Es ist wichtig, dass bei Säuglingen die einzelnen Schädelplatten über noch weiche Schädelnähte beweglich miteinander verbunden sind. Nur so erhält das sich noch weiter entwickelnde und dabei wachsende Gehirn ausreichend Platz im Schädel. Nicht immer sind alle Schädelnähte von einer Kraniosynostose betroffen.
Auch kann sich das Ausmaß einer Kraniosynostose während des Wachstums verändern. Neben neurologischen Beeinträchtigungen wie einer Intelligenzminderung, Sehstörungen oder Schmerzen kann eine Kraniosynostose zu ästhetischen Symptomen wie Asymmetrien, auffällige Kopfformen oder Gesichtsdeformationen führen. Die Verknöcherung der Schädelnähte geschieht über ein feines Zusammenspiel der Schädelbasis und Hirnhäute mit dem Schädelknochen. Dabei gibt das Gehirnwachstum für das Ausmaß und Tempo den Takt vor.

Als wichtige und allgemein bekannte Punkte sind hier die große Fontanelle und die kleine Fontanelle zu nennen – zwei an Schnittpunkten der Schädelnähte befindliche Öffnungen aus Bindegewebe. Sie dienen als Dehnungsreserven und können leicht am Säuglingskopf ertastet werden. Die kleine Fontanelle schließt sich bereits in einem Alter von circa 2-5 Monaten, die große erst mit gut zwei Jahren. Bei einjährigen Säuglingen ist das Hirnschädelwachstum ungefähr zu 90 Prozent abgeschlossen. Im Alter von zwei Jahren haben sich die Schädelnähte geschlossen und das restliche Knochenwachstum läuft nun wesentlich langsamer ab.

Kraniosynostose ist der Oberbegriff für vorzeitige Schädelverknöcherungen bei Föten und Säuglingen. Entsprechend der betroffenen Schädelnaht existieren Unterbegriffe für die Schädelfehlbildung Kraniosynostose:
Frontalnahtsynostose
Die Frontalnahtsynostose bezieht sich auf die Verknöcherung der in der Stirn senkrecht verlaufenden Frontalnaht. Dadurch wird eine normale Ausbildung der Stirnbreite verhindert. Stattdessen kommt es zu einer kugelförmigen Stirn, mangelhaften Abdeckung der seitlichen Augenhöhlen und eingezogenen Schläfen.
Sagittalnahtsynostose
Bei der verfrühten Verknöcherung der zwischen vorderer und hinterer Fontanelle verlaufenden Sagittalnaht, beziehungsweise Pfeilnaht, ist das Breitenwachstum im Scheitelbereich beeinträchtigt. Als Ausgleich wölben sich Stirn und Hinterkopf überdurchschnittlich vor, wodurch ein schmaler, langgestreckter Kopf entsteht.
Koronarnahtsynostose
Sind die an der rechten und linken Kopfseite im Bereich des Haaransatzes befindlichen Koronarnähte von einer Synostose nur einseitig betroffen, entsteht eine asymmetrische Stirn, die „anteriore Plagiocephalie". Die betroffene Seite ist hier abgeflacht. Hinzu kommt häufig eine deutliche Vorwölbung der Stirn auf der anderen Seite sowie Veränderungen im Augenhöhlenbereich, wodurch das Auge vergrößert wirkt. Auch im Ohrbereich oder an der Nase können Abweichungen auftreten.
Lambdanahtsynostose
Asymmetrien am Hinterkopf sind oft lagerungsbedingt und beruhen selten auf der Verknöcherung einer der beiden Lambdanähte am Hinterhaupt. Bei einer solchen - meist nur einseitig auftretenden - Lambdanahtsynostose flacht der Hinterkopf auf einer Seite ab. Dabei kommt es in der gegenseitigen hinteren Scheitelregion zu einem Ausgleichswachstum, der „posterioren Plagiocephalie". Aufgrund dieser Asymmetrie erscheinen die Ohren in der Frontalansicht ungleich positioniert.
Microcephalus
Bei einem Mikrocephalus sind sämtliche Schädelnähte vorzeitig verknöchert mit einer daraus resultierenden extrem kleinen Kopfform und stark beeinträchtigter Gehirnentwicklung.
