Die Refluxerkrankung – lästig und nicht zu unterschätzen: Experteninterview mit Dr. med. Bernhard Drummer

05.09.2023

Dr. med. Bernhard Drummer ist ein renommierter Refluxspezialist und der Chefarzt der Fachabteilung für Allgemeinchirurgie im angesehenen Klinikum Forchheim, nördlich von Nürnberg. Mit seinem umfangreichen Fachwissen und seiner langjährigen Erfahrung hat er sich auf die Behandlung von Refluxerkrankungen spezialisiert. Als engagierter Mediziner hat Dr. Drummer zahlreiche Patienten mit Reflux und Sodbrennen erfolgreich behandelt und ihnen geholfen, ihre Lebensqualität wiederzuerlangen. Er verfügt über umfassende Kenntnisse über die anatomischen und physiologischen Ursachen von Reflux sowie über die neuesten diagnostischen und therapeutischen Ansätze zur effektiven Behandlung dieser Erkrankung.

Dr. Drummer ist bekannt für seine patientenorientierte Herangehensweise und sein einfühlsames Auftreten. Er nimmt sich Zeit, um die individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen jedes einzelnen Patienten zu verstehen und maßgeschneiderte Behandlungspläne zu entwickeln. Der erfahrene Facharzt besitzt in vielen Bereichen der Chirurgie Erfahrung, spezialisierte sich aber bereits mit seiner Doktorarbeit auf ein Gebiet, in dem er sich eine außergewöhnliche Expertise erarbeitet hat – Reflux. Somit haben alle Menschen, die im Großraum der bayerischen Kreisstadt Forchheim an der Refluxkrankheit leiden, eine weltweit geschätzte Ansprechperson.

Internationales Renommee erwarb sich Dr. Drummer als Entwickler eines speziellen Netzes, das zur Verstärkung einer Hiatushernie eingesetzt wird, also bei einem Zwerchfellbruch. Diese Innovation, bekannt als SERAMESH® PA DRUM, lässt sich flexibel den individuellen anatomischen Gegebenheiten anpassen und wird von Refluxchirurgen in aller Welt verwendet. Chirurgen aus allen Kontinenten kommen zu Hospitationen rund um operative Therapien bei Refluxerkrankung zu ihm. Die Redaktion des Leading Medicine Guide nahm die Gelegenheit wahr und sprach mit Dr. Drummer über das wichtige Thema „Reflux“.

Dr. med. Bernhard Drummer

Reflux ist eine echte Volkskrankheit: Schätzungsweise zwanzig Prozent der Menschen im deutschsprachigen Raum leiden darunter, dass der Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließt. In den meisten Fällen entsteht auf diese Weise Sodbrennen – ein brennendes Gefühl, das aus der Magengrube hinter dem Brustbein nach oben steigt und bis zum Hals reicht. „Wenn der Inhalt des Magens zurück in die Speiseröhre fließt, bildet sich Säure. Diese führt zu Reizungen und Entzündungen der Speiseröhre, was wiederum zu Sodbrennen führt. Dies ist das Symptom von Reflux“, beginnt Dr. Drummer unser Gespräch, um den Unterschied von Sodbrennen und Reflux klarzustellen. Gewisse Nahrungsmittel, wie Alkohol, Fruchtsäfte usw. verstärken das Sodbrennen Problem.

„Starkes Übergewicht ist ebenfalls oft die Ursache von Reflux, denn durch Druck im Bauchraum wird die Säure vom Magen in die Speiseröhre transponiert. Rauchen und das Trinken von Sprudelwasser oder säurehaltigen Lebensmitteln begünstigen Reflux. Kommt ein Patient mit einer solchen Auflistung an Gewohnheiten zu mir, ist zunächst eine Gewichtsreduzierung und eine Ernährungsumstellung zielführend. Bei krankhaftem Übergewicht sollte zunächst die Gewichtsreduktion im Vordergrund stehen. Auch hier können wir weiterhelfen, da wir ein zertifiziertes Adipositaszentrum sind. Eine Hochlagerung des Oberkörpers beim Schlafen kann zur Linderung des Refluxes führen“, erklärt Dr. Drummer die Erstmaßnahmen. „Viele Menschen nehmen Tabletten gegen die Säureproduktion, die aber oftmals gar nicht helfen. Eine regelmäßige Magenspiegelung ist in jedem Fall empfehlenswert und vor allem der Besuch bei einem auf Reflux spezialisierten Arzt. Ich kauf die Wurst ja auch nicht beim Bäcker“, rät Dr. Drummer eindringlich und erwähnt noch eine Besonderheit: „Für Refluxzentren gibt es keine Zertifikate – jeder kann sich als spezialisiert betiteln. Hier müssen die Standards definitiv verhärtet werden. Wir verfolgen im Klinikum Forchheim die sogenannte `tailored approach´ Therapie, das heißt, die für den Patienten maßgeschneiderte Therapie. Bei Refluxpatienten mit hohem Übergewicht wird zum Beispiel bei einem Adipositas Board mit sechs Ärzten die bestmögliche Therapie für den Patienten ausgearbeitet“.


