Um den für die Nahrungszerkleinerung wichtigen Speichel zu produzieren, verfügt der Mensch über drei jeweils paarig angelegte große Speicheldrüsen: die Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis), die Unterkieferspeicheldrüse (Glandula mandibularis) und die Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis). Daneben gibt etwa 600 bis 1.000 weitere kleine Speicheldrüsen, die über die Mundschleimhaut verteilt sind. In all diesen Speicheldrüsen kann es zu einer Entartung von Zellen und somit zu einer Krebserkrankung kommen.
Die internationale Klassifikation unterscheidet ausgehend von der feingeweblichen Struktur der möglichen Krebsgeschwulste 9 gutartige und 18 bösartige Krebserkrankungen der Speicheldrüsen. In den meisten Fällen liegt ein sogenanntes pleomorphes Adenom oder Zystadenolymphom (Warthin-Tumor) der Ohrspeicheldrüse vor. Solche gutartigen Krebsgeschwulste kommen mit etwa 75 Prozent Häufigkeit in den Speicheldrüsen wesentlich öfter vor als bösartige. Bei den bösartigen Tumoren gibt es eine ganze Reihe von Untertypen wie beispielsweise das Mukoepidermoide Karzinom, das Adenoid-zystische Karzinom oder das Akinuszellkarzinom. Sie sind in den meisten Fällen in der Unterkiefer- oder Unterzungenspeicheldrüse anzutreffen. Auch Metastasten (Absiedelungen) einer anderen Geschwulst im Bereich der Speicheldrüsen können beobachtet werden. In ganz seltenen Fällen sind die kleinen Speicheldrüsen von einer bösartigen Krebserkrankung betroffen.
Gutartiger Speicheldrüsenkrebs zeichnet sich durch sein langsames Wachstum aus, weshalb die Mehrzahl der Betroffenen häufig über einen langen Zeitraum keine Beschwerden verspürt. Eine gutartige Geschwulst macht sich zumeist irgendwann durch eine sicht- und tastbare Schwellung im Bereich der betroffenen Speicheldrüse bemerkbar, die in aller Regel nicht schmerzhaft ist. Engt die Geschwulst den Ausführgang der Drüse ein, kann es allerdings zu einer schmerzhaften Entzündung der Speicheldrüse kommen.
Krebsgeschwüre der Unterkieferspeicheldrüse sind in etwa 50 Prozent der Fälle bösartig und führen häufig zu einer Lähmung des Gesichtsnervs, des sogenannten Nervus facialis, sowie zu einer Beeinträchtigung der Gesichtsmuskulatur. Dadurch kann die Mimik gestört sein, was sich in einem „schiefen“ Lächeln oder in einer undeutlichen Sprechweise äußern kann. Bösartige Geschwulste gehen zudem oftmals mit Schmerzen einher. Im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium können weitere Symptome auftreten.
Symtpome im Überblick:
- Schwellungen
- verminderter Speichelfluss und Mundtrockenheit
- Missempfindungen
- Schmerzen
- einseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur
Die genaue Ursache für das Auftreten von Krebserkrankungen der Speicheldrüsen ist bislang ungeklärt. Die meisten Geschwulste treten spontan und ohne erkennbare familiäre Vorbelastung auf. Das Risiko für Speicheldrüsenkrebs ist allerdings erhöht, wenn aufgrund einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter eine Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich durchgeführt werden musste. In einzelnen Fällen werden Geschwulste der Speicheldrüsen auch im Anschluss an eine Chemotherapie, die beispielsweise im Rahmen einer Krebserkrankung des blutbildenden Systems (Leukämie) erforderlich war, beobachtet. Daneben ist beim sogenannten Warthin-Tumor, der zweithäufigsten gutartigen Krebserkrankung der Ohrspeicheldrüse, ein zumindest empirisch-statistischer Zusammenhang zu Nikotinkonsum und bestimmten Viruserkrankungen (v.a. Eppstein-Barr- und HIV-Infektionen) nachweisbar. Der zugrunde liegende Kausalzusammenhang konnte bisher nicht geklärt werden.
Die Therapie des Speicheldrüsenkrebses fußt vor allem auf der vollständigen Entfernung der Geschwulst. Dies gilt auch für gutartige Geschwulste, da diese langfristig mit Problemen wie wiederkehrenden Entzündungen oder Beeinträchtigungen beim Essen einhergehen.
Da der Mensch über eine ganze Reihe von Speicheldrüsen verfügt, ist die Entfernung einer der großen Speicheldrüsen zumeist mit keiner Beeinträchtigung verbunden. Hierbei können die meisten Geschwulste problemlos im Rahmen eines einzelnen chirurgischen Eingriffs entfernt werden. Da auch die meisten gutartigen Formen des Speicheldrüsenkrebses bei im Körper verbleibenden Krebszellen zu einem Wiederauftreten (Rezidiven) neigen, wird jede Geschwulst großzügig mit einer Art Sicherheitsabstand herausgeschnitten. Das bedeutet, dass neben der Krebsgeschwulst selbst auch ein als angemessen beurteilter Teil des angrenzenden gesunden Gewebes entfernt wird.
Häufig ist es am sichersten, die gesamte betroffene Speicheldrüse zu entfernen – beispielsweise im Rahmen einer vollständigen Ohrspeicheldrüsenentfernung (totale Parotidektomie) oder Entfernung der Unterkieferspeicheldrüse (Submandibulektomie). Die Behandlung bösartiger Geschwulste ist in aller Regel komplexer, da diese dazu neigen, auch in anderen Körperorganen – insbesondere im Weichgewebe wie den Lymphknoten – Tochtergeschwulste zu bilden. Hier basiert die Behandlung ebenfalls auf einer großzügigen Entfernung des betroffenen Gewebes. Daneben werden zumeist auch die Hals-Lymphknoten entfernt („Neck dissection“).
Beeinträchtigt eine bösartige Geschwulst weitere angrenzende Gewebestrukturen wie Teile des Gesichtsnervs, Knochen oder Muskulatur, müssen diese häufig ebenfalls entfernt werden. Um die Bedingungen dieses zum Teil sehr invasiven Eingriffs zu verbessern und die Geschwulst im Vorfeld zu verkleinern, kommt in einigen Fällen zunächst eine Strahlen- oder Chemotherapie bzw. eine Kombination aus beiden zum Einsatz.
Weitere Therapiemaßnahmen
Bei gutartigen Tumoren sowie bei der Mehrzahl der bösartigen Geschwulste im Kindes- und Jugendalter sind im Anschluss an die Operation keine weiteren Behandlungsmaßnahmen erforderlich. War keine vollständige Entfernung der Geschwulst möglich, liegen Absiedelungen der Geschwulst in anderen Körperorganen oder eine besonders aggressive Krebsform vor, kommen ergänzende Behandlungsmaßnahmen wie eine Chemo- oder Strahlentherapie infrage. Hierbei hat sich vor allem bei örtlich begrenzten Geschwulsten eine
Strahlentherapie als am wirksamsten bewährt. Insbesondere bei Kindern muss genau zwischen Nutzen und Folgen abgewogen werden, da diese in aller Regel sensibler auf eine Strahlentherapie reagieren und häufiger Komplikationen wie Zweitkrebserkrankungen oder Wachstumsstörungen im Gesicht entwickeln. Entsprechend selten wird eine Strahlentherapie bei Kindern angewandt und wenn doch, dann zumeist in Kombination mit einer Chemotherapie.