Muskeldystrophie Duchenne - Spezialisten und Informationen

28.11.2024
Dr. med. Cornelia Bußmann
Medizinische Fachautorin

Die Muskeldystrophie Duchenne (DMD) ist die häufigste fortschreitende Muskelerkrankung im Kindesalter und betrifft (fast) nur Jungen. Etwa einer von 3500 männlichen Neugeborenen ist betroffen (1:3500). Im Rahmen der Erkrankung kommt es in der frühen Kindheit zu einem progredienten Muskelschwund. Ab dem Alter von 10 bis 12 Jahren benötigen die Jungen einen Rollstuhl.

Im Folgenden finden Sie weitere Informationen sowie ausgewählte Spezialisten in Kliniken für Muskeldystrophie Duchenne.

ICD-Codes für diese Krankheit: G71.0

Artikelübersicht

Ursache der Muskeldystrophie Duchenne

Der Muskeldystrophie Duchenne liegt eine Mutation auf dem sogenannten Dystrophin-Gen zugrunde. Die Vererbung verläuft X-chromosomal-rezessiv, d.h. die Erkrankung betrifft fast nur Jungen.

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In 2/3 der Fälle vererbt die Mutter das defekte Gen an ihren Sohn. Da die Mutter zwei X-Chromosomen besitzt, äußert sich die Erkrankung bei ihr nicht (Konduktorin). Und wenn, dann nur in einer milden Herzschwäche. Diese bleibt häufig bis zur Diagnose bei ihrem Sohn unerkannt.

In 1/3 der Fälle findet keine Vererbung statt, sondern die Erkrankung entsteht durch eine Neumutation (de novo Mutation).

Der Genfehler führt dazu, dass der Körper das für die Muskelmembran wichtige Protein Dystrophin nicht herstellen kann. Die Zellwand der Muskeln ist instabil und löst den fortschreitenden Muskelschwund aus.

Welche Symptome treten bei einer Muskeldystrophie Duchenne auf?

Das erste Symptom einer Muskeldystrophie Duchenne ist ein verspätetes Erlernen des freien Laufens. Ein Teil der betroffenen Jungen zeigt in den ersten 1 bis 2 Lebensjahren dagegen noch keine erkennbaren motorischen Probleme.

Überproportional häufig liegt eine verzögerte Sprachentwicklung bei normaler geistiger Entwicklung der Jungen vor.

Im Kindergartenalter beginnen die motorischen Probleme. Die Jungen fallen häufiger hin als andere Kinder. Auch ihre Ausdauer für längere Laufstrecken nimmt ab und sie sind motorisch ungeschickter als Gleichaltrige.

Scheinbar im Widerspruch zu den motorischen Problemen stehen die auffallend kräftigen Waden der Jungen. Verantwortlich für die kräftigen Waden ist nicht die größere Muskelmasse, sondern ein bindegewebiger Umbau der Muskeln mit Fetteinlagerung. Mediziner nennen den Vorgang auch Pseudohypertrophie. 

Die Jungen haben zunehmend Probleme, vom Boden aufzustehen. Wenn sie sich nirgends festhalten können, stützen sie sich beim Aufrichten an ihren Oberschenkeln ab (positives ‚Gowers Zeichen‘).

Die Jungen entwickeln:

  • einen Watschelgang (pos. Trendelenburg-Zeichen)
  • ein ausgeprägtes Hohlkreuz durch eine Schwäche der Bauch- und Rückenmuskulatur und 
  • zunehmende Muskelkontrakturen

Dabei handelt es sich um eine reduzierte Gelenkbeweglichkeit durch verkürzte Sehnen. Zwischen 10 bis 12 Jahren sind sie nicht mehr in der Lage, mehr als einzelne Schritte zu laufen. Sie sind auf einen Rollstuhl angewiesen.

Im weiteren Verlauf zeigt sich auch eine zunehmende Schwäche der Armmuskeln. Es kommt zu einer Muskelschwäche und zu einer Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose). 

Weitere betroffenen Organsysteme sind im späteren Verlauf:

  • das Herz (mögliche Schwäche der Pumpfunktion) sowie 
  • die Atemmuskulatur

Wie erfolgt die Diagnose?

Die Verdachtsdiagnose kann aufgrund der typischen klinischen Zeichen erfolgen, wie:

  • männliches Geschlecht
  • Muskelschwäche
  • Wadenhypertrophie
  • Watschelgang

Im ersten Schritt bestimmen Ärzte den Wert des Muskel Enzyms Kreatinkinase (CK) im Blut. Bei der Muskeldystrophie Duchenne ist dieser Wert sehr stark erhöht. 

Früher erfolgten im nächsten Schritt eine EMG-Untersuchung und eine Muskelbiopsie. Heutzutage ist eine Diagnose mittels genetischen Tests möglich.

Behandlung der Muskeldystrophie Duchenne

Eine Heilung der Muskeldystrophie Duchenne ist bis heute nicht möglich. Es laufen aber zahlreiche Studien, die in Tiermodellen und in klinischen Erprobungsstudien verschiedene Behandlungsansätze testen.

Zwischenzeitlich hat ein erster Wirkstoff eine Zulassung erhalten (Ataluren). Allerdings ist dieser nur bei einer bestimmten Mutation (Genveränderung) wirksam. 

Dabei handelt es sich um eine Nonsense-Mutation, die nur bei ca. 13 Prozent aller Duchenne-Patienten vorliegt.

Auch ohne eine ursächliche Therapie gibt es verschiedene wichtige Behandlungsansätze. Diese zielen zunächst darauf ab, die abnehmende Muskelkraft möglichst lange zu erhalten und Gelenkkontrakturen vorzubeugen.

Neben regelmäßiger Physiotherapie erhalten die Jungen häufig eine Behandlung mit Kortikosteroiden. Diese führen zu einer Verlängerung der Lauffähigkeit um ca. 2 Jahre.

Weitere wichtige Maßnahmen betreffen:

  • Gewicht
  • Herz- und Lungenfunktion
  • Hilfsmittelversorgung
  • Schulfragen und 
  • Sozialversorgung

Eine internationale Expertengruppe hat ein entsprechendes Konzept der Behandlungsstandards erstellt (www.treat-nmd.de).

Im weiteren Verlauf der Behandlung sind neben dem Kinderneurologen verschiedene andere Fachrichtungen beteiligt, wie:

Prognose

Die durchschnittliche Lebenserwartung der Patienten hat sich in den letzten 20 Jahren durch die neuen Möglichkeiten deutlich gesteigert.

Bei stabilem kardialen Befund ist eine Lebenserwartung bis ins 4. Lebensjahrzehnt möglich. Allerdings müssen die Betroffenen leider mit deutlichen Einschränkungen in der Lebensqualität zurechtkommen.

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