Das Auftreten von Reflux und Sodbrennen kann durch verschiedene Risikofaktoren begünstigt werden.

Übergewicht, Rauchen, bestimmte Ernährungsgewohnheiten, enge Kleidung, Schwangerschaft und bestimmte Medikamente können das Risiko erhöhen. Um diese Risikofaktoren zu minimieren, können Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehören Gewichtsreduktion, Rauchentwöhnung, Anpassung der Ernährungsgewohnheiten, Vermeidung enger Kleidung, bewusste Medikamenteneinnahme und eine ärztliche Beratung zur individuellen Anpassung der Maßnahmen. Es ist wichtig, dass individuelle Unterschiede berücksichtigt werden und dass eine ärztliche Beratung erfolgt, um die besten Maßnahmen zur Minimierung der Risikofaktoren zu ermitteln.


Die Refluxkrankheit kann z.B. auch Schlafprobleme verursachen und sich somit noch stärker auf die Lebensqualität auswirken.

Häufig wiederkehrenden Reflux sollte niemand auf die leichte Schulter nehmen. Denn durch die Refluxerkrankung können Magensäfte die Schleimhäute in der Speiseröhre dauerhaft schädigen. Und es gibt viele mögliche Folgeschäden – von Entzündungen an Ösophagus, Kehlkopf oder im Rachen bis zu Zahnschädigungen und Entzündungen von Mittelohr oder Nebenhöhlen. Immer häufiger wird das Barrett-Syndrom diagnostiziert, das als Schädigung der Schleimhaut als Vorstufe von Speiseröhrenkrebs gilt. „Wenn Reflux nicht behandelt wird, ist die Wahrscheinlichkeit eine Krebserkrankung zu entwickeln zehnmal höher“, mahnt Dr. Drummer.

Verschiedene Operationsmethoden kommen bei Reflux in Frage

„Die Effektivität der Therapie ist immer nur so gut wie die Diagnostik. Eine Operation ist oftmals die beste Option, um endgültig Ruhe in die Sache zu bringen. Es muss dann natürlich evaluiert werden, welche Operation für den Patienten die beste ist. So gibt es zahlreiche sogenannte Anti-Reflux-Operationen, die Möglichkeit einer Zwerchfellraffung mit Schaffung einer kleinen Manschette. Diese verschiedenen Möglichkeiten müssen immer ganz individuell mit dem Patienten besprochen werden. Oftmals ist eine sogenannte Hiatushernie, also der Bruch des Zwerchfells, die Ursache einer Refluxerkrankung. Hier muss dann operativ das entstandene Loch verkleinert werden“, verdeutlicht Dr. Drummer, der das oben erwähnte zweiteilige Implantat SERAMESH® PA DRUM entwickelt hat, das auch wegen seiner guten Fixierbarkeit zur Standardlösung bei Zwerchfellbrüchen wurde. „Die Operation des Zwerchfells wird minimal-invasiv durchgeführt, sodass der Patient in der Regel nach 3-5 Tagen das Krankenhaus wieder verlassen kann. Über einen Zeitraum von vier Wochen sollte der Patient dann über den Tag mehrere kleine Mahlzeiten zu sich nehmen. Es ist garantiert, dass das Sodbrennen weg ist, und der Patient kann nach einer gewissen Zeit wieder alles essen und trinken. Die Patienten sind meistens ganz erstaunt, dass sie plötzlich wieder Getränke wie Orangensaft oder Sekt trinken können und sagen alle `hätte ich das gewusst, dann hätte ich den Eingriff viel früher machen lassen´“.


Dr. med. Bernhard Drummer, der auch als ehemaliger Vereinsarzt des 1. FC Nürnberg mit der Region bestens vertraut ist, wurde neben der Entwicklung des SERAMESH® PA DRUM auch durch wissenschaftliche Veröffentlichungen bekannt – etwa zur Weiterentwicklung laparoskopischer Operationsverfahren, also zur hohen Kunst der Schlüssellochchirurgie.



Gastroösophagealer Reflux und Sodbrennen haben anatomische und physiologische Ursachen.

Zu den häufigsten Ursachen gehören ein schwacher oder nicht richtig funktionierender unterer Ösophagussphinkter (LES), eine Hiatushernie (Schwachstelle im Zwerchfell), eine Überproduktion von Magensäure, eine verlangsamte Magenentleerung, ein erhöhter Druck im Bauchraum und bestimmte Ernährungsgewohnheiten. Diese Faktoren können einzeln oder in Kombination dazu führen, dass Magensäure in die Speiseröhre gelangt und Sodbrennen verursacht. Jeder Patient kann jedoch individuelle Ursachen haben, weshalb eine genaue Diagnose und ärztliche Bewertung wichtig sind, um die spezifischen Ursachen zu identifizieren.