Die von einer Kraniosynostose ausgelöste Wachstumsstörung des Schädels erkennen Sie vor allem an einer Verziehung oder Asymmetrie von Kopf oder Gesicht. Durch den zu kleinen Schädelinnenraum kommt es zum sogenannten erhöhten intrakraniellen Druck. Dabei drückt das wachsende Gehirn von innen gegen den zu kleinen und vorzeitig verfestigten Schädel.
Schädigungen des Gehirns einschließlich Sehstörungen sind typische Folgen daraus. Verformungen im Gesichtsbereich stellen kein rein ästhetisches Problem dar, sondern können obendrein zu Funktionsbeeinträchtigungen, insbesondere der Atemwege, kommen. Außerdem können verkleinerte Augenhöhlen den Lidschluss erschweren.
Der Verdacht auf eine Kraniosynostose erfolgt oft bereits beim Anblick der typischen Kopfformveränderungen. Der Schädelindex gibt Ärzten im Zweifel zusätzliche Orientierung. Röntgen- und Computertomografieaufnahmen einschließlich dreidimensionaler Darstellungen der Schädelverhältnisse sichern die Diagnose einer Kraniosynostose und helfen in der Vorbereitung der späteren Therapie. Ergänzende Diagnoseverfahren sind das EEG zur Messung der elektrischen Hirnströme, weitere neurologische Untersuchungen sowie eine augenärztliche Überprüfung.
Zur Therapie einer Kraniosynostose kommen ausschließlich operative Maßnahmen infrage. Zum einen ist es möglich, bis zur Vollendung des dritten Lebensmonats in einer endoskopischen Operation an der verknöcherten Schädelnaht eine begrenzte Menge Knochen zu entnehmen. Anschließend trägt das Kind bis zum vollendeten 18. Lebensmonat einen speziellen Helm, welcher während des noch laufenden Schädelwachstums einen normalen Wuchs der Kopfform zum Ziel hat. Zum anderen kann etwas später – vom fünften bis zum 12. Lebensmonat – im Zuge einer einzigen Operation dauerhaft die endgültige gleichmäßige Kopfform hergestellt werden.
Kraniosynostosen werden am besten schon innerhalb des ersten Lebensjahres operativ behandelt, da der Knochen später immer fester wird und entsprechend schwieriger formbar ist. Außerdem nimmt die Fähigkeit der Knochenneubildung erheblich ab. Trotzdem können auch ältere Kinder mit altersgerechten Operationstechniken operiert werden. Zur Therapie einer Kraniosynostose werden diese Operationsmethoden am häufigsten vorgenommen:
Fronto-orbitale Umformung
Bei der fronto-orbitalen Umformung handelt es sich um die am häufigsten ausgeführte Operation zur Behebung von Fehlbildungen und Funktionsstörungen, ausgelöst durch vorzeitig verknöcherte Schädelnähte im Stirnbereich. Dabei werden Knochenteile entnommen, umgeformt und wieder eingesetzt. Die dabei verwendete unterstützende Platte besteht aus resorbierbarem Material, das sich allmählich auflöst. Die zarte Narbe liegt gut verborgen hinter der Haarlinie.
Parieto-okzipitale Umformung
Diese Operationsmethode kommt zur Umformung des Hinterkopfes zum Einsatz, beispielsweise bei der Lambdanahtsynostose. Hierfür stehen mehrere Operationstechniken zur Verfügung.
Dekompressionsoperation
Die Dekompressionsoperation kommt im Schädelbereich des behaarten Kopfes zur Anwendung. Dabei führt der Chirurg im Schädelknochen strahlenförmige Schnitte aus. Die dabei entstehenden Knochenlaschen drückt das wachsende Gehirn auseinander. Später verschmelzen die Knochenteile miteinander neu. Eine Dekompressionsoperation ist bis zum Ende des dritten Lebensmonats auch endoskopisch möglich.
Der Erfolg einer chirurgischen Kraniosynostose-Behandlung ist von Dauer. Der Heilungsverlauf ist im Allgemeinen gut. Meistens lässt sich die auffällige Schädelform praktisch komplett beseitigen. Auch die kosmetischen Erfolge im Gesichtsbereich sind überaus gut.