Drogensucht: Spezialisten und Informationen

21.07.2023
Univ.-Prof. Dr. med. Klaus Lieb
Autor des Fachartikels

Drogensucht kann sowohl bei illegalen Drogen (z.B. Heroin, Kokain) als auch bei sogenannten legalen Drogen (z.B. Tabak, Alkohol) auftreten. In diesem Artikel lesen Sie von der Drogenabhängigkeit von illegalen Drogen, die oftmals mit dem Begriff Drogen gleichgesetzt werden.

Im Folgenden finden Sie weitere Informationen sowie ausgewählte Spezialisten für die Behandlung von Drogensucht.

ICD-Codes für diese Krankheit: F11, F12, F14, F15, F16, F18, F19

Artikelübersicht

Drogenabhängigkeit bei Opiaten

Zu den Opiaten gehören

  • Morphin,
  • Heroin und
  • Morphinabkömmlinge,

die als starke Schmerzmittel eingesetzt werden (z.B. Tramal®). Im Rahmen der Schmerztherapie entwickeln sich in der Regel jedoch keine Abhängigkeiten.

Opiate führen zu einer starken psychischen und körperlichen Abhängigkeit, die sich besonders beim Heroin sehr schnell entwickeln kann: Schon zwei bis drei Spritzen können zur Drogensucht führen.

Abhängige spritzen sich die Drogen meist in die Venen. Seltener rauchen oder schnupfen sie die Substanzen. Das Spritzen birgt die Gefahr der Infektion mit Hepatitis- oder HI-Viren bei Gebrauch derselben Nadel durch mehrere Drogenabhängige. Es besteht auch das Risiko auf eine Vergiftung, die auch tödlich ausgehen kann.

Symptome des Opiatkonsums

Heroin führt innerhalb von ca. 15 Minuten zu einem Rauschzustand mit

  • starkem Glücksgefühl,
  • dem Gefühl des Losgelöstseins und
  • einem gesteigerten Selbstbewusstsein.

Danach folgt zumeist eine beruhigende Wirkung mit Apathie oder gelegentlich Gereiztheit. Schließlich kommt es zu Verlangsamung und Denkstörungen. Überdosierungen (sog. „goldener Schuss“) können über eine Verlangsamung der Atmung und Bewusstlosigkeit zum Tod führen.

Psychische und körperliche Symptome des Opiatentzugs

Sowohl die psychischen als auch die körperlichen Symptome sind beim Absetzen (Opiatentzug) sehr stark ausgeprägt. Deshalb führen Opiate deutlich schneller als andere Suchtstoffe zur Abhängigkeit.

Entzugssymptome des Opiatentzugs entwickeln sich bereits vier Stunden nach der letzten Einnahme und steigern sich von Stunde zu Stunde. Sie erreichen ihren Höhepunkt nach ca. ein bis zwei Tagen und können sich über ein bis zwei Wochen hinziehen.

Die physischen Entzugssymptome halten meist eine Woche nach dem kompletten und abrupten Absetzen an. Die psychischen Symptome (Dysphorie, Suchtdruck) können noch über viele Wochen andauern.

Drogen
Drogensucht bedeutet die Abhängigkeit von Substanzen, die einen normalen Alltag für Betroffene unmöglich machen können © New Africa | AdobeStock

Therapie der Drogensucht nach Opiaten

Ziel der Therapie ist die komplette Suchtmittelfreiheit. Das ist oft schwierig, weil die meisten Patienten auch von anderen Drogen oder Alkohol abhängig sind. In der Regel helfen beim Opiatentzug nur Langzeitentwöhnungsbehandlungen von bis zu sechs Monaten. Die Langzeiterfolge liegen bei unter 50 Prozent.

Die Entgiftung bei Opiatabhängigen kann ohne oder mit Medikamentenunterstützung in einem Fachkrankenhaus stattfinden. Wenn eine Abstinenz aus verschiedenen Gründen nicht erreichbar ist, kann eine Substitutionsbehandlung mit Opiaten wie z.B. Methadon durchgeführt werden.

