Die Ebstein-Anomalie ist ein seltener angeborener Herzfehler, bei dem ein Anteil der rechten Hauptkammer zum rechten Vorhof wird. Der Vorhof ist größer als bei einem normalen Herzen, während die Herzkammer kleiner ist.
Eine übermäßige Belastung der Hauptkammer ist die Folge, was zu einer Rechtsherzinsuffizienz führt. Mit weniger als 1 Prozent aller angeborenen Herzfehler ist die Ebstein-Anomalie eher selten. Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen.
Nur 0,3-0,5 % von 1.000 Neugeborenen haben die Ebstein-Anomalie @ alkov /AdobeStock
Die Symptome können stark variieren und sind von der Art der Verlagerung und dem Grad der Klappenfehlbildung abhängig. So können Betroffene mit einer leichten Ausprägung weitgehend beschwerdefrei sein. Sie können mit leichten körperlichen Einschränkungen ein hohes Alter erreichen.
Die Leitsymptome der Ebstein-Anomalie sind:
Schwerwiegende Formen der Ebstein-Anomalie fallen in der Regel bereits im Neugeborenenalter auf. Meist liegt zusätzlich ein Loch in der Scheidewand (zwischen dem rechten und linken Vorhof) vor. Dieses Loch nennen Experten auch Vorhofseptumdefekt. Er sorgt dafür, dass das Blut zwischen den Vorhöfen zirkulieret.
Erkennbar ist der Vorhofseptumdefekt durch eine Blaufärbung an den Lippen oder Händen (Zyanose). Es besteht die Gefahr, eine transitorisch-ischämische Attacke (TIA, Vorstufe des Schlaganfalls) oder einen Schlaganfall zu erleiden.
Aufgrund der Überlastung des Herzens lässt die Leistungsfähigkeit mit Fortschreiten der Krankheit nach. Dies äußert sich durch zunehmende Herzrhythmusstörungen oder durch einen plötzlichen Herztod.
Bei einer Zyanose enthält das Blut zu wenig Sauerstoff, so dass es bläulich durch die Haut schimmert @ ZayNyi /AdobeStock
Im Normalfall verhindert die Herzklappe einen Rückfluss des Blutes in den Vorhof. Da diese Klappe bei der Ebstein-Anomalie verlagert und fehlgebildet ist, kann sie sich nicht vollständig schließen. Das Blut fließt in die Vorkammer zurück. Mediziner sprechen in diesem Fall von einer Klappeninsuffizienz (Klappenundichtigkeit).
Je größer die Verlagerung und die Fehlbildung ist, desto ausgeprägter ist die Klappeninsuffizienz. Mit Fortschreiten der Erkrankung vergrößert sich auch die rechte Hauptkammer, weil sie versucht, die zurückfließende Blutmenge zu kompensieren und ausreichend Blut in die Lungen zu pumpen.
Die Vergrößerung der Herzkammer geht außerdem mit einer zunehmenden Kammerschwäche einher. Es kommt zu einer Vergrößerung des gesamten Herzens und folglich zu einer Herzschwäche.
Die Ursachen für die Klappenverlagerung und -fehlbildung sind bislang nicht geklärt. Experten glaubten lange, dass eine Lithium- und Benzodiazepin-Einnahme in der Schwangerschaft das Risiko für das Ungeborene erhöht. Neuere Studien können das allerdings nicht bestätigen.
Ein internationales Forscherteam konnte allerdings bei einigen Betroffenen eine Gen-Mutation nachweisen. Dieses Gen ist für bestimmte Aufbaueiweiße des Herzmuskels verantwortlich. Daher gehen Experten heute von einer genetischen Komponente bei der Entstehung der Ebstein-Anomalie aus.
Die Behandlung der Ebstein-Anomalie ist abhängig vom Ausmaß der Fehlbildung.
Ziel der aktuellen Therapien sind eine Reduzierung der Symptome und das Vermeiden von Komplikationen (Vergrößerung des Herzens, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen).
Mithilfe von Medikamenten wie Antiarrhythmika stabilisieren Ärzte die Herzfunktion und beugen Herzrhythmusstörungen vor.
Eine medikamentöse Behandlung ist sinnvoll bei Atemnot, körperlicher Schwäche, Müdigkeit, Wasseransammlungen in den Beinen, Herzklopfen sowie einer leichten Herzvergrößerung.
Eine Operation kommt infrage, wenn die Herzfunktion immer mehr abnimmt.
Eine Operation ist sinnvoll bei:
- Abnehmender körperlicher Belastbarkeit
- Zunehmender Herzvergrößerung
- Zunehmender Blausucht
- Ausgeprägter Tricuspidalklappeninsuffizienz mit zunehmenden Beschwerden
- Neurologischen Störungen wie TIA oder Schlaganfall
- Medikamentös nicht behandelbaren Herzrhythmusstörungen
Während des Eingriffs reparieren Herzchirurgen die fehlgebildete und verlagerte Klappe oder ersetzen sie. Darüber hinaus verschließen sie das Loch in der Herzscheidewand (Vorhofseptumdefekt).
Die Operation ist maßgeblich abhängig vom Zustand der Tricuspidalklappensegel und der Größe der rechten Hauptkammer: Ist ausreichend natürliches Klappenmaterial vorhanden, ist eine Klappenreparatur (Klappenrekonstruktion) dem Herzklappenersatz vorzuziehen.
Kann die Klappe nicht mehr repariert werden, setzen Chirurgen eine künstliche Klappe ein. Diese kann mechanisch oder biologisch sein.
Bei einem mechanischen Klappenersatz müssen Patienten lebenslang Blutverdünner (Marcumar) einnehmen, um Blutgerinnsel zu vermeiden.
In 25 Prozent der Ebstein-Anomalien liegen zusätzliche Leitungsbahnen im Herzen vor, die zu unkoordinierten elektrischen Impulsen (Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern) führen. Diese unterbinden Chirurgen im Rahmen einer Klappenrekonstruktion mit Hochfrequenzstrom oder Kälte (Maze-Verfahren).
Ist eine Operation nicht möglich, können Ärzte die Leitungsbahnen auch mit Katheterablationen veröden und zerstören. In einigen Fällen schlägt das Herz nach dem Eingriff zu langsam oder unregelmäßig, dann ist ein Herzschrittmacher erforderlich.
Des Weiteren führen Ärzte in der Regel eine Endokarditisprophylaxe durch, um eine Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) zu vermeiden.
Biologische Herzklappen halten etwa 10 bis 15 Jahre, mechanische Herzklappen ein Leben lang @ pirke /AdobeStock
Bei der Ebstein-Anomalie ist es wichtig, eine Verschlechterung frühzeitig zu erkennen, um rechtzeitig chirurgisch eingreifen zu können. Daher sind regelmäßige Kontrollen bei einem Facharzt unerlässlich.