LES steht für "lower esophageal sphincter" (unterer Ösophagussphinkter) und spielt eine entscheidende Rolle im Zusammenhang mit Reflux. Der LES ist ein ringförmiger Muskel am Ende der Speiseröhre, der normalerweise geschlossen ist und verhindert, dass der Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließt. Bei einer normalen Funktion des LES öffnet sich der Muskel nur, um den Nahrungsbolus in den Magen zu lassen, und schließt sich dann wieder fest, um zu verhindern, dass Magensäure und Verdauungsenzyme in die Speiseröhre gelangen. Bei manchen Menschen ist der LES jedoch nicht ausreichend in der Lage, den Rückfluss von Mageninhalt zu verhindern, was zu gastroösophagealem Reflux führen kann.

Der LES kann auf verschiedene Weise geschwächt oder beeinträchtigt werden. Dazu gehören beispielsweise eine erhöhte intraabdominale Druckbelastung, eine gestörte Funktion der Muskeln und Nerven, anatomische Anomalien oder bestimmte Erkrankungen wie ein Zwerchfellbruch (Hiatushernie). Wenn der LES nicht richtig funktioniert, kann dies zu einem unkontrollierten Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre führen, was Sodbrennen und andere Refluxsymptome verursacht.

Die Behandlung von Reflux zielt unter anderem darauf ab, die Funktion des Schließmuskels zu verbessern. Dies kann durch verschiedene Ansätze erfolgen, einschließlich Lifestyle-Änderungen, Medikamenteneinnahme oder eben auch durch chirurgische Eingriffe, um den LES zu stärken oder anatomische Probleme zu beheben.


Die Effektivität von nicht-medikamentösen Behandlungen kann von Person zu Person unterschiedlich sein und hängt von der Schwere des Refluxes sowie individuellen Faktoren ab. In einigen Fällen können diese Maßnahmen allein ausreichen, um die Symptome zu lindern. Bei schwereren Fällen kann jedoch eine medikamentöse Therapie erforderlich sein, um die Magensäureproduktion zu reduzieren.

Die Ernährung spielt bei Sodbrennen eine große Rolle

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Häufigkeit und Intensität von Reflux und Sodbrennen. Bestimmte Lebensmittel und Getränke können den Reflux verstärken, indem sie den Druck im Magen erhöhen, die Entspannung des unteren Ösophagussphinkters (LES) fördern oder die Produktion von Magensäure stimulieren. Es gibt jedoch keine universelle Liste von Lebensmitteln, die für jeden Betroffenen gleichermaßen problematisch sind, da individuelle Reaktionen variieren können. Dennoch gibt es einige häufige Auslöser, die vermieden werden können.

So können fettreiche Lebensmittel wie frittierte Speisen, fettes Fleisch, fettreiche Milchprodukte und fettige Snacks den Reflux verschlimmern, da sie die Magenentleerung verzögern und den Druck im Magen erhöhen können. Auch Gewürze, scharfe Saucen, Zitrusfrüchte und saure Lebensmittel können den Reflux reizen und Sodbrennen verursachen, insbesondere bei empfindlichen Personen. Begünstigt wird ein Reflux auch durch Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee und Tee sowie alkoholische Getränke, da diese die Produktion von Magensäure erhöhen und den LES entspannen.


Weitere problematische Lebensmittel bei Reflux-Patienten:

Schokolade: Schokolade enthält sowohl Fett als auch Koffein, was sie zu einem potenziellen Auslöser für Reflux und Sodbrennen macht.

Tomaten und tomatenhaltige Produkte: Tomaten sind sauer und können den Reflux verstärken. Dies gilt auch für Lebensmittel wie Tomatensauce, Ketchup und Tomatensaft

Pfefferminze und Minze: Pfefferminze und Minze können den LES entspannen und den Reflux verstärken. Dies schließt auch Pfefferminzbonbons und Minztee mit ein.


Zukunftsaussichten

„Reflux ist ein interdisziplinäres Problem. Hier in der Klinik Forchheim können wir das gut lösen, da wir alle nötigen Fachbereiche vor Ort haben. Wünschenswert wäre grundsätzlich eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Gastroenterologie und der Chirurgie. Auch würde ich mir eine sehr viel bessere Kommunikation wünschen. Diese Leistung wird aber nicht bezahlt, und der Patient bleibt sozusagen liegen. Vor allem die nachrückenden Generationen sollten sich sehr viel mehr einer gesunden Kommunikation mit dem Patienten widmen, damit auch wirklich gewährleistet werden kann, dass der Patient auch nur die Therapie bekommt, die er braucht“, kritisiert Dr. Drummer und schließt damit unser Gespräch.

Dr. Drummer, herzlichen Dank für das so offene und sympathische Gespräch!

Whatsapp Facebook Instagram YouTube E-Mail Print