Hauptziele der Substitutionstherapie sind

  • die Entkriminalisierung des Abhängigen durch Minderung der Beschaffungskriminalität,
  • die Distanzierung von der Drogenszene,
  • die Verbesserung der psychischen und körperlichen Gesundheit (einschließlich Senkung des AIDS-Infektionsrisikos) und
  • die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess.

Im Idealfall wird versucht, nach erfolgter Stabilisierung über eine langsame Dosisreduktion die vollständige Drogenfreiheit zu erreichen.

Drogensucht bei Cannabinoiden

Cannabis (Haschisch, Marihuana; Hauptwirkstoff Tetrahydrocannabinol oder THC) wird meist geraucht („kiffen“) oder gegessen. 1994 rauchten ca. 17 Prozent der Männer und ca. 9 Prozent der Frauen Cannabis, davon etwa ein Fünftel fast täglich, zwei Drittel höchstens einmal pro Jahr.

Beim Rauchen tritt bereits innerhalb einer Minute ein Rauschzustand mit

  • Glücksgefühl,
  • Losgelöstsein,
  • Veränderung von Raum- und Zeiterleben und
  • Intensitätssteigerung optischer und akustischer Wahrnehmungen

auf.

Der Höhepunkt des Rausches wird nach 20 bis 30 Minuten erreicht und dauert etwa zwei bis drei Stunden. Der Rauscheffekt ist von Person zu Person sehr unterschiedlich ausgeprägt und hängt auch sehr von

  • der momentanen Stimmungslage,
  • der Erwartung und
  • der Persönlichkeitsstruktur

ab.

Cannabis führt zu einer psychischen, wahrscheinlich aber nicht zu einer körperlichen Abhängigkeit. Bei regelmäßiger Einnahme kann sich ein sog. amotivationales Syndrom entwickeln. Dabei entstehen Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie Antriebs- und Planlosigkeit. Sie sollen den weiteren Drogenkonsum und das Umsteigen auf „harte Drogen“ begünstigen (Einstiegsdroge!).

Drogenabhängigkeit bei Kokain und anderen Stimulantien

Kokain und Amphetamine wie „Speed“, „Ice“ oder „Ecstasy“ führen zu einer starken psychischen, nicht aber körperlichen Abhängigkeit. Sie bewirken eine angenehme Gefühlslage („rush“), die durch

  • einen höheren Grad an Wachheit,
  • Euphorie und Wohlbefinden,
  • eine Unterdrückung von Hunger und Ermüdungsgefühl,
  • eine Leistungs- und Antriebssteigerung,
  • Reizabschirmung und
  • eine Verstärkung des sexuellen Erlebens

gekennzeichnet ist. Dieser „rush“ hält meist nur für Minuten an.

Man weiß heute, dass diese Substanzen vor allem bei regelmäßiger Einnahme sehr schädliche Einflüsse auf Nervenzellen haben. In Einzelfällen kam es zu Todesfällen unter Ecstasy-Einnahme.

Drogensucht bei Halluzinogenen

Die Halluzinogene LSD, Mescalin und Psilocybin anfangs vegetative Reizerscheinungen wie

  • Schwindel,
  • Pulsbeschleunigung und
  • Übelkeit

sowie innere Unruhe in der Rauschphase. Dazu kommen außerdem psychedelische Wirkungen, die innerhalb von Minuten einsetzen. Dabei handelt es sich um Pseudohalluzinationen vor allem auf optischem Gebiet mit

  • szenenhaften Erlebnissen,
  • Farb- und Formhalluzinationen,
  • illusionären Verkennungen und
  • Intensivierung der Wahrnehmungsinhalte.

Ein „Trip“ dauert ca. sechs bis acht Stunden und kann in seiner Endphase („Herunterkommen“) zu starken Depressionen führen, weshalb oft ein Trip „nachgeworfen“ wird. Auf dem Höhepunkt eines Rausches kann es besonders bei Unerfahrenen zu einem „Horrortrip“ mit

  • panischer paranoider Angst,
  • intensiv erlebter Depersonalisation und
  • extremen Wahrnehmungsstörungen

kommen, die Grund für suizidale und fremdaggressive Handlungen sein können.

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