder eine Reizung der Hornhaut vorliegt.
Außerdem bestimmt er die Lidspannung und stellt fest, inwieweit die Bindehaut des betroffenen Auges gereizt ist.
In Abhängigkeit vom zugrundeliegenden Auslöser können weitere Tests erforderlich sein. Bei Verdacht auf ein paralytisches Ektropium sind etwa weitere Untersuchungen des jeweils versorgenden Gesichtsnervs notwendig.
Die individuellen Behandlungsmaßnahmen hängen maßgeblich von der zugrundeliegenden Ursache der Lidfehlstellung ab.
Augentherapeutika wie Salben oder gelartige Befeuchtungs- und Tränenersatzmittel können die Beschwerden kurzfristig lindern. Sie beugen außerdem Komplikationen wie Entzündungen vor. Sie behandeln aber nicht die Fehlstellung ansich, sondern nur die Symptome.
Für die dauerhafte Beseitigung eines Ektropiums ist eine Operation im Rahmen der Lidchirugie notwendig. Das gilt auch für milde Formen des Ektropiums. Durch den Eingriff legt der Chirurg die Lidkante wieder an den Augapfel.
Bei altersbedingten Ektropien wird zur Korrektur der Lidfehlstellung zumeist eine Lidstraffung durchgeführt (laterale Zügelplastik oder Tarsalzungenplastik). Hierbei
- verkürzt,
- strafft und
- fixiert
der Chirurg das betroffene Lid mithilfe verschiedener Schnitttechniken so, dass es wieder auf dem Augapfel anliegt.
Bei einem paralytischen Ektropium ist eine Lidstraffung nicht erforderlich, wenn sich die zugrundeliegende Gesichtslähmung wieder zurückbildet. Hier warten die Ärzte zunächst ab. Der Patient sollte das betroffene Auge mit Salben oder Gels feuchthalten.
Zudem kann ein sogenannter Uhrglasverband über dem Auge helfen. Ein Uhrglasverband ist ein Pflasterverband mit einem Sichtfenster in der Mitte. Dieser schützt das Auge vor dem Austrocknen, indem er eine feuchte Kammer erzeugt und so für eine ausreichende Befeuchtung des Auges sorgt. Unterstützend können Sie vor dem Anbringen des Verbands
- Augensalben,
- Augentropfen oder
- Augengels
auftragen.
Ein Uhrglasverband hält das Auge feucht © Andrea Kamphuis | Wikimedia / Lizenz
Die Gesichtslähmung entwickelt sich meistens innerhalb von sechs Wochen bis sechs Monaten wieder zurück. Dadurch verbessert sich häufig auch das Ektropium.
Bleibt die Gesichtslähmung allerdings bestehen, ist auch hier eine Operation zur Verkleinerung des Lidspalts erforderlich. Neben einer Lidstraffung kommt zum Verschluss der Lidspalte eine sogenannte Tarsorrhaphie zum Einsatz. Bei dieser legt der Chirurg zwischen Ober- und Unterlid eine Naht an, um die Lidspalte teilweise zu verschließen.
Bei frühzeitigem Behandlungsbeginn zeigen Ektropien eine gute Prognose. Sie heilen meistens – in Abhängigkeit von der Ursache – aus, ohne Folgeschäden zu verursachen. Für die Regeneration sollten Sie nach der Operation etwa 14 Tage einplanen. In dieser Zeit sollten Sie auf Saunagänge und Sonnenstrahlung verzichten.
Ohne Behandlung verursacht die Auswärtsdrehung des Lids zunehmend stärkere Beschwerden. Sie kann zu einer chronischen Bindehautentzündung und schließlich auch zu einer Hornhautentzündung führen. Diese kann wiederum unbehandelt in dauerhaften Hornhautschädigungen münden. Damit einher geht ein stark eingeschränktes Sehvermögen bis hin zur Erblindung.
Zur Vorbeugung eines Ektropiums sollten Sie Entzündungen im Bereich der Augen stets frühzeitig behandeln lassen. Ganz besonders, wenn die Bindehaut oder Lidkanten betroffen sind.